The Iniquity Descent
Interview mit Sänger Mathias Lillmåns zum neuen Album "The Human Apheresis"

Interview

The Iniquity Descent

Die Finnen von THE INIQUITY DESCENT scheinen echte Arbeitstiere zu sein: Nicht nur, dass fast jeder von ihnen auch in diversen anderen Bands spielt – darunter durchaus bekanntere Namen wie CHTHONIAN oder FINNTROLL –, nein, sie haben mit ihrem ersten Full-Length-Album „The Human Apheresis“ auch gerade die dritte Veröffentlichung in drei Jahren Bandbestehen herausgehauen. Warum die dennoch nicht an Ideenmangel leidet, wie die einzelnen Bands nebeneinander bestehen können, ohne gegenseitig allzu viel Einfluss aufeinander zu haben und warum THE INIQUITY DESCENT es nicht nötig haben, sich hinter einem böse Image rund um Corpsepaints, Nieten und Pseudonyme zu verstecken, lest ihr in unserem Interview mit Sänger Mathias Lillmåns.

Moin!
Zunächst einmal Gratulation zu eurem neuen Album. Seid ihr mit den Reaktionen, die ihr so weit bekommen habt, zufrieden?

Hi! Wir sind so weit ziemlich glücklich. Die meisten Reviews und Reaktionen waren positiv, mit nur wenigen Ausnahmen.

Ich würde gerne mit einer Frage zu dem Titel des Albums, „The Human Apheresis“, anfangen. Als Stilmittel in der Lyrik bedeutet eine Aphärese das Auslassen des ersten Lauts eines Wortes – was also meinst du, wenn du von einer „menschlichen Aphärese“ sprichst?

Ich rede da nicht über den linguistischen Begriff ‚Aphärese‘, sondern über den medizinischen, der die Trennung von roten und weißen Blutzellen und Blutplasma bedeutet. Danach entfernt man den kranken Teil, heilt oder ersetzt ihn und setzt dann alles wieder zusammen und zurück in die Person. Ich vergleiche das mit einer Form von Katharsis, die den Verstand, den Körper und/oder den Geist (die Seele) eines menschlichen Wesens heilt. Das ist die menschliche Aphärese.

Und, anschließend an die vorherige Frage: Es war mir bisher nicht möglich, die Texte des Albums zu lesen, aber was ich durch das Anhören und durch die Songtitel mitbekommen habe, suggeriert eine Konzentration auf biblische bzw. religiöse Motive. Basieren die Texte auf einem festen Konzept? Wenn ja, worum geht es dabei? Und gibt es eine grundlegende Message, ein grundlegendes Statement in den Texten?

Ja, es gibt ein paar religiöse und biblische Referenzen in meinen Texten, oft nur symbolisch. Manches davon ist sehr persönlich und manches nicht. Da gibt es wirklich keine grundlegende, generelle Message und ich will definitiv nicht predigen. Jeder hat einen freien Willen und ich empfehle, dass ihr den alle benutzt. Lies einfach ein bisschen zwischen den Zeilen und du wirst herausfinden, was ich sagen will.

Ihr habt THE INIQUITY DESCENT 2009 gegründet, 2010 und 2011 folgten zwei EPs und jetzt, 2012, euer erstes Full-Length-Album – eine Platte pro Jahr, obwohl ihr alle in einer Reihe weiterer Bands spielt. Ist das nicht ziemlich stressig? Und welchen Platz nimmt THE INIQUITY DESCENT dabei zwischen euren anderen Bands ein? Ist es mehr „nur“ ein weiteres Projekt oder hat es Priorität?

Diese Band hat momentan was mich angeht die zweite Priorität, aber da wir gerade mit FINNTROLL jede Menge freie Zeit hatten, hatte ich mehr als genug Zeit, mich darauf zu konzentrieren. Ich schätze, wenn es mit FINNTROLL wieder hektisch wird, werden wir auch mit einem neuen Album für THE INIQUITY DESCENT anfangen. Ich bin der einzige in der Band, der für längere Zeit weg ist, die Jungs werden also zu Hause an neuem Zeug arbeiten und mir Mp3s zum anhören zuschicken während ich auf Tour bin, damit ich meine Meinung dazu abliefern kann. Ich bin ziemlich zufrieden damit, wie es bis hierhin geklappt hat, also werden wir wahrscheinlich damit weitermachen.

Inwiefern ist THE INIQUITY DESCENT denn von dem beeinflusst, was ihr in euren anderen Bands und Projekten macht?

Nicht allzu sehr. Vielleicht kann man ein bisschen CHTHONIAN darin wahrnehmen, aber das wahrscheinlich, weil über die Hälfte der Band ebenso in dem Orchester spielt. Unsere anderen Bands sind ganz anders und beeinflussen THE INIQUITY DESCENT nicht wirklich in irgendeinem beachtenswerten Ausmaß.

Mit THE INIQUITY DESCENT habt ihr ja gerade euer erstes Album veröffentlicht, aber da die meisten von euch ja schon mit euren anderen Bands Erfahrungen gemacht haben, würde mich interessieren, inwiefern die Aufnahmesessions zu „The Human Apheresis“ anders verlaufen sind als die anderer Alben, die ihr aufgenommen habt.

Na ja, wir haben es selbst in unserem Proberaum aufgenommen, in dem wir ein Studio eingerichtet haben. Da wir auch mit einigen unserer anderen Bands hier aufgenommen haben, war es also ziemlich vertraut. Wir haben eine kleine Gelegenheit ergriffen und es dann in einem Studio gemischt, in dem keiner von uns zuvor gewesen ist, was großartig war, wie sich dann herausstellte. Keijo Koppel vom RoundSound in Estland hat genau das geschafft, was wir wollten, es sollte kraftvoll, aber trotzdem noch natürlich klingen. Außerdem masterten wir auch an einem „neuen“ Ort in der Nähe von Helsinki, hauptsächlich aus Gründen des Zeitmangels. Trotzdem hat Jarno im D-Studio einen exzellenten Job erledigt und wir sind mit dem Ergebnis wirklich glücklich.

Und wie wurde das Album generell geschrieben und aufgenommen? Gibt es bei euch in der Band ein „Mastermind“, das all die Musik geschrieben hat, oder geht es bei THE INIQUITY DESCENT eher demokratisch zu?

Zumindest ist THE INIQUITY DESCENT nicht zu 100 Prozent eine Demokratie. Mikael (Gitarre) ist das Mastermind hinter all unseren bisherigen Veröffentlichungen, er hat die komplette Musik geschrieben. Ich hingegen habe alle Texte komponiert. Ich, Mikael und Kenna, unser Drummer, haben dann das ganze Ding arrangiert. Aber ich schätze, dass in Zukunft mehr Input von den anderen Jungs kommen wird, unser Bassist hat zum Beispiel schon ein paar Riffs geschrieben, die wir mit absoluter Sicherheit auf unserem nächsten Release verwenden werden.

Auf dem Album meine ich relativ starke Einflüsse von VREID herauszuhören, aber auch die deutschen Bands SECRETS OF THE MOON und FARSOT – würdest du zustimmen? Wenn nicht, was sind denn eure Einflüsse?

Das haben wir schon viele Male gehört und ich kann es nicht leugnen. Wir sind alle mit Oldschool Black und Death Metal aufgewachsen, das ist also keine große Überraschung. Das Witzige ist, dass Mikael nicht wirklich irgendwelche Musik hört. Er schreibt einfach die Art von Musik, die er gerne hören würde.

Ein anderes Thema: Was ich ziemlich interessant an euch finde, ist, dass ihr nicht dieses „Necro-„Image um euch konstruiert, ihr tragt kein Corpsepaint, ihr versteckt euch nicht hinter Pseudonymen wie es viele (die meisten?) anderen Black-Metal-Bands tun. Kam das einfach so oder war das eine bewusste Entscheidung?

Das war für uns immer ganz natürlich. Seit den Neunzigern haben wir viele Bands zusammen gehabt und als Teenager versuchten wir, Corpsepaint und Spikes zu nutzen, aber das fühlte sich nie wirklich nach uns an. Manchmal fühlt es sich für mich so an, als würden Leute, die diese Gimmicks nutzen, das als Entschuldigung nutzen, das, was sie tun, vor ihrer Mami zu verstecken. Ich stehe zu dem, was ich schreibe und will nicht in solche Schocktaktiken flüchten, um die Leute dazu zu bekommen, meine Musik zu hören. Lass die Musik für sich sprechen, das ist unsere Philosophie.

Und da ja die meisten von euch in Bands gespielt haben, die sich mehr gen Genres wie Death Metal oder Folk/Pagan Metal orientieren, inwiefern seht ihr euch eigentlich als Teil der Black-Metal-Szene?

Es ist witzig, wie man darüber definiert wird, in welchen Bands man spielt. Die Leute neigen immer dazu, zu glauben, dass ich dieses ganze Folk-/Pagan-/Viking-/Schwert-/Met-/Lustiger-Hut-Metal-Ding höre, weil ich bei FINNTROLL bin. Ich habe dieses Genre nie gehört und werde es wahrscheinlich nie tun. Mein Herz lag immer im Black Metal, wo es bleiben wird. THE INIQUITY DESCENT ist eine der Bands, die sowohl an Black als auch an Death Metal grenzt, aber der Fokus liegt auf der schwarzen Seite.

Last but not least: Auf eurer Homepage und eurem Facebook-Profil sind bisher keine Events außerhalb von Finnland verzeichnet – habt ihr Pläne, auch den Rest Europas zu beehren? Und kannst du uns sagen, wann das ungefähr sein wird?

Wir hatten Pläne, für eine kleine Deutschland-/Frankreich-Tour zu euch rüberzukommen, aber es sieht nicht so also, als würde das passieren. Wir sind aber wirklich daran interessiert und wären sehr dankbar, wenn jemand, der das hier liest, seinen örtlichen Promoter damit belästigen könnte, damit wir unsere Ärsche auch über die Ostsee hinwegbewegen und bei euch spielen können.

So, das war’s denn auch schon von mir. Vielen Dank für deine Zeit! Die letzten Worte gehören natürlich dir.

Danke, dass ihr uns bei euch stattfinden lasst!
Und jetzt hört euch unser Album an und bucht uns in einem Club in eurer Nähe!

28.05.2012
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