The Dagger
Kein kommerzieller Bullshit! Interview mit David Blomqvist zu "The Dagger"
Interview
Fred Estby, David Blomqvist, Tobias Christiansson, das sind die Köpfe hinter … H A L T ! Wer jetzt immer noch an die Stockholmer Death-Metal-Veteranen DISMEMBER denkt, dürfte sich wundern. Denn mittlerweile haben die Drei zusammen mit Sänger Jani Kataja THE DAGGER und ihr selbstbetiteltes Debütalbum am Start, und das steht für nichts anderes als traditionellen Heavy Metal der Siebziger und Achtziger. Schlimm? Ach was! Warum selbst beinharte Death-Metal-Fans der Band eine Chance geben sollten, erklärt Gitarrist David Blomqvist im folgenden Interview selbst.
David, was war für Euch der Grund dafür, mit THE DAGGER eine Band zu gründen, die Achtziger-Jahre-Metal und Heavy Rock der siebziger Jahre spielt?
Zunächst einmal sind wir alle Fans von altem Hardrock und Heavy Metal. Wir haben im Tourbus häufig IRON MAIDEN und DEEP PURPLE gehört. Auch wenn wir zu den Old School Death Metal-Bands gehörten, haben wir schon sehr früh Twin-Guitar-Harmonien verwendet und PRIEST-Posen auf die Bühne gebracht. Fred und ich haben zwanzig Jahre lang Death Metal gespielt, und als wir getrennte Wege gingen, haben wir beide gesagt: „Es wäre großartig, Hardrock zu spielen!“, und dann haben wir THE DAGGER gegründet.
Das bedeutete für uns eine ganz neue Herausforderung, nämlich Gesangsmelodien zu schreiben. Darüber mussten wir uns zuvor nie einen Kopf machen. Wir haben dann das Album komplett instrumental geschrieben, da Jani die ersten dreieinhalb Jahre nicht mit dabei war. Über den Stil haben wir nicht einmal gesprochen, es war so naheliegend. Nach den Achtzigern ist in dem Bereich doch kaum noch etwas Gutes veröffentlicht worden.
THE DAGGER ist in gewisser Weise die Nachfolgeband von DISMEMBER – hast Du auch enttäuschte Stimmen gehört, dass Ihr keinen Death Metal spielt?
Eigentlich nicht. Es gibt immer ein paar Leute, die deswegen mäkeln. Wir haben aber das Richtige getan, indem wir DISMEMBER aufgelöst haben, um stattdessen eine neue Band zu gründen. Es ist doch so: Ich verstehe Bands einfach nicht, die ihren Stil komplett ändern. Wenn du dich mit dem Stil nicht mehr wohlfühlst, gründe lieber eine andere Band. Es ist schon okay, seinen Stil bis zu einem gewissen Grad zu modifizieren, aber es sollte der Stil bleiben.
Tobias Christiansson ist – soweit ich weiß – der Jüngste bei Euch in der Band. Er ist also nicht mit den ganzen alten Metalbands aufgewachsen, als sie in den Achtzigern populär wurden. Welchen Background hat er?
Anders als Fred und ich hat er schon vor THE DAGGER in einer Hardrock-Band gespielt. Er ist ein wirklich guter Bassspieler. Er spielt immer mit dem Drummer, und er kann gut zuhören. Am wichtigsten ist natürlich, dass er die selben Bands wie wir gut findet. Er ist ein echter Hardrocker und mag Bassisten wie Geezer Butler, Bob Daisley und Neil Murray. Er tickt genauso wie ich, bevorzugt Vinyl und all den „echten Kram“.
Worum ging es in den frühen Neunzigern für Dich persönlich beim Death Metal? War das nicht auch eine Reaktion gegen all diese alten Heavy-Metal-Bands?
Nein, absolut nicht! Es war eine Reaktion auf die ganzen alten Bands, die irgendwann mal Metal spielten, dann aber immer kommerzieller und größer wurden, ihre Haare immer weiter auffrisierten und Make-Up auftrugen! Die einzige große Band, die die späten Achtziger überlebte, war IRON MAIDEN. Dafür muss man Steve Harris wirklich von ganzem Herzen danken! Sie haben sich einen Dreck um Make-Up und bescheuerte Klamotten geschert und sind nicht bei L.A.-Pop-Metal gelandet. Genau das waren die Bands, die wir verachtet haben. Ich war so enttäuscht über diese Bands, die plötzlich mit richtigem Hardrock nichts mehr zu tun haben wollten. Also war es eine ganz natürliche Sache, Death Metal zu spielen, wenn man diese ganzen albernen Bands gesehen hat. Das hat uns den Zorn gegeben, das genaue Gegenteil zu sein.
Jetzt ist es in gewisser Weise nicht anders: Wir hassen diese ganzen modernen Hochglanzproduktionen, die heutzutage so angesagt sind. Mit jeder Menge Hilfe von Computern und Click-Tracks für die Drums, die alles geradebiegen können. Deshalb haben wir „The Dagger“ komplett live im Studio aufgenommen, um das richtige Feeling zu bekommen.
Ihr habt „The Dagger“ im Gutterview Recorders Studio in Solna aufgenommen, einem Studio, das Fred zusammen mit Nicke Andersson (IMPERIAL STATE ELECTRIC, ex-ENTOMBED) betreibt.
Ja, und Fred hat das Album gleich auch produziert. Ziemlich guter Job, wie ich finde. Er hat diesen alten Sound hinbekommen. Das war übrigens auch der Anlass, dieses Studio aufzubauen – um weg von diesem Hochglanzsound zu kommen. Das Schlagzeug soll sich nach einem Schlagzeug anhören, nicht nach diesem getriggerten Bullshit.
Mehr als einmal hört man alte JUDAS PRIEST aus den Songs. Zufall?
Einverstanden. Und kein Zufall. Wenn du Hardrock oder Heavy Metal spielst, ist es fast unmöglich, nicht von JUDAS PRIEST beeinflusst zu sein. Sie sind einfach eine einflussreiche Band.
Ein paarmal fühlte ich mich bei Euren Songs an alte EUROPE erinnert …
Haha, alte EUROPE? Ich hoffe, Du meinst ALTE EUROPE!
Na klar, so um 1983 bis 84 rum. Ich hätte aber gedacht, dass Ihr EUROPE für ihre Musik und ihr Image gehasst haben müsst. Ist oder war das der Fall?
Jani klingt vielleicht manchmal ein wenig wie Joey Tempest, und Joey Tempests Lieblingssänger ist Paul Rodgers. Der ist neben RONNIE JAMES DIO auch Janis Lieblingssänger. Nun ja, ich muss zugeben, dass die ersten beiden EUROPE-Alben gut sind. Verdammt! Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, wie sehr ich sie gehasst habe, als sie „The Final Countdown“ veröffentlichten – diese aufgetürmten Frisuren, das Make-Up und dieser ganze kommerzielle Bullshit!
„Nocturnal Triumph“ ist ein ziemlich eingängiger Stampfer – ich kann mir gut vorstellen, dass der live gut abgeht. Habt Ihr ihn schon mal live gespielt?
Wir haben ihn einmal gespielt. Der kam wirklich gut an. Ein schöner Track, für den Tobias die Musik und Fred den Text geschrieben hat. Er unterscheidet sich ein wenig von den anderen Tracks.
Welches Stilelement würdest Du bei THE DAGGER hervorheben?
Die wichtigsten Elemente eines guten Hardrock-Songs sind starke Melodien und Hooks, und das sind auch die Markenzeichen von THE DAGGER. Ein weiteres Element sind natürlich die Twin-Guitar-Harmonien. Melodien sind so wichtig. Ich glaube, viele Bands trauen sich nicht an Melodien heran, weil sie nicht als kommerziell gelten wollen. Ich meine aber, man sollte es einfach wagen. Man muss nur smarte Songs schreiben, und dann sind sie auch nicht kommerziell. Starke Vokalharmonien mit einem einfachen, einprägsamen Riff ohne zuviele Noten. All unsere Lieblingsbands benutzen viele Melodien, und all meine Lieblingsgitarristen spielen melodisch, aber eben nicht zu kompliziert und ohne dieses Guck-mal-wie-schnell-ich-spielen-kann-Gewürge.
Laut Eurer Facebook-Seite ist derzeit eine Release-Show geplant. Seid Ihr aufgeregt? Und wie geht es weiter?
Na klar, wir sind wirklich aufgeregt. Die Resonanz auf unser Album ist bislang einfach unglaublich. Und wir werden ganz sicher noch weitere Alben veröffentlichen. Wir haben richtig viel Spaß an der Sache. Wenn wir proben oder im Studio aufnehmen, sind die Schwingungen in der Band greifbar. Es gibt kein Egoproblem oder solch einen Bullshit! Bei THE DAGGER dreht sich alles ums Teamwork – selbst wenn einer einen kompletten Song alleine geschrieben hat, haben die anderen noch ein Wörtchen mitzureden.
Gibt es eigentlich noch Freds Band NECRONAUT? Seit dem Abgang von Regain Records ist es um die Band ja sehr still geworden.
NECRONAUT gibt es leider nicht mehr. Ich mag das Album immer noch sehr. Tobias, Robert Pehrsson und ich haben ja bei den einzigen beiden Gigs als Backingband gespielt – es gab dann ja noch die ganzen Gäste. Es ist einfach zu schade, dass Per Gyllenbäck von Regain Records alles stehen und liegen gelassen hat ohne irgendetwas zu zahlen. Er schuldet Fred immer noch eine ganze Stange Geld. Aber es war wirklich spaßig, Teil der Band zu sein – mit Nicke Andersson am Schlagzeug, Fred am Mikro und Janne von GRAND MAGUS als Sänger. Einfach exzellent!
Danke Dir! Irgendwelche Worte an unsere Leser?
Nun, schmeißt Eure iPhones in die Toilette und verweigert Facebook. Hört Euch Musik auf Vinyl an. Ich höre mir gerade RAINBOW live ’76 an, Blackmore und Dio zusammen auf einer Bühne. Könnte es etwas besseres geben? Wenn ich ein Gitarrensolo höre, lässt leider die Konzentration etwas nach … Up the daggers! Prost!
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Band | |
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Stile | Hard Rock, Heavy Metal |
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