Scorpion Child im Interview zu "Acid Roulette":
Einmal Texas-flavored Kaffeeklatsch, bitte!
Interview
SCORPION CHILD – Sänger Aryn Jonathan Black plauscht zu Mitgliederwechseln, Tourplänen und Zukunftsvisionen
Am 10.06.2016 ist das zweite Album der texanischen Heavy Hard Rocker SCOPRION CHILD erschienen. Wir haben vorab mit Sänger Aryn Jonathan Black über Personalwechsel, den Entstehungsprozess von „Acid Roulette“ und das Auf-Reisen-Sein geschnackt und mitunter herrlich schräge Antworten erhalten. Lest selbst:
Hey Aryn,
zunächst herzlichen Dank, dass du diesem Interview zugestimmt hast und Glückwunsch zum neuen Album – ich bin definitiv ein Fan!
Aryn: Ist mir ein Vergnügen!
„A rock ‘n’ roll record should unlock a journey. “ Das ist der erste Satz der Bandbeschreibung auf eurer Website. Wenn ich „Acid Roulette“ anhöre, stelle ich mir sofort vor, wie ich im Sonnenschein ohne Dach auf einer langen, sandigen Straße fahre. Aber offensichtlich habt ihr selbst eine ganz schöne Reise unternommen, um dort anzugelangen: Ihr seid mit drei neuen Mitgliederin ins Studio gegangen. An welchem Punkt hat die Band beschlossen, diesen Wandel zu vollziehen und was waren die Hauptgründe dafür?
Aryn: Was für ein Auto war es? Ein alter, schwarzer Fort Fairlane mit offenem Verdeck? Ein alter Challenger? Mit oder ohne Flammen? Aaah, diese Art, auf die Wüstensandstein porös wird, wenn du ihn in der brütenden Nachmittagssonne zwischen deinen Fingern zerquetschst. Deine Szene ist der Stoff, aus dem die Träume sind, dafür schenke ich dir mein Herz!
Drei neue Mitglieder, sagst du? Oh ja, das ist unser Eimer voll Blut, Schweiß und Tränen den du da hältst. Unsere Geduld in Gläsern, verkauft an diejenigen, die bereit waren, darauf zu warten. Wir haben bis drei gezählt und da waren wir, zusammen, um ein Album aufzunehmen, das für uns alle fünf wahrlich einzigartig ist. Ich schätze, wir haben auf diese Planetenkonstellation gewartet. Wir haben die Änste unserer Fans eingesogen, die auf unser Schicksal der Ungewissheit und/oder schlussendlichen Zerstörung gelauert haben und sie mit dem tröstenden Wissen versorgt, dass am Ende alles okay sein wird.
Die Rhythmusgitarre wurde durch Heavy Keys ersetzt – war das eine bewusste Veränderung oder wart ihr einfach mit A.J. auf einer Wellenlänge und habt euch gedacht, dass ihr dann halt Tasten nehmt, statt mehr Gitarre? Wie habt ihr Charn und Alec rekrutiert?
Aryn: Die Vision war schon immer, eine Kombi aus Gesang, Gitarre, Bass, Schlagzeug und Tasten zu haben. Wir haben es nun endlich an den Anfang geschafft. Gratulation! Wir sind wirklich auf einer Wellenlänge mit A.J.. Er hat eine ganz eigene Neurose, die sanft auf den Brüsten des Ansehens dieser Band ruht. Mehr Gitarre erschien enttäuschend und gewöhnlich für Heavy Hard Rock.
Jon [„Charn“ Rice, aktueller Schlagzeuger bei SCORPION CHILD, Anm. d. Red.] war ein Segen aus den dunkelsten Tiefen des für uns Greifbaren. Er kam zu uns mit seinem Faible fürs Rock-Drumming nach Jahren im Death Metal und bot uns einen jugendlichen Umgang mit diesem klassischen Stil.
Alec ist ein langjähriger Freund, der, wenn die Welt sich anders drehen würde, schon vor Jahren Teil unserer Reise geworden wäre.
Wie werdet ihr die Veränderungen im Lineup auf der Bühne bei eurem älteren Material verarbeiten: Werdet ihr die Songs passend zum aktuellen Lineup neu arrangieren oder wird A.J. im Wesentlichen Gitarre auf Tasten spielen?
Aryn: Wir haben diesen Prozess bereits begonnen. Die Jungs haben Spaß daran, Teile von dem älteren Material zu spielen, da sie bereits Fans davon waren, als es entstand. Gewissermaßen war ihr Geist schon auf dem Debüt präsent und hat uns durch den Prozess geleitet. Es wurden sehr feine Veränderungen und Verbesserungen vorgenommen, um das ältere Material anzureichern. Das drückt sich überwiegend in den Impro-Segmenten aus, während das Publikum das während des Auftritts quasi als Ergänzung visualisieren kann. Diejenigen, die diese Veränderungen nicht als positiv wahrnehmen werden, sind wohl im Geist unserer Vergangenheit verhaftet. Diese Einstellung ist natürlich völlig akzeptabel, aber eben nicht die, die wir als Musiker so ohne weiteres annehmen.
„Acid Roulette“ wirkt auf mich irgendwie natürlich gewachsen, wirklich nicht wie ein Album, das fünf Leute aufgenommen haben, die erst seit kurzer Zeit miteinander arbeiten – wie ich lesen konnte, war aber genau das der Fall. Wie habt ihr es geschafft, dass sich alles so fügt?
Aryn: Es war wirklich ein kleines Wunder. Niemand wusste, dass wir fähig sein würden, uns auf einer so geringen Grundlage derart zu verbinden, zu gedeihen, und am Ende als derart stolze Väter dieses Albummaterials dazustehen. Die Einarbeitung in das eingereichte Material war nicht sehr ausführlich. Das Ergebnis hingegen ist besonders und ich hoffe, dass es beim nächsten Album wieder so laufen kann. Wir standen uns gegenüber und haben gemeinsam gelernt, was wir mit unseren Rollen anstellen sollen. Ich genieße es, wie schnell wir im Vergleich zu früher schreiben. Da haben wir uns teilweise sehr verausgabt, indem wir bis zur Erschöpfung geschrieben und verändert haben, nur um wieder bei der Idee anzugelangen, mit der wir begonnen hatten.
In Bezug auf Sound und Stil: Was ist die wesentliche Weiterentwicklung, die SCORPION CHILD vom Debüt bis zu „Acid Roulette“ vollzogen haben?
Aryn: Ich glaube, es ging sprunghaft nach oben. Man muss bedenken, dass das Debüt nach Jahren des Strukturierens und Umstrukturierens von Songs entstand. Wir hatten damals mehr Mitgliederwechsel, als das in letzter Zeit der Fall war. A.J. ist ein Suchtfaktor, den es in der Vergangenheit nicht gegeben hat. Das fehlende Bindeglied. Dieses Mal sind wir mit einem höheren Ladestand in einem Bruchteil der Zeit am Startpunkt angekommen. Es war eine Freude „Acid Roulette“ zu machen. Ich konnte mich mehr auf die emotionale Inszenierung konzentieren, was die Texte angeht, während ich vorher darauf warten musste, dass die Songs eine runde Sache werden, ehe ich mich wirklich auf die Story einlassen konnte.
Als Künstler ist man in der Regel mit seinem Werk deutlich kritischer, als die Fans. Wenn du könntest, gibt es etwas, das du am Album oder am Entstehungsprozess ändern würdest?
Aryn: Ich denke, es war der richtige Weg in Anbetracht der vorhandenen Ressourcen. Für das nächste Mal würde ich auf eine neue, entlegene Location hoffen. Beide Alben wurden im Wesentlichen in denselbem Studio aufgenommen. „The Bubble“ ist ein großartiger Laden. Ich glaube aber, wenn die Band aus ihrem gewohnten Arbeits- und Aufnahmeumfeld heraus genommen würde, würde uns das zwingen, uns selbst an einem einzigartigen Punkt auszukundschaften, um so einen faszinierenden Scheideweg entdecken. Dort könnten wir an des Teufels Tür klopfen, mit unseren Skalps in der Hand, darauf brennend den großen Namen der Schöpfung zu verkünden.
Ihr habt ausgiebig getourt und entsprechend bestand eure persönliche Reise in Richtung der neuen Platte nicht bloß aus der Suche nach neuen Bandmitgliedern. Das Album erzählt die Geschichte eines Mannes im Gefängnis, der ein verrücktes Drogenspiel mit dem Titel „Acid Roulette“ spielt, um geistig aus seiner Situation zu fliehen. Und – na klar – ist in all dem auch noch eine Frau von Relevanz. Das hat mich ins Grübeln gebracht, was euch wohl unterwegs alles zugestoßen ist, dass ihr auf eine so durchgeknallte Story gekommen seid. Gibt es irgendeine Anekdote, ein Tourereignis oder eine Beobachtung, von der du erzählen willst?
Aryn: Wir haben frisches Blut an den Händen. Unterwegs zu sein ist für Alle hart, und das gilt auch für jede Beziehung. So schwierig das moderne Zeitalter des Dating schon ist, muss man noch das Auf-Tour-Sein einrechnen. Es gibt da Stigmata, die treffen auf Manche zu, kleben aber an Allen. Romantik wird also zur echten Herausforderung, wenn man mit dem „Sonic Devil“ unterwegs ist. Ich würde sagen, es steckt ein Funken Wahrheit in der Geschichte des Albums. Eine universelle Wahrheit, die wohl jeder Reisende versteht oder an irgendeinem Punkt seines Lebens tatsächlich entdeckt. Wir leben für das, was wir tun. Wir wurden dieser Welt gegeben, um zu spielen und so müssen auch unsere Begleiter das nötige Maß an Geduld und Durchhaltevermögen mitbringen. Das kann dann funktionieren, wenn du diese eine Person findest, die dich versteht und an dich glaubt. Das ist keine sexistische oder einseitig gemeinte Angelegenheit. Wir kennen viele weibliche Reisende und Künstler, die dieselben Schwierigkeiten haben, wenn es darum geht, aus der normalen Welt, in der so Viele leben, abwesend zu sein.
Was sind eure Tourpläne für die nächsten Monate? Gibt es einen Ort, an den du gerne zurück kehren würdest oder an den du gerne zum ersten Mal reisen möchtest?
Aryn: Wir werden in einer Woche beim Download Festival auftreten und bald eine Europatour mit UNCLE ACID ankündigen. Mit dabei ist ein Auftritt auf dem Desertfest und weitere trudeln ein, während wir hier sprechen.
Es gibt so viele wundervolle Orte, zu denen ich gerne zurück kehre. Wenn du auf Tour bist und dort eine Woche Urlaub machen willst, ist deine einzige Chance, sieben Mal wieder zu kommen. Es sind tatsächlich zu viele, um sie aufzuzählen.
Was ich gerne hätte, ist ein kleines Schloss in den österreichischen Bergen oder ein Leben in einer kleinen Hütte an der südspanischen Küste. Das wäre eine großartige Entspannung.
Und im Anschluss: Was hoffst du, würde ich dich 2026 fragen, wo willst du in zehn Jahren sein?
Aryn: Zu sterben heißt, erst Leben zu lernen. Ich würde also hoffen, dass du mit der Frage beginnst: „Wie ist das Leben?“
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast! Ich wünsche euch viel Glück für die Veröffentlichung des Albums und die kommenden Monate. Die letzten Zeilen dieses Interviews gehören dir: Wenn du magst, sprich noch ein paar abschließende Worte!
Aryn: Vielen herzlichen Dank. Ich ermuntere euch, die frohe Botschaft dieses Albums in die Welt zu tragen. Ich bin als großer Fan von Alben aufgewachsen, die vielschichtig und mehrdimensional sind, und die ich mehrfach anhören musste, um sie bis in die Tiefe aufzunehmen – das hat die Marschrichtung für diese Platte inspiriert… Dass ihr sie schätzt, bedeutet die Welt für uns!
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