Sorcerer
"Aus der Perspektive eines Filmemachers."
Interview
SORCERER können gefühlt machen, was sie wollen. Egal was sie anpacken, das was am Ende dabei herauskommt klingt in aller Regel großartig, wie nicht nur die hervorragenden Bewertungen ihrer letzten Alben bei uns zeigen. Natürlich bildet auch der neue Longplayer „Reign Of The Reaper“ hier keine Ausnahme, der sich zwar in gewohnten Fahrwassern bewegt, aber dieses Mal deutlich kürzer ausgefallen ist, als man das von den Schweden kennt. Wir schnappten uns Sänger Anders Engberg, befragten ihn zu den Hintergründen der neuen Platte und kamen am Ende auch noch ein wenig ins Quatschen, u.a. über MANOWAR, das Comeback des Epic Doom und das aktuelle Musikbusiness.
Hey Anders, danke für Deine Zeit! Seid Ihr mit den bisherigen Rückmeldungen zu „Reign Of The Reaper“ zufrieden?
Ja, wir sind wirklich, wirklich zufrieden. Die Reviews, die wir vorab von den größeren Magazinen zugeschickt bekommen haben sehen sehr gut aus und auch von den verschiedenen Web-Magazinen haben wir fantastische Rezensionen bekommen. Die Singles sind ja mittlerweile auch veröffentlicht und wurden sehr gut aufgenommen. Wir sind wirklich verblüfft.
„Lamenting Of The Innocent“ war ein Konzeptalbum, auf dem es um die Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert ging. „Reign Of The Reaper“ scheint wieder eher eine Ansammlung düsterer Themen rund um Sagen und Geschichten zu sein, aber keiner zusammenhängenden Story zu folgen. Sehe ich das richtig?
Ja, das ist korrekt. Wir fanden natürlich, dass wir nicht noch einmal genau dasselbe machen sollten. Ich denke, über alle Alben hinweg – dies ist jetzt das vierte Album, das wir herausbringen – gibt es immer wieder Veränderungen zwischen ihnen. Nicht nur was das Songwriting angeht, sondern auch das komplette Konzept des Albums. Es ist wichtig für uns, uns zu entwickeln, auf diese Weise kreativ zu sein.
„Call Of The Medusa“ wirkt fast wie eine kleine Fortsetzung von „Sirens“ vom „The Crowning Of The Fire King“-Album. Ist da etwas dran?
Nein, wir haben nur einen weiteren Song, der auf griechischer Mythologie basiert unter die insgesamt acht Nummern geschmuggelt. Natürlich sticht er hervor, in Hinblick auf den Inhalt. Wir neigen dazu, die Motive über die wir schreiben innerhalb von düsteren, schwermütigen Themenbereichen zu halten. Es ist also eigentlich keine Überraschung, dass wir dieses Thema gewählt haben. Was sich aber in Sachen Texte geändert hat ist, dass ich früher die Lyrics allein geschrieben habe. Jetzt ist es aber so, dass ich und unser Co-Produzent Conny (Welén, Anmerk. d. Red.) die Gesangsmelodien schreiben und dazu ein paar Fake-Lyrics als Platzhalter nutzen, nur um die Melodie vernünftig auszuarbeiten. Dann entwickeln wir die Songs, suchen diejenigen aus, die auf das Album kommen und das letzte, was dazu kommt sind die Texte. Sie werden dann von unserem Bassisten Justin Biggs fertiggestellt, er spielt also auch eine große Rolle dabei, wie wir heute Musik schreiben.
Sowohl Gesamtspielzeit als auch die Länge der einzelnen Songs sind auf der neuen Platte deutlich kompakter. Ich habe schon gelesen, dass das kein Zufall war, sondern etwas, was Ihr ganz bewusst tun wolltet. Wie kann ich mir denn den Prozess dahinter vorstellen? Sitz Ihr wirklich zusammen und sagt „Lasst uns dieses Mal kürzere Songs schreiben“?
Nein, aber wir hören natürlich unseren Fans zu und, wie ich vorhin schon erwähnte, mögen wir es nicht, uns zu wiederholen. Wenn wir Musik schreiben, gibt es normalerweise immer ein paar Songs, die untereinander relativ ähnlich sind, möglicherweise was das Tempo oder den Aufbau angeht. Das heißt nicht zwangsläufig, dass es ein schlechter Song ist, aber dieses Mal hatten wir uns zwei Ziele gesetzt. Wir wollten ein sehr abwechslungsreiches und dynamisches Album haben, auch was das Tempo und die Länge der Songs angeht. Außerdem wollten wir zurück zum Old-School-Vinyl-Format einer einzelnen LP. Wir mussten also insgesamt unter 50 Minuten bleiben, um das zu schaffen. Einige der Songs fühlen sich vielleicht an, als wären sie kompakt, das liegt aber nur daran, dass wir sehr entschlossen waren, die Länge der Songs so zu gestalten, dass sie am Ende alle auf das eine Vinyl passen. Einige der Songs waren am Anfang auch etwas länger, „Reign Of The Reaper“ war beispielsweise der längste. Wir mussten ihn also ein wenig kürzen, damit es passt, aber auch um den richtigen Flow über das ganze Album hinweg, vom ersten bis zum letzten Song, hinzubekommen. Es gibt eine Menge Dinge, die man im Hinterkopf behalten muss, während man ein Album kreiert, die die meisten Leute gar nicht auf dem Schirm haben.
Aber hat es sich, nachdem Ihr die Songs kürzen musstet nicht so angefühlt, als ob hier und da etwas fehlt?
Nein, weil wir bereits drei Alben mit einigen wirklich langen Songs im Gepäck haben. Wir spielen immer noch einige davon live, da wir natürlich nicht raus gehen und nur noch das neue Album spielen. Ich denke also, das wird ein guter Mix. Wir haben die Art, wie wir Songs schreiben nicht geändert, wir denken nur mehr über die Art und Weise nach, wie die Songs präsentiert werden sollen. Als wir anfingen zu schreiben, folgten wir demselben Prozess, den wir immer haben und die Songs sind, was sie sind. Für dieses Album hatten wir anfangs 15 Ideen, an denen wir zu arbeiten begannen und haben sie über einen demokratischen Prozess innerhalb der Band auf diese acht Songs eingedampft. Wenn einige der Songs zu ähnlich werden, stimmen wir erneut ab. Für jeden in der Band ist es wichtig, dass das Endprodukt stimmt. Deshalb stellen wir Songs auch manchmal zurück ins Regal, um sie später weiterzuverwenden, während es andere direkt auf das Album schaffen.
Für Live-Setlists ist es vermutlich auch ganz nett, zwischendurch ein paar kürzere Songs und daher am Ende mehr Songs spielen zu können.
Ja, ganz genau. Ich meine, wir hatten ein paar klassische Heavy-Metal-Songs auf dem ersten Album, „Gates Of Hell“ beispielsweise, der ein echter Banger ist. Wir haben diesen Bereich also nicht verlassen. Mit acht Songs und 47 Minuten müssen wir es spannend halten und wir möchten den Sound auch bewusst erweitern, um vielleicht eine breitere Fanbase zu erreichen, ohne etwas komplett anders machen zu müssen.
„Lamenting Of The Innocent“ ist Eure bislang epischste Platte. Würdest Du dieses Statement so unterschreiben?
Ja, ich denke schon. Es hat ein episches Thema, die Songs sind sehr lang und das erzeugt diesen epischen Vibe. Obwohl das natürlich ohnehin eines unserer Steckenpferde ist.
Ja, das soll natürlich nicht heißen, dass „Reign Of The Reaper“ nicht episch klingt.
Ja, genau.
Das Cover Artwork zur neuen Platte ist wieder deutlich düsterer und reduzierter als der doch recht plakative Stil auf dem Vorgänger. Ist das Absicht?
Das war tatsächlich eine ziemliche Krux, als wir begannen das Artwork zu planen, da wir für jedes Album mit einem anderen Künstler zusammen arbeiten wollen. Wir hatten bereits Kontakt zu einem Typen, ich kann Dir jetzt nicht sagen, wer er ist, da wir mit ihm jetzt auf dem nächsten Album arbeiten werden, aber unser Timing war einfach schlecht. Er konnte kein Bild extra für uns kreieren. Er hatte zwar bereits viele fertige Bilder, aber wir wollten etwas einzigartiges, exklusiv für uns gemacht. Wir gerieten also ein wenig in Panik, da uns langsam die Zeit davon lief. Wir begannen im Netz nach Sci-Fi-Kunst Ausschau zu halten, als unser Manager mit diesem Bild zu mir kam und meinte, dass das die Richtung wäre, die wir einschlagen sollten. Wir verliebten uns in das Bild, hatten aber keine Ahnung, von wem es stammte. Wir starteten also eine kleine Detektivarbeit um herauszufinden, wer der Künstler hinter dem Bild ist und es stellte sich heraus, dass er Schwede ist, ausgebildet in klassischer Malerei, der aber auch im Bereich Computerspielgrafik arbeitet. Das Bild ist tatsächlich digital erstellt, obwohl es handgemalt aussieht. Er benutzt da eine bestimmte Technik, ich verstehe aber nicht wirklich, wie er das hin bekommt. Wir kontaktierten ihn also und er hatte gar kein Problem damit, es uns zur Verfügung zu stellen. Zu der Zeit hatten wir auch noch diesen Song, der ziemlich heavy klang, wir wussten aber nicht wirklich, wie wir ihn nennen sollten. Es gab nur einen Arbeitstitel, aber als wir das Artwork sahen, meinte Justin nur „Reign Of The Reaper“, da ja der Reaper darauf zu sehen ist.
Nicht nur das Artwork von „Reign Of The Reaper“ wirkt deutlich düsterer, auch die Songs selbst, obwohl sich Euer Stil gar nicht so stark verändert hat. Hat die für die meisten Menschen seit ein paar Jahren eher düstere Zeit hier eine Rolle gespielt?
Wir neigen dazu, immer wieder in diesem Themenbereich zu landen. Wenn wir Musik schreiben und die Gesangsmelodie hinzufügen, brauchen wir etwas, um den Song in den Griff zu bekommen. Ich denke, SORCERER werdem niemals ein Liebeslied oder einen politischen Song schreiben. Es ist groß, episch, es sind große Chöre dabei, das braucht einfach etwas düsteres. Wir sind alle vom großen Kampf Gut gegen Böse fasziniert, auch der Sicht auf Religion auf diese Art und Weise – obwohl wir nicht religiös und unpolitisch sind. Wir schauen eher aus der Perspektive eines Filmemachers darauf. Es ist eine Fantasie, wir erzeugen ein Bild und möchten, dass die Zuhörer ihre Augen schließen und einfach zuhören, sodass sie ein eigenes Bild von dem kreieren, was wir sagen möchten. Wir versuchen die Lyrics so abstrakt wie möglich zu halten, ohne dass sie eigenartig wirken. Man könnte vielleicht sagen, dass wir versuchen es filmisch zu halten. Das ist unser Ziel. Auf „Reign Of The Reaper“ ist es vielleicht etwas düsterer geworden als sonst, möglicherweise auch wegen des Artworks, auf der anderen Seite waren aber die meisten Songs bereits geschrieben, als wir es entdeckten. Wie auch immer, es hat nichts mit der Covid-Situation oder so etwas zu tun. Es ist nur düster und schwermütig und das ist die Art von Musik, die wir eben gerne schreiben.
Es ist also einfach so, dass ein Album etwas düsterer klingt, das nächste aber vielleicht wieder etwas weniger.
Ja, es ist nicht so, dass wir einen Knopf drücken und sagen: „Ok, dieses Mal muss es besonders schwer und düster sein.“ Es ist einfach, was es ist.
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Stile | Doom Metal, Epic Doom, Heavy Metal |
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