Scarcross
Interview mit Jan zu "Freidenker"

Interview

„Wie macht man Metal?“ ist eine unter Metalfans wohlbekannte Spaßvideo-Reihe, die seinerzeit aus dem Hause SCARCROSS stammte, welche ihrerseits mit „Freidenker“ kürzlich ihr erstes Album veröffentlichten, fernab von Bier- und Klischeehumor. Zwischen spaßigen Videos und authentischem und komplexem Pagan Metal, gab metal.de Sänger Jan die Möglichkeit, über einige Dinge aufzuklären und gleichermaßen ein wenig über „Freidenker“ und SCARCROSS zu informieren.

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Hallo Jungs, zunächst mal die obligatorische Frage: Wie macht man denn Metal? Nein, mal ganz im Ernst, ich nehme mal an, euch hängt das Video von damals noch hinterher, oder?

Grüß dich! Ja, diese Videos hängen uns manchmal noch ziemlich hinterher. Im Nachhinhein peinlich ist uns zwar nichts, doch ist es schon ab und an etwas schwer mancherorts über Dinge identifiziert zu werden, die Heute keinerlei Aussagekraft über unsere Band haben.

Wie kam es eigentlich dazu? Existierte SCARCROSS damals schon und versprach man sich ein wenig Promotion durch die Sache oder hatte das reine Spaßgründe?

SCARCROSS gab es zu diesem Zeitpunkt schon mindestens vier Jahre. Und wir hatten uns damals rein gar nichts davon versprochen. Wir waren im Schnitt maximal 18 und wir hatten einen Nachmittag Spaß. Die Leute denken immer, nur weil wir diese Videos gemacht hatten, würden wir unsere Musik nicht ernst nehmen oder versuchen mit allen Mitteln bekannt zu werden. Dem war nicht so. Wir hatten niemals damit gerechnet, dass diese Videos so viel Erfolg haben würden, und es war auch nicht unbedingt das Ziel, damit zu diesem zweifelhaften Bekanntheitsgrad zu gelangen. Wir hatten nur zwei Nachmittage verdammt viel Spaß, das Ganze wurde aus Langeweile geboren. Diese Videos hatten nie etwas mit den Intentionen unserer Musik zu tun. Und auch wenn es uns damals nicht gerade ungelegen kam, dadurch zu einem etwas größeren Bekanntheitsgrad zu kommen, so frage ich mich Heute manchmal ob es das wert war. Wir müssen mit vielen Vorurteilen kämpfen, da die Leute meinen, dass wir Spaßmusik machen würden. Versteh mich nicht falsch: Ich finde auch Heute noch diese beiden Videos lustig, und einmal im Jahr seh‘ ich sie mir auch nochmal an. Wir haben alle sehr viel Humor und dementsprechend ist es uns auch wichtig, in den Proben unseren Spaß zu haben. Wir finden es sehr wichtig sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Und doch nehmen wir unsere Musik vollkommen ernst, sie ist uns äußerst wichtig. Leider können viele Leute das anscheinend nicht trennen.

Nun aber mal zum Wesentlichen, und zwar zu eurem ersten richtigen Album mit dem Titel “Freidenker“. Wie habt ihr euch zwischen der EP “Jahr der Katharsis“ und dem Album entwickelt? Die Rezensionen dazu gehen grundlegend recht weit auseinander, könnt ihr das nachvollziehen?

Tja, wie haben wir uns entwickelt…Wir sind Heute eine andere Band. Das liegt zum einen an den Besetzungswechseln, dann daran dass wir so gut wie kein Keyboard mehr verwenden, und zu guter Letzt, dass wir von einer Band mit festen Probeterminen zu etwas Lockerem und Sporadischem geworden sind, aufgrund den enormen Entfernungen, die zwischen den einzelnen Mitgliedern liegen. Was die Musik angeht denke ich dass wir bei dem grundlegenden Konzept von Jahr der Katharsis weitergearbeitet haben, nur hoffe ich dass wir als Komponisten gewachsen sind und denke dass sich das neue Material durchdachter und geschlossener präsentiert. Dass die Rezensionen weit auseinander gehen, können wir nachvollziehen. Wir wissen, dass Freidenker keine einfache Platte ist und dass sie Elemente aus unterschiedlichen Genres beinhaltet, was es vielen Hörern schwer machen wird, den richtigen Zugang zu finden. Aber wir wollten niemals einfache Musik machen, und wir stehen hinter diesem Album, bei dem wir uns kreativ nicht beschränken lassen wollten. Wir hoffen dass das einige Hörer auch so sehen werden, aber in erster Linie haben wir dieses Album für uns gemacht.

Wie entsteht eigentlich ein Song im Hause SCARCROSS? Liege ich mit der Annahme richtig, dass jeder seine Ideen beisteuert und diese nach Möglichkeit in euren Sound verarbeitet werden?

Bei diesem Album war es so, dass meistens ein paar Riffs zu Hause geschrieben worden sind, und diese dort in eine grundlegende Songstruktur gebracht wurden. Anschließend haben wir die Songs gemeinsam im Proberaum ausgearbeitet und die anderen Instrumente dazu arrangiert.

Welche Vergleichsbands würdet ihr am Ehesten zur Beschreibung eures tatsächlich nicht ganz unkomplexen Sounds heranziehen? Seht ihr euch auch der “Pagan-Szene“ zugehörig (wenn vielleicht auch nur musikalisch)?

Das ist eine schwierige Frage… Wir wollen uns nicht mit folgenden Bands vergleichen, jedoch haben sie einen großen Teil unserer Musik geprägt. Zu nennen wären hier vielleicht NOCTE OBDUCTA und OPETH. Der sogenannten Pagan-Szene fühlen wir uns als Band in keiner Weise zugehörig. Zum einen können wir uns mit den meisten Bands aus diesem Genre nicht identifizieren, da wir ernsthafte und emotionale Musik machen. Bei vielen Bands der Pagan Szene habe ich nicht das Gefühl das dem so ist. Zum anderen habe nur Ich mich mit dem Heidentum auseinander gesetzt und möchte den anderen Bandmitgliedern, die nichts damit anfangen können, nicht etwas überstülpen, was sie nicht möchten. Deshalb sind auch die Texte, außer einer kleinen Anspielung die rein lyrisch gesehen werden sollte, frei von jedwedem Germanentum, Humppa oder Sonstigem. Auch musikalisch kann können wir persönlich keine wirklichen Parallelen zu Pagan Metal ziehen, aber gut, vielleicht sind wir zu nahe an der Musik um das objektiv beurteilen zu können.

Um nochmals die vorherige Frage aufzugreifen, wie bewertet ihr die aktuelle Entwicklung der Pagan-Szene? Mir scheint, der Trend aus Trallala und Hopsasa ist langsam rückläufig, aber auch ernstzunehmende Truppen, wie ihr etwa, bleiben weiterhin rar gesät.

Wir haben auch den Eindruck dass die sogenannte Pagan Szene wieder etwas rückläufiger geworden ist in letzter Zeit, und dass nicht mehr ganz so viel auf Humpa Bands gesetzt wird. Allgemein hat man das Gefühl, dass diese Szene etwas auf dem absteigenden Ast ist, als ob das ganze Pulver in den letzten Jahren verschossen wurde. Trotzdem findet man unter dem Überbegriff Pagan immer wieder Perlen, besonders im Underground BM Bereich. Wir denken die ernst zu nehmenden Truppen werden übrig bleiben, sobald sich der Markt an den Spaß-Bands satt gefressen hat. Denn es gibt genügend Bands die ernsthaft etwas zu sagen haben, dass über „Odin und Thor trinken Met aus ihren Hörnern“ hinausgeht, denen es um ein Lebensgefühl, um Spiritualität und Achtung vor der Natur geht

Vor zwei Jahren konnte Jan mit seinem Soloprojekt WALDGEFLÜSTER im Underground überzeugen, fast nur positive Resonanzen sprechen für sich. Inwieweit hat auch dieses Projekt SCARCROSS beeinflusst? Eine gewisse Einflussnahme ist schließlich bereits beim Hören kaum zu leugnen.

Ich weiß nicht in wie weit WALDGEFLÜSTER SCARCROSS beeinflusst hat. Ich glaube was du da hörst ist einfach meine persönliche musikalische Entwicklung, die sich in diese Richtung bewegt hat. Drei der Stücke auf Freidenker wurden, wenn ich das noch richtig im Kopf habe, noch vor der WALDGEFLÜSTER Scheibe geschrieben. Es ist also eher eine gegenseitige Einflussnahme, was ich als Songwriter bei SCARCROSS gelernt habe fließt in WALDGEFLÜSTER ein und umgekehrt. Was allerdings wirklich Einfluss auf SCARCROSS hatte, war dass ich durch die Arbeit mit WALDGEFLÜSTER jetzt besser wusste wie der Hase im Musik Business läuft, das war schon sehr hilfreich, hehe.

Live seid ihr ja praktisch alle auch bei WALDGEFLÜSTER dabei, gab es schon mal Ideen das Einzelprojekt zu einer richtigen Band umzufunktionieren oder soll es immer ein Soloprojekt bleiben?

WALDGEFLÜSTER wird bis auf weiteres ein Soloprojekt bleiben. Das kommende Album, an dessen Mix ich gerade sitze, habe ich allerdings zusammen mit meinem Bruder geschrieben. Aus dem Grund da es ein Konzeptalbum über eine gemeinsame Reise von uns beiden ist. Dies wird allerdings eine einmalige Gelegenheit bleiben, WALDGEFLÜSTER wurde unter anderem gegründet um meine eigenen Visionen ohne Kompromisse verfolgen zu können. Auf der anderen Seite fühlt es sich manchmal wie eine richtige Band an, mit dem ständigen Proben und den paar Gigs die wir haben. Darüberhinaus genießen wir als Freunde jede Gelegenheit gemeinsam Musik zu machen und haben mit SCARCROSS, ebenso wie mit Waldgeflüster, Freude am Zusammenspiel. Besonders mit Tom, dem Schlagzeuger von SCARCROSS und WALDGEFLÜSTER arbeite ich viel zusammen und er hat einen großen Part dazu beigesteuert, dass das Schlagzeug auf dem neuen Album so ist wie es ist. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, immerhin steckt er sehr viel Zeit in dieses Projekt ohne die Lorbeeren kassieren zu dürfen.

Das war schon alles. Vielen Dank für das kurze Interview und alles Gute für die Zukunft. Euch gehören die letzten Worte!

Danke für dieses Interview, euer Interesse und dass ihr uns die Möglichkeit bietet, mit ein paar Sachen aufzuräumen!

17.02.2011

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