The Crown
ULTRA FAUST VIKING PUNK!

Interview

Ladies and Gentlemen, aufgemerkt: Es gibt wieder knall- und knüppelharten Schwedentod auf die Ohren. Denn: Die schwedischen Death Thrasher THE CROWN rücken mit dem Nachfolger zu „Cobra Speed Venom“ an. Das neue Album trägt den Titel „Royal Destroyer“, der eventuell selbstreferentielle Titel kommt dabei nicht ganz von ungefähr. Denn eigentlich hätte die Platte der 1990 als CROWN OF THORNS gegründeten Band schon letztes Jahr anlässlich des 30. Bandjubiläums erscheinen sollen. Doch wie so oft dieser Tage hatte die Pandemie dem einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Wir haben uns THE CROWN-Gitarrist Marko Tervonen geschnappt und ihn dazu, zum neuen Album per se und noch vielem mehr befragt – und warum er aufgrund eines Songs auf dem Album einen Einsatz der Death-Metal-Polizei befürchtet.

The Crown

Hallo Marko, erst einmal Glückwunsch zum neuen THE CROWN-Album. Wie geht es dir?

Danke, danke! Mir geht es gut. Ich mache derzeit eine ganze Menge an Interviews und kriege dadurch auch jede Menge Feedback von den Leuten. Derzeit [zum Zeitpunkt des Gesprächs, Anm. d. Red.] warten wir natürlich noch auf tatsächliche Reviews. Aber es ist richtig aufregend, mit Leuten wie dir zu sprechen und zu erfahren, wie ihr unser Album findet.

Wie haben sich die Aufnahmen zu „Royal Destroyer“ gestaltet?

Es sind gewiss besondere Zeiten, in denen wir derzeit leben. Aber wenn du erstmal sowohl körperlich als auch geistig im Studio bist, merkst du davon wenig. Aufgrund der Pandemie mussten wir die ursprünglich geplanten Aufnahmesessions nach hinten verschieben. Eigentlich hätten die Aufnahmen im Mai letzten Jahres sein sollen, denn letztes Jahr haben wir unser 30. Jubiläum gefeiert und wollten „Royal Destroyer“ entsprechend zu diesem Anlass veröffentlichen.

Aber dann kam natürlich die verdammte Pandemie, die Welt hat sich in den Lockdown verabschiedet und wir mussten unsere Aufnahmen verschieben. Aber als wir es dann letzten Endes in Angriff nehmen konnten, waren die Arbeiten sehr angenehm. Tatsächlich hatte die Verschiebung sogar etwas Gutes an sich, denn sie gab uns Zeit, etwas mehr über das nachzudenken, was wir da aufnehmen wollten. Und so haben wir noch einmal ein paar kleinere Änderungen vorgenommen, vor allem haben wir zwei Songs von der ursprünglich geplanten Trackliste entfernt und durch zwei Neue ersetzt.

Ich denke das war eine gute Sache. Natürlich war die Verschiebung der Aufnahmen in dem damaligen Moment eine ausgesprochen frustrierende Erfahrung für uns alle. Aber wenn ich jetzt zurückblicke, bin ich der Meinung, dass es uns und dem Album nur gut getan hat.

Wie hat sich diese Änderung genau geäußert?

Ja wir haben zwei Songs ausgetauscht gegen jeweils neue Tracks. Dadurch ist „Royal Destroyer“ ein insgesamt abwechslungsreicheres Album geworden. Es ist sozusagen die Post-Pandemic-Edition der neuen Platte. (lacht) Wir haben diesen etwas langsameren Track „We Drift On“ sowie den supermelodischen, superschnellen Rausschmeißer „Beyond The Frail“ hinzugefügt. Ich denke dadurch haben wir das Album mehr in eine Richtung gelenkt, in der keine zwei Songs der gleichen Blaupause folgen. Und darauf bin ich sehr stolz.

Ich war echt überrascht, als ich „We Drift On“ gehört habe. Der Song hat etwas Melancholisches an sich.

Ja. Darüber gab es eine Menge Diskussionen, als wir das Ding ausgearbeitet und geprobt haben. So Diskussionen der Marke: „Sind wir hier überhaupt richtig, ist das noch THE CROWN?“ (lacht) Aber je mehr wir ihn gespielt haben, desto mehr gefiel uns dieser Track. Und er hilft auch, diese Abwechlsung ins Album reinzubringen. Wir haben ja schon in der Vergangenheit etwas „entspanntere“ Tracks gemacht, haben uns dahingehend auch mal an das ein oder andere Instrumental herangewagt.

Ich hoffe, dass es eine positive Überraschung für unsere Hörer wird. Tatsächlich werden wir den Track nächste Woche sogar als Vorab-Single veröffentlichen [der Song ist zum jetzigen Zeitpunkt bereits online gegangen, Anm. d. Red.], sodass wir uns mental schon mal auf einen Shitstorm von Seiten der Death-Metal-Polizei vorbereiten können. (lacht)

Wobei ich nicht denke, dass THE CROWN jemals großartig mit der Death-Metal-Polizei in Konflikt geraten ist.

Generell ist eigentlich immer alles gut gewesen an dieser Front. Es gab immer wieder vereinzelte Songs hier und da, auf die unsere Hörer etwas irritiert reagiert haben, aber das gehört irgendwie auch dazu. Wir möchten einfach keine strikte Formel, nach der wir unsere Alben einfach nur herunter prügeln. Wenn wir in Stimmung für ein bisschen Rock ’n Roll sind, dann wollen wir ein bisschen Fucking Rock ’n Roll spielen. So ist es immer gewesen und so wird es wohl auch immer sein. Aber ja, wir sind eigentlich immer gesegnet mit guten Reviews und positivem Feedback.

Als ihr im Studio gearbeitet habt, habt ihr da gewisse Schwierigkeiten hinsichtlich Kontaktbeschränkungen überwältigen müssen?

Wenn wir ins Studio gehen, dann behandeln wir das natürlich wie eine typische Studioaufnahme. Ein Album wirklich live und direkt als Band einzuspielen ist natürlich der große Traum. Aber der Aufnahmeprozess zu „Royal Destroyer“ gestaltete sich praktisch ähnlich wie der zu „Cobra Speed Venom“. Du gehst einfach rein und knüppelst deine Parts ein. Wir sind uns da auch überhaupt nicht ins Gehege gekommen. Der ganze Aufnahmeprozess war tatsächlich sogar innerhalb von sieben Tagen erledigt.

Ich denke das hat auch damit zu tun, dass wir uns alle immer gut vorbereiten auf unsere Parts. Daher ist das so schnell und unkompliziert von der Bühne gegangen. Ich schätze mal dass man uns dahingehend die über 30 Jahre Erfahrung anhört. (lacht) Da baut sich im Laufe der Zeit von selbst ein gewisses Selbsbewusstsein, eine gewisse Sicherheit auf. Wir müssen da nicht durch jeden einzelnen Track gehen und kleinlich nach Fehlern suchen. Wir gehen da rein, suchen uns die idealen Sounds für unsere Instrumente bzw. hämmern die Drums auf einem organischen Kit ein – und irgendwie hat sich das einfach immer gut angefühlt. Knallt. Check. Nächster Song.

Ich denke diese Herangehensweise ist fast ein bisschen aus der Zeit gefallen. Es ist heutzutage relativ leicht, „perfekte“ Alben aufzunehmen. Du nimmst was auf, gehst dann in dein Programm rein und beginnst, alles zu bearbeiten. Das anstrengenste daran ist einfach die Zeit, die man investieren muss. Für mich sind superperfekte Alben wie diese aber uninteressant. Wenn ich mit einem Riff kämpfe, das ich „nur“ zu 99% hinkriege, dann reicht das aus. So spiele ich halt. Da besteht für mich kein Anlass, irgendwelche Studiomagie anzuwenden. Ich glaube einfach an ehrliche Arbeit im Studio.

Okay, dann habt ihr es aber hinbekommen, das Album so klingen zu lassen, als hättet ihr das Ding als Band in einem perfekten Take durchgeprügelt, weil es einfach so eine rohe Energie inne hat.

Danke. Das war auch das Ziel bei den Aufnahmen. Wir halten wenig von Überproduktion, aber wir haben uns immer vorgenommen, eines Tages tatsächlich mal ein Album direkt als Band einzuspielen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir das durchziehen könnten. Das Album fühlt sich für uns schon im wesentlichen „live“ an. Für einige Instrumente mussten wir hier aber mehrere Takes aufnehmen einfach aufgrund technischer Beschränkungen.

Das Gleiche hatten wir bei dem Gesang. Früher benötigte Johan [Lindstrand, Anm. d. Red.] mehrere Tage dafür, da wir ein paar kleinliche Perfektionisten waren, was seine Vocals angeht. Da kamen schon mal dreistündige Gesangs-Sessions für einen einzelnen Song dabei herum. Er hat dann immer einen Vers eingesungen, dann sind wir in die Aufnahme gegangen und haben uns das angehört. Das hat einfach ewig gedauert.

Aber bei „Royal Destroyer“ spielten wir das Album bei den finalen Proben vor den Aufnahme-Sessions am Stück durch. Und dabei fiel mir einfach auf, dass Johan richtig gut klang. Das war praktisch schon reif für die Platte, er musste das also praktisch nur noch im Studio abrufen. Und so war es dann auch. Er ging da rein, sang seine Parts Song für Song ein und es lief richtig gut. Speziell „Glorious Hades“ enthält meiner Meinung nach eine seiner besten Gesangsdarbietungen überhaupt. Es klingt einfach so verdammt gut.

Wie fühlt sich das an, ein Album in eine solche Zeit hinein zu veröffentlichen, das förmlich danach schreit, auf die Bühne gebracht zu werden?

Es ist frustrierend. Wir sind da natürlich nur eine von unzähligen Bands, die darunter zu leiden haben. Aber so ist das nun mal dieser Tage. Stell dir vor, du nimmst ein Album auf, hast es super eingespielt, dann vergeht ein Jahr bevor du es endlich live auf die Bühne bringen kannst, und plötzlich kriegst du es einfach nicht mehr hin. (lacht) Natürlich ist es frustrierend.

Für unsere ursprüngliche Planung war eine Release-Party vorgesehen. Wir wollten auftreten und das gesamte Album Track für Track live spielen. Wir wollten das Ding richtig hart hochgehen lassen. Aber … nun ja, es ist ein bisschen anders gekommen. (lacht) Es gab noch Diskussionen darüber, wie ein „Plan B“ aussehen könnte mit einem Streaming-Konzert. Bin aber nicht so sicher über diese Art von Shows. Es ist nicht das gleiche wie eine richtige Live-Show, wo man das direkte Feedback von den Fans bekommt. Lass uns also hoffen, dass die Impfung so schnell wie möglich kommt.

Ja, ihr in Schweden könnt euch was das angeht kaum peinlicher anstellen als wir in Deutschland.

Ich fürchte ja generell, dass 2021 in etwa genauso schlimm wird wie 2020. Es wird glaube ich kaum irgendwo schnell genug geimpft, dass die Pandemie über Nacht enden wird. Und wenn dann noch die ganzen Mutationen dazukommen, wo unklar ist, ob die Impfung wirklich dagegen anschlägt, dann bekommt man es schon mit der Angst zu tun.

Ich bin natürlich kein Experte, aber Mutationen von Viren sind nun mal üblich, egal ob es jetzt COVID oder etwas anderes ist. Es ist einfach so furchterregend, dass das Virus jetzt schon wie wild mutiert, wo wir noch nicht mal die gesamte Bevölkerung schützen können. Da denkt man fast, dass man bald noch eine weitere, andere Impfung braucht zuzüglich zu der aktuellen. Ich weiß es aber nicht. Lass uns einfach auf bessere Tage hoffen.

Wenn ich mich recht entsinne hat Schweden relativ spät auf die Pandemie reagiert. Wie ist das bei dir angekommen?

Ich denke jede Nation, jede Kultur hat eine andere Auffassung dazu, was immer so ein bisschen vom generellen Mindset und den Traditionen abhängen mag. Es ist für uns alle etwas neues. Es gab ja Nationen, die komplett durchgedreht sind und sofort alles dicht gemacht haben. Schweden hat einen Mittelweg gesucht, was in vielerlei Hinsicht gut war, denke ich.

Aber unglücklicherweise haben wir, was den Schutz der Älteren in den Pflegeheimen angeht, total versagt. Denn dort ist die Situation wirklich hässlich geworden. Da hat es eine große Anzahl an Toten gegeben. Schweden hat generell versucht, diesen Mittelweg zu gehen, indem die Bürger nicht von vornherein in den Lockdown gezwungen worden sind, sondern ihnen den Lockdown eher empfohlen hat.

Es war ein bisschen seltsam, speziell wenn man sich die Verhältnisse in anderen europäischen Nationen wie Deutschland oder Norwegen anschaut. Das erfährt man ja auch alles über das Internet und fragt sich dann als Schwede: „Woah, was geht da denn ab? Ist das wirklich notwendig?“ Aber das ist halt eben die Sache: Da dies für uns alle eine ungewohnte Situation ist, kann keiner wirklich sagen, was die richtige Reaktion hierauf ist. Jeder hat also auf seine Weise darauf reagiert. Mittlerweile sehen die Dinge in Schweden wieder besser aus, aber das macht die schlimme Versorgung der Älteren nicht besser.

Ich denke die mangelnde Versorgung der Älteren ist kein exklusiv schwedisches Problem. Wir zum Beispiel haben das gleiche Problem, obwohl wir viel früher in den Lockdown gegangen sind.

Ja es ist seltsam. Ich habe einen Freund in Irland und die haben ganz anders reagiert. Ich habe fast den Eindruck gewonnen, dass die Leute dort in blinde Panik verfallen sind. Aber ich möchte niemals in der Position sein, um eine so gravierende Entscheidung treffen zu müssen, welche die Lebensweise eines Volkes über Wochen, wenn nicht: Monate hinweg bestimmt.

Es ist einfach so eine große Maschine mit so vielen ineinandergreifenden Zahnrädchen. Gewisse Institutionen eines Staates müssen einfach funktionieren, damit das System nicht auseinanderbricht. Jeder Staat benötigt Geld und nach der Pandemie wird es eine Vielzahl von Ländern geben, die immense, finanzielle Probleme haben werden. Das ist so ein kompliziertes Gebilde, da brauchst du nur einen Kieselstein an der richtigen Stelle reinwerfen, um das Ding ins Wanken zu bringen.

Wenn man den Luxus hat, sagen zu können, dass man von zu Hause aus arbeiten kann, dann denke ich verträgst du als Bürger eine solche Situation besser. Aber viele essentielle Berufe wie Straßenreiniger müssen einfach rausgehen. So viele Dinge bedürfen einfach harter Arbeit. Das ist alles sehr schwer.

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Quelle: Marko Tervonen (THE CROWN), Foto: Ida Kucera
27.02.2021

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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