Spearhead
Interview mit Drum-Tier Vortigern zu "Decrowning The Irenarch"
Interview
Es gibt kaum eine Death-Metal-Veröffentlichung, die in letzter Zeit wirklich überzeugt hat, bis plötzlich quasi aus dem Nichts eine Band wie SPEARHEAD auftaucht und mit „Decrowning The Irenarch“ ein unglaublich intensives und vor allem auch faszinierendes Album mit einer bemerkenswerten Atmosphäre vorlegt, das seinesgleichen sucht und das Genre mächtig aufmischt. So hat Death Metal zu klingen! Grund genug also, um ein paar Fragen an die Briten zu richten und die Band etwas näher kennenzulernen. SPEARHEADs Drum-Tier Vortigern stand metal.de Rede und Antwort.
Hey Vortigern, so wie ich mitbekommen habe – eigentlich habe ich bisher kein einziges schlechtes Review gelesen – scheint euer aktuelles Album „Decrowning The Irenarch“ ziemlich einzuschlagen. Habt ihr mit soetwas überhaupt gerechnet?
Es ist einfach fantastisch, so viele extrem positive Reviews zu bekommen. Ich möchte nicht arrogant klingen, aber nachdem wir soviel Energie und Arbeit in „Decrowning The Irenarch“ gesteckt haben, wäre ich auch sehr enttäuscht gewesen, wenn man die Qualität des Albums nicht entsprechend zu würdigen wüsste. Alles, das Songwriting, die Lyrics, die Ästhetik und die Umsetzung im Studio, alles wurde von uns mit absoluter Hingabe zelebriert, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Deshalb hoffe ich, dass noch weitere Reviews folgen, die das Album so sehen, wie du es beschrieben hast.
Was ist für dich der interessanteste Aspekt oder der Teil, der dich am meisten an den Reviews, die du bis jetzt gelesen hast, gefreut hat? Wie steht ihr zu soetwas innerhalb der Band?
Ich möchte ehrlich sein, wirklich interessante Reviews liest man sehr selten. Denn nur ein paar wenige Magazine haben sich auch mit den Lyrics beschäftigt und mit dem Konzept dahinter. Doch wann immer auch solche Dinge berücksichtigt werden, kann ich davon ausgehen, dass sich jemand durchaus die Zeit genommen hat, ein Album in seiner Gesamtheit zu verstehen. Leider haben die meisten Magazine keine Zeit für soetwas und vernachlässigen damit einen wirklich wichtigen Aspekt eines Albums.
An dieser Stelle möchte ich euch nochmal für dieses grossartige Album beglückwünschen! Ich liebe es einfach, vor allem den philosophischen Aspekt dahinter. Wer hatte die Idee dazu und wie wichtig ist dieser Teil für dich persönlich?
Barghest, unser Sänger, schreibt alle Texte und gelegentlich bringe ich auch ein paar thematische Ideen mit ein. Ich weiß, dass bis dahin noch ein langer Weg vor uns liegt, aber für das dritte Album planen wir weit im Voraus, so dass immer dann, wenn ich etwas Besonderes oder Etwas mit bemerkenswerter Relevanz lese, dieses sofort aufschreibe um später darauf zurückzukommen. Unser Sänger macht das ähnlich. Bands, die sich ihrer Lyrics bewusst sind und mit gut durchdachten Texten überzeugen, heben sich für mich ganz besonders vom Rest da draussen ab und genießen eine Sonderstellung. Die üblichen, klischeehaften „Metal“-Themen hatten ihre besten Tage, und jede Band, auch wenn man noch so auf die Old-School-Schiene abfährt, sollte sich dieser Tatsache bewusst sein und – zumindest theoretisch – immer auch etwas Neues mit ins Genre einbringen, um es nicht nur am Leben zu erhalten, sondern auch innovativ weiter zu entwickeln.
Wojciech Wieslawski hat euer aktuelles Album produziert und einmal mehr einen herausragenden Job erledigt. Wie seid ihr mit ihm in Kontakt gekommen und wie ertragreich war diese Zusammenarbeit für euch wirklich?
Wir wussten von Anfang an, dass wir für dieses Album eine möglichst fette, massive Produktion brauchten und wir wären innerhalb Europas überall hingegangen, um genau das zu erreichen. Natürlich wollten wir auch jemanden, der genau weiß, wie man ein Death-Metal-Album aufzunehmen hat. Wojciech und sein Bruder haben die Band auf atmosphärisch-kompakte Ebenen gebracht, die wir in anderen Studios sicherlich niemals erreicht hätten. Wir haben viel von seinen Erfahrungen gerlent und seine Kenntnisse waren von unbezahlbarem Wert für uns. Ausserdem war der gesamte Prozess nicht so stressig, wie er hätte sein können – eine ausserordentliche Erfahrung, auf die wir gern zurückblicken.
Auf eurem Debütalbum zeigt ihr euch sehr vom Black Metal beeinflusst und inspiriert. Warum seid ihr jetzt mehr in die klassische Death-Metal-Richtung gegangen anstatt eurem Stil von „Deathless Steel Command“ etwas intensiver zu folgen und auch auszubauen? Die Vocals haben sich zum Beispiel ziemlich verändert…
Viele Leute, die zuerst „Decrowning The Irenarch“ gehört haben und erst dann unser Debüt, sind ziemlich überrascht. Es gibt vielfältige Gründe für die Unterschiede zwischen den beiden Alben, auch für den gigantischen Sprung in der Performance und dem Songwriting. Wir hatten nicht geplant, uns mehr in die Death-Metal-Richtung zu bewegen, es geschah einfach – ich kann mit Sicherheit behaupten, dass das ein ganz natürlicher Prozess war, der bei jeder Band irgendwann einsetzen sollte. Ich denke unterbewusst war uns allen klar, dass „Deathless Steel Command“ zwar ein gutes Debüt und damit als einmalige Sache völlig in Ordnung war, aber definitiv kein Ausgangspunkt sein sollte, um nahtlos anzuknüpfen. Wir haben „Deathless…“ mit meinem eigenen Studio-Equipment eingespielt, das zu der Zeit lediglich in der Grundausstattung vorhanden war. Ausserdem hatte niemand von uns wirklich eine Ahnung, wie wir die Instrumente aufnehmen und mixen sollten. Mittlerweile kenne ich unser Equipment natürlich sehr viel besser und habe viel dazugelernt. Wir hatten eine Änderung im Line-Up, haben unsere Standards angehoben und wurden einfach bessere Musiker mit unterschiedlichen Prioritäten, so einfach ist das.
Und wo siehst du nun die wichtigsten Unterschiede zwischen „Deathless Steel Command“ und „Decrowning The Irenarch“?
Ich hab’s ja eben schon gesagt, die wichtigsten Unterschiede – neben vielen anderen Aspekten – liegen in der Optimierung der Produktion, des Songwritings und der Ausführung bzw. der Aufnahmen an sich.
Obwohl „Decrowning The Irenarch“ einige sehr brutale und exzellente Momente zu bieten hat, klingt das Album im Vergleich zum Debüt bereits wesentlich vielseitiger und melodischer. Kannst du dir vorstellen, dass das nächste Album noch melodischer wird?
Ja, im Grunde schon, auch wenn das Wort „melodisch“ mittlerweile zu sehr nach Göteborg klingt. Denn ich möchte wirklich nicht, dass man uns mit anderen Bands in einen Topf wird, die auf das „Melodic“ in ihrer Genre-Bezeichnung bestehen. Die zwei neuen Songs, an denen wir gerade arbeiten, sind melodischer, aber im dunklen, klassischen Sinne. Sicher, wir alle lieben Klassiker wie MERCYFUL FATE usw., aber wir wollen diese Tonlagen und Melodien so einsetzen, dass sie zu SPEARHEAD passen. Eines der neuen Riffs ist zum Beispiel von VIVALDI inspiriert und klingt wirklich beeindruckend. Aber du wirst mindestens zwei Jahre warten müssen, bis du es hören kannst…
Also arbeitet ihr bereits am dritten Album? Werdet ihr denn diesmal euren Kurs beibehalten oder wird sich euer Stil noch einmal ändern, wie zum Beispiel zwischen dem Debüt und „Decrowning The Irenarch“?
Wir arbeiten ständig an neuem Material. Wenn wir keine Live-Shows spielen, hat das Songwriting während den Proben höchste Priorität. Es wird definitiv keine so dramatische Veränderung geben, wie es zwischen unseren beiden ersten Alben der Fall war. SPEARHEAD haben jetzt ihren Sound gefunden und wir werden diesbezüglich keinerlei Kompromisse mehr eingehen, aber wir werden uns auf höhere, sehr viel technischere Ebenen begeben.
Auf eurem Debüt als auch auf eurem aktuellen Album stechen vor allem die Drums heraus, denn die sind einfach brilliant gespielt: präzise, brutal und sauschnell. In meinen Reviews habe ich sogar Vergleiche zu Peter Sandoval und Gene Hoglan gezogen. Respekt! Aber jetzt mal ehrlich, hast du das Schlagzeug live eingespielt oder wurde da mit einem Programm nachgeholfen?
Vor den Aufnahmen zu „Decrowning The Irenarch“ habe ich sehr viel Zeit in die Proben gesteckt. Über zwei Wochen lang habe ich mehr als sechs Stunden am Stück täglich geübt, bevor ich ins Studio gegangen bin. Wenn du nicht gerade Inferno von BEHEMOTH bist, ist es äußerst schwierig sich immer auf einem hohen Spielniveau zu befinden. Ich meine, wir alle haben auch noch stressige Jobs und so weiter – Bands, die ständig auf Tour sind, spielen jeden Tag. Ich hoffe sehr, dass wir in zwei oder drei Jahren diese Chance auch haben werden… Aber um deine Frage zu beantworten: unser Debütalbum hatte absolut keine nachträgliche Bearbeitung und ich muss zugeben, dass ich damals kein guter Drummer war. Schnell, ja, aber nicht sehr genau. Seitdem habe ich mich enorm verbessert. Auf „Decrowning The Irenarch“ hat es einige Nachbearbeitungen gegeben, aber alles wurde live eingespielt. Wir haben nicht gemogelt – wenn du das meinst – wie es einige Bands gern und immer häufiger machen.
Dann möchte ich dir als Drummer jetzt mal eine allgemeine Frage stellen. Viele Bands nutzen im Studio heutzutage Drum-Computer und haben ihren Drummer eigentlich nur als Verstärkung für ihre Live-Auftritte. Wie wichtig ist denn deiner Meinung nach der Drum-Sound auf Studio-Alben wirklich und denkst du, dass du zwischen echten Drums und einem modernen Drum-Computer unterscheiden kannst?
Natürlich, ich erkenne einen Drum-Computer schon aus einem Kilometer Entfernung. Überhaupt, ich hasse Drum-Computer, die klingen einfach schrecklich und haben im Metal nichts zu suchen. Eine Band, die einen Drum-Computer nutzt, schert sich meiner Meinung nach einen Dreck um ihr Material. Das beste Beispiel hierzu ist sicherlich SUMMONING aus Österreich. Meinst du nicht, dass deren Material mit echter Percussion zehnmal besser klingen würde? Das ist meine Meinung. Also, ja, ein echter Drum-Sound ist sehr wichtig. Es ist schwer einen Schlagzeuger zu finden, der wirklich richtig gut ist, aber jede Band sollte sich darum bemühen.
OK…dann lass uns nochmal kurz auf euer aktuelles Album zurückkommen. Ich gehe davon aus, dass ihr „Decrowning The Irenarch“ auch entsprechend live promoten werdet. Kannst du uns schon einige Daten nennen? Wo werden wir SPEARHEAD live sehen und hören können?
Wir werden im September für einige Monate quer durch Europa touren. Einige Gigs sind noch nicht bestätigt, aber auf unserem MySpace-Profil halten wir euch immer auf dem Laufenden. Unser Plan ist, dass wir die Länder, die wir in diesem Jahr leider auslassen müssen, spätestens im nächsten besuchen kommen. Ich bin sehr daran interessiert in allen Teilen Europas zu spielen, denn ich denke jede Nation sollte die Chance haben, Bands in ihrem Land spielen zu haben. Deutschland, mit den meisten Live-Shows und Festivals Europas, ist in dieser Hinsicht nämlich sehr verwöhnt!
Ich danke dir und viel Erfolg!
OK, vielen Dank für deinen Support.