Servant
"'Death Devil Magick' ist eine sehr düstere Platte"

Interview

Seit dem letzten Album seid ihr musikalisch deutlich melodischer geworden. Hat sich der Prozess geändert, wie ihr Songs schreibt oder hat sich das diesmal einfach so ergeben?

F: Ich glaube, das ist eine Interpretationsfrage. Das hört jeder unterschiedlich. Beim Songwriting denken wir nicht darüber nach, ob das jetzt in dem Fall melodisch ist oder ob es hart ist, schnell oder langsam. Oftmals ist es einfach eine Darstellung von einer aktuellen emotionalen Situation und das ist das, was im Grunde genommen auch bei der “Aetas Ascensus“ schon der Fall war. Das wurde einfach nur weitergeführt dadurch, dass die Situation es gefordert hat.

Für mich persönlich ist “Death Devil Magick“ eine sehr düstere Platte. Aber ich glaube, das hört jeder unterschiedlich. Wir haben von Leuten gehört, die gesagt haben: „Ihr seid viel, viel härter geworden als vorher“ und andere sagen: „Es ist viel, viel melodischer als vorher“. Das ist glaube ich echt Interpretationssache, aber es wird sich nie was am Songwriting ändern. Der Moment ist da und dann wird der einfach weitergesponnen, bis man irgendwann schlafen gehen muss. Diese Momente müssen auch sofort festgehalten werden, die kommen sonst nicht wieder, weil dein Mindset am Tag hinterher meistens ein ganz anderes ist. Deswegen sollte man das immer so nehmen, wie es ist. Eine Momentaufnahme ist immer ein schönes Bild von einer emotionalen Situation.

Badezimmer Corpsepaint Fotos und Okkultismus sind natürlich schon etwas klischeehaft. Welche Black Metal Klischees machen euch Spaß und wo seht ihr euch gar nicht?

F: Ich persönlich habe auch schon in den 90ern mal in einer Black-Metal-Band gespielt und habe das dann jahrelang nicht getan und für mich ist das ein gewisses Zurückkommen. Man trägt mit dem Corpsepaint Dinge von innen nach außen. Das ist schon so, dass man sich da auch anders fühlt und Dinge anders performt. Ob das jetzt immer Corpsepaint sein muss für eine Black Metal Band oder nicht – oder ob das irgendwelche anderen Masken sind oder keine Masken – ich glaube, das ist relativ egal. Aber für uns ist das in dem Moment eine Sache, um Dinge nach außen zu tragen. Das funktioniert für uns ganz gut. Die Badezimmerfotos, beziehungsweise war das eine Schlachterei… Das Klischee hatte ich völlig erfüllt, wenn man es als Klischee sehen möchte, aber wie gesagt, für uns gehört das dazu.

Servant Bandfoto 2024

Wie läuft der Tour-Alltag bei euch ab? Lust und Ecstasy galore oder doch etwas ruhiger?

F: Man hört es schon an meiner Stimme. (lacht) Ziemlich im Arsch alles. Lust und Ecstasy, ich glaube das ist bei jedem unterschiedlich, aber wir sind diszipliniert. Uns ist die Tour extrem wichtig und wir nehmen das ernst, aber trotzdem trinkt man natürlich mal ein Bier oder vielleicht auch zwei. Wir sind den ganzen Tag an der Venue und da hat man keine Zeit, um großartig andere Sachen zu machen. Größtenteils warten wir.

Man kommt zur Venue, dann parkt der Bus und dann stehen die ersten Leute auf, dann hat man Get In, einige tragen das ganze Equipment schon rein und im Grunde genommen kommen dann auch direkt die Soundchecks. Dann gibt’s Dinner und dann geht es schon los. In der Regel so gegen 20 Uhr stehen wir auf der Bühne, da ist nicht so viel Zeit. Dann warten wir, bis die anderen durch sind, dann laden wir ein und dann geht’s weiter. Das ist im Grunde genommen der Touralltag. Klingt vielleicht ein bisschen unspannend, aber das ist, wie es läuft.

Habt ihr gemeinsame Rituale, bevor oder nachdem ihr die Bühne betretet? Seid ihr abergläubisch was das angeht?

F: Auch da sind wir wahrscheinlich relativ langweilig.

S: Das kann man relativ einfach beantworten: haben wir nicht.

Die Art wie ihr die Vocals abmischt und präsentiert ist jetzt sehr anders als auf dem Album vorher. Wie läuft das denn live?

F: Du hörst es schon (lacht). Die Vocals, die bei “Aetas Ascensus“ durchaus ein bisschen anders klangen, sind jetzt noch mehr meine natürliche Stimme. Es sei denn, man ist erkältet und heiser, dann ist es eben manchmal so. Im Grunde genommen versuchen wir natürlich die Songs so zu performen, wie sie auch auf der Platte sind. Allerdings laufen bei uns keine Vocals vom Band, also ist es wirklich das, was gerade auf der Bühne passiert und das ist auch jeden Tag anders. Das kann mal so oder so sein. Das haben wir bewusst nicht gemacht, dass man sich Hilfsmittel dazuholt oder so.

Und auf den Platten ist es auch so, man hört hauptsächlich eine Main-Vocal aus der Mitte. Manchmal gibt’s was Gedoppeltes, aber ansonsten sind die Vocals immer main aus der Mitte mit meiner Stimme – und da ist natürlich Effekt drauf und Hall. Das sind ja auch Stilmittel, aber wir wollen natürlich auch nicht, dass es den Moment zerstört. Wenn du zu viel aufnimmst und viele Signale aufnimmst, dann fehlt oftmals das Detail und man verliert sich. Wie wenn man ganz viele Farben für ein Bild braucht, obwohl man eigentlich vorher eine Mission hatte und dann zersprengt man das, indem man einfach alles draufklatscht. Das ist bei uns nicht der Fall. Nur eine Main-Vocal.

Habt ihr noch weitere Literaturempfehlungen?

S: Das ist schwierig. Das ist jetzt vielleicht langweilig und vielleicht auch zu einfach rausgewunden, aber „Blumen des Bösen“ kann man sich als Gedichtband durchaus mal antun.

Das spannende ist ja sowieso bei Gedichtbänden; man kann immer wieder reingucken, man kann querlesen, man kann einzelne Passagen rausnehmen, mal ein Post It rein, mal was anstreichen. Das Schöne ist dabei, dass man vielleicht mal was findet, das dem eigenen Gemütszustand in der Sekunde, in der Momentaufnahme entspricht. Und das kann helfen, das kann auch glücklich machen. Deswegen vielleicht nicht nur den Gedichtband, sondern Lyrik generell.

F: Also ich glaube, als Black-Metal-Musiker hat man sich wahrscheinlich früher oder später schon mal mit einer Bibel auseinandergesetzt. Und es ist schon faszinierend.

S: Hatte ich auch im Kopf, das zu sagen!

F: Oder allgemein: Glaubensbücher, die sehr unterschiedlich gedeutet werden können. Kann auch der Koran sein. Das ist spannend, weil man merkt, wie Menschen unterschiedlich Dinge interpretieren und wie sie es für sich auslegen oder auch nicht. Oftmals zum eigenen Vorteil. Und das macht die Sache sehr spannend. Vor allem wenn man überlegt, was das für einen Einfluss hat – gesellschaftlich und auf das soziale Empfinden. Wie man Dinge empfindet oder was einem auch vorgesagt wird, wie man Dinge zu empfinden hat. Dann hat die Bibel sicherlich einen sehr starken Einfluss gehabt.

S: Es gibt ja auch fernab der Bibel, das ist ja auch nur eine Schriftensammlung, viele weitere christliche Schriften, die nicht in diesem Buch zusammengefasst sind. Auch alles, was gnostische Schriften angeht, kann man sich mal anschauen.

Amen!

Galerie mit 28 Bildern: Servant - Scherben Tour 2024 im Badehaus, Berlin

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Quelle: Servant
15.10.2024

"Es ist gut, aber es gefällt mir nicht." - Johann Wolfgang von Goethe

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1 Kommentar zu Servant - "'Death Devil Magick' ist eine sehr düstere Platte"

  1. Random Dude sagt:

    Wenn man sich das Konzept jetzt ansieht, ist es ziemlich interessant zu erfahren, wie wenig es eigentlich mit dem Okkultismus zu tun hat. Ich denke, die stärkste Aussage in dieser Hinsicht war das Eingeständnis am Ende („Es ist eher eine Behandlung von spirituellen Themen gegossen in Kunst, in Lyrik.“). Ich kann mir vorstellen, dass das bei vielen Bands des Genres der Fall ist: ein allgemeines, aber flüchtiges Interesse am Mysteriösen.

    Abgesehen davon schätze ich die sehr berechtigte Frage nach dem Gebrauch der Sprache. Generell finde ich es ziemlich spannend, was sie gemacht haben, und ich bin gespannt, was sie als Nächstes machen!