Stormwitch
Interview mit Andy Mück zu "Witchcraft"
Interview
Nachdem es mit einem Interview bei der Listening Session aus zeitlichen Gründen nicht klappen sollte, rief mich Stormwitch-Frontmann Andy Mück ein paar Tage später an, um mir zum neuen Album und zu alten Geschichten Rede und Antwort zu stehen. Äußerst freundlich und in bester Mitteilungslaune präsentierte sich der Lockenkopf als sehr sympathischer Gesprächspartner, was jedoch mit Sicherheit auch daran lag, dass wir das Interview komplett auf Schwäbisch abhielten. Ich sag euch, aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen ist viel leichter, als aus der eigenen Muttersprache! 🙂 Im Endeffekt hat es jedoch dennoch hingehauen, das Resultat könnt ihr hier lesen. Viel Spaß!
Hi Andy! Du Armer musst jetzt so spät noch ein Interview mit mir machen. Viertel nach neun ist ja nicht gerade eine „christliche“ Uhrzeit…
Haja, du weißt ja, Kreaturen der Nacht…
Also sind wir wahrscheinlich sogar noch zu früh dran, wie, haha?
Jaja, die beste Zeit ist natürlich immer zwischen zwölf und eins, haha!
Ja, da muss ich dann so langsam ins Bett! Habt ihr denn noch gut gefeiert nach der Listening Session am Freitag? Wie hast du den Tag und euren Auftritt denn so erlebt?
Ja, war noch ganz nett! Aber ich muss sagen, dass ich so was noch nie erlebt habe. Normalerweise ist es so, dass beim ersten Song die Reaktionen noch eher abwartend sind, aber an diesem Abend war es anders. Wir kommen raus auf die Bühne und die Leute strahlen mich irgendwie glücklich an! Es hat richtig Spaß gemacht, da zu spielen. Das ist das, wofür ich eigentlich lebe, dass man zusammen Spaß hat, dass der Funke überspringt, und dass man einfach eine gute Zeit hat.
War das eigentlich der einzige Gig in nächster Zeit oder steht anlässlich des neuen Albums auch eine richtige Tour an?
Wir werden uns in nächster Zeit eher rar machen. Die Band gibt es mittlerweile schon so lange und normalerweise sagen Bands ja immer, dass viel live zu spielen das Nonplusultra sei. Für junge Bands mag das stimmen und es ist auch klar und wichtig, dass sie viel Erfahrung sammeln. Bei uns ist es jedoch so, dass wir schon so lange existieren und diese Erfahrung schon haben. Für uns ist es eher besser, nur an bestimmten Abenden zu spielen, wo beide Seiten dann begeistert sind. Es kann halt auch mal vorkommen, dass man irgendwo mit reinrutscht, wo die Leute dann nicht unbedingt auf einen gewartet haben. Das ist dann für beide Seiten frustrierend, wenn wir die Leute im Prinzip mit unserer Musik nerven, haha! Das wichtigste ist wie gesagt, dass man zusammen feiert. Deshalb wollen wir jetzt eher gezielt an Abenden spielen, auf die sich die Leute dann auch freuen. Und wir freuen uns dann auch.
Aber wie sieht es jetzt aus, wenn das neue Album rauskommt, wollt ihr das doch sicher auch live promoten, oder setzt ihr darauf, dass es ein Selbstläufer wird?
Das läuft dann über andere Kanäle. Wir machen wie jetzt gerade unheimlich viele Interviews, dazu wird es ein Video geben, sodass wir eben in den Medien sehr präsent sind. Bei Festivals wird man uns auf jeden Fall aber auch sehen.
Dann wahrscheinlich eher so die prestigeträchtigen Festivals, oder?
Ich weiß jetzt nicht genau, was Nuclear Blast alles geplant haben, aber wahrscheinlich schon große Festivals, die man eben so kennt.
Zu welchem Song habt ihr denn das Video gemacht?
Zu „Fallen From God“, denn das hat eine ganz interessante Geschichte. Gerade wenn man abends mal weggeht und es ein bisschen später wird, unterhält man sich doch gern mal mit jemanden über Gott und die Welt und an einem dieser Abende hatte ich ein interessantes Gespräch, als ein Mädel etwas zu mir sagte, das ich echt bemerkenswert fand. In der Philosophie ist es ja so, dass diejenigen, die Theorien aufgestellt haben, Gott entweder ausklammern oder versuchen, ihn einzubeziehen. Es gibt also ein Pro und ein Contra. Ihr Ansatz war deshalb ganz erstaunlich, weil sie Gott nicht in Frage stellt, sondern einfach fragt: Wenn es jemanden gibt, der die Macht hat, die Erde zu schaffen oder möglicherweise das ganze Universum, warum schafft er dann einen Planeten, wo praktisch alle Lebewesen dazu gezwungen sind, sich gegenseitig aufzufressen, um zu überleben? Der muss doch dann ein perverses Arschloch sein, haha. Und das fand ich einen interessanten Ansatz, denn es ist tatsächlich eine Überlegung wert: wenn jemand wirklich die Macht hat, einen Planeten oder das Universum zu erschaffen, warum hat er ihn dann nicht irgendwie anders konzipiert?
Ja gut, aber wenn du jetzt Satan als zweite Macht siehst, kannst du das ja auf seinen bösen Einfluss schieben. „Gottes Werk und Teufels Beitrag“…
Und genau jetzt sind wir schon in dieser interessanten Diskussion, die dieser Gedanke auslösen soll! Soweit ich mich erinnern kann, ist Satan ja nur eine Erfindung der Religion. Damit eine Religion gut sein kann, muss man natürlich einen Gegenspieler erfinden, der böse ist, und genau darum geht es bei dem Song auch. Man findet sich dann plötzlich in einer schönen, hitzigen Diskussion wieder, und genau das soll der Song auch auslösen.
Das könnten wir hier auch richtig schön ausspinnen. Was mir bei dem Song aufgefallen ist, ist natürlich der Kinderchor. Wie seid ihr denn auf diese Idee gekommen und was spielt er für eine Rolle im Song?
Haha, Stormwitch waren ja was Musik und Arrangements angeht immer schon recht mutig, wenn wir es einmal so ausdrücken wollen. Wir haben schon immer gern mit den Klischees gebrochen, waren vielleicht manchmal etwas zu mutig und haben dadurch den einen oder anderen verprellt oder vor den Kopf gestoßen. Wir versuchen eben immer, das Ganze spannend zu halten. Für uns und für die anderen. Wir probieren gern Sachen aus und das hat sich bei dem Song praktisch angeboten. Denn der Refrain stellt praktisch eine Verneinung dessen dar, was man beispielsweise bei Kommunion oder Konfirmation daherleiert. Da gibst du doch normalerweise immer dieses Glaubensbekenntnis ab, und das hier ist unser Nicht-Glaubensbekenntnis. Durch den Kinderchor bekommt das ganze noch eine ziemlich ironische Note, haha!
Es ist ja auch eine relativ fröhliche Melodie für das, was es eigentlich ausdrückt.
Ja genau, haha! Das ist meine spezielle Art von Humor, es ist einfach ziemlich böse.
Gehen wir doch einfach mal ein wenig zurück in der Geschichte. Erzähl mir doch mal wie es damals eigentlich zu eurem Split kam.
Man kann sagen, dass da viele Faktoren zusammenkamen. Ein langsames Zerbröseln der Band konnte man schon seit dem „Eye Of The Storm“ Album beobachten, denn bereits damals hatte Harry eigentlich schon keine richtige Lust mehr gehabt. Seinen aktiven Part hat er damals schon an den Nagel gehängt und nur noch das Management für die Band gemacht. Zwei Jahre später wollte dann Stefan auch nicht mehr so richtig. Ich selber war mir dann auch nicht mehr so sicher, ob es überhaupt noch Sinn macht, das ganze noch weiterzuführen. Ich fand es aber auch schade, denn das Grundkonzept hatten sich damals ja eigentlich der Harry und der Stiefel ausgedacht. Der Stiefel ist der Stefan Kaufmann, der heißt intern so, haha!
Besser ein Stiefel als ein Stoffel, haha! Trotzdem habt ihrs ja dann noch bis 1994 zusammen ausgehalten.
Ja, wie gesagt, ich fand das Konzept eigentlich immer großartig. Sprich die Mischung aus klassischem Heavy Metal und Themen aus der Weltliteratur in einer eher dunklen Atmosphäre. Ich fand das immer klasse. Deshalb habe ich versucht, das ganze weiterlaufen zu lassen, was sich mit neuen Leuten allerdings denkbar schwierig gestaltet hat, da einfach die Chemie nicht gestimmt hat.
Du wärst dann praktisch der einzige verbleibende Veteran gewesen?
Ja genau! Ich hab dann zwar versucht, es mit den neuen Leuten wieder auf stabile Füße zu stellen, aber wie gesagt, die Chemie hat einfach nicht gestimmt, weil die Neuen auch versucht haben, die Band umzukrempeln und musikalisch in eine andere Richtung zu drängen. Anfang der 90er war ja dann dieses Grunge-Zeug groß und es war schwierig, mit traditionellem Metal in den Medien überhaupt noch respektiert zu werden. Die Stimmung war demnach auch so „was wollen eigentlich die Metalbands noch?“ Es wurde zunehmend schwieriger und frustrierend. Ich habe im Prinzip auf allen Ebenen gekämpft. Einmal innerhalb der Band, da wir uns nicht mehr einig waren und zum anderen der Zeitgeist, der uns umgeben hat, und der auch voll gegen uns war. Und weil ich eben kein Masochist bin und nicht auf Leiden stehe, hab ich an einem bestimmten Punkt gesagt „schade, das wars“. Wie gesagt, ich fand Stormwitch immer klasse, aber wenn man eben nur noch permanent Prügel bezieht ist irgendwann der Punkt erreicht, wo man dann sagt „Stop“.
Danach hast du dich ja dann relativ schnell an dein Musical gemacht.
Ja, Musik hat mir schon immer Spaß gemacht, und zwar nicht nur das Musikmachen sondern auch das Komponieren und wie das alles funktioniert. Wie gesagt, ich fand es schon immer großartig was sich der Harry und der Stiefel da immer ausgedacht haben und gerade am Anfang war ich noch nicht so weit und dachte immer, dass meine Kompositionen noch nicht so ausgereift sind. Deshalb habe ich immer die beiden machen lassen, weil es einfach gut war, was sie gemacht haben. Später, bei „Eye Of The Storm“ hat sich das ganze dann etwas verwässert. Harry ging dann tendenziell immer mehr in diese Pop/Rock-Richtung, was dann nicht mehr so gepasst hat. Ich brauchte einige Zeit, bis ich die Visionen, die ich im Kopf hatte, auch entsprechend umsetzen konnte.
Wann hast du begonnen, das Musical zu schreiben?
Das war so ab 1994, als ich anfing, darüber nachzudenken.
Wie muss man sich das denn vorstellen? Geht es auch in die Richtung, in die Tobias Sammett mit seiner Metal-Oper Avantasia gegangen ist, quasi ein Metal-Musical?
Bei mir ist es eher eine Mischung aus folkloristischen Einflüssen und Rock. Die Idee dahinter war, die Geschichte Merlins einfach mal komplett zu erzählen. Es gibt da ja einige Versuche, die aber alle nicht umfassend sind.
Also geht es auch um die Arthur-Sage?
Hauptsächlich geht es um die Entwicklung von Merlin selbst. Die Arthur-Sage und die Tafelrunde spielen sicher mit rein, klar, das gehört schon alles zusammen. Auf RTL gab es ja mal einen Zweiteiler, der das Thema auch aufgerollt hat. Allerdings fand ich den nicht optimal besetzt. In meiner Vorstellung hätte es ein wenig anders aussehen müssen.
Eher im „Herr der Ringe“-Format, also pompöser?
Ja genau so! Denn die Figur Merlin hat etwas größeres verdient.
In welcher Form wird das Musical denn nun endgültig erscheinen? Ist es für die Bühne gedacht oder eher für eine Veröffentlichung auf CD?
Das Musical liegt mittlerweile wieder auf Eis. Denn über die Arbeit daran habe ich ja dann den Martin Winkler kennen gelernt, der das ganze ja für mich aufgenommen hat. Das Nette daran war, dass er mir in den Pausen bei den Aufnahmen etwas vorgespielt hat, was er sich ausgedacht hatte und einfach ganz grob einmal aufgenommen hat. Und als ich das hörte, dachte ich sofort, das klingt doch total nach Stormwitch! Ja, und Merlin haben wir dann geparkt, als es mit Stormwitch wieder losging und wir uns 100%ig darauf konzentrieren wollten. Merlin war für mich eher so ein Hobby, ein Steckenpferd, da mir Musik, wie erwähnt, schon immer Spaß gemacht hat. Ich wollte eben nicht einfach gar nichts machen. Ich habe einen Gedanken weiterverfolgt, weiter ausgesponnen und dann eben durch die Aufnahmen in die Tat umgesetzt. Ob jemals etwas draus geworden wäre, weiß ich nicht. Der Ansatz war jedenfalls ganz gut. Vom Klang her wäre es ziemlich irisch gewesen mit vielen Rockeinflüssen. Ich weiß nicht, ob es etwas Vergleichbares gibt, auf jeden Fall nette Musik.
Vielleicht Richtung Fiddler’s Green?
Ja, so in dieser Richtung ungefähr, wobei man es auch nicht komplett damit vergleichen kann.
Hast du denn vor, das Projekt noch zu vollenden?
Das wird wahrscheinlich nix mehr, haha! Dadurch, dass wir jetzt bei Nuclear Blast unter Vertrag sind, haben wir natürlich auch mehr Verpflichtungen, denen wir dafür aber auch gerne nachkommen, weil alle Leute, die immer an Stormwitch geglaubt haben, jetzt endlich einmal stolz auf uns sein können! Jetzt haben wir die Chance, dass sich endlich Größeres bewegt!
Wie kam es denn dann genau zu eurer Reunion?
Der entscheidende Anruf kam von Markus Wosgien. Der Markus rief mich eines Abends an und meinte „Hör zu, es gibt da eine schwedische Band, Hammerfall, und die spielt heute Abend in der Rockfabrik.“ Ob ich nicht Lust hätte mitzukommen, denn Oscar, der Gitarrist, sei ein riesiger Stormwitch Fan und es sicher nett wäre, wenn wir uns mal treffen könnten. Gut, ich hatte Zeit, also warum nicht. Und ich fand es echt interessant, was Hammerfall da gespielt haben. Wir haben uns dann unterhalten und sie waren auch wirklich nett und ich habe gemerkt, dass sich doch wieder etwas in Richtung klassischem Metal bewegt. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich mir trotzdem nicht vorstellen, Stormwitch wieder ins Leben zu rufen, weil mir immer noch das Problem bewusst war, dass ich nicht die richtigen Leute hatte. Das hat wiederum auch wieder der Markus [Wosgien, Anm. d. Red.] ins Rollen gebracht, der mich dann mit Fabian Schwarz, Dominik Schwarz und Alexander Schmidt in Verbindung gebracht hat. Die Jungs sind ja auch schon ein bisschen älter und das lustige war, dass sie alle noch die eine oder andere Stormwitch Platte bei sich zu Hause rumliegen hatten und schon immer davon begeistert waren.
Im Prinzip war das dann der richtige Haufen, um das ganze wieder ins Leben zu rufen. Alte Fans wollen zwar immer die Originalbesetzung. Aber zur Originalbesetzung ist diese die beste Alternative, weil das jetzt wirkliche Stormwitch Fans sind, die jetzt in der Band spielen. Von der kompositorischen Ausrichtung her gab es nicht irgendwelchen Stress, weil wir einfach den gleichen Background haben. Und die Chemie stimmt einfach! Es ist zum ersten Mal so, dass es auch wirklich Spaß ist! Sonst ist es ja immer so, dass einer irgendwie missmutig ist und ein schlechtes Feeling mit in die Truppe bringt. Diesmal ist es allerdings fast schon zu perfekt. In dieser Welt gibt es zwar nichts Perfektes, aber es läuft mittlerweile schon drei Jahre optimal.
Seid ihr dann über Markus dann gleich zu Nuclear Blast gekommen oder hattet ihr noch andere Alternativen?
Nein, zuerst haben wir ja über Silverdust „Dance With The Witches“ veröffentlicht. Das war auch gut so, denn der Osti [Achim Ostertag, Chef von Silverdust, Anm. d. Red.] hat werbemäßig unheimlich viel gemacht und der Martin Winkler kannte ihn auch persönlich. Im Grunde genommen waren wir auch noch etwas unsicher, ob es überhaupt Sinn macht, Stormwitch wieder ins Leben zu rufen. Wir wollten uns dann erst wieder vorsichtig in die Szene hineintasten. Es muss ja auch beiden Seiten Spaß machen, weißt du? Das schlimmste wäre ja, wenn sich Publikum und Band gegenseitig auf die Nerven gehen, haha! Um noch mal auf den Anfang zurückzukommen: das sind dann die Sternstunden, wenn man zusammen Spaß hat! So wie es auch bei der Release Party war. Genau für so was lebe ich. Das sind die Momente, wo es sich für beide Seiten lohnt.
Dann waren Silverdust ja genau die richtige Wahl für euch, wenn ihr euch erst einmal wieder einfühlen wolltet.
Ja genau! Ich wollte nicht gleich wieder einen Riesendeal machen und nachher herrscht dann die Meinung, dass wirs lieber hätten sein lassen. Es ist eben immer eine kitzlige Sache, wenn man nicht im Original Line-Up auftritt. Aber wie gesagt, mit dem Original Line-Up würde es keinen Sinn mehr machen, denn Harry hat sich ja bereits nach der „Eye Of The Storm“ zurückgezogen. Was mich allerdings überrascht hat, war, als er dann 1998 mit Lee Tarot’s „Myst“ ein Album gemacht hat. Da war ich ziemlich verblüfft. Er hatte eigentlich seine Gitarre an den Nagel gehängt, um sich ganz dem Management zu widmen. Er hat damals schon andere Bands gemanagt und wollte aktiv eigentlich keine Musik mehr machen.
Ja, das kommt einem dann schon ein wenig komisch vor…
Gut, da sag ich jetzt nichts dazu… Man kann sich seinen Teil dazu denken. Bei Stefan war es dagegen schon immer so, dass er gesundheitlich ein wenig angeschlagen war. Ihm wurde es damals dann einfach ein bisschen zu viel. Er war damit physisch und psychisch überfordert und wollte sein Leben in ruhigere Bahnen lenken.
Auf eurer Homepage hab ich gelesen, dass es vor dem Album „Dance With The Witches“ den entsprechenden Song „Dance With The Witches“ gab, den ihr einem besonderen Fan von euch gewidmet habt. Welche Geschichte verbirgt sich denn dahinter?
Als wir damals in Bulgarien gespielt haben, das muss so um 1988 gewesen sein, oder war es ’90? Es ist so viel passiert, haha, also ganz genau weiß ich es nicht mehr. Jedenfalls war es zu der Zeit, als wir viel im Osten unterwegs waren. In Bulgarien hat uns auf einem Konzert ein Fan gesehen, der damals noch ein Teenager war. Der ist dann tatsächlich aus Bulgarien abgehauen, nach Deutschland gekommen und hat es wirklich geschafft, uns hier zu finden! Er hat dann tatsächlich ein paar Jahre bei uns gelebt und gewohnt und hatte hier auch einen Job. Er hat auch eine große Rolle dabei gespielt, dass wir heute wieder zusammen sind, denn er hat auch ständig auf nette Art Druck gemacht, so „ein Leben ohne Stormwitch ist doch kein Leben“ und so, haha. Ihm ist die erste Nummer gewidmet. Eigentlich war es sogar ein Geburtstagsgeschenk. Wir haben das Ding eingespielt und es war mehr oder weniger ein Gag, weil er immer gestresst hat, dass es endlich mal wieder was neues von Stormwitch gibt. Wir habens dann allerdings aufgenommen und ihm zum Geburtstag geschenkt und dabei dachte ich mir schon „Mann, das hört sich verdammt nach Stormwitch an“, haha!
Das war dann aber schon nach dem Treffen mit Markus Wosgien, als du deine neuen Leute dann schon um dich hattest, oder?
Ja, das war ja das Lustige! Ein paar Jahre lang war ja tatsächlich Ebbe, was aber auch irgendwo wichtig war. In dieser Zeit, als ich viel mit dem Musical beschäftigt war, hatte ich auch viel Zeit zum Nachdenken, was an der Band irgendwie gut war und was nicht so gut war. Und das ist jetzt auch das Schöne, dass wir jetzt gereifter und mit mehr Erfahrung praktisch eine zweite Chance haben, um vieles richtig zu stellen. Ich habe jetzt auch die Chance, vielen Leuten danke zu sagen, die uns früher schon unterstützt haben. Man kann auch Sachen wiedergutmachen, die man in der Vergangenheit vielleicht versiebt hat, haha!
Wieso, wem hast du denn was angetan?
Nee, in Wirklichkeit, das darf man ja eigentlich gar nicht sagen, bin ich ja sterbenslangweilig. Die meiste Zeit sitze ich wirklich nur langweilig in der Ecke und lese irgendwas. Am interessantesten bin ich wahrscheinlich wirklich auf der Bühne. Da bin ich wahrscheinlich am leidenschaftlichsten. Aber eigentlich darf ich das ja gar nicht sagen, damit schneid ich mir ja ins eigene Fleisch, haha! Aber ich nehme mich zum Glück ja selber nicht zu ernst…
Haha, gut so! Aber noch eine Frage zum Album: es wirkt ja alles recht schlüssig, nur der letzte Song, der „Drinking Song“, der MUSSTE drauf, oder, haha? Denn wenn man sich mal den Bonustrack „Blood Lies In My Hands“ anhört, dann ist der ja eigentlich viel stimmiger mit dem Rest des Albums. Wieso habt ihr die beiden Songs nicht vertauscht?
Puh, gute Frage. Aber da hast du vollkommen recht! Das ist das, was an der Band schon immer das originell-besondere oder aber das bescheuerte war, was ich vorher schon angesprochen hatte. Wir machen das alles nicht wirklich überlegt. Vieles, was in den letzten zwanzig Jahren entstanden ist, waren extrem spontane Ideen, wo wir uns danach selber gefragt haben, wie das eigentlich passiert ist, haha! Genauso verhält es sich mit dem „Drinking Song“. Im Prinzip reflektiert es das, was wir miteinander erlebt haben und was wir auch live erlebt haben. Seit es uns in dieser Besetzung wieder gibt, war einfach alles immer ein riesen Hallo und Party usw. und dieser Song reflektiert das ein wenig. Wo du natürlich recht hast ist, dass es für Stormwitch wohl eher eine ungewöhnliche Nummer ist, die aus dem üblichen Rahmen einfach herausfällt.
Was hörst du denn momentan so?
Puh, das ist bei mir immer schwierig. Denn wenn ich jetzt sage, dass ich im Prinzip querbeet durch alle Musikstile höre, dann stößt das verschiedenen Leuten wahrscheinlich sauer auf. Im Metal war es ja eigentlich schon immer Gesetz, dass man nur Metal hören darf.
Ja gut, aber das ist ja bei mir nicht anders, und darüber sollte man sich ja keinen Kopf machen müssen. Man hört eben das, was einem gefällt.
Ja, bei mir ist es halt eine echte Liebe… nee, das ist jetzt auch wieder blöd, weil ich damit ja praktisch sage, dass andere Musik nicht wirklich lieben. Ich habe Musik irgendwo immer als Ganzes gesehen. Das kommt bei mir von klein auf. Ich komme aus einer Musikerfamilie und schon als Kleinkind, wenn irgendwo Musik lief, bin ich dazu herumgesprungen, hab gestrahlt, mich dazu bewegt. Es war schon immer eine Art religiöser Verzückung, haha! Musik macht mir einfach Spaß, und ich konnte das noch nie so selektiert sehen, dass ich das eine großartig finde und das andere ablehne. Es gibt schon Musik, die vielleicht nicht so gut gemacht ist, oder die zu verkopft ist, was vielleicht nerven kann, aber generell geht’s bei mir durch alle Musiksparten durch.
Wenn du jetzt ein paar Bands nennen müsstest, wären das dann eher neue Kombos oder eben die Klassiker?
Hmm, also echte Liebe sind natürlich die alten Sachen, logisch. Die verbindet man ja auch mit viel mehr Sachen. Das sind dann die Scheiben, bei denen du die ersten Mädels abgeschleppt hast usw. und so bist du in der Musik halt gleich viel mehr drin. Also klar, Iron Maiden, Judas Priest oder DIO sind natürlich schon die entscheidenden Dinger, ganz klar. Das hat ja unseren Stil auch irgendwo mitgeprägt. Es war ja immer dieser Mix. Wir haben zwar schon was eigenes draus gemacht, aber die Einflüsse aus dieser Ecke sind auf jeden Fall vorhanden.
Jetzt haben wir so lange in der Vergangenheit gestochert, wie sieht es denn mit eurer Zukunft aus? Was für Pläne habt ihr denn jetzt, gerade mit einem so großen Label wie Nuclear Blast im Rücken?
Wir haben ja alle schon einige Erfahrung, die anderen haben ja auch teilweise schon in interessanten Bands gespielt. Marc war ja z.B. in der Endbesetzung von Tyrant, bevor die sich aufgelöst haben. Fabian war in einer Besetzung von Tyran Pace, allerdings in einer Phase, in der sie eher so progressive Sachen gemacht haben. Durch diese Erfahrung, die wir schon haben, sind wir, sag ich mal froh, wenn wir gesund bleiben und die nächsten Jahre noch jede Menge Spaß haben. Als junge Band hast du schon noch große, ehrgeizige Ziele, heutzutage geht es uns aber eher darum, dass es uns allen gut geht, dass es den Leuten gut geht und das wir das noch möglichst lange so weitertreiben können. Wir haben also nicht den Ehrgeiz, die größte Band der Welt zu werden oder so. Es gibt ja immer wieder welche, die das versuchen. Uns geht’s halt wie gesagt darum, dass es für alle Beteiligten interessant bleibt. Deshalb haben wir manchmal auch bei unserer Songauswahl einen etwas komischen Geschmack, damit es eben spannend bleibt, haha!
Prima, dann bedanke ich mich recht herzlich für das wirklich nette Gespräch und wünsche euch für eure Zukunft alles Gute! Egal ob ihrs jetzt ruhiger angeht oder doch noch mal krachen lasst…
Vielen Dank! Die Gefahr besteht jetzt natürlich, dass man denkt wir seien ein Altherrenverein. Der Eindruck darf nicht entstehen, aber ich glaube das passiert auch nicht, wenn man uns live sieht. Ich glaube wir machen heute alles bewusster und intensiver, wenn wir was machen. Wir versuchen, unsere Energien bewusster und konzentrierter einzusetzen.