Tesseract
Interview mit Jay Postones zu "One"
Interview
„One“, das Debütalbum der britischen Band TESSERACT, hat nicht nur den Verfasser dieser Zeilen ohne Umwege aus dem Sitz geblasen. Ein großartiges Werk voller Emotion und Atmosphäre.
Den Kern des Albums, das sechsteilige Epos „Conceiling Fate“, ist aufmerksamen Beobachtern des Underground längst bekannt. TESSERACT entstammen einer neuen, aufkeimenden Bewegung Namens „Djent“, jener vor Allem von MESHUGGAH beeinflussten neuen musikalischen Ausdrucksweise, die kompliziertes, hochtechnisches Riffing, progressive Songstrukturen, melodischen, aber auch gerne mal aggressiven Gesang und diverse soundtechnische Experimente unter einem Hut vereint. „One“, so der simple Titel des Erstlings, zitiert aber auch TOOL, A PERFECT CIRCLE und KARNIVOOL, das alles, ohne blind zu kopieren.
Drummer Jay Postones erzählt uns von den Anfängen dieser Band, und stellt klar, dass die Internetwelt mittlerweile nicht nur passiven Musikfreunden als Sammelbecken dient: „Unser Gitarrist Acle Kahney hat schon 2003 angefangen, erste Riffs zu schreiben, TESSERACT waren damals allerdings nur ein Nebenprojekt. Ich selbst bin seit 2005 dabei, nachem ich Acle bei einer Show traf. Meine Band supportete damals seine, und wir blieben danach in Kontakt. Mit den anderen Jungs war es genauso, dank der Internetforen, in denen wir aktiv waren, konnten wir ständig Kontakt halten. Dan, unseren Sänger fanden wir 2009, als sich die Wege zwischen uns und unserem ersten Fronter Abi trennten. Durch das Internet kannten wir ihn schon, deshalb war er auch unsere erste Wahl, als wir uns auf die Suche machten.“ Das Internet ist übrigens auch der Ursprung erwähnter Djent-Szene: „Das fing tatsächlich in verschiedenen Online-Foren an und erhält nun mehr und mehr Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit. Wir waren von Anfang an dabei, neben anderen großartigen Bands wie Periphery, Monuments oder Chimp Spanner.“
Auf die Frage, wie man sich dem komplexen Sound von TESSERACT am Besten nähern sollte, hat Jay einen einfachen Ratschlag:„Setze dich alleine mit ein paar großen Lautsprechern in einen dunklen Raum und drehe laut auf. Wir haben das ein paar Mal so gemacht, und es war schlicht großartig. Als wir das Album gemastert haben, sind Dan, Acle und ich in die Metropolis Studios nach London gefahren und haben die Songs durch ungefähr eine Million Pfund teures Equipment gejagt“. Auch wenn kaum einer unserer Leser sich solch teure Anlagen für den Hausgebrauch leisten kann, spricht es für die Band, dass sie sich an diese Perspektive heranwagt, denn „näher waren wir als Band wohl nie dran, unsere Musik aus der Sicht des Live-Publikums testen zu können“” So manche Live-Band dürfte von einer solchen Herangehensweise durchaus profitieren.
Aber schweifen wir nicht zu weit ab.
In einer bestimmten Stimmung oder Umgebung muss sich die Band allerdings zumindest beim Songwriting nicht befinden: „Viel Kaffee und ein bequemes Studio sind wichtig, das genügt. Allerdings haben wir durchaus bestimme Phasen, in denen das Songwriting von Statten geht. Acle schreibt seine Ideen zu Hause mit dem Homerecorder und schickt sie uns, damit wir sie lernen können. Innerhalb ungefähr eines Monats fließen die Ideen dann nur so.“ Und die harten Seiten des Business durfte die junge Band auch schon kennenlernen: „Manchmal sind wir aber so sehr mit touren oder anderer Arbeit beschäftigt, dass wir dafür gar keine Zeit haben. Es gibt so viel harte Arbeit, die keiner sieht…“
Themen gibt es für die kunstvolle Musik natürlich auch genug: „Dan schreibt oft über sehr tiefgreifende und dunkle Themen. Seine Texte handeln immer von Dingen, die für ihn eine Rolle spielen, oder mit denen er sich in seinem Leben befassen musste. ‚Concealing Fate‘ handelt von der Reise, die wir in unserem Leben zurücklegen müssen, von Schlüsselerlebnissen und Entscheidungen, die wir als Menschen treffen müssen.“
Ein Video hat die Band auch schon gedreht, zum Song „Nascent“, dem zweiten Teil besagter überlanger Nummer. „Da geht es um einen Mörder. Wir versuchen, seine Gedanken nachzuvollziehen. Wir sprachen grade von Entscheidungen. Darum geht es in dem Song: Um die Entscheidung, solche Taten zu vollführen. In dem Video kann man das auch sehen”.
Wer mit „One“ warm geworden ist und sich bereits nach neuem Material sehnt, darf sich freuen, denn die Band hat schon mit dem Songwritng begonnen: „Wir nehmen sogar gerade schon die ersten Demos auf. Album zwei wird interessant. Wir haben auch schon ein paar Ideen für akustische Sachen. Wir haben das schonmal in den Proben ausprobiert und es klang sehr cool.
“One” besteht mit Ausnahme von zwei Songs ja hauptsächlich aus alten TESSERACT-Songs, daher kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass Album Nummer zwei viel reifer klingen wird.“
Nicht lange überlegen muss Jay auch, wenn es darum geht, mit welcher Band er gerne die Bühne teilen würde, wenn er sich eine beliebige aussuchen dürfte: „Textures! Mit denen haben wir vor kurzem in Sizilien gespielt und hatten eine richtig geile Beach-Party hinterher. Ich möchte bitte sofort nach Sizilien. Dort ist es so schön und warm – einfach toll.“
Sehnsucht dürften auch die deutschen Fans haben, doch da kann Jay noch keine Neuigkeiten vermelden. „Natürlich würden wir sehr gerne wieder kommen. Jetzt geht es aber erstmal mit PROTEST THE HERO für zwei Monate nach Nordamerika.“
Zwei der besten progressiv angehauchten Nachwuchs-Metal-Bands, denen jetzt schon nachweislich die Zukunft gehört – da würde sicher auch Europa nicht nein sagen.
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Stile | Progressive Metal |
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