The Devil Wears Prada
Interview mit Chris Rubey
Interview
Die US-Metalcore-Durchstarter THE DEVIL WEARS PRADA blicken auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Nach dem viel beachteten letzten Studioalbum „Dead Throne“ veröffentlichte die Band unlängst ihre erste Live-DVD „Dead & Alive„. Kurz bevor das Quintett die Berliner Columbiahalle am 8. November in Schutt und Asche legte, bat metal.de den gut aufgelegten Gitarristen Chris Rubey zum Interview. Lest in der Folge, was der Mann über Black Metal, morbide Texte und Obamas zweite Amtszeit zu sagen hat:
Vor etwa einem Monat habt ihr die Live-DVD „Dead & Alive“ veröffentlicht. Wie oft hast du die DVD seitdem angesehen und wie zufrieden bist du damit?
Es ist lustig, letztens saß ich abends zu Hause und war ziemlich gelangweilt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch schon vergessen, dass das Teil schon in den Läden steht. Ich hab mir die DVD dann an zwei aufeinanderfolgenden Nächten angesehen und fand es wirklich cool. Denn es war das erste Mal, dass ich etwas Abstand zu der ganzen Sache gewonnen hatte. In der Zeit, in der wir an der DVD gearbeitet haben, habe ich sie wahrscheinlich täglich fünfmal angesehen und mir Gedanken gemacht, was wir vor der Veröffentlichung noch verbessern könnten – Schnitt, Sound, Kameraperspektiven und so weiter. An jenem Abend aber hatte ich dann das Gefühl, die DVD mit anderen Augen zu sehen. Ich finde es generell manchmal sehr hilfreich, Dinge einfach eine Weile liegen zu lassen und sich später wieder damit zu beschäftigen. Während des Entstehungsprozesses ist man viel zu nah dran.
Auf der „Zombie EP“ und „Dead Throne“ präsentiert ihr euch musikalisch sehr gereift. Gleichzeitig war das vergangene Jahr wohl das erfolgreichste eurer Karriere. Fühlt es sich an, als würde man den Zielen, die ihr euch ganz am Anfang gesteckt habt, nun endlich sehr nah kommen?
Könnte man so sagen, ja. Wenn du mit deiner Band startest weißt du ja nicht wirklich, was du erwarten darfst. Der erste Schritt – der von einer Underground-Band hin zum ersten Plattenvertrag und der Möglichkeit, Alben zu veröffentlichen – war sicherlich der überraschende Teil der Geschichte. Das ist die Zeit, in der man realisiert, dass es mit der Band funktionieren könnte. Was die Entwicklung in unserem Sound angeht: Wir bekamen irgendwann das Gefühl, dass wir genauso wie Tausende anderer Bands klingen. Gleichzeitig wurden wir erwachsener, und auch unsere musikalischen Geschmäcker haben sich verändert. Mit der Zeit zogen wir unsere Inspiration aus anderen Dingen, neuer Musik und neuen Perspektiven auf das Leben. Dass wir deutlich härter klingen als früher, war für uns der Versuch, uns etwas von dem übersättigten Markt zu entfernen. Und natürlich will man sich als Band auch weiterentwickeln, ganz klar. In den USA sind wir ja deutlich bekannter als in Europa. Und als wir dann im Rahmen dieser Tour zum ersten mal in England gespielt haben, haben wir gemerkt, dass man zwar im Internet sehr bekannt sein kann, aber eben nicht automatisch auf der ganzen Welt. Deswegen muss man viel touren. Und wir haben uns in den vergangenen beiden Jahren dann darauf konzentriert, in Städten zu spielen, in denen wir noch nicht waren. Ich würde sagen, wir arbeiten nach wie vor daran, um die nächsten Schritt nach vorn zu machen.
Eine große Rolle bei THE DEVIL WEARS PRADA spielen die teils sehr religiös gefärbten Lyrics. Gleichzeitig wird durch das Internet und die damit einhergehende Überflutung die Aufmerksamkeitsspanne für Musik immer kürzer. Habt ihr das Gefühl, dass ihr die Leute mit eurer Message noch erreichen könnt?
Ich denke, es hängt einfach davon ab, wie sehr sich die Leute mit den Texten auseinandersetzen wollen. Kann sein, dass das mittlerweile schwieriger geworden ist. Aber letztlich kann man unsere Statements in den Texten finden – man muss es nur wollen. Es ist ja auch nicht so, dass sich unsere Lyrics immer zwangsläufig mit christlichen Themen auseinandersetzen. Es ist wie eine Art Startpunkt für Mike (Hranica – Vox), von dem aus sich die Texte dann entwickeln. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich, wenn ich meinen Musikkonsum so betrachte, den Texten auch nicht immer große Beachtung schenke. Dennoch ist unsere Message natürlich da – und das wird sie auch immer sein, da es der Kern unserer Band ist.
Viele Postrock-Bands verzichten gänzlich auf Lyrics und sind trotzdem erfolgreich. Wie wichtig sind denn Texte heutzutage überhaupt noch?
Wie gesagt – wenn ich mir eine Band anhöre, spiele ich Luftgitarre oder Luftschlagzeug, haha. Und dann gibt es aber auch die Leute in der ersten Reihe, die jedes Wort mitsingen. Ich muss gestehen, von vielen meiner Lieblings-Bands kenne ich die Texte überhaupt nicht, ich weiß nur, wie die Songs klingen. Ich würde dennoch sagen, dass Lyrics wichtig sind für die Menschen, die tiefer in die Materie einsteigen wollen. Es ist auf jeden Fall interessant – du schreibst einen Song und hast noch gar keine Idee für den Gesang oder einen Text. Du versucht zunächst, von instrumentaler Seite her alles so interessant wie möglich zu gestalten. Und manchmal denke ich sogar, wenn wir zusammensitzen und Songs schreiben, dass Vocals irgendwie gar nicht nötig sind. Deswegen haben wir ja beispielsweise einen Instrumental auf „Dead Throne“. Wahrscheinlich ist es letztlich einfach wichtig, Lyrics dort einzusetzen, wo sie am rechten Platz und wirklich nötig sind. Generell spürt man bei Ambient- oder Instrumental-Musik ja auch andere Vibes, weil man sich auf andere Dinge konzentriert. Das sind also irgendwie auch zwei verschiedene Dinge.
Ihr habt bereits unzählige Shows mit Hunderten anderer Bands gespielt. Gab es jemals die Situation, dass ihr aufgrund eures christlichen Backgrounds irgendwelche Anfeindungen seitens Musiker-Kollegen erleben musstet?
Nein, wirklich nicht. Letztendlich denke ich, dass niemand dich grundlos anpissen wird, vor allem wenn man selbst so freundlich und umgänglich ist, wie wir das sind, haha. Man könnte vermuten, dass es da Probleme gibt. Aber wenn du gemeinsam eine Show spielst und vor allem, wenn du gemeinsam auf Tour bist, hast du gar keine andere Wahl, als dich irgendwie zusammenzuraufen. Und wenn jemand wirklich nicht auf meiner Wellenlänge liegt, dann hänge ich halt nicht mit ihm ab und geh ihm nicht auf die Nerven. Insofern war das wirklich noch nie ein Problem.
Aber mal ganz ehrlich – wenn du eine Black-Metal-Band siehst, die sich mit Schweineblut übergießt, in ihren Texten Satan huldigt und den Menschen als vergängliches Nichts besingt – was fühlst dabei?
Nun, man muss zunächst natürlich sagen, dass jeder singen und machen kann, was er will. Wir nehmen uns dieses Recht ja auch heraus. Und wir sind sicherlich keine konservativen Hardliner. Wir wissen, dass es diese Bands gibt – und einige von uns hören sich diese Bands wahrscheinlich auch an, haha. Also ernsthaft, wie hassen niemanden, jeder kann machen was er für richtig hält und ist für sich selbst verantwortlich.
Gibt es denn eine Band, von der du weißt, dass sie eine im Vergleich zu dir eine völlig konträre Weltanschauung hat, die du aber dennoch inspirierend findest?
Wir sind beispielsweise mit den Jungs von WHITECHAPEL sehr eng befreundet. Und die haben teilweise ziemlich abgefahrene und morbide Lyrics am Start. Aber wir verstehen uns trotzdem super, respektieren und mögen uns. Wir kommen ja nicht von der Bühne und haben eine Bibel unterm Arm, um die Menschen ständig darauf hinzuweisen, was sie angeblich falsch machen. Und die meisten Black-Metal-Bands schlachten auch keine Ziegen im Backstage – insofern ist das alles halb so wild, haha.
In den USA gibt es eine deutlich größere Szene, was christlichen Metal und Rock angeht. Außerhalb eurer Heimat findet man aber kaum solche Bands. Oder kennst du welche?
Ich fand damals die schwedischen Jungs von BLINDSIDE und deren Album „Silence“ sehr gut. Ansonsten scheint Europa wirklich eher atheistisch geprägt zu sein, zumindest ist das mein bisheriger Eindruck. Und mir fällt auch wirklich keine Band aus Übersee ein, die ich jetzt nennen könnte.
Vor kurzem wurde Barack Obama für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. Wie habt ihr als Band die Wahl und das ganze Drumherum verfolgt?
Ich bin wahrscheinlich der ungünstigste Ansprechpartner, was das angeht. In dieser Hinsicht bin ich ein sehr schlechter Amerikaner, haha. Ich bin wirklich furchtbar schlecht informiert und nicht wirklich auf dem neuesten Stand. Unser Tontechniker ist da beispielsweise das völlige Gegenteil, er engagiert sich sehr und hat zu allem einen klaren Standpunkt und entsprechendes Hintergrundwissen. Ich kann aber auf jeden Fall sagen, dass sich niemand in unserer Band geärgert hat, dass Obama wiedergewählt wurde. Zumindest ist das mein Eindruck.
Außer einem Wechsel am Keyboard vor einem Jahr hattet ihr noch keinerlei Line-Up-Veränderungen. Ist das ein glücklicher Umstand oder das Ergebnis harter Arbeit?
Wahrscheinlich von beidem etwas. Der Hauptgrund ist sicherlich, dass wir immer versuchen, über die Dinge zu sprechen und gemeinsam zu entscheiden. Und wir sind alle bereit, eine Menge Arbeit und Anstrengung in die Band zu stecken. Deswegen waren wir auch noch nie an dem Punkt, an dem wir hätten irgendeinen von uns aus der Band schmeißen wollen. Wenn man über die Dinge spricht und Kompromisse eingeht, dann kann es auch voran gehen. Und was unseren Keyboarder angeht, war das auch keine große Geschichte und es gab auch keinen konkreten Anlass oder Streitpunkt. Wenn du mit einer Band auf Tour bist, dann musst du eine enge und eine stabile persönliche Beziehung zueinander haben. Genau so, wie wenn du mit einem Mädchen zusammen bist. Und manchmal merkt man eben, dass man einfach nicht zusammen passt, dass die Vibes nicht stimmen. Letztendlich waren alle irgendwie unglücklich mit der Situation und wir haben dann gemeinsam die Entscheidung getroffen. Und es war für alle das Beste.
Gibt es von deiner Seite noch etwas hinzuzufügen?
Ich möchte noch sagen, dass ich wirklich beeindruckt von der Resonanz der Shows hier in Europa bin. Wir haben ein paar mal als Support hier gespielt und immer gehofft, wir könnten uns da etwas aufbauen. Und jetzt bin ich wirklich jeden Abend überwältigt, dass so viele Menschen uns zuhören wollen. Danke für die Unterstützung!
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Stile | Metalcore, Modern Metal |
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