Terror 2000
Terror 2000
Interview
Vielen dürften TERROR 2000 bereits ein Begriff sein, weil sich in ihren Reihen u.a. Mitglieder von SOILWORK (Björn Strid), DARKANE (Klas Ideberg) oder CONSTRUCDEAD befinden. Doch die fünf Schweden können mehr als nur Namedropping vorweisen. Ihre ersten beiden Alben "Slaughterhouse Supremacy" und "Faster Disaster" boten feinsten High-Speed-Thrash der Extraklasse. Ihr neues Werk "Terror For Sale" stößt manchen Kritikern hingegen sauer auf, weil es einen latent chaotischen Humor-Touch aufweist. Sollen besagte Personen doch zum Lachen in den Keller gehen! Im Hartwurstbereich muss nicht immer alles bierernst zugehen, und nicht ausschließlich Bands aus Erlangen dürfen ein feistes Grinsen hervorrufen. Bassist Dan Svensson sah das in einem lockeren Gespräch ganz ähnlich.
Haha, wir haben schon diverse Bier und einiges an Hartalk vernichtet. Da kannst du dir sicher sein!
„Cocaine and Crack and J-J-J-Jack“? Solche Lyrics rufen eine solche Frage automatisch hervor. Genauso der ironische Touch der Platte. Trotzdem handelt es sich um keine Drogenverherrlichung, oder?
Nein, keinesfalls. Er handelt von einem Knacki in Schweden. Hier sind die Gefängnisse wie Fünf-Sterne-Hotels. Der Junge aus dem Song steht kurz vor seiner Freilassung, aber alles, was er möchte, ist länger im Knast zu bleiben. Er erzählt von all dem Luxus, den er hinter Gittern genießt: Kabelfernsehen, kabelloses Internet, Prostituierte, guter Wein und natürlich „cocaine and crack and jack…“
Wie kam es zu diesem witzigen und ironischen Vibe, der dieses Album auszeichnet?
Das kam ganz natürlich. Wir haben uns nicht hingesetzt und entschieden, dass wir jetzt diese Richtung einschlagen müssen. Humor hat jederzeit eine große Rolle in unserer Musik gespielt. Diesmal wurde das nur klarer als sonst.
Von vielen wird die dritte Platte immer als das Make-it-or-break-it-Album angesehen. Kam dieser Wechsel vielleicht doch ein wenig dadurch? Habt ihr euch wirklich kein einziges Mal gesagt: „Komm, wir versuchen es mal auf diese Weise!“?
Wir wollten einzig und allein das bis dato beste TERROR 2000-Album einspielen. Absicht steckte keine dahinter. Das einzige, worüber wir uns von vornherein im Klaren waren, war die Tatsache, dass „Terror For Sale“ unsere schnellste Platte werden sollte. Der ganze Witz und die verschiedenen Gesangsvariationen wurden alle im Studio improvisiert.
Wollten Björn und Klas vielleicht auch einfach mal auf eine völlig spontane Art und Weise arbeiten, weil ihre beiden Hauptbands alles viel ernster nehmen müssen? Wollten sie im Studio einfach mal ausrasten können?
Nun, das trifft nicht nur auf Björn und Klas zu. Wir alle haben diesen Anspruch an TERROR 2000. Es geht darum, komplett neue Dinge auszuprobieren, uns als Musiker neu zu erfinden und eine großartige Zeit zu verbringen. TERROR 2000 haben schon immer sehr spontan gearbeitet, sowohl auf den alten Alben, als auch jetzt.
Björns Vocals klingen brutaler als in den letzten Jahren. War das auch geplant?
Wir hatten absolut keine Ahnung, welche Art von Vocals er anbringen würde, bis wir ins Studio gegangen sind und er sie aufgenommen hat. Dass uns dabei sein großes Talent einige Türen öffnete, ist ja klar. Er kann einfach alles fast alles singen, was wir in den Songs einfangen wollten. Uns ging es von Anfang an darum, viel zu improvisieren und verschiedene Dinge auszuprobieren. Was cool klang, haben wir einfach beibehalten.
„Bloody Blues Blaster“ erinnert mich ein wenig an die französische Jazz-Grind-wasauchimmer-Band CARNIVAL IN COAL. Waren sie vielleicht sogar eine Inspiration?
Ich bin, ehrlich gesagt, nicht ganz sicher, was uns zu „Bloody Blues Blaster“ inspiriert hat. Dieser Song ist im Studio gewachsen. Er war nie darauf ausgelegt, wie die anderen zu klingen, weswegen wir immer mehr verschiedene Elemente eingefügt haben. Am Anfang waren einfach nur Drums, Gitarren, Bass und Gesang wie bei allen anderen Stücken auch. Aber wir haben diverse Freunde eingeladen, ihren Teil zu diesem Track beizutragen. Henry Ranta steuerte ein paar Drumparts bei, Björns Frau spricht auf Japanisch, es gibt ein Keyboardsolo, Gastsänger und sogar Donald Duck-Stimmen. So wurde der Song langsam aber sicher immer verrückter.
Hehe, Donald Duck als Gaststar muss teuer gewesen sein, oder?
Haha, das ist ebenfalls einfach so im Studio passiert und war nicht geplant. Die Donald Duck-Voice ist sogar in mehreren Tracks enthalten. Am meisten heraus sticht sie jedoch in „Bloody Blues Blaster“. In „Fed Up Anthem“ sorge ich z.B. für ein paar Duck-Stimmen. Bei „Bloody Blues Blaster“ war es ein Freund von uns, Richard Larsson, der auch das Keyboard-Solo spielt. Er hat einfach ein bisschen Spaß gemacht und wir haben es aufgenommen, weil wir uns tot gelacht haben. Also haben wir es auch in den Song integriert.
Insgesamt habt ihr eine starke Mixtur aus Old-School-Riffing und modernem Groove angerührt. Wolltet ihr die besten Elemente beider Zeiten verbinden?
Yeah, auf eine gewisse Weise schon. Geplant war es aber ebenfalls nicht. Wir sind alle große Metal-Fans und hören alles, angefangen beim Thrash der alten Schule bis hin zu modernem Zeugs. Also war es nur natürlich, dass wir beides kombiniert haben, weil wir den Stücken so mehr unserer eigenen Identität einhauchen konnten. Ich bin der Meinung, dass einige Thrash-Bands zu viele Songs schreiben, die sich ähnlich anhören. Das wollten wir vermeiden.
Habt ihr eure Art des Songwritings und der Materialfindung geändert? Eure älteren Alben hatten „normale“ Songtitel im Vergleich zu Sachen wie „Wrath Of The Cookie Monster“ oder „Liquor Saved Me From Sports“?
Nun, es ist offensichtlich, dass diesmal alles auf einer spaßigeren Schiene läuft. Das liegt generell am humorvolleren Anspruch, den diese Platte hat. Es hat sich richtig angefühlt, die lustige Seite von TERROR 2000 an die Oberfläche zu holen. Das Songwriting ist diesmal wirklich anders abgelaufen als bei den Vorgängern. „Slaughterhouse…“ und „Faster Disaster“ wurden quasi im Proberaum von der gesamten Band geschrieben. Auf diese Weise konnten wir diesmal nicht arbeiten, da es unmöglich war, alle Bandmitglieder zusammen zu bekommen. Björn war auf Tour, Erik wohnt fünf Stunden weg von uns. Also haben wir alle Material geschrieben und es Erik über das Internet geschickt. Wir haben vor dem Studiotermin kein einziges Mal zusammen geprobt. Trotzdem hat alles wie am Schnürchen geklappt, worüber wir sehr glücklich sind.
Kann ein Titel wie „Liquor Saved Me From Sports“ autobiographisch gesehen werden? Trinkt ihr lieber als einem Ball hinterher zu rennen?
Eigentlich geht es in diesem Stück um Entscheidungen, die man im Leben treffen muss. Man muss herausfinden, wer man ist. Jetzt erwecke ich fast den Anschein, es würde sich um einen seriösen Song handeln, aber das ist er keinesfalls, haha! Einige von uns haben früher Sport gemacht, als sie jünger waren. Klas war sogar ein recht vielversprechender Fußballer. Im Song dreht es sich um stereotype Athleten und wie sie auf die Leute herabschauen, die nicht so sind wie sie. Die Message des Stückes ist also, dass wir glücklich sind, dass uns Musik und Alkohol davor gerettet haben, solche Arschlöcher zu werden.
Erzähl mir bitte noch etwas über die Lyrics von „King Kong Song“, was ein ironischer Blick auf das Musikbusiness zu sein scheint.
Ja, da hast du auf gewisse Weise recht. Der Text betrachtet das Business auf ironische Weise. Aber er ist aus der Sicht eines untalentierten Musikers geschrieben, der davon träumt, ein millionenschwerer Rockstar zu werden. Er hat keine Lust mehr auf sein Familienleben, seinen Job und seinen Chef. Er sucht verzweifelt nach einem Ausweg. Sein Plan ist, durch das Schreiben von ein paar super harten Heavy-Songs, die so schwer wie King Kong sind, steinreich und berühmt zu werden und dabei seine Bong zu rauchen.
Was ist „Mummy Metal“?
„Mummy Metal“ wird von Bands gespielt, die Angst davor haben, sich weiter zu entwickeln, und deswegen immer und immer wieder dieselbe Platte rausbringen, bis die ganze Welt nur gelangweilt von ihr ist. Ich behaupte nicht, dass alle Bands ständig ihren Stil ändern müssen. Einige haben ihren Stil schon seit Jahren und tun auch gut daran. Aber die Musikindustrie ist voll von Beispielen, die ihr Publikum einfach nur eingeschläfert haben. Sei immer deinen Wurzeln treu, aber vernachlässige nicht die Weiterentwicklung deiner Musikalität und deiner Kreativität.
Es scheint, als würden einige Magazine eure neu gewonnene ironische und humorvolle Einstellung nicht mögen. Sie nennen es dämlich. Was genau verstehen sie nicht? TERROR 2000 waren doch von Anfang an als eine Band gedacht, die eher relaxt drauf ist und nicht alles bierernst nehmen muss.
Uns war von vornherein klar, dass nicht jeder unser neues Album mögen würde. Aber ich kann nicht verstehen, wenn man das Album verschmäht, weil man es für dämlich halt. Warum zum Teufel muss immer alles todernst sein? Es muss sowohl ernsten, als auch lustigen Metal geben. Wir haben seit jeher versucht, gute Musik zu schreiben, nehmen die Songwritingphase sehr Ernst, aber wir wollen gleichermaßen, dass sich unser Album von den tausend anderen Thrash-Alben, die pro Jahr erscheinen, unterscheidet. Brutale Musik mit Ironie und lustigen Texten zu mischen, halte ich für eine interessante Sache. Es verschafft ihr ein neues und frisches Gefühl. Alle, die denken, TERROR 2000 waren auf ihren ersten beiden Alben eine ernste Band und sind erst jetzt zu den Dämlichkeiten übergelaufen, liegen sowieso daneben. Wir haben uns schon immer über uns selbst und andere lustig gemacht. Auf unserem neuen Album kommt dies nur deutlicher zur Geltung. Ich meine, ich muss immer lachen, wenn ich Textzeilen wie „I’m speed at night, I’ll steal your wife tomorrow“ höre. Und selbige kommt vom „Faster Disaster“-Album. Oder nimm „Burn Out In Blood“. Dieser Text besteht einfach nur aus aneinandegereihten Wörtern, die keinen Sinn ergeben, aber cool klingen.
Wie waren deine Erwartungen an die Reviews?
Wir hatten keine Ahnung, wie das Album aufgenommen werden würde. Aber glücklicherweise ist die Response in der Gesamtheit gesehen großartig. Leute, die deine Scheibe nicht mögen, gibt es immer. So auch diesmal.
Warum denken viele Leute, dass Lachen und Metal nicht zusammen passen?
Ich habe keine Ahnung. Ich glaube, dass viele Leute einfach wollen, dass der Metal eine todernste Sache ist, ohne Ausnahme. Aber wer kann mir begründen, warum ein Song, der davon handelt, wie ein Baby geschlachtet wird, mehr Metal ist als einer, in dem es ums Saufen und Spaß haben geht. Meiner Meinung nach muss es nur gut klingen. Wenn ein Song sich einfach scheiße anhört, ist es wurscht, wovon der Text handelt. Es gibt so viele Bands, die ernste Themen in ihrer Musik verarbeiten. Da sollte man doch eigentlich meinen, die Leute wären froh, wenn sie mal einer zum Lachen bringt, anstatt genau das zu machen, was alle anderen auch machen.
Den Titel „Terror For Sale“ kann man aber wirklich auf eine seriöse Art und Weise auslegen, wenn man ihn auf die momentane Situation der Welt bezieht. Wollt ihr ihn so verstanden wissen?
Nein, nicht wirklich. Der Titel hat nichts mit irgendwelchen politischen Situationen zu tun. Seine Bedeutung, zumindest in meinen Augen, ist, dass wir Leute glauben machen wollen, wir würden uns ausverkaufen. Wie du vorher schon erwähnt hast, wird das dritte Album gerne als Make it or break it gesehen. An diesem Punkt ändern manche Bands gerne ihre Ausrichtung in Richtung Mainstream und Kommerz. Wir wollten, dass die Leute den Titel sehen und denken: „Man, ich hoffe, sie betreiben keinen Sell-Out!“ Aber wenn sie die CD in den Player schieben, werden sie verstehen, dass wir nie etwas in diese Richtung machen würden. „Terror For Sale“ ist schneller, brutaler und verrückter als alles, was wir bisher gemacht haben.
Oder wollt ihr uns durch die spaßige Grundstimmung und die partytauglichen Songs helfen, ein wenig aus dem normalen Tagesgeschäft auszubrechen, das nur von schlechten Nachrichten dominiert wird?
Das ist ebenfalls eine gute Interpretation des Titels. Wenn du unsere neue Scheibe hörst, hast du auf jeden Fall eine gute Zeit. Du trinkst ein paar Bier mit Freunden und vergisst die ganze Scheiße auf der Welt.
Habt ihr euch schon mal Gedanken über euren Bandnamen im Bezug auf die weltweite Situation gemacht?
Nein, kaum. Natürlich kam dieses Thema nach dem 11. September auf den Tisch, aber wir hießen schon TERROR 2000, bevor diese ganze Scheiße losging. Und unser Bandname steht nicht im Zusammenhang mit dem Terrorismus auf der Welt, sondern soll so verstanden werden: TERROR 2000 terrorisieren die Ohren der Welt und alles hat im Jahre 2000 mit „Slaughterhouse Supremacy“ begonnen. Warum also sollten wir unseren Namen ändern?
Aber trotzdem werden TERROR 2000 immer die Nummer 2 bleiben. Zumindest von Björn und Klas.
Nein, von uns allen. Wir haben alle unsere Hauptbands. TERROR 2000 existieren, weil wir ein Ventil für die Dinge brauchen, die wir bei unseren Hauptbands nicht rauslassen können. Würden wir nicht noch in anderen Formationen aktiv sein, würde es TERROR 2000 gar nicht geben. Hier verbringen wir quasi unseren Urlaub, haha!
Wie stehen die Chancen, euch demnächst mal live zu sehen?
Wir denken darüber nach. Es wird immer schwer sein, da speziell Björn und Klas viel mit SOILWORK und DARKANE zu tun haben. Aber wir wollen definitiv an der Livefront aktiv sein.
Da fällt mir euer Livealbum „Slaughter In Japan“ ein. Ich war davon ziemlich enttäuscht. Vor allem vom Sound. Wie siehst du das?
Wir hatten alle keine Ahnung, dass es überhaupt Pläne für dieses Livealbum gab, bis wir nach Japan kamen. Und ja, der Sound ist beschissen. Es ist eine Schande!
Warum wurde überhaupt in Japan aufgenommen? Fast jede Band nimmt dort auf.
Nun, wir hatten keine andere Wahl. Wir haben noch nie woanders außer in Japan gespielt, haha!
Habt ihr eine so große Fanbase dort?
Yeah, wir haben unglaubliche Fans ins Japan. Die Reponse war überwältigend! Sie sind so voller Hingabe. Es hat verdammt viel Spaß gemacht, in Tokio für sie zu spielen. Ich kann es kaum erwarten, dort wieder hin zu kommen.
Auf eurer Liveplatte befindet das Elvis-Cover „(You’re The) Devil In Disguise“. Gibt es eine Studioversion davon? Sie hätte super auf die aktuelle Scheibe gepasst.
Nein, es gibt leider keine Studioversion davon. Aber du hast recht, das hätte gepasst wie die Faust aufs Auge. Eine verdammt gute Idee! Vielleicht kommt sie ja auf die nächste Platte!
Dann kriege ich als Ideenlieferant aber bitte Credits und ein Freiexemplar! 🙂