Suidakra
Cimbrischer Wein
Interview
Heute ist Releasetag des neuen SUIDAKRA-Albums „Wolfbite“. Wir nahmen uns deswegen zusammen mit Bandkopf Arkadius Antonik die Zeit, über allerhand wissenswerte Informationen zur neuen Langrille zu sprechen. Dabei heraus kam ein sehr sympathisches Gespräch, das aufgrund Antoniks Erzählfreude mehr als nur einmal vom eigentlich geplanten Fragenkatalog abwich.
„Wolfbite“ ist ja schon das unfassbar dreizehnte Album, wie findet man nach solch einer langen Zeit immer noch Inspiration und Energie für neue Musik? Gab es zentrale Inspirationsquellen?
Es ist eigentlich schon Nummer 14, wenn man die „Lupine Essence“ mitzählt, welche zwar etwas kurz geraten ist, aber für mich als volles Album und nicht als EP zählt. Eine EP hat für mich vier, maximal fünf Songs. Ich habe jetzt sogar schon einige gehört, die sagen, dass das Album Nummer 15 ist, weil sie die „Echoes Of Yore“ mitzählen, was ja eine Compilation neu aufgenommener, alter Stücke ist.
Zur Entwicklung neuer Musik: das ist ein recht organischer Prozess. Wenn du schon so lange als Komponist arbeitest, entwickelst du gewisse Mechanismen. Über die Basics denkst du nicht mehr nach, also die Grundformel eines Songs. Der Song an sich entsteht immer aus unterschiedlichen Inspirationsquellen. Ich höre nicht nur Metal, sondern auch Rock und Klassik und alles mögliche. Die Kategorie ist nicht ausschlaggebend, mich muss Musik in irgendeiner Art und Weise berühren. Da stoße ich auch in Regionen vor, bei denen andere Metaller die Nase rümpfen. Ich fand sogar die SUGABABES cool.
Daher ist meine Inspiration eine Mischung aus der musikalischen Offenheit und unserem lyrischen „Realms Of Odoric“-Konzept. Wenn du liest, worum es in der Geschichte geht, bist du automatisch inspiriert, weil du dich mit der Thematik auseinandersetzt. Das ist anders als früher, wo du dich hingesetzt und einen Song geschrieben hast und danach den Text entworfen hast.
Das neue Album befasst sich also wieder mit der „Realms Of Odoric“-Geschichte, richtig?
Genau, bei SUIDAKRA angefangen hat das mit dem Album von 2016, wir arbeiten aber schon seit 2013 daran. Die Geschichte unterteilt sich in das First Age, Second Age und Third Age und dazwischen gibt es noch die Cimbric Ages. Das kannst du dir vorstellen wie „Rogue One“ bei „Star Wars“, so ein Zwischending halt. Dazu hat Kris Verwimp die Geschichte entworfen und ich einen orchestralen Soundtrack [unter dem REALMS OF ODORIC-Banner – Anm. d. Redaktion]. Und irgendwann kamen wir dann auch mit SUIDAKRA an den Punkt, das war nach „Eternal Defiance“, dass wir ein neues Konzept brauchten. Wir hatten eine irische Sage, die König-Artus-Sage, wir haben die Pikten und die Kelten aus der dunklen Seite heraus betrachtet, die Römer bei „Caledonia“ und so weiter. Es fühlte sich abgedroschen an, wieder ein neues Konzept herauszusuchen.
Dann kam Kris auf die Idee, die Geschichte von „Realms Of Odoric“, die ja recht komplex ist, das musst du dir vorstellen wie eine Mischung aus „Herr der Ringe“ und „Conan der Barbar“, mal herbei zu nehmen und die Komplexität auf eine Metal-Komposition herunter zu schrauben. Anstelle der Geschichte wollten wir mit SUIDAKRA die Erlebnisse und Gefühle der einzelnen Charaktere beleuchten. Pro Album wird dann ein Zeitalter behandelt, „Realms Of Odoric“ behandelt das First Age, „Cimbric Yarns“ das Cimbric Age und „Wolfbite“ jetzt das Second Age. In der Geschichte fehlt noch das Third Age, das von SUIDAKRA thematisiert werden muss.
Dann kennen wir das Konzept für das nächste Album ja schon.
Genau, die Geschichte steht ja schon, also wissen wir auch schon, in welche Richtung das geht. Natürlich nicht so detailliert, aber die Stimmung und die Ereignisse sind uns schon bekannt.
Also greifen REALMS OF ODORIC und SUIDAKRA auch ineinander?
Ja, nicht nur von der Story her, sondern auch musikalisch. Bei REALMS OF ODORIC habe ich jedem Hauptcharakter ein eigenes musikalisches Thema gegeben. Diese Themen findest du, in einer Metalversion, auch bei SUIDAKRA wieder. Wir haben jedes Mal, wenn es um diesen Charakter ging, gewisse Melodien übernommen.
Nichtsdestotrotz kannst du dir alles separat reinziehen und genießen, aber du kannst auch die Musik von REALMS OF ODORIC und SUIDAKRA nehmen, dazu die Geschichte in den Büchern lesen, zu „Wolfbite“ kommt jetzt ja auch ein Comic über das Second Age und hast quasi ein komplexes Ganzes.
Und beim Hören von „Wolfbite“ kannst du dann noch einen Rotwein trinken. Wie habt ihr den eigentlich ausgewählt? Metalbands, die irgendeinen Sprit herausbringen, gibt es ja mittlerweile einige.
Ich habe das eigentlich gar nicht so mitbekommen, dass so viele Bands das machen. Ich weiß, dass GRAVE DIGGER einen Whisky herausgebracht haben und AMON AMARTH haben auch irgendwas gemacht. Die Idee zum Wein kam, dass wir den Fans bei den Releases immer so viel zu bieten versuchen wie möglich, insbesondere für die limitierten Packages. Wir wollen uns auch nicht wiederholen, dass immer nur erneut ein T-Shirt dabei ist. Da kommen dann auch ganz lustige Sachen bei raus, wie zum Beispiel die Schneekugel vom „Lupine Essence“-Re-Release.
Markus von MDD Records und ich machen dann immer Brainstorming und Markus hatte mitbekommen, dass es diese Weinkellerei in Baden-Württemberg gibt, die personalisierten Wein anbietet. Da musste er mich nicht lange überzeugen, da ich selber leidenschaftlicher Rotweintrinker bin. Das ist auch keine Aldi-Plörre, sondern ein Qualitätswein, der auch schon Auszeichnungen gewonnen hat.
Wir fragten uns dann, wie man das finanziert und wie man das verschicken kann. Wir haben also noch die Holzbox dazu genommen und bedruckt, was die Produktionskosten ebenfalls hochgetrieben hat. Insgesamt haben wir es aber geschafft, dass es realisierbar ist. Leider kann man den Wein nur innerhalb Europas verschicken. Ich werde am Releasetag auf jeden Fall eine Flasche aufmachen. Die Resonanz der Fans ist auf jeden Fall super, da gibt es nur circa 30 Flaschen von und da sind schon fast alle von abverkauft.
Euer Produzent Aljoscha Sieg ist ja sonst eher im Metalcore oder sogar bei DJs aktiv. Wie wurde sein Interesse für SUIDAKRA geweckt und wie kam es zur Zusammenarbeit?
Für uns war es vor dem Album schon klar, dass wir es nicht so aufnehmen können, wie wir es in der Vergangenheit getan haben. Das war schon vor der Pandemie, das hat also nichts damit zu tun. Es ging darum, dass wir alle Väter geworden sind und kleine Kinder haben und nicht wochenlang ins Studio gehen können. Also hatte ich die Idee, dass wir nach all den Alben eigentlich wissen, worauf es ankommt. Also wie du eine Platte aufnehmen musst.
Dann habe ich mich umgeschaut und gesehen, dass es Studios gibt, die einfach nur den finalen Mix und das Mastering als Angebot haben. Du lieferst also einen Vormix ab, nimmst alles selber auf vorher und bekommst das dann von dem Studio komplettiert. Mit Aljoscha ging das mit dem Kontakt dann recht schnell und wir haben über die Produktion gesprochen. Viele seiner Produktionen sind halt typisch Metalcore-klinisch und das wollte ich für SUIDAKRA nicht. Einen Tick moderner ist okay, aber trotzdem sollte das Rotzige, was die Band ausmacht, noch zu hören sein. Das habe ich Aljoscha auch so mitgeteilt. Bei ihm hatte ich durch das Telefonat ein gutes Gefühl, eben dass er nicht einen Sound nimmt und ihn den Bands überstülpt, sondern den Sound den Bands anpasst.
Das Album ist insgesamt sehr divers geworden, nicht nur vom Sound her. Es finden sich viele Schaffensphasen der Band darauf wieder.
Ja, es sind quasi zwei Schritte nach vorne und einer zurück. Das ist nicht negativ gemeint. Es liegt sicherlich auch daran, dass ich die letzten zwei Jahre damit verbracht habe, an dem Re-Release von „Lupine Essence“ und den Neuaufnahmen der alten Stücke zu arbeiten. Es sind also sowohl neue Einflüsse als auch ältere auf dem Album zu hören.
Mit „Cimbric Yarns“ hattet ihr ja zuletzt ein Akustikalbum herausgebracht. Gibt es noch weitere Betätigungsfelder abseits des typischen SUIDAKRA-Sounds, die du ausprobieren möchtest?
Nein, eigentlich nicht. So etwas kommt meistens spontan, so wie bei „Command To Charge“, wo der Sound etwas moderner wurde. Das ist aber nicht entstanden, weil ich davon lange geträumt hatte, sondern weil wir als Band an einen Punkt gekommen sind, dass jede Melodie, die ich geschrieben habe, schon einmal gehört habe. Durch dieses Album haben wir dann letzten Endes zu unserem eigenen, ursprünglichen Sound zurück gefunden.
„Cimbric Yarns“ war tatsächlich der einzige, lang gehegte Wunsch, weil ich schon immer ein Akustikalbum machen wollte, aber aus Zeitmangel nie verwirklichen konnte. Außerdem ist beim Akustikalbum der Schlagzeuger ja auch nicht so prominent vertreten, was die Band natürlich nicht so freute. Aber nach „Realms Of Odoric“ hat sich das zeitlich und personell einfach ergeben und ich konnte mein Häkchen auf meiner To-Do-Liste machen. Aktuell steht aber nichts an, außer natürlich das Third-Age-Album, das dann als nächstes kommt.
Nachdem ihr lange bei AFM Records wart, seid ihr nun zu MDD Records gewechselt. Wie kam es dazu?
Wir haben den Vertrag bei AFM Records erfüllt und es hatte sich abgezeichnet, dass wir wechseln wollen. Ich hatte immer das Gefühl, die vertreiben ein Produkt. Und da ich ja Musiker und kein Business-Mann bin und auch nicht von der Musik lebe, fände ich es cool, wenn ich zumindest ein Feedback zu der Musik kriege, die ich abgebe. Und selbst das haben wir am Ende nicht bekommen, wir haben das Master abgeliefert und das war’s. Das führte bei mir zu etwas Unmut.
Mit Markus von MDD Records habe ich schon mit REALMS OF ODORIC zusammengearbeitet und auch mit FALL OF CARTHAGE. Er ist, genau wie ich, in erster Linie Metalfan und er holt sich nichts, was er nicht gut findet. Natürlich muss es auch finanziell alles passen, aber wir teilen einfach diese Leidenschaft zur Musik. SUIDAKRA und MDD Records liefen immer parallel nebeneinander her, man traf sich öfters auf Konzerten. Als der Vertrag mit AFM Records auslief, war für mich sofort klar, dass das nächste SUIDAKRA-Album bei MDD Records erscheint.