Sumerian Tombs
Blut trinken und in Geld schwimmen

Interview

Wenn du Black Metal machst und dein Debüt erscheint direkt bei Ván Records, weißt du, dass du etwas richtig gemacht hast. Immerhin gehört die Schmiede aus dem Aachener Land seit knapp zwei Jahrzehnten zum Garant für Qualitätsmusik. So verwundert es wenig, dass die Kölner Black Metaller SUMERIAN TOMBS ebenfalls ihr Erstwerk im Stall des früheren NAGELFAR-Bassisten unterbringen durften – völlig zu Recht übrigens. Denn wie wir bereits in unserer Acht-Punkte-Review vor einigen Wochen bemerkten, ist SUMERIAN TOMBS ein absolut überzeugendes und vorbildliches Debüt-Album gelungen, das vor allem von den Fans der atmosphärischen Klänge ein aufmerksames Ohr bekommen sollte. Grund genug, sich Gitarrist und Keyboarder K und Shouter W zu schnappen und ihnen die Gelegenheit zu bieten, ihre junge Band der Masse vorstellen zu können.

Euer Debüt-Album ist ja schon ein paar Tage auf dem Markt. Glückwunsch zu den bisher überwiegend euphorischen Reaktionen, wie mir scheint. Wie fühlt ihr euch nun?

K: Danke schön! Euphorisch und hungrig trifft es ganz gut. Die Reaktionen bisher sind fantastisch, was in der schieren Masse an Veröffentlichungen und gerade im Monat März mit vielen weiteren Genre-Highlights keine Selbstverständlichkeit ist.

“Sumerian Tombs” ist zwar euer Debüt-Album, dennoch seid ihr alle keine Neulinge, oder? Inwieweit möchtest du auf die Besetzung und etwaige Querverbindungen zu anderen Bands eingehen?

K: Zunächst einmal wollten wir dieses Projekt so lange wie möglich anonym halten. Das sollte es ermöglichen, die Musik ohne Erwartungen zu hören und wir wollten auch versuchen, uns einen Namen zu machen, ohne das typische “Namedropping”.
Dieser Versuch der Anonymität kann eindeutig als gescheitert angesehen werden. Leider hatte ein Bekannter meinen Namen ins Spiel gebracht, welcher dann natürlich schnell auf Metal-Archives gelandet ist. Die Löschung von ihm hat dann zu weiteren falschen Zuordnungen geführt. Es war einen Versuch wert – hat nicht geklappt – fangen wir also an, die ganze Sache zu entwirren!

D spielt Schlagzeug bei BELTEZ und DAMAGE SOURCE und ist auch als Session Drummer für diverse weitere Projekte aktiv. Ich selbst (K) bin Gitarrist bei BELTEZ. M als unser Gitarrist ist Schlagzeuger der Aachener Black-Metal-Band IUS TALIONIS. C spielt sowohl bei uns als auch bei der Horror-Punk-Band HELLGREASER und der Death-Metal-Band SKUM Bass. Last but not least ist unser Sänger noch als Sänger bei der Kölner Death-Metal-Band VALKYR aktiv und ist maßgeblich für die Texte und das Konzept bei uns verantwortlich.

Ván Records passen als Label natürlich perfekt zu eurer Musik. Wie ist die Zusammenarbeit entstanden?

K: Ich kannte sowohl Sven als auch Krugi von Ván schon aus meiner BELTEZ-Zeit (auch, wenn da bisher keine Zusammenarbeit zustande kam, da Avantgarde Music damals schneller war). Ich hatte beiden die Demo-Aufnahmen geschickt und das war es auch schon. Beide fanden das gut, verstanden unsere Vision und los ging es!

Kam über Sven von Ván auch die Zusammenarbeit mit Zingultus (ENDSTILLE, MORAST, GRAUPEL, ex-NAGELFAR) zustande?

K: Da kann sicherlich W mehr zu sagen.

W: Kennengelernt hatte ich Zingultus auf dem Dark Easter Metal Meeting 2015. Ich war damals als Fahrer für URFAUST unterwegs. Für die Gurkerei nach München hab ich dann Backstage-Pässe bekommen und bin dort irgendwann auch auf Zingultus gestoßen. Bier, Quatschen, Feiern – man verstand sich und hat sich gelegentlich hier und da wiedergesehen. – Harter Cut: 2021 K schrieb den Song “Altars Of The Past” und ich fand sowohl musikalisch als auch textlich und von der Stelle auf dem Album her bot sich so eine Wechsel-Dynamik im Song ganz gut an. Aus Jux hab ich ihn dann mal angeschrieben und gefragt, ob er Bock und Zeit auf einen Gast-Part auf dem Album hätte, und er hat „Ja“ gesagt. Wie es gelaufen ist, kann man ja hören!


Einer unserer User stellte die nicht ganz unberechtigte Frage, wie Vampirismus und Sumerische Gräber zusammenpassen. Ich finde schon, dass das aufgrund des kulturell übergreifenden Vampirismus-Phänomens ganz gut passt, ihr jedoch einfach die offensichtlichsten Klischees vermieden habt. Was kannst du uns über den Zusammenhang von Bandnamen und -konzept erzählen?

K: Ich persönlich finde den gerade aktuell stattfindenden Vampir-Hype super. Die Thematik war ja zwischenzeitlich etwas aus der Mode gekommen. Wir wollten aber auch keine abgedroschenen Geschichten erzählen, und auch wenn es den klassischen Vampir erst grob seit dem späten Mittelalter gibt, gibt es ähnliche Dämonen, Götter und Geister schon seit Menschengedenken. Die Kombination aus dieser Thematik mit der frühen Menschheitsgeschichte und erster Hochkulturen bietet dabei ein tolles Fundament für Geschichten.

W: Bevor irgendwelche Fragen dahingehend aufkommen: Wir sind keine Historiker oder Anthropologen und wollen keine “Geschichtsaufarbeitung” betreiben. Wie K aber schon sagte: mit die frühsten, zumindest schriftlich überlieferten Mythen über böse, blutsaugenden Geister, Götter oder Dämonen kamen aus den ersten Hochkulturen der Antike – Sumer. Das bot sich als Setting schon ganz gut an. Der Rest der „Story“ ist dann eigentlich eher das Verbinden von Mythen, Sagen und Storytelling. Das Album ist als Reise oder Geschichte zu verstehen und jeder Song ist ein Kapitel vom Betreten des Zikkurat bis in die tiefsten finstersten Kammern unterhalb.

Stichwort „Klischees vermeiden“. Ich finde, dass ihr im positiven Sinne sehr zeitgemäß klingt und trotzdem kann man noch von einem klassischen, puristischen Black-Metal-Album sprechen. Ist das ein Ziel bei euch, die allzu ausgetretenen Pfade zu umgehen?

K: Black Metal ist eine wunderbar wandelbare Kunstform. Keiner braucht die nächste DARKTHRONE-Kopie und dennoch ist es charmant, wenn der alte Sound in die moderne transportiert wird. Wir stehen da ganz ähnlich zu und wollen uns musikalisch dabei aber nicht zu sehr einschränken.

W: Wir sind da ja auch ganz klar geprägt: aufgewachsen mit 2nd-Wave-Black-Metal! Songwriting, Atmosphäre und brachiale Riffs stehen da schon weit vorne. Trotzdem muss sich ein Album in 2022 aber nicht so anhören als wär’s in einer Blechtonne mit einem Diktiergerät für 10 Mark aufgenommen worden, um irgendeinem Scheiß Trend hinterherzurennen, um “Vintage” oder “Old School” zu klingen. Ziel? Nö! Einfach mal machen und gucken, was bei rumkommt!

K: Ich widerspreche da! Je nachdem muss sich ein Album sogar in 2022 anhören, als wäre es in einer Blechtonne mit Diktiergerät aufgenommen. Das hätte halt nur zu uns nicht gepasst.

Ihr wirkt auch nicht wie eine BM-Band, die übertrieben grimmig und true sein will. Bei euch scheint eher die Atmosphäre und das narrative Potenzial im Vordergrund zu stehen. Ich habe “Sumerian Tombs” zum Beispiel oft beim Lesen von E. T. A. Hoffmann und John Milton gehört und es hat sehr gut dazu gepasst.

K: Ich bin auch von Natur aus kein „grimmiger“ Mensch und musikalisch sehr offen. Bei Black Metal habe ich aber tatsächlich eine recht starke Gate-Keeper Mentalität. Wichtig ist, dass die jeweilige Musik eine gewisse Atmosphäre ausstrahlt. Das wird halt traditionell meist durch die “grimm und trven“ Aspekte transportiert, aber das bin ich als Person einfach nicht. Ich nehme die Thematik und die Musik ernst und ich glaube, das hört man in jeder Sekunde. Was denkst Du W?

W: Da stimme ich meinem Vorredner voll und ganz zu. Beim Schreiben der Musik und der Texte lag “die Geschichte” definitiv im Vordergrund. Die grobe musikalische Richtung war da, nur fehlte der Kontext. Als mir K die ersten Songs das erste Mal vorspielte, hatte ich sofort Kopfkino. Alles Weitere ergab sich dann bzw. wurde zu einem Selbstläufer bzw. war es eher ein: “Wo sind wir gerade in der Story und wie soll das klingen?” Wenn man die Texte liest, ist da durchaus genug “Grimmness” oder “Trveness” vorhanden.

Aber mal eine Gegenfrage: Was ist denn “TRVENESS”? Ist es sich den ganzen Tag “durch die Gegend zu hassen”, nur um “Black Metal” zu sein? Ist es, ein total billiges Scheiß-Demo aufzunehmen, um dann ein noch beschisseneres S/W Poser-Bild im Wald zu machen und den Kontrast in der Nachbearbeitung dann auf OVER 9000 zu ziehen um? Final kann ich die Frage auch nicht beantworten, aber ich denke, es hat irgendwas mit Authentizität zu tun (…sagt der Typ, der über Vampire im Alten Sumer schreibt…) und das man zu dem steht, was man da tut, ohne sich oder anderen was vorzumachen.

Tragt ihr auf den Promofotos eigentlich Corona-Masken?

K: Nein, das sind ganz normale Sturmschals, aber die Frage ist aktuell berechtigt!

W: Ich trage eher eine Anti-Schutzmaske mit Mund frei!

K: Stimmt, da war ja was!

Wie geht es jetzt weiter für euch?

W: Blut trinken und in Geld schwimmen!

K: Wir arbeiten am nächsten Album, sodass wir möglichst dieses Jahr ins Studio gehen können. Live geht es erst Ende des Jahres los, da wir vorher alle mit unseren anderen Projekten schon Termine haben.

Drei Alben, die man für vampireskes Kopfkino gehört haben sollte:

K: Neben den offensichtlichen Klassikern, hier was aktuelles:
LAMP OF MURMUUR – Heir Of Ecliptical Romanticism
ORDER OF NOSFERAT – Nachtmusik
VAMPIRSKA – Vermilion Apparitions Frozen in Chimera Twilight

W:
HIS INFERNAL MAJESTY – Dark Light (Unser Band internes guilty pleasure) (Ja, er meint die Finnen HIM – Anm. d. Red.)
BRAM STOKER’S DRACULA – Original Soundtrack
MARDUK – Nightwing

Die letzten Worte gehören euch.
K: Vielen Dank für die Gelegenheit, uns kurz vorstellen zu können.

 

Quelle: K & W (Sumerian Tombs)
05.04.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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