Schlachtung!
Interview zum Album "Mahnmal"

Interview

Mit „Mahnmal“ haben SCHLACHTUNG! nicht nur ein großartiges Black-Grind-Album veröffentlicht, sondern damit auch ein Statement gesetzt gegen unsere Gesellschaft und wie rücksichtslos sie miteinander, aber auch mit anderen Lebewesen umgeht. Wir haben uns Sänger Michael und Bassist Holger geschnappt und sie zur Thematik des Albums befragt – und was sie für die Band konkret bedeutet.

Zunächst einmal, Gratulation zum Album. Wer hat euch eigentlich erlaubt, so eine geile Platte aufzunehmen?

Micha: Danke! Da mir die Antwort darauf schwer fällt, lass mich die Frage umformulieren: Wer hat es verdient, dass wir diese Platte aufnehmen? Da würde die Antwort lauten: Alle!

Zu eurem Namen SCHLACHTUNG!: Wie wird er denn eigentlich jetzt richtig geschrieben, mit großem A, mit Ausrufezeichen? Eure Social-Media-Repräsentation ist da nicht ganz konsistent.

Micha: Also um es vorweg zu nehmen: „Schlachtung!“. Mit kleinem A und Ausrufezeichen.

Und dass das nicht ganz einheitlich ist, tja… Da hast du leider Recht… Die Sache kam so: Als wir noch im Projekt-Status waren, gab es ein paar Ideen zu Bandnamen, aber keiner hat uns so wirklich gepackt. Als ich dann entschieden hatte, das Textkonzept komplett und ausnahmslos auf deutsch durchzuziehen, fielen direkt alle englischen Namen weg. Chris kam dann, glaube ich, mit „SchlAchtung“ und der Idee, die erste Platte „Stillgehangen“ zu nennen, an. So von wegen „Achtung, stillgestanden“. Mich hat schon damals der potentiell lustige Wortspielcharakter gestört, auch wenn das gar nicht lustig, sondern zynisch gemeint war.

Auf der ersten EP gibt es dann auch den Track „Stillgehangen!“, der textlich dieses Konzept in ausufernden 5 Sekunden ausbreitet. Dass ich bei der ersten EP textlich noch zwischen bitterer Ernsthaftigkeit und Zynismus pendelte, sieht man auch an Tracks wie „Aftershow-Party“. Jetzt hat die Ernsthaftigkeit obsiegt. Deshalb keine Wortspiele mehr. Dass wir den Namen teils nicht mehr ändern können, liegt an den Modalitäten der Internetportale.

Zwischen eurem Debüt und „Mahnmal“ verging ja einige Zeit. Woran hat das gelegen?

Micha: Das lag u. a. daran, dass Holger mit GODSWILLBEDONE und Moritz und ich mit BLOODWORK ziemlich viel zu tun hatten und dann bei dem einen die Meisterprüfung, bei anderen neue Jobs, massive Arbeitsbelastung und Familie dazwischen kamen. Besonders Chris, unser Hauptsongwriter, ist mit seinem Job leider oft völlig ausgelastet. Außerdem wohnen wir nicht mehr alle in Paderborn, was das Proben nochmal erschwert.

Wie lange hat die Produktion von „Mahnmal“ gedauert? (also Aufnahmen, Schreibprozess, …)?

Micha: Der Schreibprozess fing direkt nach der EP an. Sobald ein neuer Song fertig war, kam er ins Live-Set. Ich glaube, letztendlich haben wir von bereits geschriebenen Songs nur 3 oder 4 verworfen.

Die Aufnahmen haben insgesamt etwa eine Woche gedauert, wobei wir die Aufnahmesessions insgesamt über 2 Wochen verteilt haben.
Holger hat danach den Mix/Master-Prozess akribisch verfolgt, sprich, er ist nach der Schicht immer direkt ins Studio gefahren, um mit Malte (unserem Produzenten) an die Regler zu gehen. Das hat dann auch nochmal ein paar Wochen verschlungen, bis wir alle mit dem 3. oder 4. Mix zufrieden waren.

Währenddessen lief noch der visuell kreative Prozess, das Cover-Design zu zeichnen, was Eva Zimmermann, eine Freundin von mir, übernommen hat, die damals u.a. auch für „Das schwarze Auge“ illustriert hat. Die Digitalisierung und Nachbearbeitung habe ich dann selbst in 1-2 Wochen gemacht. Holger hat sich parallel um den Kram mit dem Presswerk u. ä. gekümmert. Wenn du alles grob überschlägst, hat es ca. ein halbes Jahr gedauert, die fertige LP in den Händen zu halten, nachdem wir das Studio betreten haben.

Ihr setzt euch ja aus Mitgliedern mehrerer Bands zusammen. Würdet ihr euch als Supergroup bezeichnen oder hat SCHLACHTUNG! eine Art Eigendynamik entwickelt?

Micha: Ich denke, dass wir eine Band aus gestandenen Musikern sind, die alle in diversen Underground-Bands mal größer mal kleiner ihre Sporen verdient haben. Persönlich würde ich das nicht als Supergroup bezeichnen. Sowas hat immer etwas anmaßendes. Du musst SCHLACHTUNG! als losgelöst von den anderen Bands sehen. Für mich ist es, warum auch immer, etwas anderes, mit SCHLACHTUNG! auf der Bühne zu stehen, als mit einer meiner anderen Bands.

Holger: SCHLACHTUNG! ist definitiv eine eigenständige Band. Trotz meiner anderen Band GODSWILLBEDONE habe ich das nie als Projekt angesehen. Und da GWBD im Augenblick auf Eis liegen, ist das Augenmerk nun ganz allein bei SCHLACHTUNG!. Der Begriff „Supergroup“ wird ja immer gerne schnell in den Raum geschmissen, wenn sich Leute aus renommierten Bands zu einer neuen zusammentun, was dann wiederum den Projekt-Charakter mit sich führt. Zudem ist Chris` alte Band HEXENHAMMER nun auch schon einige Zeit inaktiv und BLOODWORK haben auch schon einige Zeit nichts mehr von sich hören lassen.

Wie würdet ihr den Stil von SCHLACHTUNG! nennen?

Micha: Unser Stil ist Trauer, Wut und Ekel… Zorn, Groll und Dunkelheit. Ganz ehrlich, ich habe da keine befriedigende Antwort für dich. Jeder Song vereint in sich diejenigen musikalischen Elemente, die es braucht, um diese Emotionen mit der Musik zu transportieren. Insgesamt lassen wir mittlerweile eine Chimäre aus Black- und Deathmetal, Grind und Crust (mit einer Prise Punk-Attitüde) von der Kette… Wir wollen uns stilistisch nicht limitieren, sondern nehmen die Musik als Vermittlungsmedium, was momentan z.B. dafür sorgt, dass wir verstärkt Black Metal in unseren Sound integriert haben, ohne die anderen Einflüsse über Board zu werfen.

Holger: Der Brite würde wohl sagen „Heavy and fast as fuck!“ (lacht) Stilistische Limitation ist bei uns auch undenkbar, da wir uns alles reinziehen, was gut rockt. Da darf es auch mal ein kerniges Lava-Riff wie in „Und Mammon lacht“ sein. Du hast ja die Platte und deren Bandbreite gehört. Da ist alles drauf vertreten. Von düsteren Midtemponummern bis zur Vollgas-Raserei, melodiösere Stücke und welche, die einfach nur direkt ins Gesicht knallen. Rock`n`Roll, quasi! (lacht)

Habt ihr irgendwelche konkreten Vorbilder gehabt für das Songwriting? Oder entstand euer Liedgut bei Sessions, in denen euch einfach so die pure Inspiration getroffen hat?

Micha: Chris hat, wie er mir sagte, keine direkten Vorbilder, ist aber trotzdem begeisterter Musikhörer. Seine größten Inspirationen kommen beim Autofahren. Dort hört er dann einzelne Parts und/oder Riffs, die etwas in ihm auslösen, sodass er sich dann zuhause mit der Gitarre hinsetzt. Nachdem er sich dann mit der Idee auseinandergesetzt hat, überarbeitet er diese Idee mehrfach, bevor wir sie mit rudimentärem Schlagzeug zu hören kriegen. Das wird dann bei den Proben aufgegriffen und, besonders im Schlagzeugbereich von Moritz, ausgefeilt. Manchmal entstehen die Ideen aber auch ganz altmodisch beim Drauflosspielen im Proberaum. Hauptsache brutal, düster und (meist) schnell muss es sein.

Eure Thematik ist ja sehr sozialkritisch, habt ihr da einen ähnlich aktiven Background oder ist das mehr der Frust, den ihr euch aus der Seele schreit/brüllt/grunzt? Immerhin bewahrt ihr euch trotz der sehr „spaßigen“ Musik eine Ernsthaftigkeit in den Texten. Und würdet ihr soweit gehen, euch als misanthropisch zu beschreiben?

Micha: Interessante Frage, die du da stellst und gar nicht so leicht zu beantworten. Es passiert schnell, in tiefschwarze Misanthropie zu verfallen, wenn du dich intensiv mit den Themen beschäftigst, die programmatisch für SCHLACHTUNG! sind. Da ist es nur natürlich, dass die Texte Frust, Zorn und Abscheu in die Welt hinauskotzen. Aber Misanthropie verallgemeinert; ich hasse nicht die Spezies „Mensch“, nur ihr oft rücksichtsloses und egozentrisches Verhalten. Daher versuche ich mich nicht in den Strudel ziehen zu lassen.

Insgesamt habe ich wohl ein sehr ambivalentes Verhältnis der Menschheit gegenüber. Denn all der bitteren Verachtung und der Aggression, die ich in den Texten transportiere, wohnt ein positiver Kern inne. Das mag widersprüchlich klingen, ist es aber nicht. Der von dir in deinem Review hervorgehobene Song „Am Abgrund“ hat zwar einen sehr apokalyptischen Beigeschmack, da der Text dazu direkt am Folgetag der Attentate von Paris geschrieben wurde. Jedoch ist die Botschaft: Wenn wir alle zusammenhalten und gemeinsam dafür kämpfen, die Menschlichkeit nicht in ihrem eigenen Blut ersaufen zu lassen, haben wir eine Chance, die Welt zu einem guten Ort zu machen.

Gerade weil uns die Welt mit all ihren Bewohnern nicht am Arsch vorbei geht, sind die Texte mitunter so hart wie sie sind. Und wenn ich den Leuten nur damit die Augen öffnen kann, sie mit den ekelhaften Produkten ihres Handelns zu konfrontieren, ihnen somit den widerlichen Spiegel, der unsere globalisierte Weltgemeinschaft z. T. ist, vorzuhalten, mache ich das.

Daher sind wir wohl im musikalischen Sinn ein Teil jener Kraft, die stets das Gute will, aber gewissermaßen das Böse schafft…

Holger: Generell mag ich Menschen nicht. Zu viele davon sind einfach nur undankbare, egoistische Vollidioten, die nicht in der Lage sind, den eigenen Verstand zu nutzen. Ob jemand in Ordnung ist, muss er erst beweisen. Sowas lässt sich leider meist nur in extremen Situationen herausfinden.

Besonders gern habe ich solche, denen man hilft und die einen dann hintenrum ficken. Ebenso gehen mir diese „Yolo“- und Emofraktionen auf die Eier. Taten ohne Sinn und unter Gefährdung anderer – diese generelle Scheißegal-Einstellung – oder nur rumsitzen und rumheulen, ohne das Maul zu öffnen und was dagegen zu tun. Richtig üble Zeitgenossen sind auch die, bei denen ein massives Vakuum in der Birne herrscht. Wenn solche Typen dann noch was zu sagen haben, wird es kriminell. Ich könnte dir da Stories erzählen… Aber fahr‘ mal lieber im Interview fort, bevor ich gleich noch einen Herzkasper kriege.

Gerade interessant finde ich das mit dem Mord an Tieren, ein Thema, das mich an CATTLE DECAPITATION erinnert. Was bedeutet die Thematik für euch? Seid ihr Vegetarier oder wollt ihr eher den verschwenderischen Umgang mit der „Ressource Fleisch“ bzw. den unmöglichen Umgang mit den Tieren als Lebewesen anprangern? Oder beides?

Micha: Wenn ich von der Band als Gesamtheit spreche, muss ich sagen: Beides. Wir sind keine rein vegetarisch/vegan lebende Band (wie CATTLE DECAPITATION mittlerweile ja auch nicht mehr).

Ich persönlich lebe seit etwa 11 Jahren aus ethisch-moralischen Gründen vegan. Ich kam an einen Punkt in meinem Leben, an dem ich nicht mehr wegsehen konnte bzw. wollte. Denn das hätte ich machen müssen: Bewusst wegsehen und ignorieren, was für unseren Luxus anderen empfindungsfähigen Lebewesen angetan wird. An dieser Industrie, die auf Ausbeutung und Mord aufbaut, wollte ich nicht mehr beteiligt sein. In unserer modernen, industrialisierten Welt muss kaum jemand mehr Produkte vom Tier konsumieren, um gesund zu bleiben. Ich versuche dazu ein gesundes und aktives Beispiel zu geben.

Um dir also eine direkte Antwort zu geben: Mir privat bedeutet diese Thematik sehr viel. Auch ist mir klar, dass es nicht möglich ist, 100%ig ethisch korrekt zu leben, schon gar nicht in unserer globalisierten Welt, wo uns viele Hintergründe nicht bekannt sind. Aber ich kann mich darum bemühen, sofern ich dazu die Ressourcen (Zeit, Energie, Geld, Informationsquellen, etc) habe; und die meisten von uns haben diese, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind!
Im Übrigen möchte ich betonen, dass vegan zu leben für mich jedoch nicht bei den Tieren aufhört! Deshalb auch die von dir angesprochenen sozialkritischen Themen. Würde, Gerechtigkeit und Leidfreiheit sollten alle Lebewesen genießen können. Der Fokus liegt allerdings thematisch oft bei den Tieren, weil diese sich nicht selbst für ihre Rechte, vornehmlich ein Leben ohne Ausbeutung und/oder Ermordung, einsetzen können. Dafür leihe ich ihnen meine Worte und meine Stimme.

Um noch mal bei den Tieren zu bleiben: Bei euch heißt es ja, die Tiere seien die Verwandten der Menschen, was natürlich dem Konzept der biblischen Schöpfung widerspricht, die Tiere als zu beherrschende Wesen des Menschen darstellt. Wie steht ihr denn dazu? Religion ist auch gerade in jetzigen Zeiten kein leichtes Thema, aber was bedeutet gerade dieser spezielle Sachverhalt für euch, dass der Mensch quasi den Schöpfungsauftrag hat, sich die Tiere untertan zu machen?

Holger: Oh je… Religion… Dem kann ich mal überhaupt nichts abgewinnen. Das ist Fiktion und Faschismus zugleich in meinen Augen. Scheißelaberei, Unterdrückung und Ausbeutung. Absoluter Müll. Glauben diese Typen eigentlich noch, dass dieser Planet eine Scheibe ist?

Micha: Um es ganz genau zu nehmen, heißt es meiner Info zufolge im hebräischen Original nicht „Mache dir die Erde untertan.“, sondern „Setze deinen Fuß auf diese Erde.“, was zwar eine Formulierung dafür ist, dass ein Herrscher über Land herrschen soll, allerdings ist damit der gute Herrscher gemeint, nicht der Tyrann. Wir könnten außerdem ganz an den Anfang der Schöpfungsgeschichte gehen, wo es (auch in der griechischen Übersetzung) heißt, dass alle Lebewesen Pflanzen essen sollen. Insbesondere die Menschen!

Allerdings sind diese inhaltlichen Argumente für mich völlig irrelevant und ich werde dir sagen, warum es totaler Unsinn ist, sich seine Legitimation für den Umgang mit Tieren oder anderen Menschen 1:1 aus der Bibel, konkret dem AT, zu holen:

Das Alte Testament ist eine Schriftensammlung unterschiedlichster zumeist anonymer Autoren. Das heißt, das ist ein Sammelsurium unterschiedlichster Schriften, von denen die ersten wohl im 9. Jhd. v. Chr. niedergeschrieben wurden. In mündlicher Tradition sind die Geschichten noch viel älter und wurden so bereits unzählige Male verändert, bevor man sie verschriftlicht und einen Kanon gebildet hat; im übrigen auch wieder von politisch/religiös angetriebenen Menschen. So gesehen ist auch die Schöpfungsgeschichte, auf die du anspielst, ein historisches Produkt und gleichzeitig ein Abbild der Werte- und Sittenvorstellungen aus den ersten Jahrtausenden v. Chr. Deshalb finden wir darin auch viele inhaltliche Widersprüche.

Sich also seine Legitimation für egal was aus diesen Schriften zu holen, ist aus diesen Gründen völliger Unsinn, dumm und absolut falsch.

Allerdings: Die Schriften auszulegen und zu schauen, was dort für moralische und gesellschaftlich relevante Aussagen getroffen werden und was sie in Bezug auf unser heutiges Zusammenleben noch für moralische Leitlinien bereithalten, kann sehr sinnvoll sein.

Wir können und müssen kritisch und differenziert über Religion reden; weder ist alles gut noch alles schlecht, was wir in den religiösen Lehren finden, oder würdest du sagen, dass die Kernaussagen der 10 Gebote moralisch falsch sind? Dazu muss ich aber nicht daran glauben, dass heilige Gesetze von einer höheren Macht, die als brennender Dornenbusch spricht, in Steintafeln gebrannt wurden. Das sind Bilder. Bilder, die von den Autoren benutzt wurden, um ihre Botschaft in die Köpfe der Menschen zu kriegen; es sind Metaphern, die gedeutet werden müssen. Da wir hier christlich-jüdisch geprägt sind, halte ich diese Bilder für sehr ausdrucksstark und verwende sie bzw. religiöse Anspielungen immer wieder in unseren Liedern. Ein Beispiel: Die Fehlerquote von Betäubungen beim Schlachten liegt je nach Verfahren bei 3-13%; rechne das mal für die 750 Milliarden Tiere aus, die allein pro Jahr in Deutschland geschlachtet werden… Einem also bei lebendigem Leib geschlachteten und zerteilten Tier die letzten Worte Jesu, „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?!“, in den Mund zu legen, drückt so viel mehr aus als ich mit tausend Worten hätte sagen können.

Die wörtliche Auslegung jeglicher „Heiliger Schriften“ halte ich aber, um das nochmal zu sagen, für völlig falsch und fatal, wie man an jeglichem religiösen Fundamentalismus erkennen kann.

Religion ist nicht per se gut oder schlecht, es liegt wie immer am Menschen, sie zum einen oder zum anderen zu machen, auch wenn ich sagen muss, dass besonders in den Schriftreligionen viele problematische Ansätze vorhanden sind, die die Gefahr bergen, benutzt zu werden, um Leid zu verbreiten, z. B. indem die eigene Gemeinschaft über andere gestellt wird. Wenn Religion aber dazu dient, dass du ein besserer Mensch bist, glaube. Das ist für mich völlig okay. Wenn du sie nicht brauchst, um ein guter Mensch zu sein, glaube nicht. Religion und Glaube machen uns nicht zu besseren oder schlechteren Menschen. Unsere Taten machen es.

Schlachtung – Mahnmal

Was könnt ihr zum Cover-Design sagen? Wenn ich mir das Bild so ansehe (und nicht eure Musik vor Ohren habe), denke ich eher an Wüste denn an Death/Black/Crust/Grind.

Micha: Die Idee stammt von mir, die Konzeption habe ich ziemlich konkret mit unserer Zeichnerin Eva erarbeitet, bis wir unser „Mahnmal“ geschaffen hatten. Im Übrigen haben wir auf dem Frontcover keine Wüstenbewohner, sondern Tiere, die in unserem Umfeld leben: Du siehst dort einen Hunde-, einen Wildschwein- und einen Reh- sowie Krähenschädel, Federn und einige Zähne der angesprochenen Tiere.

Die Idee für das Cover reicht aber etwas weiter zurück und ist komplexer. Irgendwann hatte ich den Text zu „269 / Aletheia“ fertig und die letzte Zeile lautet „…Mahnmal in Ewigkeit!“. Für mich war mit der Entstehung des Songs schon klar, dass das der letzte auf der Platte sein wird, u. a. weil der Text als Ganzes einen zusammenfassenden Charakter hat. „269 / Aletheia“ besteht aus vertontem Text und nicht vertontem (aber abgedruckten) Text, der aber genauso wichtig für mich und letztlich für das Konzept der Platte und von SCHLACHTUNG! ist. Das Wort „Mahnmal“ ist mir dann als Spitze des Text-Eisbergs nicht mehr aus dem Kopf gegangen und nachdem mir klar war, dass ich den anderen „Mahnmal“ als Titel vorschlagen würde, fingen in meinem Kopf Assoziationen an.

Ein Mahnmal hat die Aufgabe, die Erinnerung aufrecht zu erhalten, dafür zu sorgen, dass bestimmte Sachen nicht aus den Köpfen verschwinden und sich nicht der Schleier des Vergessens darüber legt. Ein Mahnmal soll die Menschen gemahnen, dass das, was Anlass der Errichtung war, nicht erstrebenswert ist und zukünftig verhindert werden muss.

Die Musik inklusive der Texte ist das Mahnmal, das ich den Menschen vorsetzen wollte. Gleichzeitig ist in das Bild noch etwas eingewoben, was an ein Ritual erinnert. Da Karnismus das Tier absolut degradiert und seinen Wert in Kosten/Nutzen/Profit-Maßstäben abwiegt, wollte ich dem Mahnmal über die Anordnung etwas Metaphysisches und Ästhetisches mit auf den Weg geben, einfach um einen Kontrapunkt zu dem kalten, herzlosen Konsums zu bieten.

Dankenswerter Weise haben mir die Jungs seit Anbeginn der Bandgründung sämtliche künstlerische Pforten offengehalten. Mich konzeptionell auf textlicher und auch auf visueller Ebene uneingeschränkt ausdrücken zu dürfen, bedeutet mir echt wahnsinnig viel.

Wie läuft denn so ein Live-Auftritt von euch üblicherweise ab? Gibt es irgendwelche absurden/bizarren Highlights, die sich im Rahmen eures Wirkens als SCHLACHTUNG ereignet haben?

Micha: Schnell, heftig und intensiv. Wir legen da volle Konzentration und Energie rein, würden uns nur wünschen, das öfter tun zu können. Da wir auf keine große Live-Historie mit dieser Band zurückblicken können, kann ich dazu nichts sagen. Absurd/bizarr war bisher nichts.

Holger: … zumindest (noch) nicht mit SCHLACHTUNG!! (lacht)

Was steht für SCHLACHTUNG! in absehbarer Zukunft an?

Holger: Chris und ich arbeiten gerade an neuen Ideen. Feste Songs stehen aber noch nicht, nur Gerüste. Des Weiteren wollen wir mal ein paar Veranstalter kontaktieren.

Micha: Wir wollen verstärkt Gigs spielen, um noch mehr Leuten musikalische Nagelbomben ins Gehör zu donnern. Solange unsere Knochen das mitmachen, sind auch noch Shows mit voller Power und (positiver) Aggression drin! Und bis die bersten, dauert es noch, ha!

Ich bedanke mich dafür, dass ihr euch Zeit genommen habt. Die letzten Worte gehören euch.

Micha: Ich danke dir für die interessanten Fragen! Und an die Leute am Bildschirm: Hört unsere Musik, lest die Texte, kommt zu Shows und nehmt was von der Energie mit, die wir raushauen! In blackgrind we crust, uhh!

04.07.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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