Sólstafir
"Wir entwickeln uns, erweitern unseren Sound und entdecken neue Dinge."

Interview

SÓLSTAFIR hauen mit „Endless Twilight of Codependent Love“ einen richtig mitreißenden Brocken raus. Logisches Resultat: Verdienter Sieger im November-Soundcheck 2020 und verdiente neun Punkte in der Plattenbesprechung. Zugegebenermaßen ist dies ein Ergebnis, das nicht jeder nach „Berdreyminn“ so erwartet hatte. Wir hatten die Gelegenheit mit Sänger, Gitarrist und Bandkopf Aðalbjörn Tryggvason über das neue Album zu reden. Und diese Gelegenheit konnten wir natürlich nicht verstreichen lassen – gibt es doch einiges hinsichtlich Artwork und Albumtitel aufzuklären.

Konzertfoto von Sólstafir - The Midnight Sun: A Light In The Storm Tour 2019

Sólstafir – The Midnight Sun: A Light In The Storm Tour 2019

metal.de: Danke für deine Zeit und ich hoffe, es geht Dir gut! Erstmal ein einfacher Einstieg: Welche Frage sollten wir womöglich meiden, da Du sie bereits zu oft in den letzten Wochen in Interviews beantwortet hast?

Aðalbjörn Tryggvason (AT): Also die Top-Fragen – und ich habe natürlich Verständnis, wenn Du sie trotzdem fragst – sind: „Erkläre den Albumtitel“ und „Erzähle etwas über das Cover“. Aber ich verstehe das ja auch, denn es ist ein obskurer Albumtitel und es ist ein verdammt schönes Albumcover (lacht). Du fragst, ich antworte!

metal.de: Na, wie Du magst – zufälligerweise haben wir diese genannten Fragen auch im Repertoire. Also los: „The Lady Of The The Mountain“ als Cover-Artwork ist ein sehr auffälliger Bestandteil der neuen Veröffentlichung. Wer ist die „Lady Of The Mountain“ und wie seid ihr an das Bild von Johann Zwecker geraten?

AT: Nun, das ist eigentlich ganz einfach: Die „Lady Of The Mountain“ ist ein Symbol der Kraft, der weiblichen Kraft. Das ist ja nicht neu: Die Römer hatten das, die Griechen, die Franzosen, denk‘ an Lady Britannia. Aber zu „The Lady Of The Mountain“ oder „fjallkonan“: Wir sind mit diesem Symbol aufgewachsen, am Nationalfeiertag am 17. Juni kleiden sich die Frauen in traditioneller Kleidung, es werden Bilder gemacht, es wird eine „Lady Of The Mountain“ gewählt – der nette, kulturelle Kram halt.

Und dann  gab es diese Kopie von dem Bild. Ich wusste selbst nicht, dass es ein Kopie war, dieses schwarz-weiß Bild der Lady, grob gezeichnet. Und dann kam in der größten Zeitung hier im letzten Dezember oder Januar die Schlagzeile: Das Original des Bildes wurde gefunden, es wurde in Wales für 150 Jahre aufbewahrt. Ich war total baff. Und dachte sofort: Das ist so schön, das muss ein Albumcover werden! Wir fragten also, ob wir es nutzen dürfen und wir durften tatsächlich – dafür bin ich sehr dankbar.

Das Bild „riecht“ förmlich nach Island. Ich bin total gegen diesen „Stolz auf von Island zu sein“-Bullshit. Aber es hat halt alle prägenden Elemente: Die Möwe, den Raben, die Berge, die Aufmachung, die Tracht – es ist einfach wunderschön. Und die Farben erst!

SÓLSTAFIR – „Endless Twilight Of Codependent Love“

metal.de: Entgegen seinem direkten Vorgänger „Berdreyminn“ (oder auch „Ótta“) hat „Endless Twilight Of Codependent Love“ wieder englische Texte im Angebot. Wie seid ihr dazu gekommen und was ist für dich der Unterschied, ob Du auf Englisch oder Isländisch singst?

AT: Es ist jetzt elf Jahre her, seit wir das letzte Mal einen Song auf Englisch veröffentlicht haben. Das war auf „Köld“, lange her. Also jedes Mal, wenn wir touren, spielen wir zwei oder drei Songs auf Englisch, also singen ist nicht das Problem. Aber das Schreiben von Songs ist schon lange her.

Ich glaube, der Song kam lange bevor dem Albumtitel. Wir stellten uns das ganze Album auf Isländisch vor, weil wir das die letzten zehn Jahre so gemacht haben. Aber dann wir hatten die Idee, mal wieder was auf Englisch zu machen. Und dann kommt dieser absurd-abgefahrene Albumtitel auf, ebenfalls auf Englisch! Und dann wurde es klar: Der letzte englische Titel war auf „Köld“, da hatten wir nur Englisch und einen Titel auf Isländisch. Dieses Mal ist es andersherum, wir haben alles auf Isländisch, aber einmal einen Titel auf Englisch. Es ist also das Spiegelbild von „Köld“.

Und zur Musik: Als wir letztes Jahr die Jubiläumstour zu „Köld“ gemacht haben, diese Titel jeden Tag zu spielen, die Blastbeats in „Pale Rider“, das hat in mir die Liebe für schnelle Songs neu entfacht. Das neue Album ist also durch einen schrägen Zufall inspiriert von der letzten „Köld“-Tour, die wir vor elf Jahren gar nicht machen konnten.

metal.de: Die musikalische Entwicklung war ja bislang eher ein stetiger Strom in Richtung gemäßigterer und weniger harter Songs. Mit Titeln wie „Dyonisus“ und seinem Blick zurück auf „Masterpiece Of Bitterness“ oder „Alda Syndanna“, das direkt zu „Köld“ zurückführt, geht es nun anders. Ist „Endless Twilight Of Codependent Love“ eine Unterbrechung der fließenden Entwicklung und ein Blick oder Schritt zurück in der Entwicklung?

AT: Also: Es taucht ja immer wieder die Frage auf, ob SÓLSTAFIR nochmal zurückgehen und ein Black Metal Album machen. Die Antwort: Nein. Wir entwickeln uns, erweitern unseren Sound und entdecken neue Dinge. Aber wir haben jetzt sozusagen eine „Bananenbewegung“ gemacht – weg vom Metal, wieder hin. Aber zu diesem Zeitpunkt fühlt es sich sehr erfrischend an wieder schnelle Titel zu spielen. Nach dem Motto: „Wir haben einen neuen Titel mit Schreigesang. Awesome.“

Das ist aktuell erfrischend. Vor zehn Jahren war es das allerdings nicht. Damals war es frisch „Fjara“ zu machen. Heutzutage also schnellere Song, verzerrte Gitarren und so. Aber da ist noch was: Als wir zu „Berdreyminn“ getourt haben, waren die Songs live härter, Studio und Live-Auftritt ist dann halt doch ein Unterschied. Die Songs sind live also heavier als das Album, und wir dachten: Lasst uns diese Lücke vermeiden. Die Songs beginnen dann zu leben. Nimm „Silfur-refur“, den ersten Song auf „Berdreyminn“. Der ist mittlerweile bei uns ganz anders als zu dem Zeitpunkt, als wir ihn aufgenommen haben. Durch touren, Live spielen, werden Songs erwachsen.

Wir machten die Songs diesmal also etwas heavier, „Dyonisus“ oder „Alda Syndanna“ haben eine ordentliche Gitarrenwand – und so werden die auch live gespielt. Wenn wir “ Silfur-refur“ heute aufgenommen hätten, dann hätten wir da mehr schwere Gitarren reingepackt – aber es ist ja immer leicht hinterher schlauer zu sein.

Weiter geht’s auf Seite 2 mit dem Albumtitel, den inhaltlichen Hintergründen zu „Endless Twilight Of Codependent Love“ und was für Aðalbjörn Tryggvason ein gutes Album ausmacht…

Galerie mit 23 Bildern: Sólstafir - Party.San Metal Open Air 2024

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30.11.2020

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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