Taunusheim
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Interview

Die deutsche Band TAUNUSHEIM bringt in den nächsten Tagen ihr Debütalbum "Nebelkämpfe" auf den Markt. Dieses Ereignis ist für die Szene von einigem Interesse, denn die Gruppe spaltet die Zuhörerschaft in loyale Fans und grimmige Gegner. Nachdem das jüngste Werk der heimatverbundenen Heiden in diesem Magazin mit einer recht hohen Punktzahl bedacht wurde, scheint die Zeit für eine Auseinandersetzung mit den Machern solch kontroverser Musik gekommen zu sein. Stellvertretend stand mir die Sängerin Ilona Rede und Antwort, die auch für die Keyboard- und Flötenelemente auf "Nebelkämpfe" verantwortlich zeichnet. Allerdings habe ich die Frage über die besonderen Sehenswürdigkeiten des Taunus an den diesbezüglichen Fachmann Patrick gerichtet, dessen Label Schwarzdorn Production übrigens der Entstehung von "Nebelkämpfe" zugrunde liegt.

TaunusheimTAUNUSHEIM sehen sich seit ihrem Entstehen kontinuierlichen Anfeindungen ausgesetzt. Warum polarisiert diese Band so stark?

Gute Frage… auf die ich leider auch keine eindeutige Antwort habe. Als ich zu TAUNUSHEIM stieß – damals war das Demo „Ilmarsj“ bereits veröffentlicht – wurde ich schon nach kurzer Zeit von einigen Leuten ziemlich blöd von der Seite angemacht, obwohl ich keine Ahnung hatte, was man eigentlich von mir wollte. Ich denke, der Grund für solche Feindseligkeiten kommt unter Anderem daher, daß die Bissigkeit innerhalb der sogenannten „Szene“ in den letzten Jahren sehr stark zugenommen hat. Zum einen ist da die ewige Diskussion um die liebe Trueness ( frei nach dem Motto: Meiner ist länger als Deiner ), zum Anderen haben die Leute heute ein anderes Bild von extremem Metal, als es vor zehn Jahren noch der Fall war. Hört man sich die alten Scheiben von DARKTHRONE, IMMORTAL oder BURZUM an – nur, um hier drei der ganz großen Bands zu nennen -, stellt man heute als passionierter DIMMU BORGIR- oder CRADLE-Fan fest, daß der Sound auf einem Black Metal Album damals durchweg einfach scheiße war. Viele Hörer, insbesondere die der neueren Generation, können mit diesem rohen Sound nichts mehr anfangen ( siehe die Reaktion der Black Metal Kiddies, die beim Wacken lieber rüber zu J.B.O. gingen, als Nocturno Culto von DARKTHRONE die Bühne enterte), selbst in Reviews ist die Struktur und Aussage eines Albums heute zweitrangig, wenn der Sound zu ungeschliffen ist. Ein anderer Grund für die Anfeindungen gegen TAUNUSHEIM könnte auch sein, daß die Band mit ihren frühen Veröffentlichungen nicht den gängigen Anforderungen entsprach. Doch das ist der springende Punkt: Jeder, der selbst in einer Band spielt, sollte ausnahmslos hinter seinem Tun stehen, egal, was der Rest der Welt dazu sagt. Wer im Anfangsstadium seines musikalischen Schaffens nie das Verlangen hatte, endlich sein erstes, eigenes Demo zu veröffentlichen, der sollte seine Gitarre oder was auch immer an den Nagel hängen, weil er offensichtlich nicht die Leidenschaft für eine Band besitzt.

Wer sich in seinen Texten offen zum Pathos bekennt, dem wird leicht der Vorwurf der Kitschigkeit gemacht. Wie seht ihr als Band dieses Spannungsverhältnis?

Kitsch ist eine sehr breit gefächerte Bezeichnung. Für einige Leute ist “ Conan der Barbar“ Kitsch, für andere Leute ist es der beste Film der Welt. Wenn einige Leute unsere Musik als Kitsch betrachten, dann ist das ihr Problem. Übersetzt man die meisten Black Metal Texte ins Deutsche, sind die nicht mehr oder weniger „kitschig“ als die unseren, daher ist mir das ganze ziemlich egal, und ich denke, dem Rest der Band geht es da genauso.

Warum interessieren sich eurer Meinung nach immer weniger Menschen für die Natur?

Ich denke das liegt daran, daß die Natur schon längst nicht mehr den Stellenwert im Leben der Menschen hat, den sie früher hatte. Der Bezug der Menschen zur Natur geht mehr und mehr verloren. Der Mensch denkt, er könne die Natur lenken, wie es ihm beliebt ( z. B durch Dämme oder die Erschaffung einer ganzen Insel in Palmenform…), außerdem wird sein Naturbewußtsein durch andere Dinge wie Medien oder Computer verdrängt. Viele Kiddies sitzen in ihrer Freizeit lieber vor der Play Station, als im Wald spazieren zu gehen. Natur ist einfach nicht „cool“ genug für sie. Ein weiterer Punkt, den ich in meinem Beruf als Gärtner ganz extrem spüre, ist, daß der Wandel der Jahreszeiten für viele jüngere Leute gar nicht mehr präsent ist. Sie kommen im Februar und wollen Pflanzen haben, die erst im Mai draußen im Freien überleben können, einfach nur, weil die Supermärkte diese Pflanzen schon anbieten. So verarschen sich die Leute selbst…

Patrick, was gefällt euch an eurer Heimat im Taunus am meisten? Welcher Fleck Natur ist dort besonders sehenswert?

Oje das ist eine schwierige Frage, da uns im Grunde sehr viel am Taunus gefällt. Das ist grob gesagt die Natur, die Geschichte, der Sagenschatz, die Burgen, die alten Opferstätten unserer Vorfahren und ihre Götter. Und um so länger ich über diese Frage nachdenke, um so mehr würde mir wahrscheinlich einfallen. Der Taunus hat viel Geschichte geschrieben. Man denke nur an die Schlacht gegen Frankfurt im Jahre 1389. Auch die zahlreichen Burgen & Ruinen stehen für viel Geschichte. Auch nicht zu vergessen sind die alten Keltischen Siedlungen auf dem Altkönig, an den Goldgruben. Noch heute findet man auf dem Altkönig die Ringwälle. Die Römer waren ebenfalls im Taunus unterwegs und viele Infos findet man hier in der Saalburg. Ist auf jeden Fall zu empfehlen, wenn man sich dafür interessiert. Wer eher auf Ruhe oder Rituelle Dinge steht, sollte mal zum Bleibeskopf wandern. Dort war zu Kelten Zeiten eine Opferstätte und wer sich die Gegend an der Steinkulisse anschaut, der spürt sofort diese Kraft, die dieser Platz ausstrahlt. Ich könnte noch so einiges zum Taunus sagen, aber für einen groben Einblick sollte dies vorerst genügen. Wer mehr wissen will, kann ja fragen.

Die Band würde sich sicherlich als sehr heimatverbunden bezeichnen. Gleichzeitig sing ihr heidnische Texte und wettert gegen das Christentum. Ist eine solche Haltung heute nicht überholt? Was sind die Vorteile und Nachteile einer anachronistischen Lebensphilosophie, und wie grenzt ihr euch ideologisch von nationalsozialistischem Gedankengut ab?

Gerade weil wir heimatverbunden sind, ist es wichtig für uns, die vorchristliche Kultur unserer Vorväter zu erhalten. Glaube ist zeitlos, er überdauert alles. Es gibt keine „veralteten“ Glaubensrichtungen, denn solange es nur einen einzigen Menschen auf der Welt gibt, der an etwas Bestimmtes glaubt, wird es nie aussterben. Die Abgrenzung vom Faschismus ist für uns eine wichtige Sache, weil die Nazis mit ihren „Ideologien“ dem altgermanischen / altnordischen Glauben großes Unheil zugefügt haben. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde ein Mantel des Schweigens über die germanische Kultur gelegt, der bis heute existent ist. Nicht einmal unsere Politiker, Menschen, die uns REGIEREN sollen, haben von dieser Materie eine Ahnung, sie behaupten gar, unsere westliche Kultur sei ganz auf das Christentum aufgebaut. Daß Jerusalem oder Bethlehem westliche Städte und Israel ein westliches Land sein sollen, ist mir allerdings neu, und liegt der wahre Ursprung des Christentums nicht dort?? Was die Vor – und Nachteile unserer Weltanschauung sind? Nun, eine Weltanschauung entsteht über eine lange Zeit, im Laufe der Jahre. Sie kommt von alleine, man denkt nicht darüber nach, was der Vorteil dieser oder jener Einstellung sein könnte, man macht sich von den Dingen ein Bild, einfach so. Allerdings gibt es dabei Nachteile, das stimmt. Die Menschen begegnen Allem, was sie nicht kennen, entweder mit Angst oder mit Ablehnung. Da viele Leute sich nie mit dem Heidentum auseinandergesetzt haben, entstehen schnell Vorurteile, wie zum Beispiel auch jenes, der heidnische Glaube sei veraltet oder alle Heiden seien Faschos. Ein gutes Buch würde solchen Schwätzern vielleicht Abhilfe schaffen.

Was möchte TAUNUSHEIM in musikalischer und ideologischer Hinsicht erreichen und ausdrücken? Welche Gefühle wollt ihr transportieren, welche Ideen bei euren Hörern anregen? Oder geht es euch nur um die Musik? In diesem Fall wären die Texte eher schmückendes Beiwerk.

Es gibt bei TAUNUSHEIM zwei Arten von Songs: Zum einen gibt es Lieder wie “ Getrunken das Bier“, die kleine Stories erzählen oder einfach Spaß machen sollen. Zum Anderen hast Du aber auch Lieder wie „Nebelkämpfe“, also Lieder, die den Hörer zum Nachdenken bringen sollen und ihm so vielleicht die Augen für eine andere Sichtweise öffnen. Fast jeder hat über die Christianisierung Europas gelesen oder gehört, aber wie sah das Ganze aus Sicht der Leute aus, die vielleicht gar nicht so scharf auf diesen Glaubenswechsel waren? Solche Gedanken sind es, die wir vermitteln wollen. Die Musik spielt dabei die ergänzende Rolle, wie ein Soundtrack, der die einzelnen Texte musikalisch unterstreicht und Stimmungen dadurch noch intensiviert.

Was macht, musikalisch gesehen, das typische Merkmal von TANUSHEIM aus? Warum braucht die Welt eine weitere Viking- bzw. Pagan-Metal-Combo, um es einmal ketzerisch zu formulieren?

Keine Ahnung, ob die Welt noch eine weitere Band wie uns braucht, ist uns auch ziemlich egal. Solange wir Bock haben, Musik zu machen, solange es Leute gibt, die wir mit unserer Musik erreichen und die uns unterstützen, solange werden wir die Metal – Welt spalten, harhar! Das typischste Merkmal an TAUNUSHEIM ist mit Sicherheit der Gesang, der eine Mischung aus Black Metal Gekeife und cleanen Vocals beinhaltet. Diese Mischung ist zwar nicht neu, aber Eriks Stimme hat eine ganz eigene Note, die einen sehr hohen Wiedererkennungswert besitzt.

Hat der Black-Metal überhaupt eine Zukunft? Wie beurteilst du die Lage im deutschen Raum, wie international? Welche Stile und Bands könnte man als Hoffnungsträger bezeichnen?

Schwer zu sagen… Ich denke, die goldenen Tage des Black Metal sind mehr oder weniger vorbei. Hättest Du mir diese Frage vor ein paar Jahren gestellt, hätte ich gesagt, daß Bands wie IMMORTAL oder EMPEROR wahrscheinlich überleben, während der Rest im Sumpf des Unbedeutenden versinkt. Aber in der Zwischenzeit haben sich viele der Urgesteine aufgelöst, einige sind im Knast, und viele der neuen Bands versuchen verzweifelt, den alten Helden nachzueifern, ohne dabei wirklich jemals einen eigenen Stil zu entwickeln. Obwohl nicht mehr gaanz so die Newcomer, setze ich meine Hoffnungen auf Bands wie NAGLFAR, CATAMENIA oder EQUILIBRIUM, weil sie alle etwas eigenes haben, und live grandios sind. In Zeiten von SLIPKNOT und MARYLIN MANSON ist es allerdings schwer zu sagen, welche Stilrichtungen sich zukünftig durchsetzen werden.

Mit welchem Gott der nordischen Mythologie lassen sich die jeweiligen Bandmitglieder charakterlich am ehesten vergleichen? Übrigens: Warum verwendet ihr keine Edda-Pseudonyme wie andere Bands eurer Stilrichtung?

Wir tragen keine Pseudonyme aus der Edda, weil wir schlicht und einfach zuviel Respekt vor dieser Schrift und denen, die darin beschrieben werden, haben. Nur, um mir den Spaß zu machen, Vergleiche zwischen uns und irgendwelchen Göttern zu ziehen: Ich denke – auch wenn dieser Vergleich etwas hinkt – daß Patrick vielleicht einen guten Odin geben würde. Er hat die Übersicht über die ganze Welt von TAUNUSHEIM ( Produktion, Werbung, Verkauf, usw…) und scheut sich nicht, auch selbst zum Speer zu greifen und in die Schlacht zu ziehen, wenn jemand etwas sagt, das ihn gegen den Strich geht. Er ist echt ein krasser Diskussionspartner. Erik mit irgendeinem bestimmten Gott zu vergleichen ist schwer. Er ist mehr so wie der Brunnen der Erkenntnis, der Massen an Wissen über den alten Weg in sich trägt. Ich glaube, es ist tatsächlich nicht leicht, eine passende Gottheit als Vergleich für ihn zu finden, deswegen lasse ich das halt mal so stehen. Ich meinerseits würde mich am ehesten mit Donar (Thor) vergleichen: Nicht besonders klug, aber loyal und freundlich… und sich für nichts zu schade.

Gibt es eine Episode aus der Edda, die euch als Band besonders betrifft und berührt?

Mich persönlich berührt von den Liedern der Edda das Loddfafnir Lied sehr stark, weil es voller Weisheiten ist, die man tatsächlich im Leben gut gebrauchen kann. Des Weiteren faszinierte mich neben der Edda auch die Kalevala, das Nationalepos der Finnen. Was Erik und Patrick anbetrifft, könnte ich mir vorstellen, daß Erik ungefähr 100.000 Lieblingsstellen in der Edda hat, da er das Buch gut kennt.

Wird es in Zukunft einen festen Drummer bei TAUNUSHEIM geben? Seid ihr mit eurem Session-Drummer Martin zufrieden?

Wir sind sehr zufrieden mit Martins Arbeit und waren froh, als er sich dazu bereit erklärte, den Job für das Album zu übernehmen, allerdings haben wir immer noch keinen festen Drummer in der Band. Wir drei sind sehr krasse Individuen, und wer auch immer als Drummer in Frage kommt, muß 100%ig in die Band und somit auch zu uns passen. Jemanden zu finden, der diesen Anforderungen entspricht, ist nicht leicht.

Nun noch eine Frage mit aktuellem Bezug: Wie interpretierst du als Heidin die Papstwahl? Hättest du einen liberaleren Papst begrüßt, oder freust du dich über die Wahl des Hardliners Ratzinger? Vielleicht lässt dich das Treiben der katholischen Kirche ja auch völlig kalt?

Ich beschäftige mich schon seit über zehn Jahren mit der Entwicklung der Kirche und habe die Papstwahl mit Interesse verfolgt. Kardinal Ratzinger hatte das Amt des Inquisitors, er war bekannt für seine absolut konservative Einstellung zu Themen wie Frauen im Priesteramt, Abtreibung und Homosexualität. Auch wenn sich Deutschland momentan in einem regelrechten Papst – Fieber befindet, denke ich nicht, daß sich im Kopf dieses Menschen diesbezüglich jemals etwas ändern wird, auch wenn er jetzt eine etwas schwerere Kopfbedeckung trägt…(Gold wiegt halt…). Die Kirche präsentiert sich als weltoffen und jugendnah. Jeder, der die Bibel gelesen hat, weiß jedoch, daß die Kirche einen ganz bestimmten Kurs fährt. Sicher, sonntags in der Kirche werden die Gläubigen nicht belogen… aber dort werden nur die Sprüchlein aufgesagt, die sie hören wollen. Selbst im zweiten, neuen, ach so vergebungsvollen Testament spricht Gott, daß er selbst den Christen den Morgenstern geben wird, um die Heiden der Erde zu zerschlagen. Die „Frohe Botschaft“ gilt offensichtlich nur für die Lämmer, die treudoof hinter ihrem Gottesführer her rennen. Als Johannes Paul II. starb, standen Massen vor seinem Fenster, voller Verzweiflung, und schrien ihr Vater sei tot… wie bemitleidenswert müssen Menschen sein, wenn sie nicht mehr fähig sind, für sich selbst zu denken, wenn sie einen Greis brauchen, der ihnen sagt, wie sie zu leben haben. Meine Sorge nach der Ernennung des neuen Papstes Benedikt XVI. liegt darin, daß plötzlich ein neuer „Christianisierungs – Trend“ durch Deutschland gehen könnte, der auch vor der Politik nicht halt macht und die CDU / CSU radikalisieren könnte. Aber wenn CORPSE auch in Hessen Auftrittsverbot bekommen, dann geh ich echt auf die Barrikaden !!!

Ich bedanke mich herzlich für das Interview und wünsche der Band alles Gute für die Zukunft! Die letzten Worte gehören dir!

Ich danke zu allererst allen TAUNUSHEIM – Fans da draußen, die sich in der Vergangenheit nicht von dem ganzen Gerede über uns haben verunsichern lassen. Wir wissen diese Unterstützung sehr zu schätzen, vielen Dank! Außerdem danken wir auch Dir und dem Dark Site für diese Möglichkeit, Stellung zu dem ganzen Geschwätz um TAUNUSHEIM nehmen zu können. Jede Band entwickelt sich weiter, TAUNUSHEIM sind da keine Ausnahme, und man sollte einfach so fair sein, dies zuzugeben. Ich weiß, es macht ja ach so viel Spaß, Leute zu kritisieren…aber in dem Moment, wo das Ganze auf Schülerzeitungs -Niveau sinkt, sollte man halt einfach den Rand halten, sonst macht man sich nur selbst zum Brot…

05.05.2005

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