The Night Flight Orchestra
Selbstvertrauen zahlt sich aus
Interview
In einem früheren Interview wurde euer Sound als von FREE inspiriert beschrieben, aber ihr seid lange schon darüber hinaus gewachsen, richtig?
THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA waren in ihrem frühesten Stadium zunächst eine Art Experiment. Es war im Grunde David [Anderson, Anm. d. Red.] und ich, die einen Soundtrack zum Touren anfertigen wollten, der das Feeling vom Unterwegssein einfängt. Die Idee war, dass der Sound der Siebziger und Früh- bis Mittelachtziger dies am besten einfangen würde. Dadurch brauchten wir Einflüsse und Ideen, auf denen wir aufbauen konnten, um diesen Soundtrack zu kreieren. Und in dieser Hinsicht waren „Internal Affairs“ und „Skyline Whispers“ Experimente, wie man diesem Sound Leben einhauchen kann.
Es sollte zwar retro klingen, aber zugleich wollten wir unser eigenes, persönliches Ding machen. Und wir beziehen unsere Einflüsse immer noch aus den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern und zum Teil auch aus den Neunzigern. Etwas Wichtiges kristallisierte sich aber im Laufe der Zeit für uns heraus: Um das authentisch klingen zu lassen, mussten wir die Einflüsse bündeln, sodass sie zwar da sind, aber so ineinander verwoben werden, dass sie eben zu etwas Persönlichem heranwachsen. Dieser Mechanismus ist im Laufe der Zeit anspruchsvoller geworden, da wir als Band zusammengewachsen sind.
Wie gesagt, das hat sich eben alles natürlich ergeben. Wir hören ständig über unsere ersten beiden Alben so Sachen wie „Das war euer bestes Werk“. Ich glaube das hat damit zu tun, dass speziell unser Debüt noch so roh und ursprünglich gewesen ist. Da hat noch so eine Art jugendlicher Spirit drin gesteckt, von wegen „OMG! Wir machen ein Album!“, und „Oh, das Riff ist gut, wie wäre es, wenn wir es mit dem und dem Riff kombinieren?“ (lacht) Das funktioniert manchmal einfach am besten, anstatt zu sehr über die eigene Musik nachzudenken. Und es hat den Nebeneffekt, dass es auf Sender- und Empfänger-Seiten gleichermaßen Spaß macht.
Aber irgendwann kommst du halt an einen Punkt, wo diese Spontanität an ihre kreativen Grenzen gerät, da dich diese Tollkühnheit eben künstlerisch nur für beschränkte Zeit voranbringt. Dann stehst du vor der Wahl, entweder so wie bisher weiter zu machen und Gefahr zu laufen, dich zu wiederholen, oder dich eben gewinnbringend weiter zu entwickeln, möglicherweise aber dein Publikum zu vergraulen – beide Wege sind mit Risiken verbunden. Irgendwann musst du den Anspruch irgendwie in deine Musik holen oder dir zumindest eingestehen, dass diese Art der Dynamik Zeit und Arbeit einfordert, die man als Künstler hineinstecken muss.
Wenn wir in das Studio oder in den Proberaum gehen, um unser Material auszuarbeiten, dann komme ich mir vor, als würde ich in eine Classic-Rock-Manufaktur gehen. Da ist so viel Inspiration und soviel Potential. Und alles wartet darauf, irgendwie verwertet zu werden. Aber es geht nicht einfach nur darum, irgendetwas daraus zu machen, sonst wäre es eine normale Fabrik. Es geht mehr darum, die passenden Teile zu finden und zusammen zu setzen, wie bei einem Puzzle. Diese Teile sind in ihrer Rohform in unseren Köpfen vorhanden und benötigen zunächst durch Musikalität eine konkrete Form, bevor wir sie verwenden können. In der Hinsicht haben wir den Anspruch in unseren Sound geholt. Aber ich denke nicht, dass wir da stets nach Perfektion streben. Da bleibt immer etwas Raum zum Atmen.
Ich denke das ist ein Schlüsselfaktor, warum THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA so gut ankommt. Eure Musik ist einerseits anspruchsvoll und vielschichtig strukturiert, andererseits dabei sehr leichtfüßig und elegant.
Danke für das Kompliment. „Eleganz“ ist mir bei der Musik noch nicht in den Sinn gekommen. Aber ich denke, dass das ein passendes Attribut für unseren Sound ist.
Wie hat sich die Wahl, auf dem Schlagzeug von ABBAs „Super Trouper“ zu spielen, ergeben? War das bewusst im Hinblick auf „Aeromantic“ oder hatte das andere Gründe?
Das ist schwer zu sagen. Vielleicht hat es die grobe Richtung unserer Musik auf „Aeromantic“ inspiriert, aber andererseits sind wir schon immer sehr durch ABBA inspiriert worden. Das kannst du ja in nahezu allen unseren Songs nachvollziehen, die haben immer diese spezielle Art der skandinavischen Melancholie inne. Ich denke das ist ein weiterer Faktor, der THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA ein bisschen abhebt. Diese skandinavische Songwriting-Tradition fließt unterbewusst durch unseren Sound, neben den Einflüssen von FOREIGNER, JOURNEY, Bob Seger, TOTO und dergleichen. Es schwingt immer dieser schwedische Makel [sic] mit. Dass wir auf dem ABBA-Schlagzeug spielen würden, war hier eigentlich nur das coole Sahnehäubchen auf dem Kuchen. (lacht)
Ich habe auch gelesen, dass ihr einen Lineup-Wechsel hattet vor den Sessions. Ist John Lönnmyr ein festes Mitglied geworden oder erstmal nur ein Session-Keyboarder?
Das ist eine gute Frage. Wir haben aufgrund der aktuellen Situation noch nicht so viele Shows spielen können, sodass ich das hier und jetzt beurteilen könnte. Wir haben mit der Tour begonnen und sie dauerte nur eine Woche, aber alles mit ihm klingt fantastisch. Er ist ein hervorragender Spieler, was sich hoffentlich auch beim Livestream-Konzert gezeigt hat. Wenn ich so drüber nachdenke, würde ich spontan sagen: Ja, er ist ein festes Mitglied. Wir haben das intern noch nicht so intensiv diskutiert, aber ich sehe keinen Grund, warum das nicht so sein sollte. Er passt einfach bei uns rein.
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