The Burden Remains
Interview mit Thomas zu "Fragments"

Interview

The Burden Remains

Mit „Fragments“ liefern THE BURDEN REMAINS ein vielseitiges, abwechslungsreiches Album im progressiven Thrash Metal ab. Die Schweizer schauen dabei immer wieder über den musikalischen Tellerrand und pendeln dabei von klassisch aggressiv bis atmosphärisch und sperrig. Unsere Fragen hierzu beantwortete Gitarrist Thomas.

The Burden Remains

Ihr habt „Fragments“ über Crowdfunding finanziert, richtig? Kannst du unseren Lesern bitte kurz erklären, wie das funktioniert, und weshalb ihr euch hierfür entschieden hattet! Wie lief es denn?

Das stimmt, aber genau genommen haben wir nur das Artwork von „Fragments“ durch Crowdfunding finanziert. Dabei handelt es sich um ein Bezahlmodell, bei dem sich die Leute im Voraus an der Finanzierung eines Projektes beteiligen können und dafür eine Belohnung erhalten.

Nachdem wir die Künstler Kahn & Selesnick aus New York entdeckt und angeschrieben hatten, war ihre Antwort zwar äußerst positiv und sie schienen an einer Zusammenarbeit interessiert, allerdings überstieg ihr finanzieller Voranschlag unsere Mittel weit. Deshalb hatten wir uns entschieden, es mit Crowdfunding zu probieren. Anfangs waren wir ziemlich skeptisch, doch das Resultat hat unsere kühnsten Hoffnungen bei weitem übertroffen, und wir sind überglücklich, dass uns die Leute so großzügig unterstützt und damit das Artwork von „Fragments“ möglich gemacht haben.

In welchem Zeitraum habt ihr die Songs geschrieben, und wie entstehen bei euch neue Songs?

Wir gehen dabei ziemlich demokratisch vor: Einer kommt mit einem Vorschlag, dann setzen wir uns in den Bandraum und es wird daran gearbeitet, bis es für alle stimmt. Klar, das klingt etwas utopisch und manchmal muss durchaus auch einer seine Bedürfnisse etwas zurückstecken, aber solange das nicht immer derselbe ist, funktioniert das Konzept recht gut.
Alles in allem haben wir die Songs für die neue Platte in etwa einem halben Jahr geschrieben, und zwar von Februar bis November 2013. War doch eher knapp berechnet, da wir etwas perfektionistisch sind… Aber wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden und haben den Eindruck, dass das Material etwas kohärenter daherkommt.

Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen „Fragments“ und euren vorherigen Veröffentlichungen? Wie läuft eure Entwicklung, und gab es eine Art Ziel, das ihr musikalisch erreichen wolltet?

Bei unserer ersten CD „Downfall Of Man“ strebten wir noch nach Perfektion, und das hört man der Produktion an. Obwohl sie uns nach wir vor gefällt, finden wir die Platte mittlerweile etwas steril und dem wollten wir Abhilfe verschaffen und der Spontaneität etwas mehr Raum geben. Deshalb haben wir „Fragments“ – von den Vocals einmal abgesehen – live aufgenommen. Ich glaube das hört man dem Resultat an, es klingt etwas weniger verkrampft. Auch die relativ kurze Zeit, in der die Songs entstanden sind, hat geholfen, einen roten Faden hineinzubringen, denke ich. Ein Ziel gab es eigentlich nicht, wir wollten einfach das Optimum herausholen und die beste Platte machen, zu der wir im Stande waren.

Was sind eure hauptsächlichen Einflüsse?

Die gefürchtete Frage… Wir können uns nie einigen und geraten deswegen ins Stottern. Aber was sicher immer und bei allen geht, sind Sachen wie GOJIRA, MASTODON und NEVERMORE. Sicher auch ein paar Post-Metal- und Sludge-Bands wie SOLSTAFIR, BARONESS, CULT OF LUNA oder ISIS. Oder progressive Sachen wie CYNIC. Aber auch Bands, die nicht aus dem Metal-Genre stammen sind bei uns hoch im Kurs, wir sind da ziemlich offen. Beispielsweise PINK FLOYD, MADRUGADA, LED ZEPPELIN, ROLLING STONES oder TOM WAITS. Post Rock wie MOGWAI, GOD IS AN ASTRONAUT oder THIS WILL DESTROY YOU mögen wir auch ziemlich. Und gleichzeitig klingen da natürlich die ganzen Thrash-Einflüsse durch. Allen voran METALLICA, die liebten wir heiß und innig, die kriegen wir wohl nie mehr aus dem Erbgut. Aber auch TESTAMENT, PANTERA und so weiter. Du siehst, die Liste wird schnell lang.

Worin geht es inhaltlich auf „Fragments“?

Dem Album liegt ein lyrisches Konzept zugrunde, dass sich auf die philosophische Sentenz „Individuum est ineffabile“ (lat. „Das Individuum ist nicht zu fassen“) stützt und in vier Akte aufgeteilt ist, die jeweils einem Bild des Artworks entsprechen. Dabei geht es grob gesagt um Folgendes:
Ein namenloser Protagonist erlebt den schmerzhaften Prozess der Realisation, dass das Narrativ einer einzigartigen Persönlichkeit nicht aufrechterhalten werden kann. In dekonstruktivistischer Manier entdeckt er immer mehr Elemente dessen, was er für seine Persönlichkeit hielt, in anderen und muss zusehen, wie sich die Konturen seines Individuums langsam aufzulösen und als mehr oder weniger wahllose Ansammlung fremder Einflüsse herauszustellen beginnen. In der Folge erlebt er den Prozess der wortwörtlichen Selbstaufgabe als metaphorischen Tod seiner Persönlichkeit. Am Ende steht die Akzeptanz des Verlustes, die jedoch hier als Pointe umgedeutet wird: Die Akzeptanz bedeutet, dass der Protagonist die Farce der Individualität trotz besseren Wissens aufrechterhalten wird, um anderen Menschen die Selbstaufgabe zu ersparen und die Gesellschaft weiterhin nach den falschen Prämissen der Individualität funktionieren zu lassen.

In welchem Zusammenhang steht das Cover zu den Texten? Das Cover hatte mich spontan an PINK FLOYD, RUSH oder FATES WARNING erinnert. Absicht?

Absicht kann man nicht sagen, die Künstler – Kahn und Selesnick – haben einfach einen Text mit unserem Konzept erhalten und die vorliegenden Bilder sind zurückgekommen. Abgesehen vom groben Stil wussten wir nicht, was uns erwartet. Aber wir haben uns sofort in das Artwork verliebt, so dass es gar nicht nötig war, lange Mails hin und her zu schicken. Außerdem haben sie unserer Meinung nach das Textkonzept auf eine großartige Weise in eine Bildersprache übersetzt. Und dass es dich an PINK FLOYD erinnert, macht uns umso glücklicher, denn wir verehren diese Band. Aber es ist schon richtig, wir wussten, dass es kein sehr typisches Metal-Cover wird, als wir die Künstler engagiert haben.

Was kannst du uns über die Aufnahmen berichten?

Das Album wurde live in zehn Tagen in den Blend Studios in Lutry in der Nähe von Lausanne eingespielt. Produzent war Christoph Noth, der auch unser Live-Mischer, unser Booker, unser Mädchen für alles und unsere graue Eminenz ist. Es war eine intensive Zeit. Wir haben jeweils am Morgen mit einem Song angefangen und den so lange gespielt, bis alles gepasst hat. Damit waren wir meistens so um drei fertig. Danach haben wir was gegessen und uns am Nachmittag und Abend mit Overdubs beschäftigt. Dabei lassen wir der Muse meistens freien Lauf und die Ausrüstung des Studios hat es uns erleichtert, die Sau rauszulassen: Da standen Hammond-Orgeln rum, ein Fender Rhodes, massig Perkussionsinstrumente und Gitarren. Vieles davon findet man auf dem Album wieder, wenn man genau hinhört. Geschlafen haben wir zwischen den Instrumenten. Dann haben wir die ganze Chose an Raphaël Bovey – den Drummer von KRUGER – für den Mix und das Master übergeben. Er hat den ganzen Rest gemacht und sich auch durchaus mal die Freiheit herausgenommen, ein Ambient-Geräusch oder so was hinzuzufügen. Und er hat insgesamt phantastische Arbeit geleistet.

Für die Veröffentlichung von „Fragments“ hattet ihr euch als Medien für Vinyl und den digitalen Download entschieden. Weshalb keine CD?

Wenn wir ganz ehrlich sein sollen, war es eine finanzielle Frage. Es stand für uns fest, dass wir Vinyl wollten, schon nur weil die Fotos so besser zur Geltung kommen – das Vinyl ist einfach ein schönes Objekt. Und beides konnten wir uns nicht leisten. Also haben wir uns gesagt, dass man es ja mal probieren kann: Wer Wert auf ein physikalisches Produkt legt, bei dem besteht ohnehin eine erhöhte Chance, dass er einen Plattenspieler besitzt. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass wir noch mal CDs davon pressen lassen, uns ging es nicht darum, das Medium totzusagen.

Kommen wir etwas zur Geschichte von THE BURDEN REMAINS. Die Band ging aus CIDERAID hervor, das Line-Up war immer stabil. Weshalb hattet ihr den Namen gewechselt, und wie kamt ihr ursprünglich mal zusammen? Was ist euer Geheimnis, dass ihr nach wie vor zusammenspielt?

Als wir angefangen haben, waren wir so um die dreizehn Jahre alt und des Englischen nicht wirklich mächtig (ausgenommen unser Sänger, der halber Amerikaner ist). Bei der Namenswahl haben wir uns entsprechend wenig Gedanken gemacht. Das hat uns irgendwann zu stören begonnen, und als wir kurz davor standen, unsere erste Platte aufzunehmen, haben wir uns gesagt, dass nun die letzte Chance wäre, uns einen ernsteren und ernstzunehmenden Namen zu geben und die jugendlichen Laster der Vergangenheit über Bord zu werfen.

Angefangen haben wir 2003, die anderen drei waren Schulkameraden und hatten einfach Bock auf Lärm, ich lebte zwar ein paar Dörfer weiter weg, war aber mit dem Schlagzeuger befreundet und konnte eine Gitarre richtig herum halten und das hat damals gereicht.

Ich glaube, es hat geholfen, dass wir zusammen als Entität gewachsen sind. Von den dilettantischen Anfangstagen sind wir einfach immer gemeinsam an unseren Instrumenten besser geworden, und wir hatten immer eine tolle Zeit zusammen, gingen und gehen auch stets mal ein paar Bier abseits der Proben miteinander trinken. Zudem hilft der demokratische Aspekt, den ich schon mal erwähnt habe. Dadurch, dass sich keiner besonders in den Vordergrund zu stellen versucht, sondern immer die Band an erster Stelle steht, kommt es zu keinen persönlichen Reibereien. Und falls es doch mal soweit kommt, sind wir nicht sonderlich nachtragend. Wir funktionieren einfach gut zusammen.

Was habt ihr in nächster Zeit geplant?

Zunächst mal möchten wir möglichst viel live spielen. Wir halten uns nämlich in erster Linie für eine Live-Band. Wahrscheinlich machen wir in näherer Zukunft mal einen Video-Clip. Ansonsten werden wir uns prophylaktisch schon mal ans Songwriting setzen, damit wir beim nächsten Mal nicht gestresst sind.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Merci für die Gelegenheit und das Interesse. Besucht uns doch irgendwo im Internet, wir sind auf allen erdenklichen Plattformen zu finden.

Wer die Platte gratis downloaden (oder auch etwas spenden) möchte, begibt sich hierhin: http://theburdenremains.bandcamp.com

Schicke Shirts und edles Vinyl gibt’s hier: https://tbrmetal.bigcartel.com

Nochmals Dankeschön.

09.06.2014

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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