The Haunted
The Haunted
Interview
The Haunted gehören mittlerweile ohne Zweifel zu den besten und erfolgreichsten Thrash Metal Bands dieser Tage. Ihr letztes Album "…Made Me Do It" schlug ein wie eine Bombe. Jetzt steht mit "One Kill Wonder" dessen Nachfolger in den Startlöchern, um diesen Erfolg noch zu toppen. Und die Zeichen dafür stehen gut. Gitarrist Jensen wollte dies in unserem Gespräch auch nicht verneinen.
Was gibt es zu „One Kill Wonder“ zu sagen? Worum dreht sich die ganze Geschichte?
Um Arbeit. Es steckt natürlich eine Menge Arbeit in dieser Scheibe. Wir haben jeden Tag ca. fünf Stunden geprobt und an dem Album gearbeitet. Dies ist wohl fast einmalig in der Geschichte Schwedens. (lacht)
Was hat es mit dem Wortspiel im Titel auf sich? Oder seid ihr dabei gar nicht von dem Ausdruck „One Hit Wonder“ inspiriert worden?
Das ist ganz einfach zu erklären. Der Titel des letzten Albums, „The Haunted Made Me Do It“, richtete sich gegen Leute, die sich für die Zensur aussprechen, die z.B. behaupten, Bands wie wir oder Slayer würden Gewalt hervorrufen. „One Kill Wonder“ bezieht sich eher auf Fernsehshows, Kanäle wie CNN, etc, die immer nur Gewalt in die Wohnzimmer der Menschen transportieren. Im Prinzip denken die doch, Mord, Krieg und dergleichen sind gut fürs Geschäft. Nimm mal diesen Killer aus Washington, der vor kurzem sein Unwesen trieb. Das war doch eine Riesensache für deren Geschäft. Ich denke, dass diese Bosse in ihren Büros sitzen und folgendes denken: „War das jetzt ein ‚One Kill Wonder‘ oder werden noch mehrere Leute umgebracht? Vielleicht kann ich mir dann ja bald einen neuen Swimming Pool kaufen!“
Also ist dieser Titel eine massive Kritik an der Berichterstattung und Sensationsgeilheit der Medien?
Ja, im Prinzip schon. Ich will hier aber dazu sagen, dass wir absolut keine politische Band sind. Eigentlich geht es nur um coole Musik mit einem coolen Titel. Und „One Kill Wonder“ ist ein cooler Titel. Aber einen gewissen Hintergedanken kann man der Sache nicht absprechen, das stimmt. Das war aber bei „…Made Me Do It“ auch schon so. Auf dem Cover waren die Bilder dieser Serienmörder und Gewalttäter, jetzt ist nur ein einzelnes Opfer abgebildet. Passend zum Titel eben.
Das stimmt. Aber Eure Artworks sind immer sehr schlicht gehalten, sehr spartanisch. Warum? Wollt Ihr das Hauptaugenmerk auf die Musik lenken?
Das ist schon Absicht. Ich würde sagen, wenn Leute ein The Haunted-Cover gesehen gesehen haben, dann bleibt es ihnen besser im Gedächtnis als irgendein anderes. Deswegen ist auch unser Logo so schlicht. Leute zwischen 16 und 86 Jahren sollen es lesen können. Und wenn es als Poster an der Wand hängt, kannst du es auch noch auf mehrere Meter Entfernung entziffern. Weniger ist manchmal einfach mehr. Außerdem macht das Weniger das Cover meistens brutaler als die von irgendwelchen Gore-Bands.
Du meinst, das ist wie in einem guten Horrorfilm, in dem man immer nur den Schatten der üblen Kreatur sieht, aber nie sie selbst, und deswegen mehr Angst hat, weil mehr der eigenen Vorstellungskraft überlassen ist?
Exakt. Hast du Spawn gesehen, diesen Comic, aus dem sie einen Film gemacht haben? Wenn Du am Ende das Böse siehst, ist es einfach nur grausam schlecht. Man sieht viel zu viel und noch dazu sieht es scheiße aus. So etwas wollen wir vermeiden.
Ich könnte mir, ehrlich gesagt, auch kein Haunted-Cover mit einem derartig lächerlichen Monster vorstellen. Doch kommen wir mal wieder auf die Musik zurück. Es gibt nicht wenige Stellen auf dem neuen Album, bei denen mir direkt der Name Slayer in den Kopf schoss. Inwieweit sind Araya und Co. wirklich ein Einfluss für euch?
Slayer waren nie ein Einfluss für uns gewesen. Ich war immer ein großer Fan von Dark Angel. Aber an die erinnern sich die Leute heute kaum noch. Aber sie waren zur selben Zeit wie Slayer in der Umgebung von L.A. aktiv. Aber alle haben immer nur von der Bay Area geredet. Ich fand schon immer den L.A.-Thrash cooler mit Bands wie Dark Angel oder Holy Terror. Nimm z.B. mal das Intro von „…Made Me Do It“. Alle haben geschrieben ‚Wow, ein klasse Slayer-Intro!‘ Aber hey, das ist Dark Angel, Leute! Es steht sogar im Titel…“Dark Intentions“!
Dann müsstest du dich doch ziemlich über deren Reunion freuen, oder?
Nein, nicht wirklich. Denn Jim Durkin, der meiner Meinung nach immer das beste Material von ihnen geschrieben hat, ist nicht mit dabei. Ich erwarte also nicht allzu viel davon.
Wie siehst du eure eigene Karriere? „One Kill Wonder“ ist jetzt euer drittes Album, das man ja immer als ‚Make It Or Break It‘-Album bezeichnet. Will you make it or will you break ist?
Puuh, das kann ich echt nicht sagen. Viel hängt vom Label ab und der Arbeit, die es für uns verrichten kann, auf welche Touren wir aufspringen können, etc. Und es hat auch viel mit Timing und Glück zu tun. Es gibt so viele Bands, die großartige Alben veröffentlicht haben, an die sich aber keiner mehr erinnert. Eines der besten Thrash-Alben aller Zeiten ist z.B. Artillery’s „Terror Squad“, aber kaum jemand hat es gehört. Metallica haben da echt Glück gehabt. Nichts gegen die Band oder das schwarze Album, aber eine dänische Band hat 1987 eine CD herausgebracht, die in die gleiche Kerbe geschlagen hat, und keiner erinnert sich daran. Du siehst also, es hängt nicht immer davon ab, nur ein gutes Album zu veröffentlichen. Du musst auch Glück haben mit den Leuten, mit denen du zusammen arbeitest. Wir glauben wirklich, dass es unser bisher bestes Werk ist. Aber vielleicht ist ja die Musik von Mozart der nächste Trend. Was machen wir dann? Nichts.
Ja, man muss mit seinem Album zur rechten Zeit am rechten Fleck sein. Aber im Prinzip wart ihr das doch schon. Warum, glaubst du, waren eure ersten beiden Alben schon derart erfolgreich?
Keine Ahnung. Viele sagen zu uns, wir hätten das Comeback des Thrash eingeläutet. Das glaube ich aber nicht. Beim ersten Album wussten wir im Prinzip noch gar nicht richtig, was wir da taten. Wir spielten einfach ein paar verdammt schnelle Songs zusammen und hatten eine coole Zeit. Ich glaube, alles bewegt sich in Kreisen. Deswegen war es unausweichlich, dass der Thrash irgendwann wieder kommen würde. Tja, und zu diesem Zeitpunkt waren wir halt eine der ersten Bands, die ein Album rausgehauen hat. Das meinte ich mit Timing und Glück. Wir haben uns auch nie als Thrash Metal-Band bezeichnet. Es gibt sogar Leute, die sagen, wir würden Death Metal spielen. Aber das ist uns egal. We are just Metal! Wenn wir uns selbst Death Metal nennen würden, könnte ein Song wie „Demon Eyes“ auf dem neuen Album gar nicht vertreten sein.
Aber man kann doch trotzdem sagen, dass in Schweden mit Bands wie euch, Corporation 187 oder Darkane eine moderne Thrash-Szene am Wachsen ist, oder?
Hey, ich habe doch keine Ahung, welche Musikrichtung wir spielen. (lacht) Aber es stimmt schon. Es gibt viele neue Bands, die in dieser Richtung angesiedelt sind. Corporation 187 sind ein gutes Beispiel. Carnal Forge wären da auch noch zu nennen. Nun, ich finde das cool, denn so gibt es mehr Bands, deren Musik ich mag.
Mir geht es genauso. Warum habt ihr das Studio für „One Kill Wonder“ wieder gewechselt? Die Produktion von „…Made Me Do It“ aus den Berno Studios war doch ein echter Killer. Warum seid ihr zurück ins Studio Fredman?
Wir haben auf der Tour zu „…Made Me Do It“ fast 190 Shows gespielt. Die Leute haben zu uns gesagt. „Jungs, euer Album ist klasse! Aber live klingt ihr noch besser!“ Das sehe ich als Kompliment, denn eine Band sollte live besser sein als auf CD. Desweiteren waren wir verdammt lange weg von zu Hause. 2001 waren es acht Monate. Deswegen haben wir uns gedacht, wenn wir das nächste Album aufnehmen, sollten wir wenigstens für diesen Zeitraum daheim sein. Wir wohnen in Göteborg, das Studio Fredman hatte neues Equipment und Fredrik (Nordström, Produzent – Anm. d. Verf.) war sehr enthusiastisch, einen weiteren Versuch zu bekommen. Aber wir sind auch immer noch sehr gute Freunde von Berno.
Wie steht es mit dem Line-up? Anfangs hattet ihr echte Probleme mit der Stabilität. Denkst du, das jetzige ist das ultimative The Haunted-Line-up?
Ja, das denke ich. Anders (Björler, Gitarre – Anm. d. Verf.) hatte zwar kurzzeitig die Band verlassen, ist jetzt aber wieder mit an Bord. Dies ist definitiv die beste The Haunted-Besetzung.
Wollen wir es hoffen. Ihr habt im Januar eine DVD rausgebracht. Glaubst Du, dass dieses Medium die CD bald in irgendeiner Form ablösen kann?
Das könnte sein. Aber es spricht auch einiges dagegen. Es gibt einfach zu wenig Bands, die sich eine gute Aufnahme, sowohl im Ton- als auch im Bildbereich leisten könnten. Noch dazu sind doch diese Formate alle sehr kurzlebig. Vielleicht gibt es in sieben oder acht Jahren wieder ein neues Medium, mit dem man noch mehr machen kann, das aber kleiner ist. Man weiß nie.
Warum habt ihr eigentlich „Live Rounds In Tokyo“ als Doppel-CD zusammen mit „…Made Me Do It“ veröffentlicht? Zu dem Zeitpunkt, als dieses Package rauskam, hatte doch schon jeder eurer Fans die normale Ausgabe von „…Made Me Do It“ gekauft.
Tja, und jetzt kommt die DVD mit der japanische Show in die Läden. Aber keiner wird gezwungen, sich diese Sachen zu kaufen. Aber die Wahrheit hinter diesen Geschichten ist: Was das Label machen will, wird es auch machen. Und wenn du als Band dann ’nein‘ sagst, veröffentlicht es die Sachen vielleicht nicht jetzt, dafür aber dann später, wenn du nicht mehr bei ihm unter Vertrag bist. Dann hast du gar keinen Einfluss mehr auf das Layout, etc. Geld regiert leider. Egal, wie man die Sache dreht.
Ja, und wenn man einmal in den Mühlen dieses Business drin steckt, kommt man nur schwer wieder raus. Apropos Business. Ihr habt mit eurem letzten Album in Schweden einen Award gewonnen. Wie wichtig ist euch so etwas?
Das ist vielleicht das feinste, was dir passieren kann. Das hat uns viele Türen geöffnet. Wir sind in vielen Prime Time-TV-Shows aufgetreten, haben Radiointerviews gegeben und waren in den größten Magazinen. Natürlich erhöht das unser Gehalt und eine Menge mehr Leute kennen uns, was sehr cool ist und worauf ich auch stolz bin. Aber um der nächsten Frage vorzubeugen: Für mich ist das kein Sellout.
Stimmt, das wäre meine nächste Frage gewesen. Was antwortest du dann Leuten, die euch genau dieses vorwerfen?
Ich glaube, der Sellout kommt zeitlich vor dem Augenblick, in dem du vom Markt etwas zurückbekommst. Wir aber haben nur getourt und verdammt harte Musik gemacht und dann kam der Grammy. Also haben wir ihn nicht für Sellout bekommen. Aber so oft haben wir diesen Vorwurf, ehrlich gesagt, noch gar nicht gehört.
Das wundert mich nicht. Euer neues Album klingt auch nicht nach Ausverkauf.
Danke, das sehe ich genauso. Wir sind einfach wir selbst geblieben.
Hoffentlich bleibt das auch so in der Zukunft. Wie siehst du diese denn für The Haunted? Euer Sänger Marco ist jetzt Papa, du selbst spielst noch bei Witchery. Können da eventuell Konflikte entstehen?
Zwischen Witchery und The Haunted auf gar keinen Fall. Ein Kind ist jedoch eine ganz andere, neue Herausforderung und Verantwortung. Aber Marco weiß, dass wir unsere Liveaktivitäten sehr konzentrieren werden, weswegen er nie sehr lange von zu Hause weg sein wird. Wir gehen ab Februar auf Tour und kommen Anfang Juni zurück. Das ist zwar eine lange Zeit, aber in der touren wir auch die gesamte Welt ab. Danach muss er sich dann wegen nichts mehr Sorgen machen.
Also spielt ihr dieses Jahr keine Sommerfestivals?
Doch, natürlich. Aber das sind ja immer nur Wochenenden. Das ist sozusagen das Sahnehäubchen, denn Festivals sind immer cool. Viele Fans, meistens gutes Wetter, man trifft viele andere Bands backstage. Das macht verdammt viel Spass.
Stimmt, ich freue mich auch schon wieder unheimlich auf die Festivalsaison. Kommen wir noch kurz zu etwas ganz anderem. Ich habe auf eurer Homepage gelesen, dass Wolf Hoffman von Accept dein Lieblingsgitarrenspieler ist. Warum? Dies ist doch ein total anderer Stil.
Wenn jemand dein Idol ist, heißt das doch nicht, dass du es gleich kopieren muss. (lacht) Er ist einfach ein verdammt guter Gitarrist. Ich spiele zwar keine Soli, denke aber doch, sagen zu können, dass er einer der komplettesten Gitarreros ist, die es bisher gegeben hat. Seine Soli sind äußerst sauber, sein Rhythmus extrem tight. Wenn du dir ein paar Songs von Witchery aber mal genauer anhörst, wirst du feststellen, dass er mich schon hier und da beeinflusst.
Ich bedanke mich für dieses interessante, entspannte Gespräch und hoffe, man sieht sich auf irgendeinem Gig oder Festival in der Zukunft, für die ich euch viel Glück wünsche. Die letzten Worte an eure Fans gehören dir.
Ich danke dir ebenfalls. Und an unsere Fans: Leute, kommt auf unsere Gigs, denn wie ich vorhin schon gesagt habe…ein echte Band ist live besser als auf CD. Kommt und verbringt eine gute Zeit mit uns! Das wird eine Riesenparty und eine Menge Energie wird freigesetzt werden. Keiner wird nach Hause gehen und sich scheiße oder betrogen fühlen.
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