Subconscious
Interview mit Jörn Langenfeld zu "Irregular"
Interview
Lange hat es gedauert, bis das erste offizielle Lebenszeichen von SUBCONSCIOUS nach ihrer Wiederkunft nun endlich in den Läden steht. „Irregular“ heißt das gute Ding und steht am Ende gleich mehrerer Odysseen. 16 Jahre Bandgeschichte voller Irrungen und Wirrungen, die langwierigen, schwierigen Aufnahmen zum Album und die nicht enden wollende Suche nach einem neuen Gitarristen liegen nun endlich hinter den (mittlerweile wieder) vier Schwaben, sodass man sich fortan endlich auf das Wesentliche konzentrieren kann: „Irregular“ und den SUBCONSCIOUS-Sound unter die Leute zu bringen. Doch zunächst rollt Sänger und Gitarrist Jörn Langenfeld (auch bei ILLUMINATE tätig) die Vorgeschichte für uns aus…
SUBCONSCIOUS gibt es ja schon eine halbe Ewigkeit. Warum aber gab es die Band auch so lange nicht?
Das ganze hat 1990 als ganz normale, stumpfe, stupide Death Metal Band angefangen, wie so etwas eben anfängt: CANNIBAL CORPSE hören und geil finden und dann eben selber so Zeug machen. Es kam dann aber relativ schnell soweit, dass wir progressiver werden wollten. Wir haben damals viel CARCASS und WATCHTOWER gehört. Mir war allerdings bewusst, dass so etwas für uns technisch nicht möglich war, da die Band einfach noch in den Kinderschuhen steckte. Mit Thomas Guhl [Drums – Anm. d. Red.], der dann später bei WIZO gespielt hat bis die sich aufgelöst haben, habe ich dann angefangen, SUBCONSCIOUS zu machen. Nach unserem „Carcrasher“-Demo meinte Thomas dann aber, er müsste Grunge machen, da das zu der Zeit ziemlich groß war.
Ca. 1992 stieß Armin [Pohl, Vocals & Bass] zur Band. Armin war um einiges älter als wir und hatte gleich große Pläne mit CD machen usw. Er hatte einen zu starken Einfluss auf die Band und ich habe mir im Endeffekt das Zepter aus der Hand nehmen lassen. Eine CD aufzunehmen war für uns das größte. Wir waren dann mit Achim Köhler im Daylight Studio und haben eine Scheibe aufgenommen, auf der wir ganz furchtbaren Hard Rock gemacht haben. Niemand darf diese Platte kaufen, „Psychodiagnostics“ ist furchtbar, eine echt schlechte Platte! Wir haben total falsches Equipment verwendet und hatten überhaupt keine Ahnung! So von wegen: eine Death Metal Platte mit einer Fender Stratocaster einzuspielen… vöööölliger Blödsinn. Im Endeffekt ist mir alles etwas entglitten. Zu „Carcrasher““-Zeiten haben wir schon ziemlich geile Konzerte gespielt. Zum Beispiel mit MASSACRA, den Franzosen, mit KRABATHOR, als die noch überhaupt keine Sau kannte, oder mit SCORN, falls die noch irgendjemandem etwas sagen… SCORN waren ein Ableger von NAPALM DEATH. Aber dann kam Armin dazu und die ganze Sache war erledigt.
1995 kam dann „Das Lexikon“, das eigentlich eine ganz coole Platte war, mit unserem ursprünglichen Stil aber auch nichts zu tun hatte. Wir haben viel mit Sounds experimentiert, was dazu geführt hat, dass die Platte überhaupt keinen roten Faden drin hat. Da war Thrash Metal mit dabei, dann mal Punkrock, mal eine Ballade mit Western-Gitarre, die wir im Treppenhaus gespielt haben und derlei Blödsinn… Irgendwann hat Armin dann mit seiner tatsächlichen Intention herausgerückt: Er wollte nämlich deutschsprachiges Zeug machen, was auf „Das Lexikon“ auch schon ein wenig so war. Ich fand das alles etwas obskur. „Das Lexikon“ war dann schon etwas härter als „Psychodiagnostics“, aber immer noch nicht das, was ich eigentlich machen wollte.
1996/97 haben wir dann mit SONNENGOTT angefangen, haben damit im Laufe der Jahre auch zwei Platten herausgebracht, und haben SUBCONSCIOUS völlig auf Eis gelegt. SONNENGOTT fand ich irgendwo schon geil. Es war aber auch nicht das, was ich eigentlich machen wollte. Dann gab es da noch TALES OF SORROW. Konni, der jetzt bei uns Schlagzeug spielt, hat da auch schon mitgewirkt. Wir haben immer versucht, TALES OF SORROW etwas in die progressive Ecke zu schieben, was aber nicht funktioniert hat, da die anderen Leute in der Band allesamt eher auf 4/4 ausgelegt waren. Daraufhin haben wir uns „heimlich“ (lacht) getroffen und total wirres Zeug gejammt, das hauptsächlich von MESHUGGAH beeinflusst war. Das war um 1999/2000. 2002 habe ich dann angefangen, eigenständig Demos aufzunehmen. Ich hab einen Drumcomputer programmiert, alles selber eingesungen, Gitarren und Bass eingespielt. Nachdem ich Konni die Demos vorgespielt hatte, meinte er auf einmal ‚lass uns das doch als SUBCONSCIOUS machen‘. Daran hatte ich zuvor nicht gedacht. Daraufhin haben wir angefangen, das ganze etwas seriöser anzugehen. Mit Thomas Pfänder [ex-Gitarrist] wollte ich sowieso schon ewig mal etwas machen. Der hat dann noch den Rainer [Bass] mitgebracht, und dann ging’s los. 14 Jahre hat es gedauert, bis ich den Bogen zum Death Metal zurück gespannt hab. Wenn Du „Carcrasher“ hörst, weißt Du genau, wo die Wurzeln liegen. Klar, vom Spielerischen her noch nicht so toll, aber es war technischer Death Metal im Stil von CARCASS.
Dann auch mit Harmonizer-Vocals?
Nein, das nicht. Nur vom Musikalischen her. Wenn man überlegt, dass das von 1992 bis 2004 so einen riesigen Bogen gemacht hat, ist „Irregular“ eigentlich der Nachfolger von „Carcrasher“.
Euer Proberaum-Demo, das ich Ende 2004 in die Finger bekam, ist ja nun auch schon etwas älter. Was ist in der Zwischenzeit geschehen, das die Veröffentlichung von „Irregular“ derart verzögert hat?
Wir hatten uns zuerst überlegt, in Ludwigshafen im Soundbunker aufzunehmen. Einen Großteil der Platte hatten wir dann auch eingespielt, bis uns ein Festplattencrash weit zurückgeworfen hat. Wir waren aber auch relativ schlecht vorbereitet. Das hat dann derart an uns gezehrt, dass der Pfänder irgendwann gesagt hat, er hat keinen Bock mehr und würde sowieso viel lieber Jazz-Gitarre studieren, was er dann auch angefangen hat. Mittlerweile gibt er nur noch Gitarrenunterricht und spielt kurioserweise als Schlagzeuger in einer Folk-Band. Nach diesen ganzen Schwierigkeiten wollten wir es einfach noch einmal anpacken und haben uns dann Zeit gelassen.
War es geplant, mit dieser Platte einen Deal einzufahren, oder war das eher eine glückliche Fügung?
Wer will keinen Deal? Natürlich will man einen Deal haben. Am Anfang war es allerdings so, dass wir einfach eine Platte machen wollten, die uns gefällt. Ich seh das immer so: wenn die Platte noch jemand anderem gefällt, ist das OK; wenn nicht, ist das auch OK. Robby [Supreme Chaos Records-Chef – Anm. d. Red.] hat uns irgendwann einmal live gesehen und war so begeistert von uns, dass er meinte, er wolle das unbedingt machen. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings schon lange geplant, dass wir eine Platte aufnehmen. Die Zusammenarbeit mit Robby fand ich vor allem deshalb gut, weil dadurch ein Druck entstanden ist, die Platte zügig fertig zu bekommen.
Seit kurzem seid Ihr ja wieder zu viert. Die Suche nach einem Ersatz für Thomas Pfänder hat sich ja ewig hingezogen. Wie seid Ihr im Endeffekt auf Robert gekommen?
Im Prinzip durch eine Anzeige in einem Forum. Ich habe ewig lange in allen möglichen Foren inseriert. Wir hatten auch einige Kandidaten. Aber entweder waren sie supernett und sympathisch, konnten unsere Anforderungen aber nicht erfüllen, oder es war irgendetwas anderes. Ein ganz skurriler Fall war: es hat sich einer vorgestellt, der gut spielen konnte und von der Auffassungsgabe her ziemlich gut war. Nach zwei, drei Proben hat sich aber herausgestellt, dass er keine Konzerte spielen wollte, woraufhin er gleich wieder seine Sachen packen konnte. Robert hat eigentlich nur auf einen Forenbeitrag geantwortet. Er habe sich unser Material auf unserer Homepage angehört, finde es auch ganz geil, würde sich das auch zutrauen, sei aber erst 18. Anfangs war ich etwas skeptisch, da wir – abgesehen von Rainer – alle ziemlich alte Leute sind und wissen, was wir wollen. Wir haben aber so lange gesucht – ziemlich genau ein Jahr lang –, dass ich gesagt habe ’scheiß drauf, wir probieren es mit ihm‘. Wir haben uns dann getroffen, ich habe ihm vier Stücke mitgebracht und ihn darum gebeten, ein oder zwei davon vorzubereiten, damit wir sie in zwei Wochen zusammen proben können. Tja, und nach zwei Wochen konnte Robert eben alle vier. Wir haben es dann mit ihm probiert. Was die Auffassungsgabe anbelangt, ist er ultraschnell. Wenn ich mit 18 so hätte spielen können… wow!
Lass uns doch mal über den Sound der Platte sprechen. Du sagst ja selber, dass der nicht so der Burner ist.
Nein, der Sound ist wirklich nicht der Burner. Ich habe jetzt schon die unterschiedlichsten Meinungen über den Sound gehört. Manche sagen, es sei mal was anderes als die ganzen lupenrein produzierten Platten und es sei an der Zeit, dass mal etwas anderes kommt. Das sehe ich aber nicht so. Den heutigen Standard bilden in etwa Platten wie die von NECROPHAGIST, wobei das auch kein Sound für uns wäre, da er zwar beeindruckt, mir dann aber doch wieder zu klinisch ist. Wie gesagt: die einen mögen den Sound aufgrund seiner Rohheit, die anderen sind enttäuscht davon, weil doch alles recht undifferenziert ist. Ich kann ihn selber objektiv gar nicht mehr beurteilen. Es gibt Anlagen, auf denen ich die Platte Killer finde, und es gibt Anlagen, auf denen ich nur denke ‚ach du Scheiße…‘. Es war einfach ein finanzielles Problem. Die Platte war so schon teuer genug, da wir sehr lange dafür gebraucht haben, und mussten am Ende dann eines der günstigsten Angebote annehmen. Mit Robby haben wir auch nur einen Vertriebsdeal, sodass – abgesehen von der Promotion – einfach nicht so viel Budget reingebuttert wird. Da mussten wir Zugeständnisse machen.
Welche Ziele verfolgt Ihr denn mit der Band?
Die Ziele, die eigentlich jeder hat. Natürlich möglichst viele Platten verkaufen, logisch, eine bessere zweite Platte machen (lacht), Festivals spielen, überhaupt Konzerte spielen. Ich bin mittlerweile 32 und sage einmal, dass die ganze Träumerei bei mir vorbei ist. Es wäre schön, wenn das mit den Konzerten etwas mehr und vielleicht auch etwas größer wird, dass wir einmal auf einem größeren Festival spielen könnten. Ansonsten ist das mit den Zielen nicht so einfach, weil wir uns das alles mit ewig langen Touren usw. schon abgeschminkt haben. Ich will einfach meinen Spaß haben.
Welchen Stellenwert nimmt die Band dann für Dich ein?
Den ersten.
Was ist mit ILLUMINATE?
ILLUMINATE ist eigentlich nur ein Angestelltendasein. ILLUMINATE probt im Jahr – wenn’s hochkommt – drei mal. Mittlerweile haben wir einen richtigen Schlagzeuger. Früher war es noch einfacher. Da hat man sich eben die Playbacks hin- und hergeschickt und ein bisschen drauf gespielt. Vor einer Tour oder einem Konzert hat man sich ein- oder zweimal getroffen, hat das Set durchgespielt, und gut war. Das wird auch in Zukunft so sein. Priorität liegt demnach auf jeden Fall auf SUBCONSCIOUS. Wie ich vorher schon sagte: wenn vielen Leuten gefällt, was wir machen, und sie uns öfter live sehen wollen, dann spielen wir auch immer öfter live und nehmen auch öfter Platten auf. Aber noch so ein finanzieller Kraftakt wird schwer und wahrscheinlich auch nicht realisierbar sein. Da wird man sehen müssen, wie gut sich die Platte verkauft und inwieweit die Plattenfirma dann bereit ist, Geld in zukünftige Veröffentlichungen zu stecken. Zur Not gibt es eben nicht jedes Jahr oder alle anderthalb Jahre eine Platte, sondern erst, wenn wir wieder Kohle haben…
Wie würdest Du die Platte zusammenfassend beschreiben?
Auch wenn ich damit wieder in ein Fettnäpfchen trete… meine Bandkollegen haben mir schon gesagt, dass wir zu sehr mit DEATH in Verbindung gebracht werden. Aber wem Platten wie „Symbolic“, „Individual Thought Patterns“, „Human“ oder auch die letzte von 1998 gefallen, sollte ruhig einmal ein Ohr riskieren. Wir sind DEATH-Fans, geben das auch offen zu und stehen unendlich drauf. In gewisser Weise ist es auch eine Art Tribut oder Hommage an Schuldiner, wobei man dazu sagen muss, dass es nie die Intention gewesen ist, Stücke zu schreiben, die wie DEATH klingen. Das hat sich so ergeben, das sind die Einflüsse. Ganz einfach. Rainer wurde auf einem Festival schon darauf angesprochen, dass er spielt wie Steve DiGiorgio. Dabei kennt er den nicht einmal, da er mit Death Metal sonst überhaupt nichts am Hut hat. Die Art, wie wir spielen und Stücke schreiben, und die Teile, die von uns in die Musik mit eingebracht werden, scheint einfach in die Richtung zu gehen, die DEATH gemacht haben. Bei uns hat nie jemand gesagt ‚wir müssen jetzt klingen wie DEATH‘. Wir haben live zwar gerne „Symbolic“ gecovert. Das lassen wir mittlerweile aber bleiben, da wir davon weg wollen. Es ist sehr, sehr schwer für uns, nicht mit DEATH in Verbindung gebracht zu werden. Es scheint aber zu funktionieren, die Leute finden uns trotzdem gut!
Eure eigenen Songs müsst Ihr ja auch keineswegs hinter einer Coverversion verstecken. „Mankind Killing Machine“ ist zum Beispiel ein absoluter Killer.
Danke. Wobei das ein Song ist, der – wenn man so wollte – am ehesten auf „Human“ hätte stehen können. Es war allerdings auch keinerlei Intention dahinter, ein Stück zu schreiben, das von mir aus klingt wie „Together As One“ oder „Suicide Machine“ (lacht). Es ist immer schwer, den Leuten zu erklären, dass so etwas einfach passiert. Ich höre DEATH schon ewig und finde es brutal geil. Dann triffst Du Dich im Proberaum und schreibst Stücke, die klingen wie DEATH, obwohl Du es gar nicht willst.
Es gibt Schlimmeres…
Natürlich gibt es Schlimmeres. Das Problem, das wir damit haben ist, dass wir uns immer mit DEATH messen müssen. Und das geht nicht. Du kannst Dich nicht mit einer Legende messen. Den Schuh haben wir uns jetzt eben angezogen und dazu stehen wir jetzt auch.
Denkst Du, es ist Euch eher zuträglich, dass man Euch so mit DEATH vergleicht, oder wird es eher Erwartungshaltungen enttäuschen?
Sowohl als auch. Einige werden uns sicher vorwerfen wir klingen wie ein DEATH-Plagiat. Andere freuen sich vielleicht, dass es wieder eine Band gibt, die wieder in diese Richtung Musik macht. Wenn man das Original nicht mehr sehen kann, nimmt man vielleicht Vorliebe mit einem Plagiat, wenn man es so böse ausdrücken will (lacht). Wir haben zwar Strukturen drin, die an DEATH erinnern, aber wir haben meiner Meinung nach auch einen eigenen Stil. Zu sagen ‚es ist progressiv, es ist vertrackt, es ist technisch, der Langenfeld schreit irgendwie in der Richtung – also ist es ein DEATH-Plagiat‘ wäre zu einfach.