Sonja
"We have no agenda but to exist within a rock void."
Interview
Mit “Loud Arriver” haben SONJA um die ehemalige ABSU-Gitarristin Melissa Moore (ehemals bekannt als Vis Crom) ein überragendes Debüt-Album hingezaubert. Die bittersüße Kombination aus klassischem Heavy Metal und Gothic Rock bzw. Post Punk trifft nicht nur den Nerv der Zeit, sondern hat auch acht bärenstarke Songs mit großem Suchtpotenzial hervorgebracht. Grund genug, dass wir uns Melissa schnappten, um sie alles Wissenswerte über die junge Band zu fragen.
Hallo Melissa! Zunächst mal eine Riesenladung Glückwünsche zu eurem Debüt “Loud Arriver”. Das Album hat mir wirklich den Sommer versüßt und mich emotional so berührt, dass ich es teilweise drei Mal am Tag gehört habe. Was bedeutet dir die Platte und wie geht es dir mit der Veröffentlichung des Albums?
Es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Nun kommt der Herbst langsam und die Energien bündeln sich. Ich denke wir haben eine Aura aus den reinsten Elementen geboren und füttern sie mit mütterlicher Sorge. Ich glaube, es bietet einen vertrauten Sound, der allerdings kaum mit etwas Anderem vergleichbar ist. Nun, da SONJA ans Licht der Öffentlichkeit getreten sind, zeigt sich das Ausmaß des Weges vor uns von selbst. Dieses Album ist eine brennende Kerze in der Dunkelheit, die vor uns liegt.
Hätten SONJA zustande kommen können, wenn du nicht bei ABSU rausgeflogen wärest oder wurde diese Band schon vorher geplant?
SONJA begannen eigentlich während meines Höhepunktes bei ABSU um 2014. Wir spielten 2014 und 2015 wegen Prokrastination, die nicht meine war, nicht live, was uns aus unserem Vollzeit-Band-Status warf. Durch mein Bestürzen über etwas, was ich für inakzeptables Vergeuden von Rock-Energie hielt, quoll die erste Lava von SONJA empor. Infolge meiner Forderungen wurde 2016 ein umtriebiges Live-Jahr für ABSU, weil Grzesiek, der Drummer von SONJA und ehemalige Live-Drummer von ABSU, und ich eine Tour mit 42 Shows durch Nord-Amerika gebucht hatten, die für mehr Aktivität sorgte. 2016 haben wir mit SONJA dann Vier-Track-Tape namens “Strange Nights” aufgenommen, dessen Songs auch auf “Loud Arriver” gelandet sind.
Zumindest ich habe den Umgang deiner Ex-Band mit eurer Trennung als beschämend schwach empfunden, aber ich denke auch ein paar andere Leute haben sich gefragt, was zur Hölle da schief lief. Ich will jetzt nicht im Schlamm wühlen, aber mich interessiert auf alle Fälle, inwiefern diese traurige Episode das Songwriting oder die Texte von “Loud Arriver” beeinflusst haben.
Meine Identität in der Musikwelt steht mit SONJA gerade auf dem Spiel, weil ich aufgrund der Tatsache, dass ich eine Frau bin, von ABSU ausgeschlossen und verlassen wurde. Ich kann mich auf keine Vergangenheit verlassen und habe nichts als das, was in mir lebt. Diese Realität könnte das Wesen von SONJA sein. Ich hatte nicht vor, dass sich Musik oder Texte zu sehr davon beeinflussen lassen, aber es hat der Intensität dieses neuen Outputs bestimmt mehr Gewicht verliehen.
Würdest du die anderen beiden Bandmitglieder bitte den Fans vorstellen? Ist diese Power-Trio-Konstellation das, was du immer für die Band wolltest?
Grzesiek Czapla ist unser Drummer. Er ist der andere Mensch neben mir auf der Welt, der genauso verrückt ist, wenn es um Rock-‘n’-Roll-Besessenheit geht. We have no agenda but to exist in a rock void.
Ben Brand ist unser Bassist. Einige der besten Riffs auf dem Album gehen auf Sachen zurück, die ich Ben spielen hören habe. Als wir die Band starteten wollten wir ihn unbedingt wegen der Elektrizität haben, die er auf der Bühne verbreitet.
Unsere gemeinsame Geduld und Hingabe an die Vision von SONJA ist wertvoll. Es ist wichtig, die Dinge so basisch wie möglich zu halten, um ihr wahres Potenzial zu erkunden. Deswegen sind wir ein Trio. Niemand spielt wie diese Typen. Wir sind der Kern, aber er könnte wachsen.
Hast du zuvor schon mal für Aufnahmen clean gesungen? Wolltest du immer schon mal selbst singen? Der einnehmende Gesang fiel mir als Erstes an dem Album auf, weil die Melodien dauernd Gänsehaut erzeugen. Außerdem mag ich den leicht verwaschenen, reverb-lastigen Sound auf den Vocals. Sie klingen unheimlich, fast wie aus einer anderen Welt.
Ich kann Gitarre spielen und wir haben ansehnliche Musiker an Schlagzeug und Bass. Angst und Verzweiflung brachten mich zu dieser Stimme, weil ich keine Lust hatte, Siouxsie Sioux (SIOUXSIE AND THE BANSHEES) oder Wendy O. Williams (PLASMATICS) zu imitieren. Ich mag einige Alben von LANA DEL REY, “Born To Die”, “Paradise” und “Ultraviolence” richtig gern, aber sich diesen Ansatz mit unserer Musik nur vorzustellen, schien mir etwas riskant. Also habe ich mich dem geopfert, was SONJA eben ist. Ich lasse meine Stimme von der Taubheit all dieser einsamen Nächte und regnerischen Tage leiten. Das wurde authentisch.
Wo wir von Superlativen sprechen: Die Produktion des Albums ist großartig. Die Drums erinnern mich an Martin Birchs Arbeit (irgendwas zwischen “Heaven & Hell” und “Piece Of Mind” vielleicht), und der Gitarrensound ist das beste seit Selim Lemouchis Arbeit auf der ersten Scheibe von THE DEVIL’S BLOOD. Was kannst du uns über die Aufnahmen sagen und was sind eure Geheimnisse beim Sound.
Wir hassen moderne Produktionen, wir wollen aber auch keinen Retro-Sound. Grzesiek war vielleicht unsere stärkste Leitfigur bei der Produktion. Dan Kishbaugh hat die Instrumente, Arthur Rizk den Gesang aufgenommen. Grzesiek hat Roh-Mixe erstellt und sie an Arthur für das eigentlich Mischen und Mastern zurückgeschickt.
Grzesiek und ich sind seit langem eng befreundet und einer der wenigen Konflikte, die wir hatten, war über einen Snare-Mix. Ich habe buchstäblich zu ihm gesagt: “Wenn das der Snare-Sound ist, den du willst, dann vertraue ich dir nie wieder in irgendeiner musikalischen Frage!” Wir haben gelacht, aber wir waren beide nicht kompromissbereit. Ich habe dem Mix noch verliehen, was er brauchte. Die kleinen Details haben wir nicht aus den Augen gelassen und wir hatten tatsächlich einen Plan, wie die Platte klingen sollte.
Ich war vor langer Zeit mal mit Selim unterwegs, als er in den USA live bei WATAIN aushalf. Also habe ich vielleicht etwas dabei mitgenommen, ihn Abend für Abend spielen zu sehen und hören.
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Stile | Gothic / Darkwave, Heavy Metal |
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