Sonic Reign
Interview zu "Raw Dark Pure"
Interview
„Deutschlands Antwort auf SATYRICON“ – so schallt es allerorten durch den Blätterwald. Und tatsächlich haben SONIC REIGN mit ihrem neuen Album „Raw Dark Pure“ einen gewaltigen Schritt nach vorn gemacht und internationales Niveau erklommen. Eine mehr als beachtliche Leistung, zieht man in Betracht, dass es sich nach lediglich einer MCD um das Full Length-Debüt des Duos handelt. Nach einigen unschönen Erfahrungen mit den Methoden, die im Musikbusiness herrschen, hat man rechtzeitig zur Veröffentlichung des Albums das eigene Label Sovereignty Productions aus der Taufe gehoben und den Schritt in die Unabhängigkeit getan. Ein gewagtes Unterfangen mit viel Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die Überzeugung, dass sich Qualität immer durchsetzt. Hoffen wir’s, denn „Raw Dark Pure“ ist eine schwarze Perle, die auf jeden Fall größere Aufmerksamkeit verdient hat.
Was ist seit der Veröffentlichung von „The Decline Portrait“ geschehen?
Jede Menge. Das Wichtigste neben dem Schreiben des neuen Materials waren die Gründung unseres Labels Sovereignty Productions und der Aufbau eines eigenen, professionellen Studios. Sebastian hat mit einem Freund von uns jede Menge Fachwissen und Erfahrungen gesammelt. Das war für „Raw Dark Pure“ ein ganz wichtiger Punkt.
Der Song „Raw Dark Pure“ stand bereits als Bonustrack auf „The Decline Portrait“. Demnach müsst ihr schon seit etwa vier Jahren mit dem Album beschäftigt sein. Ist dem so? Was hat so viel Zeit beansprucht?
Der Song war auf dem 2004er Release von „The Decline Portrait“ vertreten, nicht auf der ursprünglichen 2002er Version. Er ist in der Zwischenzeit entstanden. Wir hatten einen Großteil des Materials von „Raw Dark Pure“ bereits 2004 fertig. Die Vorbereitung der Aufnahmen, der Abschluss des Songwritings und die Aufnahmen an sich haben sich so extrem hingezogen, weil ich in dem Zeitraum mein Studium abgeschlossen und begonnen habe zu arbeiten. Da ich auch nicht in Mellrichstadt wohne, wo unser Studio ist, konnte ich immer nur an einigen Wochenenden einspielen. Das war sehr deprimierend, denn das Material war da, die Zeit es aufzunehmen nicht. Einige technische Schwierigkeiten gab es außerdem…
Die Gemeinsamkeiten der beiden Scheiben beschränken sich zwar nicht allein auf diesen einen Song, dennoch unterscheiden sich SONIC REIGN anno 2006 doch sehr von denen von vor vier Jahren. Wie kam diese Entwicklung?
Wir fühlten uns nach kompromissloserer, direkterer Musik. Sie sollte weniger konstruiert und klinisch als auf „The Decline Portrait“ sein. Wir haben uns nicht verstellt, sondern sind einfach unserem Gefühl gefolgt. „Raw Dark Pure“ ist einfach natürlich und ehrlich, nicht aufgesetzt wie so vieles was heute veröffentlicht wird.
Die Reaktionen auf „Raw Dark Pure“ waren bislang – was man mitbekommt – durchweg positiv. Allerdings muss sich das Album in nahezu jedem Review den Vergleich mit neueren SATYRICON gefallen lassen. Wie steht ihr selbst dazu?
Die meisten Reviewer sehen uns sogar mittlerweile deutlich vor SATYRICON. Das ist schmeichelhaft, aber man darf Reviews auch nicht zu viel Bedeutung beimessen. Ich habe schon so oft spitzen Reviews von Scheiben gelesen, die sich als totale Nieten entpuppt haben. Vor diesem Hintergrund muss man sich fragen was ein positives Review zu „Raw Dark Pure“ bei den meiner Meinung nach oft betrogenen Lesern auslöst. Wie will man da noch die echt großartigen von den mittelmäßigen und schlechten Scheiben unterscheiden? Wie immer hilft nur probehören. Und das empfehle ich jedem.
Zum Vergleich an sich: Ich kann ihn nachvollziehen. SONIC REIGN verfolgt eine ähnliche musikalische Linie und das Nennen von Einflüssen ist in Reviews einfach wichtig um dem Leser mitzuteilen was ihn erwartet. Wir haben deutlich mehr zu bieten als SATYRICON-Einflüsse, aber ich bin mir sicher, dass jeder SATYRICON-Fan „Raw Dark Pure“ lieben wird.
Wie gefällt euch „Now, Diabolical“?
Nach anfänglicher Enttäuschung freunde ich mich immer mehr damit an. Die Songs kamen mir am Anfang sehr leer und monoton vor. Mir fehlt ein wenig die Spielfreude früherer Tage. Aber die Songs haben etwas sehr fesselndes und hypnotisches an sich, das sie nach und nach offenbaren. In jedem Fall ein sehr interessantes Album.
Inwiefern wird „Raw Dark Pure“ eurer Meinung nach seinem Titel gerecht? Roh und dunkel – klar. Aber worin besteht die Reinheit? Hat „pure“ etwas mit „true“ zu tun?
Der Titel ist für das Album perfekt, vor allen Dingen im Kontext mit seinem Vorgänger gesehen. „Pure“ steht für die Unverfälschtheit des Albums. Wie vorhin beschrieben haben wir darauf gehört, was aus uns selbst kommt und kein Album durchkonstruiert. Das was unter „trueness“ verstanden wird ist eigentlich das Gegenteil von dem was wir gemacht haben. „True“ ist absolute Verstellung in Musik und Image, es sei denn es ist tatsächlich der unverfälschte Stil einer Person. Ich bezweifle aber, dass dies oft der Fall ist. Die meisten Bands verstellen sich komplett, erfüllen Erwartungshaltungen anderer, die sie vielleicht sogar für ihre eigenen halten. Schau Dir mal an wie viele dieser Bands nach und nach wieder aufhören – war wohl doch nicht ihr Stil…
Was steckt textlich hinter dem Album? Findet sich eine Thematik wieder, die roh, dunkel und rein ist?
Es dreht sich wie bei „The Decline Portrait“ alles um Kritik am Menschen an sich und an unserer Gesellschaft. Um unser aller Käuflichkeit und Machtgier. Es ist kein weinerliches Anprangern. Es ist ein Zugeben und Hervorheben dieser leider oft als „menschlich“ abgetanen und damit akzeptierten Eigenschaften mit dem Ziel vor Augen, diese feigen Schwächen abzuwerfen, eine Revolution gegen sich selbst zu führen und als eine dadurch erstarkende Persönlichkeit wahrer Herr seines Handelns zu sein, sich dessen Auswirkungen völlig bewusst zu sein.
SONIC REIGN ist absichtlich als Zwei-Mann-Projekt ausgelegt. Was für das Songwriting vielleicht gut ist, steht allerdings Bestrebungen entgegen, das ganze auch auf die Bühne zu bekommen. Werdet ihr live spielen?
Geplant ist vorerst nichts, auch wenn wir schon ein paar ganz gute Angebote bekommen haben. Sollten sich allerdings wirklich gute Möglichkeiten anbieten werden wir uns darum kümmern, unsere Sessionmusiker-Mannschaft zu vervollständigen.
Warum seid ihr nach dem Release von „The Decline Portrait“ nicht bei Supreme Chaos geblieben?
Weil wir das Label leider als sehr unzuverlässig kennen lernen mussten.
„Raw Dark Pure“ ist das erste Album, das auf eurem eigenen Label Sovereignty Productions erscheint. Was war ausschlaggebend dafür, quasi in die „Selbständigkeit“ zu gehen?
Wir wollten möglichst autark sein. Andere Menschen stellen sich immer wieder als unzuverlässig heraus. Denen haben wir so ganz einfach die Möglichkeit einer Einflussnahme entzogen.
In eurer „Unabhängigkeitserklärung“ auf der Label-Website sprecht ihr sehr deutliche Worte. Was kotzt euch am meisten an?
Die Erklärung zu unserem Standpunkt auf der Sovereignty-Seite spricht eine deutliche Sprache was uns ankotzt. In dieser Szene glauben die falschen Leute das Sagen zu haben. Rebellion und Konservativität – das passt nicht zusammen und ich wundere mich immer wieder, wieso so viele das nicht verstehen. Labels verarschen ihre Bands, Bands verarschen ihre Fans. Es ist einfach armselig, was im Musikbusiness und in Teilen der Szene abgeht.
Es heißt ja, Lehrjahre seien keine Herrenjahre. Welche Lehren habt ihr aus den vergangenen Jahren gezogen? Was würdet ihr heute anders machen?
Ich würde nichts anders machen, ich würde lediglich mit völlig anderen Erwartungshaltungen an einige Dinge gehen. Die Veröffentlichung von „The Decline Portrait“ zum Beispiel: Wir hätten das Album nie selber pressen lassen. Wenn sie auch sonst nicht viel für uns gemacht haben, so haben Supreme Chaos Records so immerhin zu einer gewissen Verbreitung des Namens SONIC REIGN beigetragen. Wir hatten damals sehr große Erwartungen an diesen Deal. Dieses Gefühl kennt jeder, der mal einen Plattenvertrag unterschrieben hat. Mittlerweile sind wir einfach ernüchtert, auch durch das, was im Rahmen dieses Vertrags abgelaufen ist. Wir haben gelernt was möglich ist und unter welchem Aufwand und was nicht. Wir sind in den letzten Jahren sehr gereift in diesen Dingen, an Menschenkenntnis gewachsen und haben viel über die Szene gelernt.
Ist das eigene Label der einzige Ausweg? Z.B. mit Cold Dimensions gibt es doch durchaus geeignete Alternativen.
Natürlich ist das nicht der einzige Ausweg. Es gibt zweifellos auch hervorragende Labels die sich den Arsch für ihre Bands aufreißen, das möchte ich keinesfalls in Frage stellen. Sovereignty ist ein Versuch. Ein leidenschaftlicher Versuch. Wie weit können wir es aus eigener Kraft schaffen? Es steckt auch viel Trotz in der Gründung von Sovereignty. „Raw Dark Pure“ ist unsere Möglichkeit zu zeigen, wie weit man selbstbestimmend mit einem hervorragenden Album kommen kann. Wir hoffen auf die Unterstützung durch die Szene. Das haben die Fans ganz alleine in der Hand.
Was ist die Philosophie des Labels? Worauf kommt es euch an und was für Bands nehmt ihr unter Vertrag? Welche Ziele verfolgt ihr mit dem Label?
Die Philosophie ist, eine andere Form von Label zu sein, den Bands Souveränität zu lassen, sie nicht einzuschränken. Die Bands nicht zu schröpfen, sondern ihnen eine Plattform zu bieten und ihnen den fairen Lohn ihrer Arbeit zukommen zu lassen. Das liest sich natürlich nett und sagt sich leicht. Wir werden versuchen, dies bestmöglich umzusetzen sobald wir ernsthaft darüber nachdenken können weitere Bands zu veröffentlichen. Es hängt wie gesagt alles von „Raw Dark Pure“ ab.
Bislang wurde nur euer eigenes Album „Raw Dark Pure“ über Sovereignty veröffentlicht. Habt ihr schon weitere Bands in Aussicht? Wie sieht’s mit einem Vertrieb aus?
Ich habe einige wenige Kandidaten im Auge, jedoch wird es noch eine Weile dauern bis da etwas spruchreif werden wird. Ein Grund dafür ist, dass wir immer noch auf der Suche nach einem passenden Vertrieb sind.
Was wird eine Band erwarten, die mit Sovereignty zusammenarbeitet?
Das Wichtigste: Ehrlichkeit und Loyalität.
Wie sehen eure weiteren Pläne aus? Sowohl für SONIC REIGN als auch für Sovereignty Productions?
Mit SONIC REIGN stecken wir noch immer mitten in der Promotion für „Raw Dark Pure“. Es ist nicht einfach, auf sich aufmerksam machen zu können. Für jede Unterstützung sind wir dankbar, denn sie bestätigt unsere Arbeit der letzten Jahre. Sovereignty wird mit dem Album wachsen, beide Schicksale sind aneinander gebunden. Mit dem Label ist es uns wichtig, einen korrekten, sehr schnellen und transparenten Service zu bieten. Etwas anderes haben die Fans nicht verdient.
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