Symbiontic
Symbiontic
Interview
"Endlich mal wieder ein deutsche Undegroundband mit gehörig viel Potential!" habe ich gedacht, als ich Symbiontic’s Album "BioConstruct" zum ersten Mal gehört habe. Technisch ausgereifter, emotionaler, reifer Death Metal, der einfach Spaß macht und es verdient hat, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden, da hier auch viele auf den ersten Blick nicht ersichtliche Überlegungen hinter der Musik stehen. Also wurde die Chance beim Schopfe gepackt und kurzerhand bei Gitarrist Marcel nachgefragt, was es mit dem "symbiotischen Bio-Konstrukt" und vielen anderen Dinge auf sich hat. Zudem konnte noch ein von mir im Review zur Platte geäußerter Vorwurf ausgeräumt werden. Wenn das mal kein zufriedenstellendes Ergebnis ist…
Wie kam es zu Symbiontic und was ist bisher so in eurer Bandlaufbahn passiert?
Im Spätsommer 2000 haben Torsten und ich uns über eine Kontaktanzeige zusammengetan. Wir haben damals schon gemerkt, dass sich unsere musikalischen Visionen absolut deckten: also Death-Metal ohne Kompromisse zu spielen und 100% Engagement für diese Sache. Dann sind Torstens ehemalige Mitstreiter Volker (Sänger) und Volker (Bassist) zu uns gestossen, und nach über einem Jahr zäher Suche dann auch Hartmut, der die Felle drischt. Wir haben jetzt ab April 2001 rund 14 Gigs gespielt, unser inoffizielles Promo 2001 rausgebracht, von dem wir zahlreiche Kopien rausgehauen haben, obwohl es ursprünglich nur für Veranstalter gedacht war, dann jetzt als erstes Demo BioConstruct veröffentlicht und dazu rund 25 Reviews und einige Gig-Reviews, sowie diverse Interviews (so auch dieses hier) zusammengebracht. Damit wollen wir dann demnächst an die Labels gehen – mal sehen, ob’s was wird…
Was genau bedeutet der Bandname?
Der Bandname bedeutet „symbiotisch“ und bezeichnet die Lebensweise von Organismen, die in einer Beziehung und Abhängigkeit zu- und voneinander existieren, in der die Organismen sich gegenseitig zum Überleben brauchen, also ein Geben und Nehmen im Gegensatz zum Parasitismus. Der Bandname verdeutlicht so unser Motto: Gefühl und Verstand niemals voneinander getrennt. Das soll also heissen, dass wir beide Komponenten im Songwritingprozess als untrennbar voneinander für unsere Art von Death-Metal ansehen.
„Gefühl und Verstand nie voneinander getrennt…“. Welche Seite von Symbiontic ist die gefühlvolle, welche die vernünftige?
Wie gesagt, es bezieht sich auf das Songwriting. Wenn ich Songs schreibe, dann lasse ich mich einerseits von meinem Gefühl treiben, andererseits ist mein Kopf als Kontrollinstanz immer dabei. Er sagt mir also: was kann jetzt kommen, wie weise ich auf das Kommende jetzt schon hin, ist dieser Teil nicht zu banal, ist dieser Part zu verfrickelt, lenkt er vom Wesentlichen ab, kopiere ich hier etwas, was mich gerade beeinflusst? Andererseits kann auch der Kopf der Anstoss sein, also eine bewusste Idee zu einem Song führen, dann sagt mir mein Gefühl, ob die Idee auch Eier hat. Beides ist also im ständigen Wechselspiel. Grundsätzlich lassen sich Gefühl und Verstand in jedem Song von uns nieder, da der Kopf hauptsächlich die Arrangement- und Rhythmusfragen beeinflusst, das Gefühl hingegen eher Melodien, Soli und die Grundriffs. Aber wirklich ganz klar kann man diese Dinge nicht trennen. Für Torsten, der ja auch Songs schreibt, kann ich hier natürlich nicht sprechen, ich kenne ihn aber mittlerweile ziemlich gut, und er hat, glaube ich, den gleichen Ansatz. Nicht umsonst passen seine und meine Stücke so gut zueinander. Da gibt es überhaupt keine Probleme.
Euer Motto endet mit „Death Metal aus Leidenschaft…“. Was macht für Euch die Faszination und Leidenschaft des Death Metal aus?
Das ist eine sehr gute Frage! Death-Metal bedeutet für uns Freiheit, Gemeinschaft, Vision, Ventil. Wir können uns unsere eigene Welt bauen. Gerade im Death-Metal existiert eine enorme Freiheit der Stilmittel, da waren (und sind) Bands wie Pestilence, Death, Atheist, Morbid Angel, um nur einige zu nennen, Vorreiter, und haben gezeigt, dass im Death-Metal Harmonien und Melodien entstehen, die einfach nur genial und neu sind. Dazu kommt die ungeheure Power und Brutalität, diese rohe Energie. Das alles verbindet sich zu einer unglaublichen Ästhetik. Es ist einfach nur geil!
Kommen wir mal auf das Album zu sprechen. Was besagt der Titel? Hat er wirklich so einen negativen, kritischen Beigeschmack, wie ich es empfinde?
Wenn Du es so empfindest, ist es absolut in Ordnung. Es ist doch schon geil, dass der Titel überhaupt etwas in Dir hervorrufen konnte, wir also etwas in Dir bewegen konnten. Aus meiner Sicht stellt sich das Ganze etwas simpler dar, da ich ja mitbeteiligt an der Entstehung war. Wir haben nach etwas gesucht, dass unsere Grundidee hinter Symbiontic ausdrückt. Du hast schon unser Motto Gefühl und Verstand angesprochen, parallel dazu haben wir noch die Verbindung von Technik und Organismus als Dualismus gestellt. Du siehst, der Bandname Symbiontic gibt uns schon ein bisschen ein Konzept des Dualismus vor, das wir immer im Zusammenhang mit der Band mit Gefühl/Verstand und Technik/Organismus ausdrücken. Dafür steht Bio und Construct. Die Gottesanbeterin (siehe Cover, Anm. d. Verf.) geht also als eine biologische Lebensform aus einer mechanischen Umgebung hervor, sie blüht unaufhaltsam in ihr auf. Wir haben den Titel und das Cover auch auf der CD erklärt. Die Titel der Instrumentals sind andersfarbig gestaltet und bilden einen Satz, nämlich „from subexistence incessantly efflorescing through catharsis into BioConstruct“. Das meint genau diese Idee der Symbiose von Technik/Mechanik und Organismus. Wie man das jetzt bewertet, also als negativ und kritisch, wie Du es getan hast, ist Interpretation, die ja gerade die Herausforderung ist.
Eure Texte sind teilweise recht beklemmend. Stellt ihr in ihnen fiktive Situationen dar oder sind sie die Verarbeitung eigener Erfahrungen?
Also, ich glaube, es sind alles in allem fiktive Situationen, die wir darstellen. Allerdings bietet ja die Realität die beste Vorlage für jede Fiktion, daher sind die Gedanken, Ideen und Visionen sicherlich nicht aus der Luft gegriffen. Wir betten den Wahnsinn des Menschlichen eigentlich nur in andere Gewänder…
Nehmen wir mal „Chainsaw Smile“ als Beispiel. Ein etwas schizophrener Titel, wie ich finde, da ein Lächeln normalerweise etwas Schönes ist, in Verbindung mit einer Kettensäge aber einen eher psychotisch-brutalen Beigeschmack bekommt. Was sagt dieser Song aus? Musikalisch fällt er ja mit seinen Melodien, die sich mit brutalen Death Metal-Parts abwechseln, genauso doppelgesichtig aus.
Eine absolut geile Interpretation Deinerseits! Das macht mich total stolz, denn was Du sagst, trifft in allen Einzelheiten zu, sowohl textlich, als auch musikalisch. Der Text stammt von unserem Sänger und behandelt den Wahnsinn, den die Forschung mit Genen hervorbringt, denn der so morbid Lächelnde ist eine Kreatur, von Menschen gezüchtet, eigentlich so eine Art Frankensteins Monster, das vom Menschen erschaffen und zum Leben erweckt wird, aber von diesem eingesperrt zurückgelassen wird. Auf der Suche nach Sinn und Zuneigung wird diese Kreatur sich rächen. Ich hoffe, ich habe das richtig wiedergegeben. Ansonsten gibt es auf unserer Page www.Symbiontic.de (siehe auch Dark Portal, Anm. d. Verf.) die Texte zum Nachlesen.
In meinem Review habe ich Eure CD wegen der vielen instrumentalen Zwischenspiele als eine „kleine Mogelpackung“ bezeichnet. Was hat es mit diesen Stücken auf sich?
Die Instrumentals sind schon vor den Aufnahmen entstanden, waren also schon fertig aufgenommen. Wir haben also nicht unseren Etat statt für einen regulären Song dafür „verplempert“. Ich bin ein grosser Fan von solchen Instrumentals, da sie als kleine unabhängige Einheiten auf der Platte nochmal die Band von anderen Facetten zeigen können. Sie können auf kleinem Raum Geschichten erzählen, neue klangliche Perspektiven herstellen und Stimmungen unterstützen. Es ist ja ein Demo und wir hatten sowieso aus finanziellen Gründen nur sechs Stücke geplant. Daher empfinde ich die Instrumentals eher als Bereicherung, denn als Mogelpackung. Wäre „BioConstruct“ eine reguläre Platte, würde ich Dir recht geben. Aber dann hätten wir eben 16 Stücke, also 12 reguläre und 4 Instrumentals.
Dann nehme ich hiermit alles zurück! 🙂 In eurer Musik findet man viele verschiedene Stile vermischt. Einerseits die Parts, die ganz klar eine schwedische Prägung aufweisen. Daneben stehen progressive, amerikanische Death Metal-Elemente. Dazu kommt noch eine ordentliche Portion Groove. Sind eure Einflüsse genauso vielseitig?
Ein grosses Ja. Erst einmal haben wir zwei Songwriter, also Torsten und mich. Dadurch entsteht schon einmal eine gewisse Bandbreite. Zum anderen höre ich auch Sachen wie Depeche Mode, Alice in Chains, Suicidal Tendencies, Dead Can Dance, Opeth und so weiter. Bei den anderen ist es ähnlich. Musikalisch mündet das alles bei uns natürlich im Death-Metal, aber diese etwas anderen Einflüsse unterdrücke ich nicht, sondern verwende sie einfach, so wie sie aus mir heraus kommen. Wie gesagt, diese Freiheit schätze ich so am Death-Metal!
Welchen Stellenwert nimmt die Musik in eurem Leben ein? Ist es eher ein Hobby oder würdet ihr, wenn ihr die Chance bekämt, sofort alles stehen und liegen lassen und versuchen, eure Karriere mit allen Mitteln voranzutreiben?
Auch hier ein grosses Ja. Sicherlich, ich befinde mich gerade in meiner Ausbildung zum Lehrer, und die anderen sind auch berufstätig und haben zum Teil grosse Verantwortung, denn Torsten ist Papa von unserem kleinen Death-Metaller Ogi (der grunzt schon fast wie unser Sänger 😉 ). Aber ich kann von mir sagen, dass ich diese Ausbildung mache, weil ich bisher noch nicht das Glück eines Deals hatte. Ich studiere also und habe einen Nebenjob, weil ich gerade in Deutschland irgendwas brauche, und nicht auf Kosten der anderen leben will. Und die Ausbildung will ich auch zu Ende führen, da ich schon ziemlich weit bin. Aber wenn sich die Chance böte – und dafür geben wir ja auch 100%, weil wir das erreichen wollen – dann werde ich alles möglich machen, dass es Realität wird. Bei den anderen bin ich mir ebenso sicher!
Was sind demnach eure Ziele, die ihr mit der Band habt?
Deal, Platte, Tour (am besten mit Morbid Angel!!!), Platte, Tour, Platte, Tour…
Habt ihr mit eurer CD eigentlich auch bei ein paar Labels angeklopft? Wenn ja, wie waren die Reaktionen bisher?
Noch nicht, das werden wir im Dezember angehen, vorher haben wir ja erst mal jede Menge Reviews gesammelt.
Mit welchen Worten würdet ihr einem absoluten Metal-Laien eure Musik beschreiben?
Oh je, das ist schwer. Ich habe ja früher in einer Crossover-Band gespielt. Wenn wir dann zu Gigs in meinem Auto gefahren sind und ich Morbid Angel angemacht habe, hiess es immer: „Mach das Rauschen aus…“ Und eigentlich verstanden die Jungs was von Musik, also was soll ich sagen. Ich versuche es mal so: Absolut kraftvolle Musik mit Liebe zum Detail, schnell, aggressiv, aber stellenweise auch nachdenklich. Harmonien und Melodien, die derjenige sicherlich nicht nachvollziehen kann, und ein Gesang, der ihm das Grauen nahe bringt. Ich würde einfach sagen: Metal Rules The World und wenn es Dir nicht gefällt – scheissegal….
Zu guter Letzt: Warum kann es nicht schaden, „BioConstruct“ im Schrank stehen zu haben?
Ich glaube, man spürt, wenn man BioConstruct hört, dass wir unsere eigene Musik total lieben und 100% hinter dem stehen, was wir machen. So etwas kann, wenn dazu noch gute Songs kommen (die meiner Meinung nach natürlich ausnahmslos auf BioConstruct vorhanden sind 😉 ), auf den Hörer überspringen, und so eine gemeinsame Welt entstehen lassen, die einzigartig ist. Ich glaube daran, weil ich das mit der Musik von Morbid Angel immer so erlebt habe. Ich habe mich selbst in ihr wiedergefunden. Oder Opeth – diese Götter – die entführen einen in eine andere Dimension. Was gibt es Schöneres auf dieser wahnsinnigen Welt? P.S.: Wir möchten Dir für dieses Interview danken. Ausserdem danken wir netinfect für Ihre grossartige Arbeit und Unterstützung. Ganz besonderer Dank geht an die Metal Maniacs, die uns und unsere Musik unterstützen – thank you all. Metal Lives Forever!!! Cya on stage Next Gigs: 22.11. FZW in Dortmund, 08.12. Stahlwerk in Düsseldorf
Gern geschehen. Ich wünsche viel Glück, wenn ihr auf Labelsuche geht! Und liebe Plattenfirmen: Gebt diesen Jungs eine Chance! Sie haben es verdient!
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