Shaded Enmity
Interview mit Joe Nurre zu "Hijo Perdido"
Interview
SHADED ENMITY haben mit „Hijo Perdido“ mal wieder ein MeloDeath-Geschoss abgeliefert, das keine Gefangenen macht. Warum ist die Truppe so unglaublich wütend? Warum ist die Band immer noch ohne Label unterwegs? Gitarrist, Schreihals und Bandkopf Joe Nurre stand uns Rede und Antwort und hat sich auch unbequemen Themen ohne Scheu gestellt.
(Click here to read the English original of this interview)
Hallo! Bevor es richtig losgeht, erzähl uns doch mal, wie das Leben in Washington zu dieser Jahreszeit aussieht.
Hey, und ganz zum Anfang erst mal ein großes Dankeschön, dass metal.de uns in den letzten paar Jahren so viel Aufmerksamkeit hat zuteilwerden lassen.
Washington ist momentan großartig. Ich mag Hitze nicht, deshalb bin ich mit dem Regen der letzten Zeit sehr zufrieden, alles ist so wunderbar grau.
„Hijo Perdido“ ist bereits Euer drittes Album, es ist wieder ein richtiger Hammer geworden, aber trotzdem bringt Ihr das Ding erneut in Eigenregie raus. Warum? Wollt keine Labelunterstützung, oder sind die Labels einfach zu dumm?
Es ist schlicht unglaublich, wie schwierig es für uns ist, hier in den Staaten auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen. Die meisten Labels ignorieren uns schlichtweg, weil wir den falschen Stil spielen. Ich habe 2009 unser damaliges Album „Like Prayers on Deaf Ears“ an 40 Plattenfirmen in den USA geschickt und keine Antwort bekommen. Nicht eine einzige. Immerhin bekamen wir positives Feedback von Season Of Mist, die aber auch sagten, dass ihr Budget gerade keine neue Band zulässt. Ich teile nicht unbedingt die Meinung vieler Leute, dass man es auch auf eigene Faust schaffen kann, so ganz ohne Hilfe eines Labels. Ganz ehrlich, gerade heutzutage ist es ohne Plattenfirma schwer. Es gibt so viele Bands mit Myspace-Seiten, bei Facebook und Reverbnation, dass man leicht in der Masse untergeht. Wenn wir mit dem richtigen Label einen akzeptablen Deal aushandelten könnten, wäre das sicher ein Grund zur Freude.
Was meinst Du, hat der MeloDeath-Boom der letzten Jahre Bands eher geholfen oder geschadet, die zwar melodischen Death Metal spielen, allerdings nicht ganz der Standardformel folgen? Öffnet der Trend Türen, oder hemmt er die Kreativität?
Ich denke, der MeloDeath-Boom hat in den letzten Jahren unter einem gravierenden Mangel an Kreativität gelitten. Ich habe mal sehr viel Melodic Death gehört, aber heutzutage gibt mir das endlose ATG- und IN-FLAMES-Kopieren nichts mehr. Viele Leute sehen uns als Melodic Death Metal, und irgendwo stimmt das auch, andererseits aber auch wieder nicht. Wir spielen Death Metal mit Melodie. CHILDREN OF BODOM etwa werden auch gelegentlich als MeloDeath eingeordnet, ich denke aber nicht, dass die mit uns ins gleiche Genre passen. Einige Leute sehen uns auch in der MeloBlack-Ecke, aber mir sind die Schubladen letztendlich nicht so wichtig. Meine Einflüsse kamen mal von Bands wie ARCH ENEMY, ETERNAL TEARS OF SORROW, IN FLAMES oder AMON AMARTH, aber heutzutage lasse ich mich lieber von Reggea oder Jazz inspirieren, oder gar von einer Sängerin wie ADELE. Einer guten Sängerin höre ich gerne zu.
Seit „Like Prayers…“ sind jetzt zwei Jahre vergangen. Wie zufrieden bist Du im Rückblick mit dem Album? Wie wurde die Scheibe von Presse und Publikum aufgenommen? Habt Ihr ausgiebig live gespielt, um das Album zu promoten? Und dann noch eine sehr sensible Frage (die Du nicht beantworten musst, wenn Dir nicht so ist): Wie viele CDs kann eine Band wie SHADED ENMITY ohne Labelunterstützung eigentlich unters Volk bringen? Es hält sich ja hartnäckig das Gerückt, Metaller würden nach wie vor Platten kaufen. Kannst Du das aus eigener Erfahrung bestätigen?
„Like Prayers on Deaf Ears“ war für mich ein sehr besonderes Album. Ich ging in meinem Leben durch eine sehr schwierige Phase, und die Musik floss nur so aus mir raus. Ich erinnere ich mich, dass ich sehr erleichtert war, als der Silberling endlich fertig war. Im Rückblick würde ich mir wünschen, dass die Produktion etwas besser wäre, aber ich habe das ganze Projekt aus meiner eigenen Tasche finanziert und tausende von Dollars in dieses Album investiert, das mir sehr wichtig war. Um ehrlich zu sein, habe ich nicht ein einziges Review hier aus Amerika gelesen. Das ist schon ziemlich beschissen. Es gibt ein italienisches Webzine, das uns in seiner Rezension sehr gelobt hat, und dann gibt’s natürlich noch metal.de. Ich bekommen viele E-Mails aus Europa (vor allem aus Deutschland), in denen die Leute mir erzählen, wie viel ihnen die Band bedeutet und wie sehr ihnen unsere Musik gefällt. Das ist ein guter Grund, morgens aufzustehen: den elektronischen Briefkasten zu öffnen und sich von einem Typen vom anderen Ende der Welt erzählen zu lassen, wie wichtig die Band für ihn ist. Sowas inspiriert.
Wir haben in den letzten zwei Jahren etwa 20 oder 30 Shows gespielt, und zwar bis auf einen Gig in Oregon alle in Washington. Wir würden sehr gern mal nach Europa kommen, weil dort (offensichtlich) unser Zielpublikum ist.
Um die letzte Frage zu beantworten: Ich habe den Fehler begangen, von „Prayers“ gleich 1000 Stück pressen zu lassen, von denen wir in zwei Jahren vielleicht 300 verkauft haben. Viele Exemplare habe ich auch einfach so weggegeben. Ein paar CDs verkaufen wir allerdings immer noch über cdbaby.com. Weiterhin kann ich Dir verraten, dass die meisten CDs nach Übersee gegangen sind. Sage und schreibe 90%. Schon die Tatsache, dass wir eine unabhängige Band sind und dass die Leute unsere Musik kaufen wollen, ist großartig, und darüber bin ich auch sehr glücklich.
Was würdest Du uns denn gern zum neuen Album erzählen? (Promorede hier einfügen)
Ich bin sehr zufrieden mit dem neuen Album. Die Texte sind viel düsterer, und die Songs ebenso. Simon hat am Schlagzeug wirklich alles gegeben, er spielt mit unglaublicher Hingabe. Die Produktion ist uns diesmal viel besser gelungen, vor allem die Drums haben mehr Bums. Die Stücke sind aggressiver, und in Sachen Melodien passiert eine ganze Menge.
Wo siehst Du als Insider die wichtigsten Unterschiede zwischen „Prayers“ und „Hijo“? Wie haben sich die Besetzungswechsel auf das Album ausgewirkt?
Der größte Unterschied liegt wahrscheinlich in der Produktion und außerdem in der Hinzunahme von Gitarrensoli. Aaron Smith hat beim Mischen des Albums wirklich ganze Arbeit geleistet. Auch haben wir nun als Band schon etwas länger zusammen gespielt, und das merkt man natürlich. Mein Songwriting hat sich ein bisschen verbessert, aber generell ist der Stil der gleiche. Die Besetzungswechsel hatten auf das Album überhaupt keinen Einfluss. SHADED ENMITY besteht aus mir und Simon Dorfman. Fürs Komponieren bin ich ganz allein zuständig. Der einzige Unterschied auf dem neuen Album ist Zach Palmer am Sessionbass, der gute Arbeit geleistet hat. Er ist ins Studio gekommen und hat seine Parts perfekt eingespielt. Rob hat die Band kurz nach den Aufnahmen zu „Hijo Perdido“ verlassen, deshalb mussten wir neue Leute für Bass und Gitarre suchen, die uns live unterstützen können.
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Stile | Melodic Death Metal |
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Diese einerseits kompositorisch verspielte, andererseits auf die Zwölf gehende Band hat viel mehr Beachtung verdient. Andererseits gut, dass es solche Geheimtipps gibt. Be’lakor sind, wenn auch stilistisch anders, eine ähnliche Gewichtsklasse.