Secrets Of The Moon
Secrets Of The Moon

Interview

SECRETS OF THE MOON gehören zur (sehr dünnen) Speerspitze des deutschen Extrem Metal und haben im September “Antithesis” veröffentlicht, den Nachfolger ihres hochgepriesenen Werkes “Carved In Stigmata Wounds“ aus dem Jahr 2004. Die Presse lobt sie, die Fans raufen sich in Internet-Foren um die Antwort auf die Frage, ob die Formation noch immer als Black Metal bezeichnet werden kann. Bandkopf S. Golden und Gitarrist A. D. nahmen sich die Zeit, ein paar Fragen zu beantworten und plaudern dabei aus dem Nähkästchen über ihre Ansprüche an schwarzen Stahl, die Pläne ein Buch zu schreiben und die Ablehnung von GORGOROTH-Kostümen.

Ihr habt mit „Antithesis“ ein wahrlich beeindruckendes Werk erschaffen, das sowohl die bei „Carved In Stigmata Wounds“ perfekt in Szene gesetzte Verspieltheit, als auch die gut funktionierende Eingängigkeit eurer letzten EP vereint. Mein Lob dafür. Ich nehme an, ihr seid mit den Aufnahmen noch immer zufrieden?

A.D.: Ja, alles in einem sind wir noch recht zufrieden mit den Aufnahmen zu „Antithesis“. An der Zeit im Studio gibt es gar nichts zu bemängeln. Markus Stock hat von der ersten Minute an begriffen, was wir brauchen und haben wollen und so konnten wir sehr konzentriert mit ihm an dem Album arbeiten.

sG: Hätten wir an „Antithesis“ auch im Nachhinein nichts zu bemängeln, könnten wir wohl die Instrumente für immer an die Wand hängen. Trotzdem: Wir sind unglaublich stolz auf das Album und die musikalische Reife und Unabhängigkeit, die wir dadurch erschaffen haben.

Die Presse-Reaktionen fielen soweit positiv aus, wenn ich das richtig verfolgt habe. Wie stehen die Fans der ersten Stunde mittlerweile zu euch?

A.D.: Ich denke, dass ein Großteil der Fans nach wie vor zu uns steht, ja gerade unsere permanente Weiterentwicklung befürwortet. Dennoch gibt es natürlich auch Personen, die nichts mehr mit uns anfangen können bzw. sich lieber die alten Veröffentlichungen anhören, aber das ist normal. Fatal wäre es seine Musik den Leuten anzupassen, wir achten lieber auf unsere eigenen Erwartungen.

Man mag es kaum glauben, aber es gibt mit Sicherheit noch immer Freunde anspruchsvoller, innovativer, tiefgründiger und glaubwürdiger Musik, denen ihr trotz eurer langen Beständigkeit noch immer unbekannt seid. Mögt ihr euch für diejenigen etwas ausführlicher Vorstellen, bevor wir uns mit den weiteren Fragen beschäftigen?

sG: Klar. SECRETS OF THE MOON wurden vor 11 Jahren in Osnabrück gegründet. In den ersten Jahren entstanden diverse Demotapes und Vinyl Singles. 2001 veröffentlichten wir unser erstes Album „Stronghold of the Inviolables“.
Fünf Jahre später veröffentlichen wir unser drittes Album. „Antithesis“ steht seit einigen Wochen in den Läden. Anderthalb Jahre harter Arbeit liegen hinter uns und wir schauen wieder nach vorne und bereiten den vierten Streich vor.

Wie ist eure Meinung zu den einzelnen Veröffentlichungen, die ihr bisher getätigt habt und welche Erinnerungen, Empfindungen und Anekdoten verbindet ihr mit den einzelnen Werken eurer Bandgeschichte?

sG: Jede Veröffentlichung hat seine eigene Geschichte. Ich könnte mit Anekdoten, Ereignissen und privaten Erinnerungen Bücher füllen; habe dieses Buch sogar schonmal ernsthaft in Betracht gezogen. Momentan denke ich aber lieber an die Zukunft. Wir haben noch viel vor. Alleine der Gedanke daran, wieviele Menschen man in all den Jahren hat kommen und gehen sehen, kann Bände sprechen.

Da ihr nun die dritte Scheibe über Prophecy Productions/Lupus Lounge veröffentlicht habt, erübrigt sich die Frage nach der Zufriedenheit eigentlich. Inwieweit unterstützt euer Label euer Schaffen?

A.D.: Abgesehen von der normalen Arbeit, die ein Label täglich zu verrichten hat, ist wohl vor allem das Vertrauen in uns wichtig. Niemand vom Label hat im voraus zu den Aufnahmen von „Antithesis“ auch nur einen Ton gehört. Als der richtige Moment vorhanden war, sind wir einfach ins Studio gegangen und haben unser Werk aufgenommen. Es gab also keinerlei Einschränkungen von unserem Label her. Das ist das, was mir am wichtigsten ist. In der Zeit nach den Aufnahmen bis zur Veröffentlichungen hin, gab es zwar ein paar Meinungsverschiedenheiten und Dinge die mir nicht passten, aber es stand niemals das zur Debatte, was wir tun und wie wir uns präsentieren. Diese künstlerische Freiheit ist für mich das Nonplusultra.

sG: Beide Seiten sollten bereit sein, Kompromisse einzugehen. Nur so kann eine Zusammenarbeit fruchtbar verlaufen. Trotzdem sind wir immer auf einen Nenner gekommen und das wird hoffentlich noch eine Zeit lang so bleiben.

Laut dem Booklet von „Stronghold Of The Inviolables“ habt ihr mit besagtem Album eine Trilogie eingeläutet. Das Sequel dazu war scheinbar „Carved In Stigmata Wounds“ und „Antithesis“ wird vermutlich das Ende dieser Trilogie bedeuten. Was können wir in Zukunft von euch erwarten?

A.D.: Wir werden als viertes ein völlig freies Album schreiben!

sG: Wir haben mit der Trilogie schon eine Menge gesagt aber wir sind zu mehr imstande und können unsere musikalischen Wesen hoffentlich weiter formen.

Könnt ihr einige Worte über das lyrische Konzept von „Antithesis“ verlieren, über den sich dahinter verbergenden Okkultismus – und die Hintergründe der Song- Konstellation ein wenig erläutern?

sG: „Antithesis“ beschäftigt sich vom Anfang bis zum Ende mit dem ultimativen Tod und verneint ein Nachleben. Viel mehr möchte ich nicht sagen. Jeder Song ist dort platziert wo er hingehört und erzählt seine eigene Geschichte. Die Lyrics entstanden völlig eigenständig und keiner ist mit dem anderen in irgendeiner Weise verbunden. Einzig und allein der Gedanke „Tod“ steht über allen Songs.

Welche Bedeutung hat der Inhalt eures fünften Titels „Metamorphoses“, für diejenigen, die des Lateins nicht mächtig sind und bisher nichts von Ovid gehört, geschweige denn gelesen haben?

A.D.: Die gewählten Auszüge aus Ovids Metamorphosen könnten (etwas oberflächlich) als griechisches Genesis verstanden werden. Es werden die vier Zeitalter beschrieben, der einhergehende Zerfall jeglicher Moral und Tugend und am Ende steht das Produkt Mensch, ein Produkt des Frevels und allen Übels. Hier wird etwas angedeutet, das sehr gut in meine Weltanschauung passt. Es ist zu komplex, um es hier detailliert zu beschreiben oder zu erklären. Sicherlich verstehe ich den Text auch anders, als er vielleicht verstanden werden soll, aber es gibt auch keine Richtlinien, an die man sich halten muss. Ich kann jedem nur empfehlen, Ovid zu lesen, auch wenn man auf eine deutsche Übersetzung zurückgreifen muss.

Am 15. September habt ihr „Stonghold Of The Inviolables“ mitsamt eurer bis dato unveröffentlichten Aufnahme-Session von „Thelema Rising“ als Digipack nochmals veröffentlicht. Wie sehr steht ihr heute hinter dem Material, sowohl bezogen auf die alten Aufnahmen, als auch auf euer Debut-Album?

sG: Wir stehen nach wie vor hinter jeder unserer Veröffentlichungen. „Stronghold Of The Inviolables“ ist ein sehr raues und vor allem magisches Album. Ich erinnere mich sehr oft an den Tag, als mir Marcel Spaller die fertigen LPs zuschickte und ich es endlich in den Händen halten konnte. Momente wie diese vergisst man nicht. Die Zeit damals war sehr intensiv und genau diese Erinnerungen machen das Album für mich nach wie vor magisch.

Welche Reaktionen hat die Neu-Veröffentlichung, insbesondere natürlich das bisher größtenteils unter Verschluss gehaltene Material bei euren Fans erzeugt?

sG: Ich habe keine Ahnung, weil ich ungerne Dinge über die Band lese.

Die Illustrationen eurer bisherigen Werke ab „Stronghold Of The Inviolables“ waren sowohl schlicht als auch aussagekräftig, was ohne Zweifel auch auf den grafischen Aspekt von „Antithesis“ übertragbar ist. Von wem stammt das Artwork und was soll es aussagen?

sG: Das Artwork stammt von mir selbst. Viele Elemente sind von der original LP Version übernommen worden. Es ist für mich zu weit weg (sechs Jahre…), darum möchte ich nicht im Details darauf eingehen. Es war für mich schon eine Qual den alten Geist neu zu verpacken und in den Druck zu schicken.

Längst habt ihr euch von gewohnten, mittlerweile eher langweilenden Klischees gelöst und damit vor allem künstlerische Reife gezeigt. In Essen habe ich euren Gitarristen vergangenes Jahr beispielsweise im weißen T-Shirt gesehen. Wie kam es zu diesem Entschluss, sich von den verschlissenen optischen Werten des schwarzen Stahls zu trennen?

sG: Ohje…

A.D.: Hahaha, vielleicht schaffen wir es ja bald noch in die Vogue! Es gab nie einen Entschluss sich so oder so zu kleiden. Mir geht einfach der Patronengurt beim Pissen tierisch auf den Sack! Im Ernst, ich habe weder Lust ein GORGOROTH-Kostüm auf der Bühne zu tragen, noch würde so etwas zu uns passen.

Verbindet ihr noch immer etwas mit eurem Bandnamen oder ist der Hintergrund der Bezeichnung „Secrets of the Moon“ ein wenig verblasst, gar zum Aushängeschild zum Wohle des Wiedererkennungswertes verkommen?

A.D.: Der Name ist ein Teil der Bandgeschichte und verblassen tut gar nichts, was mit der Band zusammen hängt. Dennoch gäbe es wohl andere Namen, die heute besser passen würden.

sG: Der Name verschafft künstlerische Freiheit und das kommt uns entgegen.

Wo seht ihr die Stärken im deutschen Black Metal und welche Formationen die nicht den Bekanntheitsgrad genießen der ihnen zustünde, könnt ihr reinen Gewissens empfehlen?

sG: Stärken? Deutschland ist Entwicklungsland.

A.D.: Ich persönlich sehe keine Stärken im deutschen Black Metal. Mir fehlen einfach wirklich gute Bands und so etwas, was wir mit SODOM und KREATOR im Thrash-Metal Bereich hatten, wird es wohl nicht im Black Metal Bereich geben. Ich will aber keinesfalls sagen, dass nur scheiß Bands aus Deutschland kommen. Ich persönlich höre gerne KATHARSIS und es gibt einige Bands auf deren zweites Demo ich immer noch warte. Außerdem gibt es auch noch andere musikalische Spaten, die vielleicht mehr Qualität hervorbringen werden.

Ihr seid mittlerweile älter geworden. Welche Erkenntnisse habt ihr nach all den Jahren in der Black Metal-Szene gesammelt?

sG: Dass wir alt werden und oft mit dem Kopf schütteln müssen.

A.D.: Es wird mehr über Black Metal geredet und nachgedacht als gut ist.

Bezeichnet ihr euch musikalisch und persönlich überhaupt noch als Teil der Black-Metal-“Zusammenkunft“?

sG: Es gibt keine Black-Metal-Zusammenkunft. Unsere Kontakte zu relevanten Figuren der Szene lassen sich nicht auf Black Metal reduzieren. Es geht so oft um mehr und das ist gut so. Black Metal ist indiskutabel.

Vielen Dank für die vielen Antworten. Die letzten Worte gehören natürlich, wie so oft, euch!

A.D.: Vielen Dank für das Interview.

sG: Besorgt Euch „Antithesis“. Vielleicht wird das Album Euer Leben bereichern oder ihr werdet angewidert Eure Ohren abwenden. Es wird Zeit es herauszufinden!

29.10.2006
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