The Bonny Situation
Interview mit Andreas Hollywood Bacon

Interview

 

The Bonny Situation

Was nehmt ihr an Einflüssen und Inspirationen mit, und was findet davon seinen Weg in eure Musik?

Einflüsse und Inspiration nehmen wir aus unterschiedlichsten Quellen, häufig sind es eben Filme, abstrakte Gebilde wie die von David Lynch. Daneben hat jeder seine eigenen Quellen der Inspiration, mal kann das ein Song sein, oder auch nur ein abgefahrener Sound, oder auch ein gemeinsames Erlebnis, vielleicht auch ein Computerspiel oder eine Fotographie. Ich glaube, dass es beim fertigen Song dann ganz schwierig ist, die Fäden des Inputs noch zurückzuverfolgen. Und das ist ja auch das schöne dabei. Bei der Kunst geht es ja darum, Dinge zu transformieren und etwas entstehen zu lassen.

Was mir an euch sofort aufgefallen ist (und was auch anderen Ohren nicht verborgen bleiben dürfte), ist das hohe technische Niveau. Sind ihr echte Soundprofis am Werk? „Passengers…“ alleine zeigt schon viel von eurer Raffinesse, dann das Live-Album mit seinem bestechenden Sound, und auch euer aktuelles „Rehearsal“-Video hat ganz und gar nix von Proberaum-Mief oder Amateurbastelei. Wie aufwändig und umfangreich sind eure Produktionen, welche Herangehensweise verfolgt ihr dabei?

Unser Aufwand ist schon sehr hoch, wir nehmen uns im Studio sehr viel Zeit für Details. Mit B-Ray haben wir einen begnadeten Producer in unseren eigenen Reihen. Auch jedes andere Mitglied ist durchaus beschlagen in Sachen Audio Engineering, was man beispielsweise an unserer Remix-EP sieht. Somit sind wir selbst bisher die Soundprofis. Da aber die Ansprüche auch immer steigen, sind wir mittlerweile bereit, einmal andere Produzenten zuzulassen, einfach auch um mal die Erfahrung zu machen, selbst entlastet zu sein. Der Aufräumer, auch soundmäßig, kommt da wieder ins Spiel. Für unsere Videos holen wir uns Fachleute aus dem Freundeskreis oder auch aus professionellen Agenturen dazu. Das Rehearsal Video ist beispielsweise von D-Zentral aus Hannover angefertigt worden, und wird Teil eines EPK, also eines Werbevideos für Labels, Management- und Bookingagenturen werden. Unsere ganzen Livevideos sind von befreundeten Kameraleuten angefertigt worden.

„Passengers…“ gibt es auf eurer Homepage als Gratisdownload, ebenso den Rest eurer bisherigen Klangerzeugnisse. Kann man denn überhaupt die Kosten wieder reinholen, wenn man ausnahmslos jede Veröffentlichung als Gratis-Download anbietet? Ich meine, das Allheilmittel namens Auftritte + Merchandise gehört ja auch eher in den Bereich der Legenden, oder?

Nun, es gab einfach genug Motivationen, eben diesen Schritt zu gehen, unser Material umsonst downloadbar zu machen. Uns geht es darum, verbreitet zu werden. Bis der Interessent in England oder in Mexico unsere CD hat, haben wir schon das nächste Album veröffentlicht. Das geht auf diese Weise einfach schneller. Die Bereitschaft für Downloads zu bezahlen, zumal bei einer unbekannten Band, ist allerdings noch recht niedrig. Die Gratisverbreitung ist da ein schöner Anreiz. Auf diese Weise kontrollieren wir auch gleichzeitig die Qualität des Contents, denn was nützt es, wenn unsere zu bezahlenden Downloads unangetastet bleiben, während auf Rapidshare mies heruntergerechnete Mp3s vebreitet werden? Letztlich schadet das dem Image. Diesem wollen wir vorbeugen.

Wir haben außerdem festgestellt, dass Downloads nicht den CD-Verkauf hemmen. Andere Käufergruppen werden angesprochen, es gibt noch genug Musikliebhaber, die was „echtes“ in der Hand halten möchten. Viele möchten sogar, nachdem sie das Downgeloadete als gut empfunden haben, noch die CD für’s Auto und für’s Regal haben! Übrigens: wenn Merchandising auch nicht das Allheilmittel ist, so ist es dennoch DIE Sache der Zukunft, wenn man den Großen im Business glauben kann. Große Acts wie Madonna beispielsweise, kalkulieren statt mit CD-Verkäufen eigentlich nur noch mit Auftritten und Merch…

Welche CDs sind denn eigentlich derzeit noch als Objekt für’s Regal erhältlich? Ich bin ja noch einer dieser Verrückten, die mit reinen mp3-Veröffentlichungen nichts anfangen kann (und will, seltene Ausnahmen nicht ausgeschlossen) – wie haltet ihr’s mit den physischen Medien, um mal spontan die Gretchenfrage der digitalen Gesellschaft zu formulieren?

Alle Alben gibt es bei uns sowohl als Gratisdownload, als auch in haptisch wahrnehmbarer Form der CD! Wie gesagt, sehen wir die Chancen im Anbieten beider Versionen. Wir selbst sind auch alles mehr so die CD Typen, daher wollen wir darauf auf keinen Fall verzichten, am liebsten wären uns eigentlich noch Schallplatten aus schönem 180g-Vinyl 🙂

Spotify scheint das nächste große Ding auf dem digitalen Musikmarkt zu werden. Habt ihr davon schon gehört? Für die einen ist das Streamen aus der Cloud die Zukunft, für die anderen ist es das finanzielle Grab für Musiker (auch wenn dieser Vorwurf nicht gänzlich neu ist, siehe das Problem mit Royalties bei last.fm). Muss man sich als Underground-Band heutzutage einfach damit abfinden, dass man mit der Kostenlos-Mentalität einfach nicht konkurrieren kann?

In irgendeiner Form muss man sich zumindest mit der Gratis-Mentalität auseinander setzen, da führt überhaupt kein Weg vorbei! Letztlich muss man dann seinen eigenen, auch moralisch zu vertretenden Weg finden, damit umzugehen. Wir haben unsere Lösung erst einmal gefunden. Wichtig ist, dass die Qualität des Contents gewährt bleibt! Das ist in Zeiten, in denen jeder mit wenigen Klicks den größten Mist verbeiten kann, leider nicht immer gegeben. Schwierig wird es also letztlich für den User, der nicht mehr spontan unterscheiden kann, was gut und schlecht ist, da alles umsonst ist.

Da ihr die Dinge offensichtlich lieber selbst in die Hand nehmt, habt ihr mit Le Fink Records ein eigenes Label geschaffen. Ist Unabhängigkeit die treibende Motivation, oder gibt es noch andere Ziele, die ihr mit Le Fink verfolgt?

Unabhängigkeit ist sicherlich eine wichtige Motivation für das eigene Label. Es ist auch als Reaktion darauf zu verstehen, dass andere Labels häufig nichts mit uns anfangen konnten, und wir irgendwann die Ausreden leid hatten, warum wir nicht geeignet wären. Häufig verbirgt sich hinter Absagen ja auch einfach ein fehlender Mut, Neues zu fördern. Auch haben wir schlechte Erfahrungen mit „Laberheinis“ gemacht, so dass wir uns sicher fühlen, wenn alle Zügel innerhalb der Band selbst zusammen laufen, auch wenn wir generell gerne mit Externen zusammen arbeiten. Das eigene Label birgt außerdem die Möglichkeit, auch andere Bands aus unserem Umfeld zu fördern, so vertrieben wir momentan auch die Alben von Thalamus und Yoda Guitar auf diesem Wege. Ein Label öffnet auch einfach viele Türen, viele Festivals und Agenturen nehmen dich ohne Label einfach gar nicht wahr.

Auch wenn ich den direkten Vertriebsweg von Kleinstlabels und Bands für eine gute Entwicklung halte, scheint „Eigenproduktionen“, die man nicht sofort bei WOM, Saturn oder auch Amazon findet, teilweise immer noch ein unverdient schlechter Ruf anzuhaften. Muss man sich hier gegen verkrustete Marktstrukturen aber vor allem die Gewohnheiten des „Konsumenten“ durchsetzen? Oder wird es nie ohne das „Business“ funktionieren?

Im großen Rahmen ist die „Business“ Seite immer noch unverzichtbar, auch wenn neben Plattenfirmen mehr und mehr Booker und Verlage die Macht unter sich aufteilen. Doch auch selbst kann man mit dem richtigen Engagement es sehr weit bringen! Und dann lenkt man auch Aufmerksamkeit auf sich. Dass die „Eigenproduktion“ keinen guten Ruf hat, hängt nicht mit der Businessseite zusammen, hier werden gut gemachte Eigenproduktionen eigentlich schon gewürdigt, allerdings gibt es einfach viele Eigenproduktion, die totale Grütze sind. Heute kann sich eben jeder einen Mac oder Rechner hinstellen, und sogar mit umsonst zu habender Software seine Musik aufnehmen und verbreiten. Dass man immer noch ein gutes Ohr, Wissen und Talent braucht, um aus diesen Mitteln eine gut klingende Produktion zu schaffen, vergessen die Leute schnell.

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31.08.2011

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