Temperance
"Wenn ein Album etwas mit dir macht, ist das ein gutes Zeichen."
Interview
„Hermitage – Daruma’s Eyes Pt. 2“ (im folgenden Text teilweise als „Hermitage“ abgekürzt) ist nicht nur das beste, sondern sicherlich auch das aufwändigste Werk von TEMPERANCE bis dato. Daher mussten wir natürlich Bandkopf Marco Pastorino ein paar Fragen ins schöne Italien schicken, welche er uns gerne beantwortet hat. Alle Hintergründe zur Konzeptstory und den beteiligten Musikern und Musikerinnen erfahrt ihr frisch aus seiner Feder.
Hi Marco und danke, dass du dir die Zeit nimmst. „Hermitage“ ist euer erstes Konzeptalbum, wenn ich richtig liege? Was hat dich dazu inspiriert, die Story fortzuführen, die auf dem letzten Song von „Of Jupiter And Moons“, „Daruma’s Eyes (Part 1)“, begann?
Genau, es ist unser erstes Konzeptalbum. Als ich den ersten Teil schrieb, hatte ich die ganze Story im Kopf, aber es war einfach unmöglich, das alles in einem Song zu verarbeiten. Das ist der Grund, warum wir uns dafür entschieden haben, die Story zu öffnen und eine Art Ouvertüre für ein mögliches zweites Kapitel mit einem vollen Album und echten Konzept zu schreiben.
Kannst du die Geschichte des Albums und vielleicht auch des Prologs zusammenfassen?
„Hermitage“ ist eine Geschichte über Hoffnung, Liebe, Träume, Magie und große Kämpfe. Der Hauptcharakter heißt Viktor, er ist ein Typ aus New York, der nicht komplett zufrieden mit seinem Leben ist. Darum entscheidet er sich, nach Tokyo zu reisen, um sich dort selbst zu finden. In der Gegend von Asakusa findet er eine kleine Puppe, die berühmte Daruma und nur durch das Berühren der Puppe reist er in eine andere Welt, ein Dorf namens Hermitage.
Es war nicht genug Platz dafür, all diese Details im ersten Teil unterzubringen, sodass es eine Art Erklärung der Geschichte der Daruma-Puppe ist, bei welcher man ein Auge malen muss und dann einen Wunsch macht.
Ich war etwas verwirrt, dass das Album „Part 2“ im Titel hat. Warum habt ihr es nicht einfach „Hermitage“ genannt?
Weil uns über die Jahre hinweg viele Hardcore-Fans nach dem zweiten Teil der Geschichte gefragt haben und wir ihn endlich geschrieben haben. Es ist recht ähnlich zu der Vorgehensweise wie DREAM THEATER „Scenes From A Memory, Metropolis Pt. 2“ gemacht haben. Wir mussten es „Hermitage“ nennen, um eine echte Erklärung dieses magischen Landes zu liefern, aber zur gleichen Zeit findest du einen Haufen Verbindungen zwischen dem ersten und dem zweiten Teil.
Das Album hat ein starkes Metal-Oper-Feeling im Gegensatz zu euren vorigen Werken, die ich eher im klassischen Modern Metal verorte. Wie hat sich der Ansatz, die Musik dafür zu schreiben verändert?
Es war ein total anderer Weg zu arbeiten. Als wir uns entschieden, ein echtes Konzeptalbum mit verschiedenen Charakteren zu schreiben, haben wir Melodien geschrieben, die man in verschiedenen Songs auf einer Art Reise wiederfindet. Ich denke, das ist der Hauptunterschied zwischen diesem Album und einem Haufen Konzeptalben der vergangenen Jahre.
Es gibt kein Album wie „The Metal Opera“ von AVANTASIA oder „Operation Mindcrime“ (QUEENSRYCHE), „Streets“ (SAVATAGE) und so weiter mehr. Ich würde mich sehr freuen, ein Album dieser Machart zu kaufen und in der Lage zu sein, der Story zu folgen. Aber zur gleichen Zeit ist es ein Haufen Arbeit und du musst dich da voll reinhängen. Es war das schwerste Album, das wir geschrieben haben, aber zumindest aus unserer Sicht ist es auch das beste und gereifteste Album.
Mit drei Sänger:innen habt ihr eine große Bandbreite an Emotionen, die ihr rüberbringen könnt. Spielt ihr alle bestimmte Rollen auf diesem Album oder wie seid ihr aufgeteilt?
Genau, es gibt sechs Charaktere auf dem Album. Kristin, Michele und ich sind verschiedene Charaktere auf dem ganzen Album und zudem haben wir drei der großartigsten Sänger:innen unserer Zeit dabei: Fabienne Erni von ELUVEITIE / ILLUMISHADE, Laura Fella von FAUN und Alessandro Conti von TWILIGHT FORCE / TRICK OR TREAT.
Wie ich vorher schon sagte war es der größte Unterschied zwischen diesem Album und allen Konzeptalben der letzten Jahre – es ist nicht nur ein Album mit einem Haufen Gäste und das war’s, es ist eine Reise durch dieses Land, das man Hermitage nennt und jede:r Sänger:in singt mindestens zwei Lieder mit seinem / ihren Charakter.
Ihr arbeitet auch mit dem legendären Arjen Lucassen zusammen. Haben euch seine AYREON-Alben beeinflusst und wie kam es zur Zusammenarbeit?
Leider habe ich mich nie mit Arjen getroffen aber wir waren seit ein paar Jahren in Kontakt, weil ich ein AYREON-Vocal-Cover aufgenommen habe und dann haben wir in der Vergangenheit mit dem gleichen Grafiker gearbeitet. Ich war sehr inspiriert von seiner Arbeit, als ich „Hermitage“ kreierte. Ich denke immer noch, dass „Transitus“, das letzte AYREON-Album, ein Meisterwerk ist. Es ist total anders als der Rest seiner Diskografie, mehr Theater als Metal, aber in jedem Falle ein Juwel. Es war recht selbstverständlich, es zu versuchen ihn zu kontaktieren und ihn zu fragen, ob er Teil unseres ersten Konzeptalbums sein möchte.
Würdest du gerne bei einem Projekt von ihm mitmachen und wärest du lieber bei AYREON oder STAR ONE dabei?
Das ist schwer zu sagen, weil AYREON und STAR ONE so unterschiedlich sind. Ich präferiere AYREON wegen Alben wie „The Human Equation“ und „Transitus“, die haben etwas in mir verändert und jedes Mal, wenn ein Album etwas mit dir macht, ist das ein gutes Zeichen.
Welche fiktionalen Arbeiten jeglicher Art haben die Story von „Hermitage“ beeinflusst?
Um ehrlich zu sein denke ich, dass alles, was im Leben so passiert eine Art Inspiration ist: ein Treffen mit jemandem, ein Buch, ein Zeitungsartikel oder ein Film. Ich hatte diese Story seit 2017 in meinem Kopf, aber ich habe so richtig mit dem Schreiben 2020 angefangen und habe sie zwischen 2021 und 2022 beendet. Ich habe musikalische Ideen über Monate hinweg gesammelt und sie an die Geschichte angepasst. Ich muss sagen, es war eine großartige Reise und Erfahrung.
Wird es Teil 3 geben oder ist die Story zu Ende?
Man weiß nie, was morgen sein wird, aber da das Ende des zweiten Kapitels immer noch offen ist, werden wir sehen. Es wird mit Sicherheit von der Inspiration abhängen und davon, was die nächsten Schritte der Band in Zukunft sein werden.
Danke für deine Zeit und die letzten Worte gehören dir!
Danke für die große Unterstützung seit den ersten Jahren von TEMPERANCE. Wir sehen uns im Februar auf Tour in Deutschland!