Stille Volk
Ich glaube nicht an Götter, ich verehre keine Bäume oder Steine!

Interview

Seit 1994 sind die Franzosen STILLE VOLK eine Konstante, wenn es um Pagan Folk / Neofolk geht. Inzwischen ist die Band, deren Heimat Okzitanien in den südlichen französischen Pyrenäen liegt, zu Prophecy Productions / Auerbach Tonträger zurückgekehrt, wo bereits 2001 das dritte Album „Satyre Cornu“ veröffentlicht wurde. Nun folgt, pünktlich zum 25jährigen Bandjubiläum und ganze fünf Jahre nach „La Pèira Negra“, das siebte Album „Milharis“. Aus ihrer mythen- und sagenumwobenen Heimat stammt auch die Geschichte vom Schäfer Milharis, die uns Patrice Roques im Interview erzählte.

Bandfoto von STILLE VOLK

Bandfoto von STILLE VOLK

 

Euer neues Album trägt den Titel „Milharis“, benannt nach dem Stammvater der Schäfer, der in eurer Heimat, den Pyrenäen, lebte und 999 Jahre alt wurde. Bitte erzähle uns seine Geschichte bzw. die Geschichte eures Albums! Ich vermute, es handelt sich wieder um ein Konzeptalbum, und alle Texte sind mit der mythologischen Figur verbunden, richtig?

Das ist korrekt! Es handelt sich um ein Konzeptalbum, welches mit dem mythischen Charakter von Milharis verbunden ist. Dieser Mythos ist einer der Gründungsmythen der Zentralpyrenäen, eine sehr schöne Geschichte, die bis zum 20. Jahrhundert überliefert wurde. Dieser patriarchalische Hirte von 999 oder 909 Jahren, je nach der Version, ist mit den ursprünglichen Mythen der Pyrenäen verbunden und ruft die Ankunft des ersten Schnees auf dem Berg hervor, der zweifellos den Beginn der Christianisierung und damit das Ende des Heidentums symbolisiert.

Einige Fachleute sind der Ansicht, dass die kulturellen Helden Milharis oder Mulat Barbe die letzten Überbleibsel einer vorchristlichen mythologischen Vergangenheit sind, die letzten Avatare indigener Gottheiten, deren Schicksal und Geschichte mit einem Ereignis kosmologischer Natur verbunden sind, in einer Zeit, in der kein Schnee existierte. Diese kulturellen Helden können auf diese Weise das Zusammentreffen zwischen der Ankunft des Schnees und der des Christentums heraufbeschwören. Dies markiert einen radikalen und irreversiblen Bruch zwischen der alten und der modernen spirituellen Ordnung.

Ich distanzierte mich auch vom ursprünglichen Mythos, indem ich mir Milharis als eine Art „schamanischen Helden“ vorstellte. Ich dachte über die Gedanken dieses Patriarchen nach, sein Verhältnis zur Natur, die Berge, seine Überlieferungen und Beschwörungen, seine Verbindungen zu den ursprünglichen pyrenäischen Göttern.

Man hat das Gefühl, als ob ihr mit „Milharis“ zu euren eigenen Wurzeln zurückkehrt, da sich auf eurem Debütalbum „Hantaoma“ der Song „La Complainte De Milharis“ befindet. Wie ist die Verbindung zum Debütalbum bzw. zu dem Song? Wie seid ihr auf die Idee für die Thematik des neuen Albums gekommen?

Auf unserem ersten Album gibt es tatsächlich zwei Songs, die an Milharis erinnern. „La Complainte De Milharis“, wie du schon betont hast, der einen traditionellen Text enthält, und insbesondere „Dans les confins s’en retourna“. Die Idee für das Konzeptalbum entstand aus diesem Lied, als wir es während des Hellfest 2016 spielten: Es stellte sich heraus, dass ich immer die Augen schließe, um dieses Lied zu singen und dass sich das Konzept selbst mir zeigte, als wir es spielten. Das heißt, für jeden Vers des Liedes, den ich sang, stellte ich mir eine Geschichte vor: das war der Ausgangspunkt des Konzepts. Als ich anfing, die Texte zu schreiben, war jeder Arbeitstitel einer der Verse von „Dans les confins s’en retourna“.

Gibt es eine Art Botschaft, welche ihr mit den Texten zum Ausdruck bringen möchtet?

Es gibt keine Botschaft. Wir erzählen Geschichten, die sich auf eine mythologische und imaginäre Welt beziehen.

Wie siehst du die musikalische Entwicklung und Werdegang von STILLE VOLK? Was sind die Unterschiede von „Milharis“ zu euren vorherigen Arbeiten? Wie wurden die Songs geschrieben?

Wir versuchen, für jedes Album etwas Neues zu bringen und dabei denselben Ansatz beizubehalten, den wir seit 1994 verfolgen. Wir haben also von Anfang an auf die gleiche Weise gearbeitet, mit der Ausnahme, dass für dieses Album Arexis (Yan Arexis, Bandmitglied von 1994 bis 1998, Anmerk. d. Verf.) zurückgekehrt ist, der zwangsläufig seine Spuren hinterlassen hat. Tatsächlich ist das, was passiert ist, sehr einfach.

Aus Sound- und Equipmentgründen hatte ich direkt mit meiner Flying V Gitarre komponiert, was mich davor bewahrte, ein Mikrofon herauszunehmen, meine Kinder zu knebeln und meine Nachbarn zu töten!!! Und als wir letztendlich dachten, wir würden Direktaufnahmen mit einer Akustikgitarre machen, stellten wir fest, dass das Resultat mit eine E-Gitarre in klarem Klang etwas Neues in den Sound brachte. Aus diesem Grund hatte Arexis beschlossen, auch Schlagzeugparts aufzunehmen. Und tatsächlich, auch wenn wir natürlich die Bestandteile unseres Sounds finden, können wir festhalten, dass das neue Album mehr Folk / Rock ist, progressiver, aber gleichzeitig mystischer und introspektiver. Die Tatsache, dass Markus Stock (u. a. EMPYRIUM) das Album in Deutschland gemixt und gemastert hat, ermöglichte uns außerdem einen verrückten, sehr luftigen, kraftvollen und klaren Sound.

Gibt es auch ein paar traditionelle Stücke auf „Milharis“ oder ist alles neu und von STILLE VOLK selbst geschrieben?

Es gibt kein traditionelles Stück auf diesem Album: Wir haben alles selbst komponiert

Was ist dein persönlicher Lieblingssong auf „Milharis“ und warum?

Es ist sehr schwierig, diese Frage zu beantworten, weil wir alle Titel lieben. Aber vielleicht „Sous la peau de la montagne“ für seine emotionale und tragische Seite.

Die Musik von STILLE VOLK ist meistens dunkel, düster, sehr atmosphärisch. Woher kommt deine Inspiration?

Unsere Musik ist notwendigerweise ein Spiegelbild unserer Vorstellungskraft und unserer Kultur. Wenn wir komponieren, ist es notwendigerweise eine Mischung aus all diesen literarischen und musikalischen Einflüssen und natürlich unserer eigenen Existenz.

Was bedeutet es für dich Heidentum und Heide zu sein und betrachtet ihr euch selbst als Heiden? Hast du eine Philosophie?

Ich kategorisiere mich nicht in eine kulturelle Ecke, in ein gekünsteltes Heidentum, das heutzutage leider sehr in Mode ist. Ich glaube nicht an Götter, ich verehre keine Bäume oder Steine. Aber wir verspüren durchaus eine besondere Beziehung zur Natur, den Elementen. Es ist also eine intuitionistische Beziehung zur geheimen Natur, eine besondere Art, Dinge zu sehen und zu fühlen.

Was habt ihr für die nächste Zukunft geplant?

Unsere musikalische Suche fortzusetzen, wie wir es seit mehr als 25 Jahren tun!

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Vielen Dank für dieses Interview: Wie ich euch oft daran erinnern möchte, war Deutschland das Land, das 1997 das Album „Hantaoma“ am besten aufgenommen hat, und ich hoffe, dass „Milharis“ genauso erfolgreich sein wird!

10.07.2019

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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