Tengger Cavalry
Interview mit Nature zum Re-Record des 2010er-Demos "Blood Sacrifice Shaman"

Interview

Tengger Cavalry

Was wisst ihr über die chinesische Metal-Szene, asiatische Instrumente und die Mongolei? Nicht viel? Dann ist Nature, der Frontmann von TENGGER CAVALRY gerne bereit, eure Wissenslücken zu stopfen. Wir sprachen mit ihm darüber, wie schwer es für chinesische Metal-Bands, dank ihrer Regierung, sein kann, über ausgefallene Instrumente, seine Leidenschaft für instrumentale Musik und natürlich über die neu eingespielte Version des 2010er-Demos „Blood Sacrifice Shaman“

Hallo, TENGGER CAVALRY. Mit „Blood Sacrifice Shaman“ (Re-Recorded) werdet ihr eine überarbeitete und neu eingespielte Version eures 2010er-Demos „Blood Sacrifice Shaman“ veröffentlichen. Soweit ich weiß, wurde „Blood Sacrifice Shaman“ von Nature alleine entworfen. Was hat euch dazu bewogen, das Album als komplette Band neu einzuspielen?

Nature: Ich danke dir vielmals, für dein Interesse an TENGGER CAVALRY und an diesem speziellen Album! Eigentlich ist es ziemlich lustig, denn nach fünf Jahren ist es wie ein Kreislauf, im Zuge dessen ich an den Punkt zurückkehre, an dem ich angefangen habe. Das bedeutet, dass ich diese überarbeitete Version des Demos wieder komplett alleine eingespielt habe. Ich habe alle Gitarren, die seltenen Vocals, den Kehlkopfgesang und sogar die mongolischen Pferdekopfgeigen selbst eingespielt. Ich denke, meine Fans und mein Label haben lange darauf gewartet, dass ich dieses Album herausbringe, da das Original nur im chinesischen Underground veröffentlicht wurde. Die Leute aus Amerika und Europa wussten natürlich nicht, wie sie an dieses Underground-Demo herankommen sollten und so haben sie großes Interesse daran gezeigt und an mich appelliert, es auch in den USA und in Europa zu veröffentlichen. Mein Problem war jedoch, dass ich mich mit der dünnen Produktion und der schlechten Aufnahmequalität im Nachhinein nicht mehr anfreunden konnte. Im Gegensatz dazu, gefiel mir der raue und ursprünglich-schamanische Sound und das rituelle Ambiente sehr gut, so dass ich mich entschieden habe, das Demo in einer besseren Klangqualität, mit besserer Produktion erneut zu veröffentlichen.

Im Gegensatz zu „Blood Sacrifice Shaman“ ist mir aufgefallen, dass du, bis auf wenige Ausnahmen, komplett auf den Gesang verzichtet hast. Was ist der Grund dafür?

Nature: Mir persönlich gefällt instrumentale Musik einfach besser. Ich schreibe neben meiner Tätigkeit als Metal-Musiker auch Film- und Videospielsoundtracks – was meinen Geschmack weiter in diese Richtung getrieben hat. Ich mag die Grundidee von instrumentaler Musik, denn ohne Lyrics, Gesang und Sprache benutzt du nur deine Instrumente und deine Seele, um den Hörern deine Emotionen und deine Gedanken näher zu bringen. Ich denke, manchmal befinden sich unsere Emotionen und unsere innere, spirituelle Welt weit hinter der eigenen Vorstellungskraft und ohne die Ablenkung durch Gesang und Sprache, kann man die Freiheit, welche pure, instrumentale Musik mit sich bringt, besser genießen.

Deine Musik wartet mit Instrumenten auf, die im westlichen Kulturkreis eher selten sind und für uns mitunter faszinierend und außergewöhnlich klingen. Genannt sei hier die Morin Khuur, die du in deinen Songs häufig verwendest. Was kannst du uns über dieses schöne Instrument erzählen?

Nature: Die Morin Khuur, auch bekannt als Pferdekopfgeige, ist das Symbol mongolischer Musik. Sie wird aus Holz gefertigt und trägt eine Skulptur in Form eines Pferdekopfes an der Spitze. Es ist ein faszinierendes Instrument, welches wahrlich die Seele berührt. Wenn du den Sound dieses Instrumentes hörst, klingt es nicht nur wie ein wunderschönes Saiteninstrument, es klingt wie eine Kreatur – manchmal sogar wie die Stimme eines weinenden Menschen, oder das Wiehern eines Pferdes. Es ist ein spirituelles Instrument, mit welchem man seinem inneren Frieden näher kommen kann.

Über die chinesische Metal-Szene erfährt man in Deutschland vergleichsweise wenig. Was kannst du uns über den Metal in China erzählen? Wie bist du zum Metal gekommen, und was hat dich dazu bewogen, traditionellen Metal mit folkloristischen Elementen deiner Heimat zu kombinieren?

Nature: Die Metal-Szene in China ist nicht schlecht, auch wenn unsere besch… Regierung viele Gesetze verabschiedet hat, die nicht im Einklang mit einem freiheitlichen Leben stehen und besonders für die Musik nicht förderlich sind. Dennoch haben wir es geschafft, METALLICA, ARCH ENEMY, ELUVEITIE, EXODUS, CHILDREN OF BODOM und andere, großartige Metal-Acts zu uns zu holen. In Peking, der Hauptstadt Chinas, haben wir einige Lokale und Bars, in welchen die hiesigen Metal-Bands kontinuierlich auftreten. Ich denke, die Grundidee, Metal mit Folk-Elementen meiner Heimat zu kombinieren, kam mir, da ich etwas anderes machen wollte, als viele andere Bands es schon machen. Ich wollte einen Sound kreieren, welcher mir aus dem Herzen spricht.

Ihr bezeichnet eure Musik als „Mongolian Folk Metal“. Inwiefern sind TENGGER CAVALRY mit der Mongolei verbunden?

Nature. Haha, hier kommt die Geschichtsstunde: Das nördliche China ist sehr innig mit den mongolischen Graslandschaften und den Nomadenstämmen verbunden. In den letzten Jahrhunderten, kamen Nomaden in die nördlichen Teile Chinas, eroberten Teile, ließen sich nieder und vermischten sich millionenfach mit den dort ansässigen Menschen. Der bekannteste Eroberer war Genghis Khan. Sein Enkel Kublai Khan wurde der Kaiser von ganz China. Er hat die Kultur des Landes maßgeblich beeinflusst. Die Provinz, aus der ich stamme, war eine große mongolische Siedlung. Ich habe also mongolisches Blut. Der wichtigste Punkt für mich ist aber, dass meine Definition von Kultur und meine religiösen Ansichten komplett auf dem mongolischen Kulturkreis beruhen. Ich folge einfach den mongolischen Traditionen und glaube an die nomadischen Grundsätze der mongolischen Kultur.

Auf eurer Website habe ich gelesen, dass du über viele Jahre von mongolischen Musikern unterrichtet wurdest. Wie war diese Zeit für dich? Wie hat dich das in deiner Laufbahn als Musiker beeinflusst?

Nature: Ich lerne immer noch von meinen Morin-Khuur-Lehrern. Das Lernen ist ein endloser Prozess und es gibt immer Dinge, die ich noch nicht weiß und die ich gerne wissen möchte. Ich habe gelernt, die Morin Khuur zu spielen und habe den Kehlkopfgesang von meinen Lehrern beigebracht bekommen. Diese Erfahrung war essentiell für TENGGER CAVALRY, denn es hilft mir den mongolischen Folk-Sound zu kreieren.

Jetzt, wo „Blood Sacrifice Shaman (Re-Recorded)“ in den Startlöchern steht: Was planst du für die Zukunft? Hast du schon konkrete Vorstellungen, oder lässt du ganz spontan alles auf dich zukommen?

Nature: Dazu kann ich momentan noch nichts Genaueres sagen. Ich bin immer noch in New York und komponiere Filmmusik, also denke ich, dass ich dies in naher Zukunft erst einmal fortführen werde. Dennoch werde ich versuchen, mit TENGGER CAVALRY vermehrt aufzutreten.

Danke für das Interview, Nature. Würdest du unseren Lesern zum Abschluss noch verraten, welche Bands und Musiker dich beeinflusst haben? Zum wem siehst du auf?

Nature: Diese ganzen großartigen Folk-Metal-Bands! ELUVEITIE sind die verdammt nochmal besten, keltischen Folk-Krieger. EQUILIBRIUM sind auch super. Ich liebe diese ganzen Folk-Bands, die ihren eigenen „Folk-Sound“ kreieren können und ihn auf ihren Alben so famos umsetzen.

11.05.2015
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