The Monolith Deathcult
The Monolith Deathcult

Interview

Die Holländer von THE MONOLITH DEATHCULT mußten sich nach ihrem Debüt öfters böse Vorwürfe gefallen lassen, rechtsradikalem Gedankengut nahe zu stehen. Natürlich konnten sie selbige entkräften. Aber anstatt jetzt diese Wunden verheilen zu lassen, posieren sie in Soldatenklamotten, schreiben Songs über Nazigreueltaten und benennen ihr Album nach Arbeitslagern. Sänger/Gitarrist/Texter Michael Dekker ließ sich bereitwillig in die Mangel nehmen.

The Monolith DeathcultHey there! Was läuft in Holland?

Nun, wir haben eine Regierung, die vom Volk nicht unterstützt wird, und gestern wurde der Terrorverdächtige Samir A. aus Mangel an Beweisen frei gesprochen. Aber: Man hat Pläne vom Schiphol Airport, Dynamit, Waffen und Bücher mit militanten, islamischen Inhalten gefunden. Du siehst: Uns geht es gut in Holland.

Zuerst mal Gratulation zum neuen Album. Euer Debüt „The Apothosis“ war ok, aber das neue Werk „The White Crematorium“ ist großartiger, technischer Death Metal, gewürzt mit Groove und Melodien. Habt ihr euer Songwriting verändert oder gibt es andere Gründe für diese Verbesserung

Danke für das Lob! „The Apotheosis“ war das logische Debüt einer jungen Band. Wir erkundeten unsere musikalischen Grenzen, weil wir vorher noch nie diese Art von Death Metal gespielt hatten. Unser Songwriting haben wir nicht verändert, weil wir dabei eigentlich keinen festen Plan haben. Wir spielen Riffs, und wenn sie cool sind, verwenden wir sie. Sie könnten im Prinzip mit jedem Stil verbunden werden. Nu-Metal-Riffs („7 Months of Suffering“, „The Cruel Hunters“) stehen neben Doom Metal-Riffs („The White Crematorium“) und purem Death Metal („Origin“, „1917“). Es war unser Plan, ein sehr schnelles und brutales Album einzuspielen, das modern klingt und sich vom gängigen US-Death abhebt. Die dortigen Bands sind sehr gut, aber meiner Meinung nach langweilig wie Hölle. Aus diesem Grunde ist auf TWC auch ein Keyboarder zu hören. Unser Erstling war mehr „underground“ und mir gefallen nicht alle Songs. Das ist bei TWC anders.

Eure Texte sind voll von historischen Grausamkeiten. Interessiert ihr euch alle so sehr für Geschichte oder woher kommt diese Faszination?

Ich für meinen Teil studiere Geschichte und unterrichte selbiges Fach ab und an an der Highschool. Wir alle interessieren uns sehr für die blutige Vergangenheit der Geschichte. Also drehen sich auch unsere Texte darum. The Monolith Deathcult spielen zwar Death Metal, wollen aber nicht über verrottende Kinder, Blut überall und diesen Schwachsinn singen.

Aber warum behandelt ihr dann nur die grausamen Seiten der Geschichte? Sind sie wichtiger?

Die Historie ist eine unerschöpfliche Quelle für brutale Textideen, die wirklich passiert sind. Ich bin auch ein großer Fan von Stargate und der dazugehörigen Serie. Der Track „Origin“ befaßt sich mit diesem Thema. Wir wissen so wenig über mystische Dinge. Woran ist die Maya-Kultur zugrunde gegangen? Wer hat die Sphinx und die Pyramiden gebaut? Existiert Atlantis? Fragen über Fragen, über die zu schreiben ebenfalls Spaß macht.

Könntest du dir vorstellen, auch einen Text mit privatem, persönlichem Inhalt zu schreiben?

Nein, das paßt meiner Meinung nach nicht zum Death Metal, sondern eher zu Bands wie My Dying Bride.

In der Vergangenheit habt ihr euch öfters mit Nazivorwürfen auseinandersetzen müssen. Gibt es noch etwas zu diesem Thema zu sagen?

Eine Menge Leute sind angepißt, weil wir „gory“ Texte über Sachen schreiben, die wirklich passiert sind. Wir sind uns aber vollkommen darüber bewußt, daß manche geschichtlichen Themen in bestimmten Ländern besonders sensibel aufgenommen werden. The Monolith Deathcult ist KEINE politische Band. Wir unterscheiden zwischen Rasse und Religion. Außerdem wissen wir, daß die meisten sowieso zu faul sind, sich genau mit unseren Texten zu befassen. Aber wir weigern uns, deswegen unsere Lyrics auf das IQ-Niveau des normalen Metal-Fans runterzuschrauben. The Monolith Deathcult behandeln historische Themen, wie sie nun mal in verschiedenen Zeiten aufgetreten sind. Und manchmal ist eben ein Thema dabei, an das viele wegen der Altlasten ihrer Vorfahren lieber nicht erinnert werden wollen.

Aber es ist offensichtlich, daß ihr mit einer großen Menge an Symbolen spielt, die mit dieser Zeit verbunden sind. So werden diese Vorwürfe nie verschwinden. Denn viele werden nicht die Muße haben, tief in eure Texte einzutauchen, wie du schon selbst gesagt hast. Habt ihr keine Angst davor?

Nein, das ist nun mal eine Entscheidung, die wir so getroffen haben. Wenn ich jemanden eines Verbrechens beschuldige, muß ich mich erst eingehend mit den Tatsachen beschäftigen, damit ich einen Überblick über diese Person habe. Ich kann niemanden ohne Beweise anklagen. Leute wie ein Mike Meier sind paranoide Idioten, die ihre Nasen in das Geschäft von anderen stecken. John Cleese hat schon als Basil Fawlty in der Serie Fawlty Towers über solche Kerle gesagt: „Genauso hat der Zweite Weltkrieg angefangen“.

Der Opener „The Cruel Hunters“ behandelt explizit das Nazi- und SS-Thema, Euer Album heißt „The White Crematorium“, was auch auf diese Thematik bezogen werden kann. Was wollt ihr dadurch ausdrücken?

Der Titel hat an sich nichts mit der SS oder dem Nazi-regime zu tun. The White Crematorium ist der Beiname von Stalins Arbeitslagern im hohen Norden von Sibirien. Diese Region heißt Kolyma. Die „Enemies of the People“ mußten dort mit bloßen Händen unter fürchterlichen Umständen nach Gold graben. Fliehen konnte man nicht, da man in der Wildnis hoffnungslos bei Minus 50 Grad erfroren wäre. Die Sowjets fürchteten damals Kolyma als jedes andere Gebiet des Gulag-Reiches.

Trotzdem ist dies auf eine Weise vergleichbar mit den Nazi-KZs. Was fasziniert euch an diesen Themen?

Die Nazis und Kommunisten waren Erzfeinde, ihre Ideologien total gegensätzlich, aber ihre Mittel und Systeme oftmals ähnlich. Beide hatten sie Todeslager, Hitler seine KZs in Polen, Stalin brachte seine Feinde durch das Arbeitsklima in Kolyma um. „Die Partei hat immer Recht“, dieser Sinnspruch war in beiden Ideologien üblich. Natürlich wissen wir, daß es verboten ist, mit Nazisymbolen zu kokettieren oder solche Klamotten zu tragen, aber demnach müßte es genauso verboten sein, russische Symbole zur Schau zu tragen. Zu viele Leute wissen einfach nicht, worüber sie reden. Im Kreislauf der extremen Politik sind sich der ganz rechte und ganz linke Flügel näher, als beide zugeben würden. Zu viele Leute denken immer noch, es sei cool, mit Hammer und Sichel rumzulaufen. Ich aber sehe keinen Unterschied zu einem Hakenkreuz in diesem Symbol.

Ihr habt Liner Notes zu jedem Song geschrieben. Eine Maßnahme, damit ihr nicht falsch verstanden werdet?

Nein, diese Erklärungen sind kein Disclaimer oder so etwas. Wir haben keine Angst, daß uns jemand falsch versteht. Wir wissen, was wir tun. Wir möchten zeigen, daß wir keine naive Band mit dummen Texten über Mord, die Vergewaltigung von Babys oder Eingeweide voller Scheiße sind. Die Menschheit ist krank und wir haben keine Probleme damit, ihr einen grellen Spiegel vorzuhalten. Viele hassen uns dafür, aber das ist uns egal. Ein Song trifft dich härter, wenn du seinen Hintergrund kennst.

Der Song „1917 – A Spring Offensive“ befaßt sich direkt mit dem Ersten Weltkrieg. Auf welche Weise liegt in ihm die Ursache für den Zweiten Weltkrieg bereits begründet?

Ohne den Ersten Weltkrieg gäbe es keine Schuld von Versailles mit hohen Zahlungen an die Alliierten, keine Krise, kein frustriertes Deutschland, keinen frustrierten Hitler und keine frustrierte deutsche Armee.

Befinden wir uns gerade an der Schwelle zu einem Dritten Weltkrieg?

Der Dritte Weltkrieg wird von religiöser Natur sein, kein Krieg zwischen Ländern, sondern zwischen Ideologien und Religion.

Man kann Geschichte nie von Politik trennen. Ist es wichtig, daß selbige Teil der Musik ist?

Nein, wir supporten keine Ideologie oder eine poltische Bewegung. Politik ist in unseren Texten nur aus dem Grund enthalten, den du oben genannt hast. Ein politisches Ziel verfolgen wir nicht.

Letzte Frage zu diesem Thema: Glaubst du, daß etwas wie das Nazi-Regime heutzutage in Ländern wie Deutschland, den USA oder vielleicht auch Holland wieder möglich ist?

Eine gute Frage. Das Nazi-Regime war eine extreme Verdrehung des Nationalismus. In Europa ist es heutzutage unmöglich, solch eine Herrschaft wieder aufzubauen. Die Nazis haben die Leute belogen, die Zeitungen und die Presse zensiert. Heute aber gibt es Internet. Du kannst Nachrichten und die Wahrheit überall hören. Aber Völkermorde gibt es heute immer noch. Schaue nach Darfur oder auf den Balkan in den 90ern. Das Nazi-Regime war keinesfalls ein einmaliger Unfall. Die Türken mordeten die Armenier, Saddam lynchte die Kurden. Dieser Tage haben wir sehr viele Probleme mit radikalen Muslimen. In Holland merkt man zwar, daß die Leute keine Lust mehr auf den Islam und Einwanderer generell haben, weil der Hass wächst. Aber ein zweite Nazizeit halte ich für unmöglich.

Zurück ins Musikgeschäft: Euer Debüt wurde auf Cold Blood Industries, dem Label von God Dethroned-Boss Henri Sattler veröffentlicht. Wie traurig wart ihr, als er seinen Laden dicht machen mußte?

Es ist nie schön, wenn eine Plattenfirma ihre Pforten schließen muß. Aber als wir diese News erfuhren, waren wir bereits in Kontakt mit Karmageddon. Bei CBI hatten wir nur für eine Platte unterschrieben.

Ihr habt in der Vergangenheit zweimal mit The Crown getourt. Selbige gibt es jetzt nicht mehr. Mit wem geht ihr jetzt auf Reisen?

Hmm…und Skinless sind irgendwie ausgetrocknet. Sherwood Webber ist ein fantastischer Frontmann und John Logstreth ein brillanter Drummer, aber beide haben Skinless letztes Jahr verlassen. Keiner will mit uns touren, weil wir alle Bands zerstören, hehe. Nein, jetzt ernsthaft, es sind einige Pläne in der Pipeline, aber bisher nichts Konkretes. Im Herbst werden wir wohl durch Europa reisen.

Kommen wir noch mal auf euch selbst zu sprechen: Ihr scheint sehr von euch und eurem Tun überzeugt zu sein. Oder ist es eher ironisch gemeint, wenn auf eurer Homepage folgendes zu lesen ist: „Of course we know that we have written the best death metal album of 2005…“?

Wir glauben wirklich, daß wir ein verdammt gutes Death Metal-Album geschrieben haben, aber unser Image und unsere Art, uns zu promoten, bauen viel auf Ironie und schwarzen Humor. Wir lieben es, Dinge zu tun und zu sagen, die in der Szene einfach unüblich sind.

Wie kommt es dazu?

Die Leute wissen, wer wir sind: Wir sind diese „bunch of arrogant motherfuckers from the Netherlands“. Wir leben auf des Messers Schneide und haben ein großes Maul. Ein einziger Fehler und unsere Karriere ist vorbei. Das verschafft uns die Motivation, immer das Beste aus uns heraus zu holen. Wir mögen es, das Bild einer selbstbewußten Truppe abzugeben und Ironie und schwarzen Humor einzubauen. Manchmal ist die Metalszene einfach zu ernst.

Habe ich vergessen, irgend etwas zu fragen?

Nein, es war ein interessantes Interview. Ich hoffe, es ist klar geworden, was für eine Art Band wir sind. Wir provozieren einfach ohne böse Absichten.

18.04.2005

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