The 69 Eyes
Interview mit Jyrki 69
Interview
Wer rastet, der rostet – das denkt sich auch Jyrki 69 von THE 69 EYES. Mit seiner Band haut er nicht nur stetig Alben raus und spielt so gut wie jede Woche ein Konzert, er widmet sich auch allerhand privaten Nebenprojekten. Bei einem netten Plausch verriet er uns, was wir von seiner Seite und natürlich auch von der Band in nächster Zeit erwarten können. Vor allem die im Mai stattfindenden Deutschlandkonzerte dürften natürlich interessant sein. Zudem gibt es ein Soloalbum und ein Buch. Letzteres zwar nur auf Finnisch, aber eine Story über eine lebensgefährliche Aktion gibt er uns hier zum Besten.
Zuerst einmal danke, dass du dir die Zeit nimmst!
„Universal Monsters“ wird diesen Monat ein Jahr alt. Ein Musiker hat mir mal gesagt, das neue Album sei immer das Lieblingsalbum. Jetzt, wo es nicht mehr ganz neu ist, wie sieht es bei „Universal Monsters“ aus?
Das sieht wahrscheinlich jeder Musiker so, und auch meine Antwort ist ja. Es fühlt sich immernoch extrem fisch an, obwohl wir es schon seit einem Jahr spielen. Darauf sind einige Songs, die wir noch nicht live gespielt haben, und die wir vielleicht auch noch in die Setlist aufnehmen wollen. Andererseits habe ich manche Songs schon wieder vergessen. Die sehe ich dann auf der Tracklist und erinnere mich garnicht mehr. Das hat damit zu tun, welche Setlist wir in letzter Zeit gespielt haben. Ich mag es immernoch, es gab im Laufe dieses Jahres, seit das Album draußen ist, einige Veränderungen, allgemein in der Musikwelt.
Daran habe ich gerade vor dem Interview gedacht, auch, um ein paar Themen parat zu haben. Früher, als die Leute angefangen haben, auf uns aufmerksam zu werden, und etwas später, als wir dann sogar etwas mehr Erfolgt hatten, Platten verkauft haben und unsere Gesichter in Zeitschriften aufgetaucht sind, wollten wir neue Musik für diese Leute schreiben, die uns gerade erst entdeckt hatten und die Platte toll fanden, sagen wir mal vor 15 Jahren oder so. Für mich war es immer ein bisschen wie ein Spiel, die neuen und später auch die bestehenden Fans mit etwas Neuem zu überraschen, ihnen neue Ideen vorzustellen und das Alte niemals zu wiederholen.
Dem Ganzen etwas mehr Würze verleihen also.
Ja, oder ihre Erwartungen widerlegen. Ihnen zeigen, dass THE 69 EYES garnicht so waren, wie sie dachten. Es war also immer so etwas wie ein kreatives Spiel, zwischen mir und den Fans. Jetzt, mit diesem Album, ist es glaube ich so, dass es hauptsächlich darum geht, als Band weiterzumachen. Die coolsten Bands im Moment sind die, die schon seit Jahrzehnten spielen und immernoch weitermachen. Ich habe mich gefragt, was uns dieses Album bringen würde, und die Antwort ist, dass wir am Ball bleiben, und noch die THE 69 EYES sind, die wir schon immer waren, und immer sein werden. Es ging nicht mehr um Überraschungen, und das macht uns als Band aus. Wir müssen uns nicht neu erfinden, wir spielen einfach, und das habe ich jetzt verstanden. Das Album zeigt uns, dass wir immernoch sehr stark sind, so wie wir sind. Ich hoffe, dass alle, die es sich noch nicht angehört haben, das tun werden und uns auch live sehen werden, da wir auch einige Songs von der Platte spielen. Ich glaube, die Stärke von THE 69 EYES ist, „we exist“, wir spielen schon seit fast 30 Jahren und wir machen immernoch weiter.
Das wird die Fans auf jeden Fall freuen, zu hören. Bei anderen Bands läuft es ja nicht so. HIM, die ihr ja auch gut kennt, haben zum Beispiel angekündigt, dass sie sich auflösen. Wie geht es dir dabei, das von einer Band zu hören, die du gut kennst und die es ja auch schon lange gibt?
HIM sind eine etwas andere Generation und ein paar Jahre jünger als wir. Einerseits bin ich sauer und denke hey, wieso lasst ihr uns hier alleine? Andererseits bin ich etwas neidisch, weil ich denke, dass es cool ist, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn es sich richtig anfühlt. Und das hat es für sie eben und sie müssen ihren Herzen folgen.
Naja, aber ihr tragt die Fackel weiter, was gut ist.
Ja, ich habe gelernt, dass das den ganzen Spaß ausmacht. Einfach weiter zu rocken.
Du tust, was du liebst.
Naja, ob ich es liebe weiß ich nicht. Aber wenn ich es nicht tue, wer dann?
Du hast auch erwähnt, dass ihr einiges von „Universal Monsters“ spielen werdet. Ich habe mich gefragt, wie ihr bei so viel Material überhaupt Setlisten erstellt.
Ich bin mit unserer aktuellen Setlist super zufrieden. Dieses Jahr haben wir die beste Setlist bisher. Das Album ist zwar ein Jahr alt, fühlt sich aber noch neu an. Die Leute kennen die Lyrics, sie kennen die Songs. Die Setlist hat viel melodischen Kram. Die Leute gehen während der Show nicht rüber zur Bar, sondern bleiben im Zuschauerraum.
Ihr könnt es euch leisten, kein Füllmaterial zu haben, sondern eine Art Best-of zu spielen. Ihr kriegt die Liste trotzdem voll.
Ja, stimmt schon. Aber wir ändern die Liste auch immer wieder, also ist es nicht immer das gleiche Set. Wir ändern sie nicht für jede Show, sondern wenn wir denken, dass es mal Zeit ist. Es gibt bestimmte Songs, die die Leute immer hören wollen, wir schauen da auch auf die sozialen Medien. Wir bringen Songs rein, die wir noch nie gespielt haben, aber dann sind da die Songs, die wir quasi spielen müssen. Und es gibt immer wieder Leute in den sozialen Medien, die sich aufregen, dass wir ihren Lieblingssong nicht gespielt haben, und manchmal ist das dann ein 15 Jahre alter Song, den wir sowieso noch nie gespielt haben.
Wenn ihr da so darauf achtet, könntest du dir dann auch vorstellen, die Fans in einem Poll über die Setlist abstimmen zu lassen?
Ich finde, das wäre etwas lahm. METALLICA haben das mal gemacht. Ich finde, der Künstler steht in der Verantwortung, eine gewisse Atmosphäre zu schaffen, die Leute zu überraschen und eine Show zu machen. Du kannst dir deine Lieblingslieder auch einfach auf Spotify anhören, aber die Band muss die Eier in der Hose haben, zu spielen, was sie repräsentieren will.
Vor ca. einem Jahr haben wir ein Interview mit dir gemacht und dich nach verrückten Tourgeschichten gefragt. Da hast du gesagt, dass ihr ein paar Mal fast draufgegangen seid. Was war da los? Kannst du uns was zum Besten geben?
Ich habe hier in Finnland sogar gerade ein Buch veröffentlicht. Es ist auf Finnisch, weil ich lernen wollte, so richtig in unserer Sprache zu schreiben. Es ist eine Sammlung von Rock & Roll-Stories aus meinem Leben. Nur zusammengewürfelte Geschichten, keine Autobiografie. Einige davon gehen in die Richtung deiner Frage. Wir sind eine sehr gesellige Band und gehen nach der Show gerne mit den Fans Party machen, worauf wir die Leute auch stark hinweisen. Deshalb kommen Leute oft auf uns zu machen mit uns eine Tour durch die Stadt oder so. Einmal haben wir in Seattle gespielt und ein paar Fans wollten mich mit zu einem Friedhof nehmen, um das Grab von Brandon Lee zu sehen. Jimi Hendrix ist da auch begraben. Es klang cool, da mitten in der Nacht hin zu gehen. Also sind wir hin, aber der Friedhof war geschlossen.
Wir sind dann stattdessen auf die andere Seite der Bucht gefahren, um die Skyline anzuschauen. Da habe ich ein paar Waschbären gesehen, und ich hatte noch nie welche gesehen. Ich bin aus dem noch rollenden Auto gesprungen und ihnen hinterhergerannt, runter zum Strand. Da war eine Bank, und ich bin oben auf die Lehne gesprungen, um sehen zu können, wo die Waschbären hin sind. Die Lehne war aber oben vereist und ich bin mit meinen Chucks darauf weggerutscht und mit dem Nacken und Kopf auf der Bank aufgeknallt. Sowas kann tödlich enden. Ich habe mich dabei wirklich verletzt. Ich habe Sterne gesehen, und ich glaube, die Waschbären haben mich ausgelacht. Dann mussten wir zurück zum Tourbus. Ich habe allen gesagt, bitte weckt mich ab und zu auf und schaut nach, ob ich noch lebe. Wenn mir sowas hier zuhause passieren würde, würde ich sofort ins Krankenhaus gehen. Am nächsten Tag ging es mir wirklich dreckig und es hat lange gedauert, sich davon zu erholen. Aber hey, es ist eine lustige Geschichte. Das sind eben solche Sachen, die einem passieren, wenn man jung und wild ist.
Hat sich das Touren über die Jahre geändert? Nicht bezogen auf das Musikbusiness etc., sondern persönlich für dich?
Ja, ich habe aufgehört zu trinken. Das mache ich manchmal. Es macht vieles einfacher für mich. Das ist der Hauptunterschied. Ich gehe noch aus, ich betrinke mich nur nicht so. Das macht das Touren sehr viel einfacher für alle um mich herum.
Wie bereitet ihr euch auf das Touren vor, vom Proben mal abgesehen?
Wir spielen so viele Shows. Wir proben zwar, aber nicht speziell für Touren. Vor einer Tour gehe ich mehr joggen, ins Fitnessstudio, oder mache mehr Yoga, um besser in Form zu sein, aber das wars dann glaube ich auch. Wie gesagt spielen wir dauernd, so gesehen ist jede Woche Tour. Aber wenn wir z.B. drei Shows in Deutschland spielen, will ich dafür in Topform sein.
Um nochmal auf das Songmaterial zurückzukommen. Es ist etwas früh, danach zu fragen, aber es ist irgendwie auch die obligatorische Frage. Habt ihr schon neue Musik in Planung?
Wir haben noch einige Songs, die wir nicht auf das Album gepackt haben. Das ist aber nicht die Resterampe, einige davon kommen im Herbst als Single raus. Wir planen gerade, mit dem Schreiben fürs neue Album anzufangen und haben auch schon etwas geschrieben. Die Motivation dafür ist, dass wir, wenn wir spielen, viele Leute in Publikum haben, ohne besonders trendy zu sein. Wir sind nicht in den Nachrichten, über uns wird nicht viel geschrieben und unsere Songs laufen nicht mehr im Radio. Aber da sind immernoch viele Leute bei den Shows. Sie bleiben bei der Stange wie wir und sie unterstützen uns. Wir planen die nächste Platte, um die Dinge am Laufen zu halten und die Band lebendig zu halten. Die erste Single wird im Herbst rauskommen. Und in der Zwischenzeit bringe ich ein Soloalbum raus, in zwei Monaten. Es ist eine Platte, die ich letzten Herbst mit dem THE 69 EYES Produzenten Johnny Lee Michaels gemacht habe.
Was können wir da stiltechnisch erwarten? Sowas wie mit THE 69 EYES oder wird es anders klingen?
Naja, also alle Songs sind von Johnny Lee Michaels geschrieben worden, und er ist am besten für Sachen mit Keyboards, Synthesizern, und einer Art Film-Atmosphäre bekannt. Da die Songs von ihm stammen klingt es nach einem ziemlich dunklen, New Wave, Goth-Album. Einige unserer älteren Alben haben auch mehr Synthesizer und so ähnlich klingt es.
Also eine Art „Back to the 80s“ Stimmung?
Ja, genau das. Es ist zeitlos, überhaupt nicht retro. Es ist neu, hat aber gleichzeitig einen Oldschool-Sound. Es ist schwer zu beschreiben, aber es klingt in etwa wie „ich kenne den Sound, aber ich habe ihn seit 25 Jahren nicht mehr gehört“. Es klingt super. Aber es ist sehr, sehr dunkel. Da ist nichts Spaßiges, es ist wirklich dunkel. Es aufzunehmen ging einem auch echt nahe.
Es war also eine emotionale Herausforderung?
Ja, es war überraschend, wie emotional wir nach dem Aufnehmen der Songs waren. Wir haben teilweise einen Song pro Nacht aufgenommen und haben uns danach total leer gefühlt. Aber es ist eine sehr coole Scheibe. Sie heißt „Helsinki Vampire“ und manche Songs sind direkt in Horrorfilm Soundtracks geflossen. Es wird mindestens zwei Musikvideos geben, die auch mit den Horrorfilmen zu tun haben.
Bei dir ist also gerade einiges los.
Ja, ich habe ein Buch draußen, ich habe ein Soloalbum, das THE 69 EYES Album ist noch nicht so alt, es kommen mehr Shows und dann planen wir, neues Material zu veröffentlichen. Ich habe auch wieder angefangen, Comics zu zeichnen, was ich ewig nicht mehr gemacht habe. Es ist wirklich toll, kreativ tätig zu sein. Achja, Liv Sin, die Sängerin der schwedischen Metalband SISTER SIN ist jetzt auf Solopfaden unterwegs und ich bin auf ihrem Soloalbum vertreten. Ich habe ein Duett mit ihr eingesungen, für den Song „Immortal Sin“, der im Original von Robert Halford und seiner Band FIGHT stammt. Die Single ist gerade draußen.
Also, ich wäre dann mit meinen Fragen durch. Hast du noch was hinzuzufügen?
Ich hoffe, dass die, die unsere deutschen Konzerte letztes Jahr verpasst haben und überrascht sind, dass wir noch spielen und sogar eine Platte draußen haben, es schaffen, uns dieses Mal zu sehen. Wir spielen drei Termine im Mai und beim Wave Gotik Treffen in Leipzig im Juni. Also, kommt vorbei, und hört in mein Soloalbum rein, „Helsinki Vampire“. Es gibt genug zu tun, bevor es in den Sommerurlaub geht.
Vielen Dank für das Interview!
THE 69 EYES demnächst live:
19.05.2017: Berlin, Astra Kulturhaus
20.05.2017: Rostock, Mau Club
21.05.2017: Hamburg, Knust
04.06.2017: Leipzig, WGT