Skálmöld
Metallische Wiegenlieder

Interview

Metallische Wiegenlieder – dem Titel „Vögguvísur Yggdrasils“ nach zu urteilen, verbindet die isländische Band SKÁLMÖLD auf ihrem neuen Album offenbar beide Zutaten. Ganz einleuchten will uns das allerdings noch nicht so recht: Musikalisch sind die Songs einfach meilenweit von sanfter Schlummrigkeit entfernt. Wer sie hört, möchte am liebsten mitsingen und die Fäuste recken – und live am besten gleich einmal den sogenannten Viking Clap anstimmen. Wir haben Sänger und Gitarrist Björgvin Sigurðsson um Aufklärung gebeten. Hier sind seine Antworten.

Geht es beim Albumtitel „Vögguvísur Yggdrasils“ wirklich um Schlaf- bzw. Wiegenlieder? Wer sollte denn bei der Musik schlafen?

Haha, ja, das stimmt! Der Titel kann als „Die Wiegenlieder für Yggdrasil“ oder „Yggdrasils Wiegenlieder“ übersetzt werden. Wir hatten schon lange in der Band die Idee, mal ein Wiegenlied auf eins unserer Alben zu packen. Vor allem Snæbjörn, der alle unsere Texte schreibt. Es geht dabei aber nicht darum, dass die Musik ein Schlaflied sein soll, sondern eher der Text. Es ist schon sehr faszinierend, ein Wiegenlied zu schreiben, selbst wenn sich die Musik unbestreitbar nach SKÁLMÖLD anhört. Es ist der Kontrast, der uns fasziniert.

Jeder Songtitel steht für eine der neun Welten aus der nordischen Mythologie. Was steckt dahinter – und ist „Vögguvísur Yggdrasils“ wieder ein Konzeptalbum?

Dieses Konzept von den Welten ist verbunden mit der Idee des Schlafliedes. Snæbjörn wollte schon für die beiden vorangegangenen Alben ein Schlaflied schreiben, aber da passte es nicht zum Konzept und den Geschichten auf den Alben. Aber diese Idee kam wieder und wieder auf. Auf einer unserer Reisen hatte unser Drummer Jón die Idee, doch gleich neun Schlaflieder zu schreiben – eins für jede der neun Welten der nordischen Mythologie. Wir haben das innerhalb der Band diskutiert, und wir fanden die Idee super.

Es geht darum: Die Wesen, die zwischen den neun Welten umherstreifen, sind nicht notwendigerweise alle gut. Aber egal, ob man jetzt zu den Guten oder zu den Schlechten gehört – allen ist gemein, dass sie ihre Nachkommen lieben und alles daran setzen, um sie zu beruhigen. Wiege sie mit einem sanften Lied in den Schlaf und beschütze sie. In den Texten hat Snæbjörn also versucht – und, wie ich finde, auch geschafft – die zu den neun Welten passende Atmosphäre zu finden und zu jedem der neun Metalsongs ein passendes Wiegenlied zu schreiben.

Das Coverartwork zeigt einen Schlachtzug oder eine Plünderung eines Dorfes. Gibt es da einen Zusammenhang zu den Texten?

Es ist nicht direkt mit den Texten verbunden. In meinen Augen ist es aber ein verdammt gutes Cover. Es geht mehr um den Kontrast zwischen Metal und Wiegenliedern. Dieser harsche Kontrast zwischen einem Schlachtfeld und Wiegenliedern.

Habt Ihr bei der Musik diesmal etwas im Vergleich zu den Vorgängeralben verändert?

„Vögguvísur Yggdrasils“ ist mittlerweile unser viertes Album, und bislang hatte jedes ein Konzept, eine Geschichte, die von Anfang bis Ende erzählt wurde. Das kann natürlich in dem Sinne etwas limitierend sein, wenn man die Atmosphäre der Geschichte in der Musik widerspiegeln muss, um dem Handlungsstrang zu folgen.

Unser letztes Album beispielsweise war sehr episch, mit einer Menge langer und epischer Stücke. Und ich mag es wirklich sehr, es ist vielleicht sogar mein Lieblingsalbum. Diesmal entspricht das Konzept eher einem großen Schirm, unter dem sich die einzelnen Songs sammeln. Das gibt mehr Freiheit beim Schreiben der Songs. Und das haben wir gemacht – einfach drauflos zu schreiben und genügend Songs zu komponieren, die uns gefallen, und die dann ungeachtet einer Storyline auf das Album zu packen. Mit dem Resultat sind wir jedenfalls sehr zufrieden!

Auf dem Summer Breeze konnte Euer Keyboarder Gunnar Ben nicht mit dabei sein. Stattdessen ist die jüngere Schwester von Snæbjörn und Baldur eingesprungen. Wie wichtig ist Euch diese Familienbande, und wie wichtig ist Freundschaft innerhalb der Band?

Wir sind jetzt seit sieben Jahren dieselben sechs Typen in der Band, und die Band bedeutet uns sehr viel. Wir sind wirklich gute Freunde und mögen es, miteinander zu arbeiten. Die Band sollte aber niemals mehr als ein Hobby sein. Wir gehen alle einer geregelten Arbeit nach und könne alle unsere Rechnungen bezahlen. Das bedeutet aber im Gegenzug, dass Gunnar beispielsweise nicht immer mit uns touren kann, eben weil er arbeiten muss. In diesen Situationen möchten wir dann jemanden dabei haben, der in irgendeiner Weise in die Band eingebunden ist. Also nicht bloß jemand, der gute singen und die Keyboards bedienen kann. Das ist uns wirklich wichtig. Zum Glück können wir auf Helga zurückgreifen, die jüngere Schwester von Snæbjörn und Baldur. Sie ist nicht nur sehr talentiert, sondern auch bestens in die Band eingebunden, also genau das, worauf wir Wert legen.

Ihr versprüht jede Menge positive Energie auf Euren Konzerten – jedenfalls nimmt man es Euch ab, dass Ihr auf der Bühne Spaß habt. Habt Ihr bestimmte Rituale, mit denen Ihr Euch vor der Show gegenseitig anstachelt?

Wir haben kein spezielles Ritual – außer vielleicht den üblichen High Fives oder einem anfeuernden Klaps auf den Rücken. Und natürlich Gunnar, der uns daran erinnert, dass unsere letzte Show vielleicht gut gewesen ist, die nächste aber besser sein muss. Am wichtigsten ist es aber, dass wir einfach das machen, was wir mögen – und das sieht man hoffentlich auch!

Was haltet Ihr eigentlich von dem sogenannten Viking Clap, wenn die Meute wie auf dem Summer Breeze im August anfangen rhythmisch zu klatschen?

Ich mag es. Wir werden das sicherlich nicht in unsere Show einbeziehen, aber wenn die Meute das anstimmt, dann passt das. Ich mag es, es kann ziemlich cool sein. That’s it for now! Any (famous last) words to our readers?

Danke für das Interview, Björgvin!

Danke auch an euch bei metal.de, für die Unterstützung in den letzten Jahren und den Fans, die wir in Deutschland haben. Dass wir Fans haben, die zu unseren Konzerten kommen, unsere Alben kaufen und sich für das interessieren, was wir machen – das bedeutet uns sehr viel. Ich hoffe, dass wir so viele wie möglich von euch auf unserer Tour im November treffen werden. Und hoffentlich werden wir 2017 noch viele weitere Konzerte in Deutschland geben können! Skál!

19.10.2016

- Dreaming in Red -

Exit mobile version