Seven Spires
setzen sich keine Grenzen
Interview
In zweiten Teil unseres Interviews mit SEVEN SPIRES haben wir uns mit Adrienne Cowan, Jack Kosto und Peter de Reyna ein wenig über das neue, am 21.06. erscheinende Album „A Fortress Called Home“ unterhalten. Falls euch die ersten paar Fragen etwas überholt vorkommen, liegt das daran, dass wir dieses Gespräch bereits im März geführt haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Band grade erst die erste Single „Almosttown“ veröffentlicht und viele Informationen zum Album waren noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Und falls ihr eure Erinnerung an die erste Hälfte des Interviews nochmal auffrischen wollt, bitte hier lang.
Dann lasst uns mal über eure neue Musik sprechen. Die erste Single vom neuen Album „A Fortress Called Home“ heißt „Almosttown“. Das Video habt ihr wieder in einem Schloss aufgenommen. Ist es dasselbe Schloss, wo ihr auch schon die Videos für „Gods Of Debauchery“ gefilmt habt?
Jack: Es ist ein anderes Schloss. Ich glaube, wir haben dort schonmal ein paar Fotos geschossen, aber das war unser erstes Video dort.
„Almosttown“ wirkt erstmal sehr eingängig, aber es passiert viel unter der Oberfläche. Die symphonischen Arrangements sind noch cineastischer, der Bass ist im Mix sehr prominent vertreten und es gibt viele andere kleine Details zu entdecken. Inzwischen ist das ja euer Markenzeichen. Warum habt ihr „Almosttown“ als erste Single ausgewählt?
Adrienne: Das geschah schon in der Demophase. Ich glaube wir haben den ganzen Song in einer Nacht geschrieben. Es war einer dieser magischen Momente, wo sich das Ding einfach von selbst schreibt. Ich habe in Ableton einfach auf „speichern“ geklickt, dann haben Jack und ich uns angeschaut und gesagt: „Gut, das ist dann die erste Single.“
War es auch der erste Song, den ihr überhaupt fürs Album aufgenommen habt?
Jack: Nein, ich glaube das war „The Old Hurt Of Being Left Behind“, also der letzte Track des Albums.
Verglichen mit „Gods Of Debauchery“, das mit 16 Songs und fast 80 Minuten Spielzeit ja ein ziemlicher Koloss war, ist „A Fortress Called Home“ etwas kürzer und kompakter, aber nicht weniger abwechslungsreich. Die Basis bleibt Symphonic Metal, aber ihr bedient euch auch bei Death- und Black Metal, Doom- und Power Metal und sogar Jazz und keltischem Folk. Zieht ihr irgendwo eine rote Linie oder geht bei euch alles?
Jack: Ich denke erstmal geht alles und die rote Linie entsteht dann, wenn die emotionale Wirkung des Songs beeinträchtigt wird. Es ist möglich, es zu übertreiben, aber nicht aus Prinzip. Wir machen, was der Situation angemessen ist und das richtige Gefühl rüberbringt. Wir könnten einen K-Pop-Song machen, ein rein symphonisches Stück oder ein Bass-Solo, wenn es das richtige für die Musik ist.
Ihr hattet ein paar Gäste auf dem letzten Album und ich glaube es gibt mindestens zwei Duette auf „A Fortress Called Home“, auch wenn ich die Stimmen nicht zuordnen kann. Und es gibt viele Chöre. Also, was könnt ihr mir über die Gäste auf diesem Album verraten?
Jack: Wir wollen nicht zu viel verraten, aber lass mal sehen. Wir hatten drei Gastsänger auf dem Album. Einer war ein guter Freund von uns und außerdem Adriennes Gesangslehrer, der die Chöre auf „Gods Of Debauchery“ und nun auch auf „A Fortress Called Home“ beigesteuert hat.
Adrienne: Er brachte seine Tochter mit, um einige der Chöre einzusingen, was zu ein paar sehr besonderen Momenten geführt hat. Als ich zum ersten Mal alle Songs gehört habe war das ein emotional sehr fragiler Moment. Als ich die beiden zusammen habe singen hören, war ich den Tränen nah.
Jack: Yeah, das war wirklich schön.
Was ich an eurer Musik sehr schätze ist, dass jeder in der Band mal im Rampenlicht stehen darf. Oft ist Symphonic Metal ja sehr auf den Gesang und die orchestralen Arrangements fokussiert. Auf „A Fortress Called Home“ gibt es aber so viele bemerkenswerte Gitarrensolos und Basslines sowie das massive Schlagzeugspiel von Chris Dovas, dass es sich so anfühlt, als wärt ihr alle auf Augenhöhe. Setzt ihr euch das beim Songwriting auch zum Ziel oder ist das einfach ein Ergebnis eurer starken Persönlichkeiten?
Jack: Ich denke es ist ein bisschen von beidem. Vielleicht haben wir diesmal nicht so aktiv darüber nachgedacht, weil wir es von den letzten beiden Alben gewohnt sind. Wir wissen inzwischen, wo diese herausstechenden Instrumentalpassagen am besten hinpassen und nehmen es einfach als selbstverständlich hin, dass sie dort stattfinden, wo sie nötig sind.
Adrienne: Ich denke aber beim Komponieren orchestraler Arrangements oder generell von Songstrukturen normalerweise immer daran, dass ich Raum frei lasse. Ich weiß nicht immer, was in diese Freiräume hineinkommt, aber vielleicht wäre es ein Basslauf und dann ist es eine gute Sache, dass wir einen Peter de Reyna haben. Außerdem sind wir ja Bandkollegen, es wäre also dumm, nicht für jeden Raum zu lassen.
Peter: Und ich denke, es ist eine natürliche Sache, wir sind dabei einfach wir selbst. Weißt du, in der Geschichte orchestraler Musik gibt es Komponisten, die statt „Violine 1“ den Namen der Violinisten mit denen sie komponiert haben, niederschreiben würden und bei uns ist das im Grunde derselbe Gedanke.
Jack: Wenn ich darüber nachdenke, entferne ich sogar mehr Gitarrensolos, als ich hinzufüge.
Glaubt ihr, dass es wegen dieser Vielseitigkeit manchmal schwieriger für Zuhörer ist, zu eurer Musik Zugang zu finden, als das etwa bei Bands wie NIGHTWISH oder EPICA der Fall ist?
Peter: Das würde ich ja tatsächlich eher die Zuhörer fragen. Es scheint nicht so, aber es kann sein, dass es länger dauert und sich die Leute unsere Musik öfter anhören müssen. Es gibt viel zu entdecken.
Adrienne: Meistens höre ich, dass die Leute den Abwechslungsreichtum mögen, aber das kann natürlich für verschiedene Zuhörer eine ganz unterschiedliche Erfahrung sein.
Jack: Ich glaube, Leute die Schwierigkeiten mit abwechslungsreicher Musik haben, nicht nur mit unserer, haben in der Regel eine sehr starre Vorstellung von dem, was sie mögen. „Ich mag dieses Genre, aber nicht dieses Genre. Ich mag diesen Gitarrensound, usw.“ Aber in dem Fall hat es nichts damit zu tun, dass die Musik schwer zugänglich ist, sondern damit, dass es diesen Leuten schwerfällt, über den eigenen Tellerrand zu blicken und neue Dinge zu akzeptieren. Wenn du dafür offen bist, Vielseitigkeit zu genießen, ist das toll. Wenn nicht, versuch es doch mal.
Adrienne: Oder du hörst dir die drei SEVEN SPIRES-Songs an, die deinen Vorlieben entsprechen und hast auch etwas gewonnen.
Inhaltlich waren die ersten drei Alben eine Trilogie, die ihr mit „Gods Of Debauchery“ abgeschlossen habt. Soviel ich weiß, ist auch „A Fortress Called Home“ ein Konzeptalbum und ich glaube es gibt ein paar Verbindungen zur Trilogie. Könnt ihr ein bisschen was über das übergreifende Thema verraten?
Adrienne: Ich würde es einen geistigen Nachfolger nennen, aber nicht direkt eine Fortsetzung. Es gab jedoch ein paar Songs, die wir geschrieben haben als wir noch dachten, dass das vierte Album Teil einer Serie wird.
Jack: Es behandelt emotional viel vom gleichen Ursprungsmaterial, aber es unterscheidet sich dadurch, dass es keiner linearen Erzählung folgt. Die Trilogie drehte sich um Charaktere, die bestimmten Handlungssträngen folgten und dieses Album ist eine tiefere Auseinandersetzung mit den Ideen, die hinter diesen Geschichten strecken. Wir führen euch nicht durch eine Reihe von Ereignissen…
Adrienne: …wir führen euch nach innen. Es geht um Themen wie Einsamkeit, Überlebenskampf und darum, mit seinen inneren Dämonen klarzukommen.
Während ihr „Gods Of Debauchery“ innerhalb von nur eineinhalb Jahren fertiggestellt habt, dauerte es bei „A Fortress Called Home“ etwas länger. Sicher hattet ihr durch das Ende der Pandemie allgemein mehr zu tun. Hat sich euer Ansatz bezüglich Songwriting und Aufnahmen zwischen diesen beiden Alben verändert?
Jack: Wie du schon sagst war der größte Unterschied Covid und wir hatten all diese Zeit, um gezielt an neuer Musik zu arbeiten. Der Aufnahmeprozess von „A Fortress Called Home“ fand aber tatsächlich innerhalb von ein paar Monaten statt. Der Zeitraum, in dem wir aufgenommen haben, war ziemlich kurz. Das lag auch daran, weil wir so viel für das letzte Album getourt sind. Von außen sieht es wahrscheinlich so aus, als hätten wir länger gebraucht, aber tatsächlich war es viel gehetzter.
Adrienne: Ich würde sagen, es war effizienter.
Peter: Der Schreib- und Aufnahmeprozess war ein ganz anderer, weil wir ständig auf Tour waren. Einer der Silberstreifen am Horizon bei Covid war, dass wir uns all diese Zeit nehmen konnten und komplett fokussiert waren. Wenn etwas nicht funktioniert hat, konnten wir einen ganzen Tag oder sogar eine ganze Woche Pause machen und diese Möglichkeit hat man nicht oft im Leben.