Skálmöld
"Packen Sie Ihren Penis ein!" - und andere Geschichten
Interview
Zehn Jahre haben die Isländer SKÁLMÖLD als Band mittlerweile auf dem Buckel. In dieser Zeit haben sie in unveränderter Besetzung fünf Alben, diverse Singles bzw. Splits und eine Live-DVD herausgebracht. Fleißig waren sie auch auf den Bühnen Europas, wo sie fast jedes Jahr auf Tour und Festivals anzutreffen waren. Am 30.08.2019 gaben SKÁLMÖLD schließlich bekannt, dass 2019 das vorerst letzte aktive Jahr für sie sein wird, denn ab 2020 legt die Band eine Pause auf bislang unbestimmte Zeit ein.
Zum Abschluss sollte es aber noch mal eine richtige Sause geben. Zur Wintersonnenwende am 21.12.2019 gab es deshalb drei Jubiläums- und Abschlusskonzerte in der isländischen Heimat Reykjavík. Mit dabei waren die langjährigen Freunde FINNTROLL. Wir waren vor Ort und haben uns mit einigen der SKÁLMÖLD-Jungs zusammengesetzt, um die letzten zehn Jahren Revue passieren zu lassen und schon mal vorzufühlen, wie lange wir denn nun auf SKÁLMÖLD-Action verzichten müssen.
Wir trafen Fronter Björgvin Sigurðsson und Gitarrist Baldur Ragnarsson in den Katakomben des herrschaftlich anmutenden Reykjavíker Gamla Bíó (Altes Kino). Spontan gesellte sich gegen Ende auch noch Gitarrist Þráinn Árni Baldvinsson dazu. Die drei sprachen über die besten und lustigsten, aber auch über die gruseligsten und traurigsten Erfahrungen, die sie mit der Band in den vergangenen zehn Jahren machen durften. Dabei entstand vor allem ein Eindruck: Dass es SKÁLMÖLD sicher nicht lange auf der Bank aushalten werden und sich vermutlich innerhalb der nächsten zwei Jahre wieder zurückmelden dürften.
Hi Björgvin, hi Baldur! Vor der ersten Frage eine kleine Zusammenfassung. SKÁLMÖLD gibt es jetzt zehn Jahre, eure Texte sind auf Isländisch und ihr kommt von diesem sehr abgelegenen Fleckchen mitten im Ozean. Trotzdem ist es euch letztes Jahr für die Orchestershows gelungen, Leute aus 37 Ländern nach Island zu locken. Auch jetzt sind wieder Leute aus zahlreichen Ländern für eure Jubiläumsshows angereist. Wenn ihr an die letzten zehn Jahre zurückdenkt, wo ihr angefangen habt und wo ihr jetzt seid, an welchem Punkt hattet ihr das erste Mal das Gefühl, dass ihr da wirklich etwas am Laufen hattet, dass Fahrt aufgenommen hat und sich zu etwas Größerem entwickelt hat?
Björgvin: Die ursprüngliche Idee war, eine Band zu gründen und einfach ein wenig Musik zu schreiben und aufzunehmen, und dann zu sehen, was passieren würde. Das erste Album „Baldur“ war schon fast fertig, bevor wir überhaupt darüber gesprochen haben, vielleicht mal live zu spielen.
Baldur: Dann wurde uns quasi aus dem Nichts angeboten, in Wacken zu spielen. Bevor das erste Album draußen war. Da sind wir auf den Geschmack gekommen.
Björgvin: Ich glaube, der Moment, in dem mir klar wurde, dass wir da etwas hatten, war…
Baldur: … gestern [beide lachen].
Björgvin: Das war wahrscheinlich während der zweiten oder dritten Tour. Die erste Tour – die Heidenfest-Tour – war irgendwie immer noch surreal.
Baldur: Ja. Während dieser Tour haben wir uns als Band auch sehr verändert.
Björgvin: Stimmt. Dann haben wir 2013 mit FINNTROLL und 2014 mit ARKONA und ELUVEITIE zwei große Touren gemacht. Da hat man das erste Mal richtig gemerkt, dass wir das Potenzial hatten, eine Anhängerschaft aufzubauen. Da sind das erste Mal Leute in SKÁLMÖLD-Shirts bei den Shows aufgetaucht, die gekommen waren, um SKÁLMÖLD zu sehen. In Island waren wir bereits mit dem ersten Album vergleichsweise groß. Es wurde in den ersten paar Monaten 4.000 Mal verkauft. Für Island ist das gut. 5.000 bedeutet Gold-Status. Bei Metalbands kommt das quasi nicht vor. Die beiden Releaseshows für das Album waren ausverkauft, was einfach irre war.
Baldur: Wir wussten also, dass wir für die Isländer etwas richtig gemacht hatten. Für mich hieß das aber nicht zwangsläufig, dass das auch international funktionieren würde. Da hatte ich aber ordentlich unrecht.
Kommen wir mal wieder in die Gegenwart zurück. Wie fühlt es sich an, kurz davor zu stehen, die vorerst letzte SKÁLMÖLD-Show zu spielen?
Baldur: Es fühlt sich gut an. Wir haben schon zu Anfang, als wir die Band gegründet haben, darüber gesprochen. Einige von uns kannten sich damals noch nicht sehr gut. Die Abmachung war, alles zu geben, bis zu dem Punkt, an dem jemand das nicht mehr will. Falls mal jemand genug hat, hören wir halt auf. Ich erinnere ich normalerweise nicht an viel, aber das ist die Richtschnur, die ich seit dem ersten Tag im Hinterkopf habe. Wenn ich also höre, dass jemand eine Pause machen möchte, na klar. Ich will nicht mit meinen Freunden unterwegs sein, wenn die lieber woanders wären.
Björgvin: Ich denke, dass es für uns als Band nicht gesund ist, Dinge zu erzwingen. Dann wären wir in zwei Jahren ausgebrannt. Es ist gut, jetzt einen Strich drunter zu machen und diese Pause einzulegen. Einfach mal ein halbes Jahr oder Jahr nicht darüber nachzudenken. Bis wir wieder das Bedürfnis verspüren, neue Musik zu machen. Ende letzten Jahres, am Ende der Tour, hatte ich diese Gedanken, ob es das alles wert ist. Ich hatte Spaß an den Shows und am Reisen mit den Jungs, aber der Funke hat gefehlt. Und sobald wir die Unterhaltung gehabt hatten, dass wir Ende 2019 eine Pause einlegen werden, habe ich schon wieder den „Hunger“ gespürt.
Baldur: Die Pause ist also nichts Schlimmes. Wir betreiben nur frühzeitige Schadensbegrenzung und verhindern, dass sich das Ganze in eine Richtung entwickelt, die wir nicht möchten. Als die Entscheidung für die Pause gefallen ist, hatte ich das Gefühl, dass ich sie nicht brauche. Jetzt bin ich aber froh, dass wir das machen. So ist es besser für alle.
Es ist an der Zeit für ein kleines Best-of und Worst-of. Nennt mir eine denkwürdige Erfahrung, die euch als Band oder in der Zeit mit SKÁLMÖLD passiert ist, und an die ihr euch noch lange erinnern werdet.
Baldur: Das ist vielleicht etwas offensichtlich, aber die Shows mit dem Orchester sind einfach etwas ganz Besonderes. Das war anders als alles andere, was ich je im Bereich Musik gemacht habe.
Björgvin: Vor allem, als wir es zum zweiten Mal gemacht haben. Beim ersten Mal war ich persönlich total nervös.
Baldur: Ja, du warst ein Wrack! Er hat einen Monat nicht geschlafen.
Björgvin: Ich erinnere mich kaum an die Shows. Aber als wir es letztes Jahr zum zweiten Mal gemacht haben, hatten die Band, das Orchester, die Chöre, die Crew und so weiter das ja schon mal gemacht. Deshalb sind alle viel entspannter daran herangegangen, weil wir wussten, dass es funktionieren würde. So war es zumindest für mich.
Baldur: Böbbi [Björgvin] hatte früher krasses Lampenfieber und hat die ersten Jahre teilweise Wochen oder Monate nicht schlafen können. Deshalb spielt er übrigens auch ohne Brille. Es war einfach besser, das Publikum nicht sehen zu können.
Björgvin (lacht): Ja. Wenn ich also so mache [anstachelnde Geste für das Publikum], dann gucke ich gar nicht wirklich.
Baldur: Er zeigt gar nicht auf dich, denn er kann dich nicht sehen.
Du trägst also gar keine Kontaktlinsen?
Baldur: Nein, er ist blind wie ein Maulwurf.
Björgvin: Für die Orchestershows musste ich welche tragen, denn ich musste den Dirigenten sehen [alle lachen]. Mittlerweile fühle ich mich auf der Bühne aber viel wohler.
Beim Lampenfieber geht es unter anderem darum, was alles schief gehen kann. Wenden wir uns also den Dingen zu, die mal schief gegangen sind. Was gibt es denn da so?
Björgvin: Da fällt mir die Culture Night in Island ein. Das Nationalradio hat ein riesiges Konzert in der Innenstadt veranstaltet. 50.000 bis 70.000 Leute. Und uns wurde angeboten, da zu spielen. Unser Drummer Jón hatte was an der Schulter, also hatten wir einen Aushilfsdrummer. Wie immer haben wir als letzten Song „Kvaðning“ gespielt, ein Song, den wir bisher bei jeder einzelnen Show gespielt haben. Und der Aushilfsdrummer hat das Intro versaut.
Baldur: Er hat ein halbes Drumsolo gespielt. Es ist einfach fürchterlich schief gelaufen. Und es war live im Fernsehen. Wahnsinnig guter Drummer, übrigens. Alles andere war auf den Punkt, aber das…
Also das war jetzt etwas zahm. Ich hatte mir etwas mehr erhofft, aber vielleicht seid ihr als Band einfach zu ernsthaft…
Baldur: Naja, vor Kurzem bei einem Gig habe ich verkackt und mir ist das Gitarrensystem abgestürzt.
Björgvin: Also hat er meine Gitarre gespielt.
Baldur: Also habe ich seine Gitarre genommen, aber er hing noch drin. Man konnte richtig sehen, wie er sich gefragt hat, was ich da mache. „Versucht er, cool zu sein, oder ist er nur ein Idiot?“ Normalerweise gehen wir aber ganz gut damit um, wenn mal was schief geht.
Björgvin: Wir hatten zwei Zwischenfälle in Rumänien. Einmal ist der Bus liegen geblieben und wir sind drei Minuten, bevor unser Set anfangen sollte, am Club angekommen. Und letztes Jahr mit ALESTORM ist der Anhänger vom Bus abgefallen, gleich zweimal. Das zweite Mal auf der Autobahn. Wir hatten Glück und er ist von der Straße gedriftet, statt auf die andere Spur. Als wir dann am Club ankamen, wurde die lokale Openingband gerade mit ihrem Set fertig.
Galerie mit 20 Bildern: Skálmöld – Summer Breeze Open Air 2019Das mit dem Anhänger kann einem aber schon Angst machen. Gab es denn sonst Ereignisse, die vielleicht ein wenig furchteinflößend waren?
Baldur: Der gleiche Auftritt bei der Culture Night, der in Island ja live im Fernsehen war. Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf von einer psychisch kranken Frau, die die Show gesehen hatte und der dabei klar geworden war, dass ich Satan bin. Sie hat mich angerufen, um mir zu sagen, dass sie verhindern würde, dass ich alles töte, was gut ist. In ihrer Stimme konnte ich hören, dass sie eine riesige Angst vor mir hatte.
Sie war in einem Geisteszustand, in dem das für sie real war. Und sie hat es auf sich genommen, Satan anzurufen, um die Welt zu retten. Das fand ich verdammt cool. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich habe dann etwa eine halbe Stunde mit ihr gesprochen und versucht, ihr zu erklären, dass sie das vielleicht nicht auf die gleiche Weise wahrnimmt, wie ich. Am Ende habe ich sie dafür bewundert, die Welt im Alleingang retten zu wollen. Das war also ziemlich merkwürdig, aber auch ziemlich klasse. Und ich bin übrigens nicht Satan. Glaube ich.
Björgvin: Es gab andere, kleine Zwischenfälle. Ich erinnere mich da an eine Show in Köln. Der Backstagebereich war im Keller und wie üblich gab es dort auch ein paar Toiletten. Wir waren kurz davor, auf die Bühne zu gehen, als ich bemerkte, dass ich da noch was loszuwerden hatte. Also habe ich jemandem meine Gitarre in die Hand gedrückt und bin los. Als ich im Backstage ankam, waren alle Toiletten besetzt. Im Keller ist aber auch noch ein Nebenraum des Clubs, wo alles dunkel war. Ich bin also im Dunkeln herumgestiefelt, habe die Toilette gefunden, mich hingesetzt, und in dem Moment gehört, wie das Intro anfing. Ich habe das dann in 30 Sekunden erledigt und bin auf die Bühne gerannt. Aber da ging mir ganz schön die Pumpe [alle lachen].
Baldur: Wir haben gar keine echten Skandale. Wie alle anderen auch trinken wir mal einen über den Durst, aber das ist immer lustig.
Björgvin: Ich habe in Polen mal über die Bar einer Salsa-Disco hinweggekotzt.
Baldur: Aber der Besitzer war mit dabei und er fand es saukomisch. In Polen wurdest du aber auch mal fast verhaftet, weil du draußen gepinkelt hast.
Björgvin: Wir haben ausgeladen und ich habe den Anhänger bewacht, weil er ein Stück weiter weg geparkt war. Und ich musste wirklich dringend pinkeln. Also habe ich neben den Anhänger gepinkelt.
Baldur: So macht man das in Island, aber nicht in Polen.
Also Körperfunktionen laufen bei dir.
Björgvin: Ich hatte gerade angefangen, als drei bewaffnete Polizisten mit Maschinengewehren ankamen und fragten, was ich da mache.
Baldur: Packen Sie Ihren Penis ein!
Was hat es bei SKÁLMÖLD eigentlich mit den Schuhen oder, besser gesagt, deren Abwesenheit auf sich?
Baldur: Ich habe hauptsächlich zur Hitzeregulierung angefangen, ohne Schuhe zu spielen. Ich spiele gerne mit so wenig Kleidung, wie ich kann, ohne verhaftet zu werden.
Björgvin: Wenn man auf Tour 30 Tage am Stück spielt und dabei schwitzt wie ein Schwein, werden die Schuhe echt eklig.
Bleiben wir doch gleich bei den schwitzigen Bühnenklamotten und fehlenden Waschgelegenheiten. Wer ist die übelriechendste Band, mit der ihr je getourt seid?
Beide: TURISAS.
Björgvin: Die haben dieses Flightcase für ihre Bühnenklamotten und Lederrüstungen und so weiter. Der Geruch war unerträglich.
Baldur: Ich verstehe das ja, das Zeug ist nicht einfach zu waschen. Aber dieses Case sollte wirklich mit Warnschildern ausgestattet sein. Und wir kommen von einer Insel, deren traditionelle Küche darauf ausgelegt ist, Dingen einen üblen Gestank zu verpassen. Aber das war ein ganz anderes Level. Also ja, TURISAS. Allerdings nicht im Alltag, nur auf der Bühne.
Wer ist die spaßigste Band, mit der ihr je getourt seid?
Björgvin: Das ist echt schwierig. Da muss ich drei auswählen. FINNTROLL, STAM1NA und ALESTORM.
Baldur: Das stimme ich zu. Wenn man durch die gemeinsame Liebe zur Musik neue Leute kennenlernt und zusammen monatelang auf Tour ist, zusammen im Bus lebt und sich einfach so gut versteht, dann hat man Freunde, bei denen es sich immer so anfühlt, als hätte man sich gerade eben noch gesehen. FINNTROLL zum Beispiel. Mit denen haben wir drei Touren gespielt und sie dann lange nicht gesehen. Als wir sie das nächste Mal getroffen haben, war alles wie früher. Das Gleiche gilt für STAM1NA. Mit denen halte ich normalerweise mehrere Male pro Woche Kontakt.
Björgvin: Wir haben das Glück, mit extrem netten Leuten auf Tour gewesen zu sein. ELUVEITIE zum Beispiel auch. Oder ARKONA. TROLLFEST, KORPIKLAANI, OMNIUM GATHERUM, MOONSORROW.
Mir fällt gerade wieder ein, dass heute Abend der isländische Präsident zur Show kommt. Macht euch das nervös?
Björgvin: Er war schon bei ein paar Shows von uns. Ich bin auch schon zwei Halbmarathons mit ihm gelaufen. Natürlich ist es toll, den Präsidenten bei der Show zu haben, aber wenn du den Typ mal triffst, wirst du sofort merken, dass es keinen Grund gibt, nervös zu sein. Er ist der normalste Typ, den man sich vorstellen kann.
Baldur: Er würde auch nicht kommen, wenn er unsere Musik nicht mögen würde. Und er kommt auch nicht nicht, weil er der Präsident ist. Ich glaube, er bringt auch seine Familie mit.
Dann kommen wir mal dazu, was die nähere Zukunft bringt. Ihr werdet eine DVD von den Jubiläumskonzerten veröffentlichen. Ihr habt außerdem noch Material von den letzten Orchestershows, das noch nicht veröffentlicht wurde. Gibt es Pläne, das vielleicht mit aufzunehmen oder allgemein, damit etwas zu machen?
Björgvin: Es gibt Pläne, die zweite Auflage der Orchestershows zu veröffentlichen. Direkt im Anschluss an die Konzerte haben wir uns umgesehen, aber das richtige Angebot war noch nicht dabei.
Baldur: Wir wollen es rausbringen und wir arbeiten daran, aber das Material läuft ja auch nicht weg. Bei den Konzerten jetzt dachten wir uns einfach, dass es ziemlich cool werden könnte, und wir haben eine echt tolle Filmcrew hier.
Björgvin: Konkrete Pläne, wie und wann es veröffentlicht wird, haben wir noch nicht. Ein zehnjähriges Jubiläum mit drei ausverkauften Konzerten muss aber einfach festgehalten werden.
Baldur: Ja, so machen wir das heutzutage. Wir filmen einfach alles, haben aber keine Pläne dafür. Da bleiben wir uns treu [lacht].
Þráinn gesellt sich spontan dazu.
Þráinn: Wie langweilig war das Interview?
Du kannst gerne noch deinen Senf dazugeben. Der Moment, der dir in zehn Jahren SKÁLMÖLD am meisten in Erinnerung bleiben wird?
Þráinn: Das Party.San-Festival. Alle Festivals eigentlich. Weil wir da normalerweise sehr viel Spaß haben. Das Party.San 2012 war ein Höhepunkt. Oder ein Tiefpunkt. Dabei reden wir von der Party danach. Die Orchestershows natürlich auch, aber alle Festivals waren wirklich toll. In gleichen Lineup zu spielen wie BLACK SABBATH und SLAYER, wie soll man das toppen?
Peinlichster Moment?
Þráinn: Ähm, Haare, die sich in Böbbis [Björgvins] Gitarre verfangen haben. 2013 auf Island-Tour.
Neue Kategorie, offen für alle. Der emotional bewegendste Moment mit SKÁLMÖLD?
Þráinn: Wir haben, glaube ich, in Köln gespielt und ein Fan, der kürzlich einen Trauerfall hatte – ebenfalls ein SKÁLMÖLD-Fan – kam zu uns und gab uns eine Halskette von der Person.
Baldur: Das war ziemlich emotional. Ich glaube, du [Björgvin] hast die Kette noch?
Björgvin: Ja, ich habe sie zuhause.
Þráinn: Wir haben auch mitbekommen, dass von uns unterschriebene Sachen mit in Särge gelegt wurden.
Das ist jetzt aber düster geworden.
Baldur: Willkommen in Island, wo alles Interessante mit dem Tod zu tun hat.
Björgvin: Es gab mal einen großen SKÁLMÖLD-Fan, der auch Baldur hieß. Er wurde leider sehr krank. Er war im Krankenhaus und es war absehbar, dass er bald sterben würde. Als er gemerkt hat, dass es soweit war, haben seine Familie und Freunde ihm Kopfhörer aufgesetzt und SKÁLMÖLD gespielt. Wenige Minuten später ist er gestorben. Bei seiner Beerdigung wurden auch SKÁLMÖLD-Songs gespielt. Ihm wurden auch signierte CDs mitgegeben.
Þráinn: Ich habe die Stimmung irgendwie runtergezogen, oder?
Ja, schon.
Þráinn: Gern geschehen.
Danke…
Björgvin: Es ist irgendwie komisch, so einen drastischen Eindruck auf jemandes Leben zu machen.
Baldur: Ja. Wenn ich bei mir im Kämmerlein einen Song schreibe und jemand gewillt ist, dazu zu sterben, ist das ziemlich krass.
Þráinn: Ziemlich cool ist es, wenn sich Leute SKÁLMÖLD-Tattoos machen lassen. Das ist ein wenig verrückt, aber cool.
Wir hatten also denkwürdig, unheimlich, traurig… wie sieht es mit dem lustigsten Erlebnis aus?
Þráinn: OK, ich weiß nicht, wie gut sich das übersetzen lässt, aber bei Konzerten haben wir die Angewohnheit, uns gegenseitig zuzurufen „macht das nicht Spaß?!“
Aber auf Isländisch?
Þráinn: Ja, auf Isländisch.
Und was heißt es auf Isländisch?
Þráinn: „Er ekki gaman?! Er ekki gaman?!“ Naja, egal. Also, wir haben in den Niederlanden gespielt. Nach den ersten paar Songs ruft Böbbi [Björgvin] normalerweise „Hallo, Berlin“ – oder was auch immer. Aber bei dieser Show hatte er vergessen, wie die Stadt hieß. Er kam also zum Drum-Riser, wo ich auch gerade war, und rief etwas, worauf Jón Geir [Drummer] und ich geantwortet haben „ja, macht das nicht Spaß?!“ Aber eigentlich hat er gerufen „wo sind wir?“ Das haben wir aber nicht gehört. Als Ansage hat er dann also irgendetwas Unverständliches gerufen.
Björgvin: Die Stadt heißt übrigens Zoetermeer.
Þráinn: Das vergisst du jetzt nicht mehr.
Björgvin: Jón hat gegrinst wie ein Äffchen, als ich gefragt habe, wo wir sind.
Er macht Jóns Standard-Bühnengesichtsaudruck nach und alle lachen.
Þráinn: Eine meiner liebsten Erinnerungen ist, als wir auf der Heidenfest-Tour in Tilburg gespielt haben und mit ALESTORM in einer Snooker-Bar getrunken haben. Danach bin ich in den Bus gegangen. Ich war gerade eingeschlafen, als Jón Geir mehr oder weniger in meine Koje gesprungen ist und mich mit einem breiten Grinsen geweckt hat. „Du musst mit in diese Bar kommen, da gibt’s tollen Whiskey!“ Ein Freund aus Island war dort dazugekommen und hatte den teuersten Whisky in der Bar gekauft, für 600 Euro oder so. Ich bin also im Schlafanzug in diese Bar gegangen und habe diesen fantastischen Whisky getrunken. Und Jón Geir hat den Whisky noch nicht mal getrunken, er hat sich nur so darüber gefreut, dass er mich für den Whisky aufwecken konnte. Er ist einfach süß.
Baldur: Er ist total goldig.
Ich erinnere mich da an eine SKÁLMÖLD-Autogrammstunde am metal.de-Stand, beim Summer Breeze vor drei oder vier Jahren. Wir hatten fast alle von euch beisammen, aber du, Þráinn, hast gefehlt. Alle haben versucht, dich anzurufen. Die Leute standen schon an und wir mussten echt anfangen. Da sah man, wie sich in der Ferne eine Gestalt aus der Dunkelheit geschält hat und über den Platz gerannt kam…
Þráinn: Ich? Das kann nicht sein…
Baldur: Du hast dir mit Jamie NAPALM DEATH angeschaut [Jamie Cavanagh, ex-ANATHEMA].
Þráinn: Oh ja, da war ich sehr, sehr betrunken mit Jamie.
Baldur: Ja. Und du kamst durch den Matsch gekrochen und warst total verdreckt, fertig und betrunken. Das war nicht deine beste Autogrammstunde, um ehrlich zu sein.
Þráinn: Naja, Jamie war da und wir hatten den perfekten Platz, neben den Mixern. War das nicht der gleiche Abend, an dem sich Jón Geir durch das Maisfeld geschlagen hat?
Ja, der ist zwischenzeitlich verschütt gegangen. Dann hat er versucht, alle dazu zu bringen, von seinem Maiskolben abzubeißen.
Þráinn: Das war auch lustig.
Ich wäre dann mit den Fragen durch. Gibt es von eurer Seite noch was hinzuzufügen?
Baldur: Wir hatten tolle zehn Jahre. Wir machen die Pause und sehen dann, was passiert. Keine Panik. Die Leute sind viel zu traurig, wenn sie mit uns darüber sprechen. Also keine Sorge, alles wird gut.
Björgvin: Ja, ich habe so das Gefühl, dass es uns in einem halben Jahr wieder in den Fingern jucken wird.
Danke euch für das Interview!