The New Roses
"Wenn die Rolling Stones Bock hätten, hätten wir auch Bock."
Interview
Im Sommer gemeinsam mit KISS auf Tour, im Herbst selbst als Headliner mit dem neuen Album „Sweet Poison“ unterwegs. Grund genug uns Sänger und Gitarrist Timmy Rough zu schnappen um herauszufinden, wie es bei THE NEW ROSES bezüglich der Planungen nach der Covid-Pause aussieht.
Ich hoffe, Deiner Familie, Freunden und allen bei THE NEW ROSES geht es soweit gut. Zum Einstieg würde uns interessieren, was der Teenager Timmy Rough für Musik gehört hat und wann Du angefangen hast, dass CD-Regal Deiner Eltern intensiv zu begutachten. Wo kommt die Begeisterung für den 80er / 90er Jahre Rock der Generation Deiner Eltern her?
Mein Vater ist Baujahr 1942, der hat mit 80er Rock herzlich wenig am Hut. Auch ich komme eigentlich eher über Umwege in das Genre, in dem sich THE NEW ROSES austoben. Ich habe als Kind die Musik der 50er und 60er sehr geliebt. Die war im Plattenregal meiner Eltern sehr gut vertreten. Da waren ELVIS PRESLEY, SAM COOKE, BUDDY HOLLY, LITTLE RICHARD, JERRY LEE LEWIS und ähnliche Künstler, meistens auf irgendwelchen Kompilationen. Aber auch FRANK SINATRA und das RAT PACK hatten es mir angetan. Ich lernte Saxofon spielen, weil dieses Instrument in diesen ganzen Songs immer eine große Rolle spielt. Dann spielte ich in mehrere Big Bands und war fasziniert von der Kraft dieser ganzen Blech-Instrumente auf der Bühne. Der Gitarrist dieser Band lud mich ein, in seiner Rockband Saxofon zu spielen. Ich muss damals so um die 17 gewesen sein. Neben ein paar 50’s Songs spielten wir dann auch Stücke von THE ROLLING STONES, JETHRO TULL und AC/DC. Das kannte ich alles gar nicht gut, war aber sofort fasziniert von dieser völlig anderen Art von Kraft. Die Power der Stromgitarre (lacht). Als der Bassist der Band nicht mehr singen wollte, habe ich es einfach mal probiert und da hat es endgültig Klick gemacht. Es klang zwar fürchterlich was ich da krächzte, doch ich wusste sofort, dass das meine Bestimmung ist. Danach probierte ich einfach alles aus zu singen, was ich zu hören bekam und konnte mich für fast alles begeistern. Von BOB DYLAN bis PANTERA hatte ich viele Song-Favoriten (lacht).
Wie zufrieden waren THE NEW ROSES mit der Sommersaison nach der Corona-Pause? Ihr wart unter anderem Support für KISS und FOREIGNER. Wie war die Festivalsaison für Euch nach 2,5 Jahren Pause? Was waren die Highlights für Euch neben der Tour mit KISS?
Es war ein grandioser Sommer. Wir hatten alle Hände voll zu tun und genossen den ganzen Trubel sehr. Auch im Ausland war eine Menge los. Besonders bleibt mir das Rock Fest Barcelona in Erinnerung. Da stimmte einfach alles. Was für eine geile Party. Erst hatten wir einen Heidenspaß mit den Spaniern während unserer eigenen Show. Danach wurde kaltes Bier gezapft und weiter ging’s mit MEGADETH, JUDAS PRIEST und KISS. Ein Arbeitstag, wie man ihn sich wünscht, würde ich sagen (lacht). Die ganze KISS-Tour war eine große Herausforderung für uns. Wir mussten sehr präzise arbeiten, da die gesamte Produktion dieser Konzerte sehr kompliziert und minutiös genau geplant ist. Es war immer sehr nervenaufreibend, bis der Vorhang für uns endlich aufging. Dann hieß es auf Knopfdruck alles vergessen und in 35 Minuten die Sau rauslassen. Das hat extreme Ähnlichkeit mit einem Vollrausch. Ein Rausch, der von null auf hundert in Sekunden hochfährt und nach einer halben Stunde einfach verpufft. Das ganze ohne Kater (lacht). Es war saustark!
„Wenn die ROLLING STONES Bock hätten, hätten wir auch Bock“
Wurde mit dem KISS-Supportslot Jugendträume war? Wer von Euch ist der größte KISS-Fan? Konntet ihr Zeit abseits von Bühne und Konzerthalle mit den Musikern von KISS verbringen?
Ich glaube Hardy ist unser größter KISS Fan. Aber Hardy ist generell ein wandelndes Musik-Lexikon. Er weiß einfach alles über Rockmusik und auch über KISS war er schon immer bestens informiert. Ich persönlich war bis zu unserer ersten Einladung zum KISS-Kruise vor ein paar Jahren nicht so ein großer Fan, da ich generell nicht so auf Verkleidung und viel Feuerwerk stehe. Auf der Kruise fing ich aber schon an zu grübeln, ob ich damit nicht falsch gelegen haben könnte und es möglicherweise doch mein Ding ist. Spätestens aber, als ich sie jeden Abend in Bestform die großen Hallen in Schutt und Asche habe legen sehen, war ich gänzlich überzeugt und bin jetzt auch ein aufrichtiger Fan. Da die Produktion sehr kompliziert war, gab es kaum Gelegenheit sich auszutauschen mit der Band. Die Begegnungen, die es gab, waren aber sehr freundlich und die Jungs schienen zufrieden mit uns zu sein (lacht).
Gibt es eine noch aktive Band womit THE NEW ROSES gerne einmal die Bühne teilen möchte? Ist da noch ein offener Traum?
Wenn die ROLLING STONES Bock hätten, hätten wir auch Bock (lacht).
Lass uns zu „Sweet Poison“ springen. Im Gegensatz zu „Nothing But Wild“ hat es eine Veränderung in der Bandbesetzung gegeben. Der neue / alte Gitarrist Dizzy Presley ist zurückgekehrt. Hatte die Veränderung in der Band Auswirkungen auf den Produktions- und Schreibprozess? Wann haben THE NEW ROSES mit den Aufnahmen begonnen? Hat Covid und die Restriktionen Spuren auf „Sweet Poison“ hinterlassen.
Wir sind sehr glücklich darüber, dass Dizzy wieder an Bord ist. Er kam zur ersten gemeinsamen Probe und alles war wie früher. Der gleiche Sound, der gleiche Humor, dieselbe Vertrautheit. Das ist unbezahlbar. Und dieses Gefühl hat mit Sicherheit seine Spuren im Entstehungsprozess des Albums hinterlassen. Die ganze Platte erinnert uns insgesamt schon deutlich an unser Debüt „Without A Trace“. Das liegt bestimmt auch an der Veränderung in der Band. COVID haben wir bewusst keinen Raum auf diesem Album gegeben. Es hat doch sowieso schon alles andere beherrscht. Warum sollten wir freiwillig unseren Zufluchtsort mit diesem Gift verpesten? Wir dachten einfach: wenn wir keinen Bock draufhaben, geht’s unserem Publikum vielleicht genauso. Wir wollten diesen Zufluchtsort auch für alle anderen zugänglich machen. Du legst die Scheibe auf und hast eine knappe Stunde lang einfach Spaß und sonst nix.
Du legst die „Sweet Poison“ auf und hast eine knappe Stunde lang einfach Spaß
Lass uns über die Lyrics auf „Sweet Poison“ sprechen. Insgesamt spiegeln die Songs den Spruch „Sex and Drugs and Rock´n Roll“ wider. Es geht viel um Liebe beziehungsweise zwischenmenschliche Beziehungen und die damit verbundenen verrückten Symptome. Möchten THE NEW ROSES die Hörerschaft mit den Texten von den vielen negativen Nachrichten mit Covid oder Krieg ablenken?
Ablenken ist ein nicht so glücklicher Begriff dafür. Das klingt irgendwie nach Täuschung und Taschenspieler-Tricks. Wir ignorieren die aktuellen Schwierigkeiten nicht. Wir treten ihnen entgegen. Wir wollen Räume schaffen, in denen sich Menschen positiv aufladen können. Die Lyrics auf „Sweet Poison“ beziehen sich hauptsächlich auf Zeiten lange bevor Corona alles verändert hat. Wir schreiben über die frühen Bandjahre oder sogar unsere Teenager Tage. Das fühlte sich irgendwie richtig an und es hat Spaß gemacht in den alten Stories, Fotos und Videos herumzugraben.
Eine Überschrift zu „Sweet Poison“ ist die Hommage an den US-Rock. Wo siehst Du die hauptsächlichen Einflüsse vom US-Rock auf „Sweet Posion“ im Vergleich zu „Nothing But Wild“ oder „One More For The Road“?
Wir haben da ehrlich gesagt keinen so wissenschaftlichen Ansatz. Wir machen eine Menge Demos für jedes Album. Und mit jeder Scheibe werden es mehr. Diesmal waren es über 60. Dann suchen wir uns einfach die Songs aus, die uns am meisten Spaß machen und ergänzen sie mit denen, die am besten dazu passen. Somit hat jedes Album eine gewisse Grundfarbe. „One More For The Road“ hat eine ordentliche Portion Country- Vibe abbekommen, weil eben Songs wie „Life Ain’t Easy (For A Boy With Long Hair)“, „Every Wild Heart“ und „One More For The Road“ die Richtung vorgaben. Auf diesem Album gab „The Usual Suspects“ von Anfang an die Richtung vor. Ich persönlich sehe bei diesem Album, wie gesagt, einige Parallelen zu unserem Debüt „Without A Trace“ aus 2013. Es ist sehr roh und hat wieder diesen jugendlichen Leichtsinn. Dazu haben wir die eingängigen Stadion-Rock-Melodien gepackt, die sich über die letzten beiden Alben in unserer Musik etabliert haben. Wie man das nun nennt oder bezeichnet überlassen wir aber euch (lacht).
Mit MÅNESKIN hat eine Rock-Band den Eurovision Song Contest 2022 gewonnen. Hilft so ein Erfolg der Rockmusik vor großem Publikum THE NEW ROSES die jüngere Generation für eure Musik zu begeistern?
Davon haben wir gar nichts gemerkt. Mich hat noch nie jemand auf diese Band angesprochen. Ich glaube auch nicht, dass Crossover Aktionen von zwei so unterschiedlichen Welten wie der echten Rock Szene und einer Veranstaltung wie der ESC nachhaltigen Einfluss haben können. Ich habe gelesen, dass der Song „Master Of Puppets“ in einer beliebten SciFi-Serie gespielt wurde und danach eine riesige Flut der Begeisterung junger Leute auf Metallica stürzte. Sowas kann funktionieren, wenn der Rahmen stimmt. Ich persönlich finde aber nicht, dass der ESC für Rockmusik einen solchen Rahmen darstellt.
„Wir haben beschlossen die „Sweet-Poison“-Tour durchzuziehen“
Der Release-Tag von „Sweet Poison“ ist der 21. Oktober. Einen Tag vorher geht eure Tour in Bochum los. Was dürfen die Fans erwarten?
Wir wollen sehr viel vom neuen Album spielen und auch den Rest der Setlist frisch gestalten. Natürlich kann man sich auf unsere Publikumslieblinge verlassen, aber wir wollen schon einen frischen Wind von der Bühne wehen lassen. Wir sind voller Vor- und Spielfreude und haben an unserem Grundkonzept „Less is More“ festgehalten. Es gibt also kein Konfetti, keine Schminke und keine Laptops auf der Bühne, dafür aber 100% handgemachten ehrlichen Rock & Roll.
Aktuell stehen die Live-Konzerte in der Diskussion bezüglich schwacher Vorverkäufe und möglicher Covid-Restriktionen im Herbst. Einige Bands haben ihre Touren erneut verlegt. Sind das Dinge, womit Du dich beschäftigst? Wie wahrscheinlich ist es, dass THE NEW ROSES wirklich im Oktober auf Tour sind?
Natürlich ist das ein großes Thema in der Branche. Viele unserer Kollegen haben ihre Tourneen bereits abgesagt oder verschoben oder sind im Begriff dies zu tun und wir verstehen das. Wir haben aber beschlossen, die Tour in jedem Fall durchzuziehen. Wir müssen alle zusammenhalten. Wenn die Band nicht spielt, entscheidet sie das auch für den Club, die Crew, den Booker und alle anderen Beteiligten mit. Wir brauchen uns alle gegenseitig, um das durchzustehen. Wenn ein Glied in dieser Kette bricht, es zum Beispiel keine Clubs keine Tonleute, Busfahrer, Security usw. mehr gibt, haben alle ein echt großes Problem. Nicht zu spielen stellt daher keine Option für uns dar. Außerdem sind wir eine Rock ’n’ Roll Band, that’s what we do.