Subway To Sally und "Himmelfahrt"
"Fahrt nicht betrunken Auto"

Interview

Am 24. März veröffentlichen SUBWAY TO SALLY ihr neues Album „Himmelfahrt“. Während der Eisheiligen Nacht 2022 präsentierten SUBWAY TO SALLY ihre 30 Jahre SUBWAY TO SALLY-Show. Bandgründer Michael „Bodenski“ Boden gibt uns Einblicke in die Entstehung von „Himmelfahrt“ im zweiten Teil des ausführlichen Interviews. 

Die vergangenen drei Jahre, spätestens seit dem Ausbruch des Krieges in Europa, liefern wenig Hoffnung. Eure Genre-Kollegen produzieren ein Untergangsalbum nach dem anderen. Was war der Funke für den konträren Konzeptansatz zur allgemeinen Gefühlslage? Wann sind die Songideen zu zum Beispiel „Leinen Los“ entstanden?

Die Haltung von „Hey!“ mit dem Ansatz „wir tanzen auf unserer eigenen Beerdigung“ war der Ausgangspunkt für „Himmelfahrt“. Wir haben uns die Sachen angesehen, welche nach der „Hey!“ liegen geblieben sind und ein paar weitere Songideen entwickelt. Wir hatten einige Songs auf dem Zettel und die Idee 2021 mit dem Album auf den Markt zu kommen. Dann hat Covid unsere Pläne durchkreuzt und wir haben erst 2022 uns voll auf die Arbeit am Album fokussiert. Als wir uns die Sachen angehört haben, welche wir zu diesem Zeitpunkt zusammengetragen hatten, stellten wir fest, dass wir einen anderen Ansatz realisieren wollten. Von dem ersten Ansatz hat nur „Was Ihr Wollt“ überlebt. Der Song ist ein Kommunikationssong von der Band an unsere Fans und daher auch der Aufmacher von „Himmelfahrt“. Das war die Initialzündung für uns, dass wir genauso weiter machen müssen. Wir haben ein „Leinen Los“-Gefühl, Aufbruch und positive Grundstimmung, es muss weiter gehen.

Wir haben als Künstler irgendwo auch eine Verantwortung. Es bringt niemanden etwas, wenn wir uns hinstellen und schreien „alles Scheiße“. Wir haben uns dann entschieden ein Album mit einer in Maßen positiven Grundhaltung zu produzieren, welche zu SUBWAY TO SALLY passt. Der Ukraine-Krieg hat es sehr viel schwerer gemacht positiv zu bleiben, aber nach unserer Auffassung war es umso wichtiger ein positives Gefühl zu vermitteln.

Ursprünglich hatten wir den Arbeitstitel „Leinen Los“. Dieser Ausspruch hat alles von Aufbruch, Corona vorbei und wir können wieder spielen und haben ein neues Album am Start. Den Fokus auf nur einen Song auf der Platte wollten wir aber nicht. Ich bin im Frühjahr 2022 durch das Land gefahren und habe ein Kirmesplakat gesehen mit dem Aufdruck „Himmelfahrt“. Der Begriff ist nicht neu, aber er hat mich in dem Moment wie ein Blitz getroffen. In „Himmelfahrt“ stecken viele Begriffe, zum Beispiel auch Himmelfahrtskommando. Die Veröffentlichung eines Albums ist immer auch ein Himmelfahrtskommando. In der christlichen Mythologie ist es der Moment, wo Jesus die Erde verlässt und wieder Platz nimmt an der Seite seines Vaters. Sein irdischer Weg endet und etwas Neues beginnt, also ein guter Begriff für einen Übergang.

Da schwingt auch Wehmut mit bezüglich der 30 Jahre SUBWAY TO SALLY. Ein großes Kapitel ist vollbracht. Das ist ähnlich wie bei einem 50. Geburtstag. An Deinem 50. Geburtstag hast du wahrscheinlich die Hälfte deines Lebens hinter Dir. Nach 40 Jahren sagst du dir, die 80 Jahre schaffst du. Bei 50 Jahren ist da schon ein sehr großes Fragezeichen, ob du nochmal so viel Zeit hast. 30 Jahre Bandgeschichte werden sich nicht wiederholen, das steht fest. Für mich steckt weit mehr in dem Albumtitel „Himmelfahrt“ als die biblische Geschichte. Ich hatte den Titel vorgeschlagen und es kam bis heute kein besserer Vorschlag und so ist es bei „Himmelfahrt“ geblieben.

Das Intro zu „Messias“ auf „Hey!“ klingt nach „20th Century Boys“ von T.REX. Jetzt hört sich das nach „New York Groove“ und HELLO bei „Was Ihr Wollt“ an. Wer von Euch ist der 70er Jahre Freak?

Ingo ist der Fan der 70er Jahre Musik. Auf der „Hey!“ hat er noch THE SWEET untergebracht mit „Love Is Like Oxygen“ und ein paar andere Sachen. Ingo war bei der „Hey!“ auf einem 70er Jahre Trip. Er hat seine ersten musikalischen Erfahrungen in den 70ern gemacht. Er hat sich auf seine Wurzeln besonnen und diese Jingles auf die Scheibe gebracht. Das war ursprünglich auch ein Plan für das jetzige Album und wie ich vorhin erwähnte, ist „Was Ihr Wollt“ noch im Spirit von „Hey!“ entstanden. Daher ist der Groove eine Anleihe aus den 70er Spektrum von Ingo.

Es ist aber trotzdem jemand da, der dir die Hand reicht

Himmelfahrt ist im biblischen Sinne der Abschied von Jesus von den Erdenbürgern. Wie ist der Albumtitel zu den Songs, zum Beispiel „Gott Spricht“ zu verstehen? Ich denke hier vor allem an die Zeile „niemand von euch kommt mir jemals nah, ihr seid der Fehler meiner Schöpfung“. Ist der Mensch einfach ein Trottel? 

Der Song „Gott Spricht“ fällt ein wenig aus dem Rahmen. Der Track ist mein Aufschrei was die ganze aktuelle Situation betrifft. Das ist eine Art Generalabrechnung nach dem Motto „was für eine Scheiße geht hier eigentlich ab“. Es ist aber trotzdem jemand da, der dir die Hand reicht, wenn du am tiefsten Punkt bist. Das ist aber eher der persönliche Ansatz und nicht gesellschaftlich gemeint.

Wir sind in der Band alle in einem Alter, wo wir mit persönlichen Dingen zu kämpfen haben. Unsere Eltern sterben weg. Es vergeht kein halbes Jahr, wo nicht ein Bandmitglied ein Drama mit seinen Eltern erlebt. In den vergangenen Monaten sind uns drei Elternteile von Bandmitgliedern verstorben. Solche Dinge spiegeln sich in der Musik auf „Himmelfahrt“ wider und wir halten es nach wie vor für eine gute Idee, ein Album mit einer positiven Message zu veröffentlichen.

Ich verstehe mich selbst als Atheist, aber die Kirche ist ein Teil unserer Kultur und ich setze mich gerne damit auseinander. Die Geschichten, welche in der Bibel zu finden sind, klingen oft wie Lehrgeschichten, wie Menschen sich zu verhalten haben, allen voran im Neuen Testament. Wenn wir die biblische Geschichte als Metapher nehmen und Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen, dann muss er doch gerade auf die Menschheit heruntersehen und sagen „ihr seid nicht mein Ebenbild“. Die Menschheit tut Dinge, welche Gott nie verlangen würde und das auch noch in Gottes Namen. Anschließend kommen die Menschen angekrochen und wollen noch ihre Sünden beichten. Da muss Gott doch zu der Erkenntnis kommen, dass die Menschheit eine Schande ist.

Fahrt nicht betrunken Auto

Ally und die Geige ist auf „Autumn“ zu vernehmen und „Autumn“ ist Allys Song auf „Himmelfahrt“. Ist „Eisbrecher“ das Intro oder Outro zu „Autumn“?

Weder noch, wie haben versucht, die Songs in eine dramaturgische Reihenfolge zu bringen. Das ist für „Himmelfahrt“ zwingend gewesen. „Autumn“ ist ein kleines Schmuckstück, fällt aber sonst ein wenig vom Sound raus. Also musste der an eine Stelle, wo er einen Innehalten-Moment kreiert. Der klingt, als würde der Track aus der Filmmusik kommen. Es ist aber auch eine Verneigung vor einer Künstlerin, welche seit einigen Jahren bei uns ist und bisher noch nicht so richtig gewürdigt wurde.

Auf „Ihr Kriegt Uns Nie“ würde ich noch gerne eingehen. Eine Metapher nicht mit dem Strom zu schwimmen? Klingt da der Geist der 90er von mit einer gewissen Anti-Haltung durch?

Der ist nicht so einfach zu interpretieren. „Ihr Kriegt Uns Nie“ ist etwas rotzig und ist der letzte Song, welcher für die Platte entstanden ist. Wir benötigten noch einen Song und ich habe den dann durchgesetzt. Das der von der Plattenfirma als Single ausgesucht wurde hat uns selbst überrascht. Er ist ein freches, rotziges 30 Jahre SUBWAY TO SALLY-Ding.

Zum guten Schluss: welche drei Alben liefen bei Dir in den vergangenen Wochen?

FALL OUT BOY – “Mania”
BRING ME THE HORIZON – “Amo”
ARCHITECTS – “For Those That Wish To Exist”

Danke für Deine Zeit, die letzten Worte liegen bei Dir.

Wir haben euch alle lieb und passt aufeinander auf. Seid nett zu allen anderen Menschen und ganz wichtig: Fahrt nicht betrunken Auto.

Der erste Teil des ausführlichen Interviews beschäftigt sich mit den Anfängen von SUBWAY TO SALLY.

Quelle: Zoom Call mit Michal "Bodenski" Boden
22.03.2023

Ein Leben ohne Musik ist möglich, jedoch sinnlos

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