The Callous Daoboys
"Wir wollten etwas machen, was niemand vorher gemacht hat"
Interview
Mit „Celebrity Therapist“ bringen THE CALLOUS DAOBOYS dieser Tage bereits ihr drittes Studioalbum heraus. Stilistisch sind die US-Amerikaner sicherlich im Mathcore verwurzelt, doch im Detail bringt die sieben Köpfe starke Truppe derart viele Einflüsse mit auf den Plattenteller, dass man als Hörer durchaus auch mal den Anschluss verlieren kann. In unserer kleinen Fragerunde bringt Frontmann Carson Pace etwas Licht ins Dunkel was die Notwendigkeit von Gratwanderungen angeht, die Unterschiede zum Vorgänger oder auch den Einfluss seiner neuen Gesangslehrerin.
Hi Carson, derzeit steht ihr mitten in der Release-Phase zum neuen Album „Celebrity Therapist“, was einmal mehr mit einem ganzen Haufen verschiedener Einflüsse aufwartet. Im Jahr 2019 habt ihr das Prä-Covid Album „Die On Mars“ herausgebracht. Wie habt ihr die Zeit genutzt?
Ich denke der wesentliche Aspekt war die viele Zeit, die wir dazu hatten, um letztendlich weit über unsere Tellerränder hinauszublicken. Wir wollten unbedingt etwas machen, was niemand zuvor aufgetischt hat und wir sind dieses Vorhaben einfach ohne Furcht angegangen.
Wenn ihr die beiden Platten vergleichstechnisch nebeneinander legt, wo seht ihr die wesentlichen Unterschiede? Wo vielleicht auch Parallelen?
Ich denke, dass „Celebrity Therapist“ deutlich experimenteller und letztendlich auch viel risikofreudiger ist. Auf „Die On Mars“ hatten wir einfach 8-16 Takte, die wir praktisch als Noise-Abschnitte bezeichnet haben. Als ich 21 Jahre alt war, fand ich das definitiv ziemlich cool, doch mittlerweile finde ich das eher doof. Heutzutage schreibe ich lieber etwas, an das man sich auch erinnern kann.
Nach einer wirklichen Hochphase in den 2010er-Jahren ist Mathcore in Deutschland im weitesten Sinne auf dem absteigenden Ast, spätestens seit dem Split-Up von THE DILLINGER ESCAPE PLAN im Jahr 2017. Wie sieht es bei euch in den USA aus?
Hier sieht es wirklich sehr gut aus. Es gibt eine riesige Anzahl an unglaublich coolen Bands, viel zu viele um sie alle aufzuzählen. Ich denke mit „One Of Us Is The Killer“ haben THE DILLINGER ESCAPE PLAN verstärkt junge Bands angesprochen, die sich daraus ihre Einflüsse hervorgenommen und den Sound als Vorbild genommen haben – mich eingeschlossen. Die Post-Dillinger-Landschaft hier bei uns ist weiterhin enorm vielversprechend.
Auf „Celebrity Therapist“ verarbeitet ihr viele Einflüsse, die fernab von Mathcore oder Metal liegen. Ich denke da an Jazz, Hip-Hop oder unglaublichen cheesy-Pop etwa auf „Star Baby“. Mir persönlich gefallen diese gewagten Experimente sehr gut. Wie sehr war das für euch ein Drahtseilakt, dass man eben nicht über das Ziel hinausschießt?
Für uns ist es definitiv ein Drahtseilakt, dass wir in den jeweiligen Songs nicht zu viel Einflüsse von der einen oder der anderen Seite verarbeiten. Etliche Songs waren zuvor ein ganzes Stück länger, bevor wir in den Schnittprozess gegangen sind und auch einige Elemente wieder herausgeflogen sind. Es braucht als Band oder Schreiber auch ein hohes Maß an Selbstvertrauen, um die Stücke auf der anderen Seite nicht wieder zu entschärfen. Man muss eben das richtige Niveau finden.
Wie schaut der Songwriting-Prozess bei THE CALLOUS DAOBOYS aus?
Es ist ein sehr natürlicher Prozess. Interessanterweise ist es so, dass man sich relativ schnell daran gewöhnt, wenn man eine Zeit lang an einem bestimmten Sound arbeitet. Ich schreibe einfach das herunter, was ich in meinem Kopf höre.
Ich habe gelesen, dass Du im Vorfeld zu „Celebrity Therapist“ klassischen Gesangsunterricht genommen hast – und, meine Herren, das hört man! Hast du auch das Gefühl, dass das großen Einfluss hervorbringt?
Das hat einen mächtigen Effekt gehabt. Meine Lehrerin, Samantha, war mir diesbezüglich eine große Hilfe. Sie hatte vorher noch nie von Bands gehört, die solche tiefen, gutturalen Vocals verwenden. Ich habe ihr gesagt, dass ich gerne damit anfangen würde. Dann hat sie recherchiert und mir beigebracht, wie es am besten klappt. Absolut hervorragende Lehrerin.
Kannst du abschließend noch einen kurzen Einblick in die Lyrics geben, in denen es wohl deutlich persönlicher zugehen soll?
Sie sind unheimlich persönlich. Doch nun, da „Celebrity Therapist“ für jedermann zugänglich ist, gehören die Lyrics in diesem Sinne nicht mir. Jeder wird seine eigene Interpretation dazu haben und so soll es in meinen Augen auch bleiben.