Skálmöld
"Packen Sie Ihren Penis ein!" - und andere Geschichten
Interview
Beim Lampenfieber geht es unter anderem darum, was alles schief gehen kann. Wenden wir uns also den Dingen zu, die mal schief gegangen sind. Was gibt es denn da so?
Björgvin: Da fällt mir die Culture Night in Island ein. Das Nationalradio hat ein riesiges Konzert in der Innenstadt veranstaltet. 50.000 bis 70.000 Leute. Und uns wurde angeboten, da zu spielen. Unser Drummer Jón hatte was an der Schulter, also hatten wir einen Aushilfsdrummer. Wie immer haben wir als letzten Song „Kvaðning“ gespielt, ein Song, den wir bisher bei jeder einzelnen Show gespielt haben. Und der Aushilfsdrummer hat das Intro versaut.
Baldur: Er hat ein halbes Drumsolo gespielt. Es ist einfach fürchterlich schief gelaufen. Und es war live im Fernsehen. Wahnsinnig guter Drummer, übrigens. Alles andere war auf den Punkt, aber das…
Also das war jetzt etwas zahm. Ich hatte mir etwas mehr erhofft, aber vielleicht seid ihr als Band einfach zu ernsthaft…
Baldur: Naja, vor Kurzem bei einem Gig habe ich verkackt und mir ist das Gitarrensystem abgestürzt.
Björgvin: Also hat er meine Gitarre gespielt.
Baldur: Also habe ich seine Gitarre genommen, aber er hing noch drin. Man konnte richtig sehen, wie er sich gefragt hat, was ich da mache. „Versucht er, cool zu sein, oder ist er nur ein Idiot?“ Normalerweise gehen wir aber ganz gut damit um, wenn mal was schief geht.
Björgvin: Wir hatten zwei Zwischenfälle in Rumänien. Einmal ist der Bus liegen geblieben und wir sind drei Minuten, bevor unser Set anfangen sollte, am Club angekommen. Und letztes Jahr mit ALESTORM ist der Anhänger vom Bus abgefallen, gleich zweimal. Das zweite Mal auf der Autobahn. Wir hatten Glück und er ist von der Straße gedriftet, statt auf die andere Spur. Als wir dann am Club ankamen, wurde die lokale Openingband gerade mit ihrem Set fertig.
Galerie mit 20 Bildern: Skálmöld – Summer Breeze Open Air 2019Das mit dem Anhänger kann einem aber schon Angst machen. Gab es denn sonst Ereignisse, die vielleicht ein wenig furchteinflößend waren?
Baldur: Der gleiche Auftritt bei der Culture Night, der in Island ja live im Fernsehen war. Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf von einer psychisch kranken Frau, die die Show gesehen hatte und der dabei klar geworden war, dass ich Satan bin. Sie hat mich angerufen, um mir zu sagen, dass sie verhindern würde, dass ich alles töte, was gut ist. In ihrer Stimme konnte ich hören, dass sie eine riesige Angst vor mir hatte.
Sie war in einem Geisteszustand, in dem das für sie real war. Und sie hat es auf sich genommen, Satan anzurufen, um die Welt zu retten. Das fand ich verdammt cool. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich habe dann etwa eine halbe Stunde mit ihr gesprochen und versucht, ihr zu erklären, dass sie das vielleicht nicht auf die gleiche Weise wahrnimmt, wie ich. Am Ende habe ich sie dafür bewundert, die Welt im Alleingang retten zu wollen. Das war also ziemlich merkwürdig, aber auch ziemlich klasse. Und ich bin übrigens nicht Satan. Glaube ich.
Björgvin: Es gab andere, kleine Zwischenfälle. Ich erinnere mich da an eine Show in Köln. Der Backstagebereich war im Keller und wie üblich gab es dort auch ein paar Toiletten. Wir waren kurz davor, auf die Bühne zu gehen, als ich bemerkte, dass ich da noch was loszuwerden hatte. Also habe ich jemandem meine Gitarre in die Hand gedrückt und bin los. Als ich im Backstage ankam, waren alle Toiletten besetzt. Im Keller ist aber auch noch ein Nebenraum des Clubs, wo alles dunkel war. Ich bin also im Dunkeln herumgestiefelt, habe die Toilette gefunden, mich hingesetzt, und in dem Moment gehört, wie das Intro anfing. Ich habe das dann in 30 Sekunden erledigt und bin auf die Bühne gerannt. Aber da ging mir ganz schön die Pumpe [alle lachen].
Baldur: Wir haben gar keine echten Skandale. Wie alle anderen auch trinken wir mal einen über den Durst, aber das ist immer lustig.
Björgvin: Ich habe in Polen mal über die Bar einer Salsa-Disco hinweggekotzt.
Baldur: Aber der Besitzer war mit dabei und er fand es saukomisch. In Polen wurdest du aber auch mal fast verhaftet, weil du draußen gepinkelt hast.
Björgvin: Wir haben ausgeladen und ich habe den Anhänger bewacht, weil er ein Stück weiter weg geparkt war. Und ich musste wirklich dringend pinkeln. Also habe ich neben den Anhänger gepinkelt.
Baldur: So macht man das in Island, aber nicht in Polen.
Also Körperfunktionen laufen bei dir.
Björgvin: Ich hatte gerade angefangen, als drei bewaffnete Polizisten mit Maschinengewehren ankamen und fragten, was ich da mache.
Baldur: Packen Sie Ihren Penis ein!
Was hat es bei SKÁLMÖLD eigentlich mit den Schuhen oder, besser gesagt, deren Abwesenheit auf sich?
Baldur: Ich habe hauptsächlich zur Hitzeregulierung angefangen, ohne Schuhe zu spielen. Ich spiele gerne mit so wenig Kleidung, wie ich kann, ohne verhaftet zu werden.
Björgvin: Wenn man auf Tour 30 Tage am Stück spielt und dabei schwitzt wie ein Schwein, werden die Schuhe echt eklig.
Bleiben wir doch gleich bei den schwitzigen Bühnenklamotten und fehlenden Waschgelegenheiten. Wer ist die übelriechendste Band, mit der ihr je getourt seid?
Beide: TURISAS.
Björgvin: Die haben dieses Flightcase für ihre Bühnenklamotten und Lederrüstungen und so weiter. Der Geruch war unerträglich.
Baldur: Ich verstehe das ja, das Zeug ist nicht einfach zu waschen. Aber dieses Case sollte wirklich mit Warnschildern ausgestattet sein. Und wir kommen von einer Insel, deren traditionelle Küche darauf ausgelegt ist, Dingen einen üblen Gestank zu verpassen. Aber das war ein ganz anderes Level. Also ja, TURISAS. Allerdings nicht im Alltag, nur auf der Bühne.
Wer ist die spaßigste Band, mit der ihr je getourt seid?
Björgvin: Das ist echt schwierig. Da muss ich drei auswählen. FINNTROLL, STAM1NA und ALESTORM.
Baldur: Das stimme ich zu. Wenn man durch die gemeinsame Liebe zur Musik neue Leute kennenlernt und zusammen monatelang auf Tour ist, zusammen im Bus lebt und sich einfach so gut versteht, dann hat man Freunde, bei denen es sich immer so anfühlt, als hätte man sich gerade eben noch gesehen. FINNTROLL zum Beispiel. Mit denen haben wir drei Touren gespielt und sie dann lange nicht gesehen. Als wir sie das nächste Mal getroffen haben, war alles wie früher. Das Gleiche gilt für STAM1NA. Mit denen halte ich normalerweise mehrere Male pro Woche Kontakt.
Björgvin: Wir haben das Glück, mit extrem netten Leuten auf Tour gewesen zu sein. ELUVEITIE zum Beispiel auch. Oder ARKONA. TROLLFEST, KORPIKLAANI, OMNIUM GATHERUM, MOONSORROW.
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Stile | Melodic Death Metal, Pagan Metal, Viking Metal |
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Wenn ich überlegen würde, welche Musik am wenigsten ein klassisches Orchester braucht, käme mir Pagan/Folk/Viking wohl als erstes in den Sinn. Es soll ja aber auch Leute geben, die ein Steak mit Zuckerguss mögen. Muss ja, im übertragenen Sinne..