Soilwork
Im Gespräch mit Bassist Ola Flink

Interview

Soilwork

Für die Schweden SOILWORK waren die letzten drei Jahre seit „The Panic Broadcast“ durchaus ereignisreich – nicht nur, weil sie ausgiebig tourten und mit „The Living Infinite“ gleich mal ein Doppelalbum aufgenommen haben, nein, auf einmal musste die Band auch ohne eines ihrer Gründungsmitglieder, Peter Wichers, auskommen. Ein Problem? Bassist Ola Flink meint nicht: „Das war nie ein Problem. Was wir mit Peter zusammen gemacht haben, ist etwas, dass ich wirklich sehr schätze, aber es war trotzdem Zeit, dieses Kapitel zu schließen. Und wir haben mit David den perfekten Ersatz gefunden. Er hat uns wirklich neue Energie injiziert.“

Womit wir beim Ersatz wären: David Andersson heißt der Mann, der 2008 und 2011 schon Mal als Live-Aushilfe für die Band tätigt war – und sich scheinbar bewährt hat: „Ja, wir kannten David schon ein paar Jahre und haben ein paar Touren zusammen gespielt. Als es an der Zeit war, einen neuen Gitarristen zu suchen, gab es da nie irgendwelche Zweifel, das war eine leichte Entscheidung. David ist ein großartiger Musiker und seine Persönlichkeit passt auch zum Rest von uns.“ Und wie viel Anteil hatte David beim Schreiben des neuen Materials? „Er war ein Full-Time-Mitglied. Er hatte definitiv einen riesigen Anteil am Schreibprozess, ich glaube, er schrieb sieben oder acht Songs. Seine Art zu schreiben macht unsere Musik einfach vielfältiger und progressiver.“

Vielfältiger und progressiver also würde Herr Flink das neue Album beschreiben? „Für mich ist es eine Kombination von allem, was wir über die Jahre gemacht haben. Man kann Elemente aus allen vorigen Alben hören, mit einem Hauch von etwas neuem.“ Was die neue Ebene angeht, macht „The Living Infinite“ auf mich den Eindruck, als wäre es hauptsächlich, mehr noch als die letzten Alben, rund um die Stimme von Björn „Speed“ Strid aufgebaut – oder, Ola? „Ich würde nicht sagen, dass es um den Gesang herum aufgebaut ist, der Kern der Musik ist, dass es keine Grenzen gibt, was erlaubt ist. Es ist die Summe davon, dass alle die Musik zu dem machen, was sie ist, auch wenn die Vocals natürlich eine Menge Platz einnehmen und der Musik einen großen Stempel aufdrücken.“ Aber Ola relativiert sogleich: „Seine Vocals und all die verschiedenen Wege, sie zu nutzen, fügen der Musik eine Menge Tiefe hinzu. Das ist aber nichts, über das wir wirklich nachdenken, sondern einfach etwas, das wir alle mögen, es ist fast ein Trademark.“

Soweit also Herr Flink zu „The Living Infinite“ – aber da gibt es noch so viel mehr über das Album zu reden. Zum Beispiel, wie man eigentlich dazu kam, dass man auf einmal ein Doppelalbum in der Hinterhand hat? Und dass, obwohl man sich nicht mehr Zeit als für „The Panic Broadcast“ genommen hat und ja auch mal eben einen der Songwriter ersetzen musste. Doch keine Spur von Stress: „Nun … wir haben nicht alle jederzeit Musik geschrieben, wir waren alle mehr mit unserem eigenen Leben als mit SOILWORK beschäftigt. Vor etwa einem Jahr fingen wir dann an, darüber nachzudenken, neue Musik zu schreiben. Die Doppelalbum-Idee kam von Björn und wir fingen einfach an zu schreiben. Die Kreativität kam einfach von links nach rechts herbei, also entschieden wir uns dazu, es durchzuziehen. Das ist schon eine Riesenaufgabe, aber auch sehr befriedigend, wenn man erstmal damit fertig ist.“ Die Kreativität kam also einfach so zugeflogen? „Ja, wie schon gesagt, das kam irgendwie ganz natürlich. Ich glaube, das liegt auch daran, dass mit David neues Blut dazugekommen ist. Außerdem sagten wir uns, beim Schreiben sehr offen für alles zu sein. Wenn die Musik sowohl für die Musiker als auch den Hörer interessant sein soll, muss sie ehrlich sein und ich glaube, dass wir das dieses Mal wirklich geschafft haben.

Okay. Aber um nochmal zur Doppelalbum-Frage zurückzukommen: Gibt es eigentlich Unterschiede zwischen den zwei Teilen? Handelt es sich bei „The Living Infinite“ um ein langes Album oder um zwei Teile, vielleicht sogar zwei Alben? „Ich finde, dass sie beide ihre Eigenleben haben, wenn du sie hintereinander hörst, ergibt das Sinn. Ich persönlich finde, dass die Musik auf der zweiten Disc dunkler wird, und ein bisschen progressiver, und dich mit einem Gefühl hinterlässt, das schwer in Worte zu fassen ist. Wenn du dich dazu entscheidest, 20 Songs auf einmal zu veröffentlichen, musst du wirklich versuchen, dich nicht zu wiederholen, damit es interessant bleibt.“

So weit, so gut – doch so gesprächig Ola war, als es um die Musik ging, um so schweigsamer wird er, wenn man das Thema Texte anschneidet: „Das lyrische Thema des Albums sind existenzielle Fragen, das ist der Kern des Konzepts. Jeder fragt sich selbst, was der Zweck von allem ist, schaut nach Antworten, die sich nicht immer selber präsentieren. Man muss eben akzeptieren, dass Fragen manchmal unbeantwortet bleiben.“ Und wie bezieht sich der Titel des Albums, „The Living Infinite“, auf dieses Textkonzept? „‚The Living Infinite‘ war Jules Vernes Art, den Ozean zu beschreiben.“ Sagt er, kurz und bündig, und macht dann mit der nächsten Frage weiter.

Und das wäre dann die nach dem Coverartwork: Im Kontrast zu den letzten beiden Alben, finde ich das Artwork von „The Living Infinite“ nämlich ein bisschen weniger einfallsreich, vielleicht sogar etwas unspektakulärer (was gar nicht so negativ gemeint ist, wie es vielleicht klingt), aber auch etwas kryptischer. Da sich im Artwork auch das Unendlichkeitszeichen (mehr oder weniger) versteckt hat, liegt die Frage nach dem Zusammenhang mit dem Titel des Albums natürlich nahe: „Wir wollten ein irgendwo nautisches Thema, da der Titel selbst sich ja auch auf Wasser bezieht. Das Cover und die Musik müssen zusammen Sinn ergeben, was es hier, glaube ich, tut. Es gibt einen Vibe, den man fühlt, wenn man sich die Musik anhört, und dasselbe gilt für das Artwork.“

Er ist eben nur halb gesprächig, der Ola Flink. Ob das daran liegen mag, dass das Doppelalbum eben doch mehr Energie brauchte, als eine Platte mit Standardlaufzeit?

21.02.2013
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