Shape My Clarity
Interview mit Frontmann Mico

Interview

Shape My Clarity

Es ist schon einige Zeit her, dass wir das Debüt „Chameleon Mirror“ der Kölner SHAPE MY CLARITY auf Herz und Nieren getestet haben. In der Zwischenzeit war die Band aber alles andere als faul. Lest in der Folge, was Frontmann Mico uns im ausführlichen metal.de-Interview erzählt hat.

Damit jedoch noch nicht genug. In Zusammenarbeit mit Metal Promotions verlosen wir zwei Exemplare von „Chameleon Mirror“. Gebt dazu einfach eure Daten in die untenstehenden Felder ein (als Nachrichtentext „SHAPE MY CLARITY Verlosung“) – und mit etwas Glück gehört die Scheibe schon bald euch!


Eure Musikrichtung bezeichnet ihr als Neon Metal. Damit wollt ihr „das Wesentliche zum Vorschein bringen“. Was heißt das konkret, wie genau ist diese Idee entstanden und gibt es einen speziellen persönlichen Hintergrund für dieses Konzept?

Bevor der Name „Neon Metal“ entstand, hatten wir die Idee zur Schwarzlichtshow. Wir kamen bei der Überlegung, was denn optisch gut zur Musik mit den Synthi-Elementen passen würde, relativ schnell auf Schwarzlicht. „Das Wesentliche zum Vorschein bringen“ bedeutet konkret, dass zum Beispiel die Texte oft von elementaren Problematiken erzählen, wie sie fast jeder kennt. Dabei versuchen wir, dem Hörer „Lösungen“ oder aber zumindest Denkanstöße und Sichtweisen zu vermitteln.

Auch auf der Bühne arbeitet ihr mit einer Neon-Lichtshow. Was dürfen Leute, die euch noch nicht live gesehen haben, bei einem Konzert erwarten?

Naja, wer kennt es nicht: Man geht auf ein Konzert, sieht die Band, die auf Platte so geil ist…und im besten Fall ist sie live spielerisch auch richtig gut. Aber oft denkt sich nach dem Konzert „War cool… aber nix besonderes… gut abgegangen, aber auch schon 1000 andere solche Shows gesehen!“ Das wollten wir verhindern. Wir wollten unserem Publikum etwas Neues bieten, was es von einem Metal-Konzert so noch nicht kennt. Die Show-Idee ist dann wie folgt entstanden: Wir dachten uns, dass wir irgendetwas brauchen, dass die Leute auf einem Konzert flasht, das „anders“ und so auffällig ist, dass diese Show einen direkten Wiedererkennungseffekt hat. Aber natürlich hatten wir – wie viele Bands unserer Größe – kaum Kohle. Somit fielen wilde Pyro-Abfackel-Zirkusbühnenshows-Explosionen-Specialeffects irgendwie relativ schnell raus. Und wir landeten irgendwann eben beim Schwarzlicht, weil wir das irgendwie recht passend fanden. Dann haben wir angefangen zu überlegen, was wir damit eigentlich bezwecken wollen, womit wir wieder beim „das Wesentliche Zeigen“ wären. Die Show zeigt unter Schwarzlicht dann das „Wesentliche“ indem beispielsweise die Gitarrensaiten und Drumsticks leuchten – also das, womit der Sound, der das Publikum beschallt, letztendlich produziert wird. Das bietet eben diesen „Wow, das hab ich so noch nicht auf einem Konzert gesehen“-Effekt, womit wir eben genau Aussagen wie „Ich hab euch doch letztes Jahr beim XY gesehen, wart ihr nicht die mit der Neon-Show?!“ erreichen wollten – was uns bisher auch ganz gut gelungen ist.

Anfang dieses Jahres erschien euer Debüt „Chameleon Mirror“. Wie sind die Reaktionen ausgefallen – und was hat sich seit dem Album-Release für euch als Band verändert?

Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich ausgefallen – was genau das ist, was wir erwartet haben. Wir wollten mit „Neon Metal“ paralysieren – und das hat geklappt. Die True-Metaller regen sich auf nach dem Motto „eigentlich coole Mucke, gute Musiker, guter Sänger, wenn da nicht diese Neon-Pussyscheiße und die Synthies wären…“ Naja…aber dann wären wir eben nur eine weitere „coole Metal Band“ wie tausend andere und würden einen längst übersättigten Markt weiter sättigen. Und die, die dem – nennen wir es mal „modernen Metal“ – aufgeschlossener gegenüber stehen, haben in der Quintessenz meist die Meinung „technisch sehr guter und solider Metalcore mit Synthi-Elementen und sehr ausdrucksstarkem und wiedererkennungsfähigem Gesang und endlich auch mal was neues für die Augen“.

Auf eurer Website ist zu lesen, dass die Platte „unter anderem“ von Troy Glessner produziert wurde. Was heißt das konkret?

Troy Glessner ist der Mastering-Egineer, der u.a. Platten von Bands wie AUGUST BURNS RED, DEMON HUNTER oder THE DEVIL WEARS PRADA gemastert hat. Da uns seine Arbeit sehr gut gefallen hat, vor allem bei AUGUST BURNS REDs Album „Constellations“ haben wir ihn angeschrieben und gefragt ob er unser Album mastern würde. Ihm gefiel unsere Arbeit und so kam „Chameleon Mirror“ in den Genuss des Masterings von Troy.

Wie geht es bei der Label-Suche voran?

Nachdem wir bestimmt 50 Labels angeschrieben haben und bei etwa 45 keine Antwort erhielten, haben wir uns mit den Verträgen derer, die Interesse bekundet haben sehr genau auseinander gesetzt. Dabei sind wir einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass in diesen Verträgen doch verdächtig oft die Klausel „Vertragspartner 2 (die Band) hat die PFLICHT …“ und im Gegensatz dazu quasi immer nur die Klausel „Vertragspartner 1 (das Label) hat das RECHT …“ vorkommt. Auch auf nähere Gespräche und Nachfragen hin konnte uns leider kein Ansprechpartner wirklich stichhaltig die Fragen beantworten, was genau uns als Band dieser Vertrag an Vorteilen für die Zukunft bringt, wenn wir unsere Songrechte komplett abgeben, etliche Pflichten erfüllen müssen und das Label keine Pflichten uns gegenüber hat, sondern nur die Rechte, die das Label wahrnehmen kann – oder eben auch nicht! Wir kennen selbst Fälle von Bands, die von ihrem Label quasi brach liegen gelassen werden und die ohne Zustimmung des Labels selbst quasi „nichts“ machen dürfen, das Label aber weder diese Zustimmung erteilt, noch die Band selbst pusht. Auf dieses Risiko wollten wir uns nicht einlassen. Darum haben wir die Platte selbst veröffentlicht und von einer Label-Zusammenarbeit erst einmal Abstand genommen. Sollte es aber unter den Lesern Musiker geben, die einen wirklich fairen und für alle Parteien gewinnbringenden Labeldeal haben, mit dem Sie selbst gute Erfahrungen gemacht haben und der auch musikalisch passen würde, so freuen wir uns immer über neue Kontakte.

Stilistisch seid ihr sicherlich vor allem im Metalcore verwurzelt. Was denkt ihr ist – von der Neon-Sache mal abgesehen – euer musikalisches Alleinstellungsmerkmal in diesem recht gesättigten Genre?

Wie schon gesagt, es gibt bei SHAPE MY CLARITY und auf „Chameleon Mirror“ ja eine Message. Und auch wenn ich als Sänger weiß, dass den Texten sehr oft weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird als der Musik, so finde ich trotzdem, dass diese eben einen großen Teil einer Band ausmachen und auch ein Alleinstellungsmerkmal bilden. Stellen wir uns mal vor, Bands wie PANTERA in „Walk“, RATM in „Killing In The Name Of“ oder auch DIE ÄRZTE mit „Schrei Nach Liebe“ würden nicht eingängige, mitreißende und identifizierbare Textzeilen haben und damit zum Nachdenken, Lachen, Mitgrölen oder was auch immer anregen. Wären diese Bands dann dort wo sie sind, nur wegen eines „rein musikalischen“ Alleinstellungsmerkmals? Texte gehören zur Musik und machen fast immer ein, oft aber auch das wesentliche Alleinstellungsmerkmal aus! Wir wissen, dass wir musikalisch das Rad nicht neu erfunden haben. Das ist und war auch nie unser Ziel. Bei Musik geht es um Emotionen. Emotionen, die man dem Zuhörer nicht nur mitteilen will, sondern die man mit ihm teilen will – oft mit der Reaktion „Hey, ich bin mit dem Problem nicht alleine“. Das ist unserer Ansicht nach der Sinn unserer Musik, Texte und Songs. Eine „Gemeinsamkeit“ oder sogar „Gemeinschaft“ mit jemand fremden über dieses Medium schaffen, darum geht es. Oder ist es nicht so, dass fast jeder irgendwie bei einer oder mehrerer seiner Lieblingsbands das Gefühl hat „Die kennen mich, die verstehen mich, die denken wie ich“ – obwohl man sich nie persönlich gesehen hat?

Viele sehen den Metalcore seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Wie beurteilt ihr die Entwicklung des Genres in den letzten Jahren?

Ich sehe oft Bands, die krankhaft versuchen, ihrem Idol oder ihrer Lieblingsband möglichst nah zu kommen: im Songwriting, bei der Bühnenshow, Fotos, Videos, und so weiter. Das ist so im Metalcore, aber auch in fast allen anderen Genres. Wir sind der Meinung, dass jedes Genre „seine beste Zeit“ hat, in den 80ern war es eben Hair Metal, Glam Metal, in den 90ern von Techno bis Punk Rock, 2000 bis 2010 dann eben Metalcore. Derzeit machen Bands wie KORN, die früher ja „die Innovation“ waren, mittlerweile „Dubstep Metal“, ohne da jetzt eine Wertung abzugeben. Man kann immer versuchen, alles mitzunehmen und sich stets dem aktuell gehypten Musikmarkt anzupassen. Wir könnten auch statt unserer Samples problemlos am PC irgendwelche Dubstep-Rhytmen zusammenbauen, um damit dann potentiell „mehr in“ zu sein und eben eine größere Fangemeinde zu kriegen. Wir können es aber auch lassen und einfach die Musik machen, die uns eben gefällt und die unsere Ideen und Emotionen dem Publikum ehrlich und ohne kommerziellen Gedanken näher bringt! Eintagsfliegen und One-Hit-Wonder haben wir im Musikbusiness mehr als genug. Und wenn man mal schaut, welche Bands es über Jahre geschafft haben zu überleben, dann sind das doch meist die, die sich selbst treu geblieben sind und die Musik machen, die ihnen liegt und die die Band verkörpert – und die die Fans dieser Band eben auch schätzen! Generell haben wir die Erfahrung gemacht das Rock/Metal-Fans recht treue Seelen sind. Wieso sonst sind Konzerte von GUNS ‚N ROSES oder IRON MAIDEN heute noch komplett ausverkauft? Fazit: Metalcore war mal „mehr in“ als heute, aber wir sind uns sicher, dass nur weil jetzt neue Genres gehypt werden, niemand, der wirklich gerne Metalcore hört und der sich eben mit dieser Musik identifizieren kann, einer neuen guten Band auf dem Markt seines Lieblingsgenres die Chance auf seinen IPod oder in sein CD-Regal verweigern wird. McDonalds Deutschland ist schließlich auch nicht pleite gegangen als irgendwann das erste Burger King oder KFC hier geöffnet hat.

Wie ist es um die Metal-Szene in eurer Heimatstadt Köln bestellt? Welche Bands könnt ihr empfehlen, wie stark ist der Zusammenhalt und wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Also wir haben bisher hier die Erfahrung gemacht, dass das Publikum in Köln und Umland wirklich super ist. Die Leute werden heutzutage überflutet mit Konzerten und anderen Entertainmentangeboten. Daher empfinden wir es als eine Ehre, dass immer noch so viele Leute zu lokalen Bands gehen! Natürlich ist es für Musiker auf der Bühne so, dass es ein Wahnsinnsgefühl ist, vor mehreren hundert oder tausend Leuten zu spielen. Diese Erfahrungen haben wir auch schon gemacht. Aber wir haben da die Einstellung: So lange mehr Leute vor der Bühne stehen als auf der Bühne geben wir immer 110 Prozent! Wie oft habe ich selbst Bands gesehen, die mir auf einer großen Show super gefallen haben und die, wenn sie dann mal vor 30 Leuten gespielt haben, das Set einfach runtergezockt haben und schnell weg waren. So etwas wollen wir unserem Publikum nicht bieten. Zum Thema Bands: Es gibt sicherlich einige gute Metal-Bands in und um Köln. Jetzt einen Namen zu nennen, wäre den neun restlichen Bands gegenüber unfair, die mindestens genauso gut sind. Der Zusammenhalt in der Szene ist besser als in vielen anderen, wobei wir auch schon enttäuscht wurden – beispielsweise beim Thema Tauschgigs. Hier haben wir schon oft Bands eingeladen auf einer Show von uns zu spielen, die uns dann versprachen, sich im Gegenzug zu revanchieren. Das ist in der Regel ein guter Weg für lokale Bands, ihren Bekanntheitsgrad über die Stadtgrenzen zu erweitern – und es ist eben ein Geben und Nehmen. Leider haben wir da schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass viele Bands gern erst mal nehmen – und das Geben dann gern vergessen wird. Das ist etwas, bei dem ich oft das Gefühl habe, dass ich alt werde – weil ich mir dann fast immer denke: Als ich um 1998 rum mit Musik und mit Gigs angefangen habe, gab es sowas nicht. Da wurde ein Versprechen gehalten, weil man sonst auch schnell als unzuverlässig abgestempelt wurde und aus der Szene raus war. Diese Entwicklung finden wir selbst sehr schade.

Wie sieht euer Alltag abseits von SHAPE MY CLARITY aus? Und gibt es eventuell andere Projekte, in denen ihr aktiv seid?

Zunächst einmal haben wir natürlich alle unsere regulären Jobs. Mike macht grade seinen Doktor in Biotechnologie, Timo arbeitet als Gruppenleiter in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Niklas studiert Politik und unser neuer Gitarrist Julius macht eine kaufmännische Ausbildung. Ich bin gelernter und selbständiger Versicherungskaufmann mit meinem Büro in Köln-Ossendorf. In meiner nicht bandtechnisch verplanten Freizeit organisiere ich das in Köln recht bekannte Toxic Blend Festival und habe momentan noch zwei neue Bandprojekte in Düsseldorf und Aachen, die aber noch im Aufbau sind. Außerdem organisiere ich dieses Jahr zum ersten Mal das jetzt schon recht gehypte Cologne Metal Festival gemeinsam mit einigen befreundeten kölner Veranstaltern am 19. Oktober.

Was sind eure konkreten Ambitionen, Ziele und Wünsche für die Zukunft?

Derzeit werkeln wir an einer überarbeiteten Neon-Bühnenshow und arbeiten unseren neuen Gitarrist Julius ein. Grade haben wir den Song „Sunglasses At Night“ von Corey Hart gecovert und fertig produziert, und arbeiten derzeit an dem Musikvideo dazu, welches voraussichtlich zusammen mit dem Song dann im August oder September veröffentlicht wird. Wir werden voraussichtlich demnächst eine neue EP aufnehmen und ab Oktober dann auch wieder regelmäßig live zu sehen sein!

Eure „letzten Worte“sind…?

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmal bei metal.de für dieses Interview und das Interesse an uns bedanken, und natürlich bei allen, die uns bisher immer unterstützt, uns vorangetrieben und weiter gebracht haben. Wir freuen uns auf eine geile Zeit mit euch!

16.07.2013

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