Saturnus
Interview mit Thomas AG Jensen zum neuen Werk "Saturn In Ascension"
Interview
SATURNUS sind nicht gerade für ihre Schnellschüsse bekannt, und so war fast zu befürchten, was passieren würde, als ich rechtzeitig vor Veröffentlichung ihres vorzüglichen aktuellen Albums „Saturn In Ascension“ ein paar Fragen ins Königreich Dänemark schickte… gute drei Monate später sind also die Antworten endlich da, und Bandkopf Thomas AG Jensen hat sich gewissenhaft der Fragen angenommen und ehrlich darauf geantwortet. Und offenbar ist der Mann ernsthaft über einige Dinge erleichtert, die mit der Veröffentlichung von „Saturn In Ascension“ ihr gutes Ende gefunden haben, wie er direkt erstmal feststellt:
Ich bin wirklich erleichtert über die Veröffentlichung von „Saturn In Ascension“! Die letzten sechs Jahre waren voller Höhen und Tiefen, aber am Ende haben wir es geschafft, „Saturn In Ascension“ fertigzustellen, und ich bin sehr stolz auf das Ergebnis. Für mich persönlich ist es aber auch ein Beleg dafür, dass es die richtige Entscheidung war, die alten Mitglieder aus der Band rauszuwerfen.
Okay, da scheint sich ja einiges aufgestaut zu haben. Lass uns mal chronologisch anfangen: Nach „Veronica Decides To Die“ kam erstmal der ursprüngliche Bassist Brian Hansen wieder in die Band. Warum ist er wieder zu Euch gestoßen?
Lennart Jacobsen, der auf „Veronika“ Bass gespielt hat, hatte uns wieder verlassen, und in dieser Zeit hatte ich den Kontakt zu Brian wieder aufgenommen. Es war also ein ganz natürlich Schritt, ihn zu fragen, ob er nicht wieder bei uns einsteigen würde. Er hat keine Sekunde gezögert – also war er sofort wieder in der Band, was mich sehr glücklich macht, da wir wie Brüder sind.
Dann habt Ihr Euch im Jahr 2009 von den alten Mitgliedern Anders Ro Nielsen (Keyboards), Tais Pedersen (Gitarre), Peter Erecius Poulsen (Gitarre) und Nicolaj Borg (Drums) getrennt – warum gab es diesen Einschnitt und welchen Einfluss hatte das auf die Band als Kreativeinheit?
Es war die richtige Entscheidung, und sie hat uns wirklich weitergebracht, selbst wenn sie schwer zu treffen war. Sie hatten einfach andere Ziele im Leben, was ich wirklich verstehe. Aber als es darum ging, einfach mal zu sagen, wie sie sich die Zukunft der Band vorstellen, kam von ihnen rein gar nichts. Ich glaube, sie waren damit zufrieden, ab und zu mal zusammen einen trinken zu gehen und hier und da ein Konzert zu spielen, aber in ihren Plänen tauchte weder das Komponieren neuer Songs oder das Touren auf. Deswegen musste ich die Entscheidung treffen, sie endgültig aus der Band zu werfen.
Das neue Team ist wirklich gut. Die neuen Mitglieder gehen mit völlig neuer Energie und Begeisterung an die Dinge, die anstehen, wie Aufnahmen, Touren und so weiter. Ich könnte nicht mehr verlagen, ich habe bei ihnen einfach das Gefühl, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Okay, Du hast die neuen Mitglieder Henrik Glass (Drums) und Rune Stiassny (Gitarre) angesprochen. Gerade Rune scheint ja vielseitig begabt zu sein, da er auf „Saturn In Ascension“ auch die Keyboards eingespielt hat. Vielleicht kannst Du sie mal kurz vorstellen.
Ich kenne Henrik natürlich schon sehr lange, da er zwischen 2001 und 2003 schon einmal bei SATURNUS gewesen war und beim Track „Murky Waters“ auf dem „Veronica“-album die Drumtracks eingespielt hatte. Bei DIRETONE, wo er ebenfalls seinen Platz auf dem Drumhocker hatte, ist er jetzt ausgestiegen. Rune wiederum hatte uns auf der Europatour 2008 ausgeholfen und war mehr oder weniger schon damals ein festes Bandmitglied. Beide sind einfach perfekt, um den Sound von SATURNUS weiterzutragen.
Dann hattet Ihr bis vor kurzem noch einen zweiten Gitarristen im Line-Up, den Schweden Mattias Svensson (u.a. ex-VANMAKT und NIDRIKE). Was ist aus ihm geworden?
Mattias lebt mehr als 350 Kilometer von uns entfernt. Da er jetzt auch noch ein Studium in Stockholm anfangen wollte, was ja noch weiter entfernt liegt, hat er beschlossen, nach den Aufnahmen bei uns auszusteigen.
Lass uns mal auf das neue Album „Saturn In Ascension“ zu sprechen kommen, was in einem sehr positiven Sinn sehr nach SATURNUS klingt. So gesehen muss es eine Idee geben, wie SATURNUS zu klingen hat. Wie ist das beim Songwriting – gibt es da jemand, der bestimmt, was zu SATURNUS passt und was nicht?
Wir alle entscheiden das. Ich denke, wir sind ein starkes demokratisches Team, das alles diskutiert. So gesehen sind wir alle involviert, wenn auch einige mehr und andere weniger.
Was auf „Saturn In Ascension“ sofort auffällt, ist der Beginn mit der Chorpassage, was an „Martyre“ erinnert. Steckt dahinter eine besondere Bedeutung?
Eine gute Frage. Für den Song „Litany Of Rain“ hatten wir diese Chorpassage eingeplant, aber erst hinterher festgelegt, dass er der Opener sein würde. Insofern steckt da keine tiefere Bedeutung hinter.
Beim Akustiksong „A Lonely Passage“ gibt es ein schönes Gastspiel der amerikanischen Sängerin Laurie Ann Haus (u.a. TODESBONDEN). Hattet Ihr schon beim Songwriting im Sinn, dass sie einen Part übernehmen sollte?
Eigentlich hatten wir von Anfang an geplant, keine Gastmusiker auf dem Album zu haben. Als ich aber den Gesang für „A Lonely Passage“ aufnahm, hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Und dann hatte ich Lauries Stimme im Hinterkopf, wobei ich aber nicht sagen kann, was ich da gehört habe.
Ich habe ihr also eine E-Mail geschrieben und sie nach ihrer Telefonnummer gefragt, um mit ihr über meine Ideen zu reden. Sie hat mir sehr schnell geantwortet, und dann haben wir uns über den Song ausgetauscht. Ich habe ihr übrigens völlig freie Hand gelassen und gesagt, sie solle ihren Part einfach so interpretieren, wie sie möchte. Natürlich habe ich ihr gesagt, wann sie einsetzen soll, aber sie hat beispielsweise von sich aus die letzte Zeile zum Text hinzugefügt. Sie hat einfach einen großartigen Beitrag geleistet, und ich bin wirklich froh, dass ich mit einer so talentierten Sängerin zusammenarbeiten konnte.
Auf welchen Song bist Du besonders stolz?
„Litany Of Rain“, weil das Lied meiner Meinung nach alle unsere Stärken vereint. Er ist einfach perfekt.
„Saturn In Ascension“ wurde wie die vorangegangenen Alben von Flemming Rasmussen produziert, der ja unter anderem der Haus-und-Hof-Produzent von METALLICA ist. Wie ist es mit ihm zu arbeiten, und welchen Einfluss hatte er auf das neue Album?
Flemming ist einfach der Beste. Ich kenne ihn schon sehr lange, und er ist ein guter Freund von mir. Im Studio ist er sehr ruhig, und es macht einfach Spaß, mit ihm zu arbeiten, weil er so professionell ist. Er ist auch zu einem Großteil für unseren Sound verantwortlich. Ehrlich gesagt, kann ich mir keinen anderen Produzenten als ihn vorstellen!
Eine Sache, die sofort ins Auge fällt, ist, dass Ihr Euer altes Logo reaktiviert habt. Gibt es einen besonderen Grund dafür?
Es war eigentlich umgekehrt, denn wir hatten anfangs nie den Plan, unser altes Logo aufzugeben. Aber es passte einfach nicht so gut zu „Martyre“ und „Veronika“. Ich finde es jetzt aber umso wichtiger, es wieder zu benutzen, da es einfach das richtige Logo ist. Und „Saturn In Ascension“ ist ein neuer Start für die Band.
SATURNUS hat sehr hingebungsvolle Fans – vielleicht, weil Eure Musik so ergreifend und tiefgründig ist. Ist das etwas, was Du wahrnimmst?
Na klar, das ist mir sehr wohl geläufig, und ich kann mir auch überhaupt keine besseren Fans vorstellen. Sie sind einfach sehr loyal und sehr nett zu uns. Wir stehen beispielsweise auf Facebook in sehr intensivem Austausch miteinander, was ich sehr schön finde. Dafür, dass wir sehr lange für neue Songs brauchen und somit nicht die einfachste Band auf der Welt sind, haben wir wirklich die bestmöglichen Fans.
Und Ihr habt scheinbar auch Fans auf dem gesamten Erdball: Letztes Jahr wart Ihr auf Tour und habt in Ländern wie Moldawien, Russland, Armenien, Weißrussland und Georgien gespielt, wo Ihr die erste Metalband überhaupt wart, die dort Shows gespielt hat. Wie seid Ihr dort gelandet, und was sind Deine Eindrücke von dieser Tour?
Wir wurden von Fans und Promotern kontaktiert, die das gleichermaßen ermöglicht haben. Dorthin zu reisen, war so bereichernd. Es war einfach so eine fantastische Erfahrung, in diesen Ländern auch durch die Dörfer zu fahren und mit ganz gewöhnlichen Menschen in Kontakt zu kommen. Es war wirklich eine verblüffende Erfahrung, und wenn ich nochmal die Chance dazu haben sollte, werde ich keine Sekunde zögern und zusagen. Dass wir nebenbei auch noch Metalgeschichte in Georgien geschrieben haben, erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz.
Ihr habt offenbar ein Faible für außergewöhnliche Liveerlebnisse: 1997 habt Ihr in Kopenhagen einen fünfstündigen Gig gespielt – worum ging es damals, und wieviel findet sich davon in heutigen Auftritten von Euch wieder?
Oh, diesen Auftritt kann man mit keinem anderen vergleichen. Wir wurden von einem Pfarrer angesprochen, ob wir an Karfreitag in der Kirche mit unserer Musik nicht die Schmerzen und das Leiden Christi darstellen könnten. Die Kirche war komplett mit weißen Bettlaken ausgehängt, um das Grab Christi darzustellen. Auf diese weißen Flächen wurden mit Projektoren Bilder geworfen, was wirklich verblüffend aussah, aber auch ein wenig schwer zu beschreiben ist für jemand, der nicht dagewesen ist.
Macht es Dir eigentlich Spaß, live zu spielen? Oder ist es nicht manchmal schwer, die Stimmungen aus den Texten richtig wiederzugeben?
Nein, eigentlich nicht. Live zu spielen ist für uns wirklich wichtig, wir lieben es einfach. Auf der Bühne denke ich eigentlich nie daran, was ich singe. Ich benutze meine Stimme eher wie ein Instrument und versuche, die bestmögliche Atmosphäre zu kreieren.
Dieses Jahr feiert Ihr mit SATURNUS Euer 20-jähriges Jubiläum. Was geht Dir durch den Kopf, wenn Du daran denkst?
Die Zeit fliegt nur so dahin. Diese Reise mit SATURNUS ging so schnell, aber wir wollen die nächsten 20 Jahre ansteuern. Aber ich bin wirklich stolz darauf, denn nicht jede Band schafft diese Marke.
Vielen Dank für das Interview!
(Pics: John Son)