Samael
Interview mit Vorph zu "Lux Mundi"
Interview
Die aus den Tiefen des ruppigen Black Metal über zahlreiche Experimente und neue Einflüsse einen langen Weg gekommenen SAMAEL veröffentlichen dieser Tage mit „Lux Mundi“ eine Platte, die deutlich auf ihre erfolgreiche „Passage“-Ära verweist. Vorph, Frontmann der Schweizer, mochte diesen Vergleich im Gespräch aber nicht unkommentiert stehen lassen…
Hallo Vorph, ich hoffe, Dir geht es gut. Findest Du dieser Tage auch Zeit für andere Dinge neben der Promotion für das neue SAMAEL-Album „Lux Mundi“?
Hallo. Wir haben schon viele Interviews für das neue Album gegeben und generell macht es mir auch nichts aus, über unsere Arbeit, unsere Musik, zu sprechen. Im Gegenteil, manchmal lerne ich sogar während des Promotion-Prozesses etwas darüber, komme mit neuen Gedanken und Sichtweisen in Kontakt.
Euer letztes Album „Above“ von 2009 ging ein gutes Stück zurück zu euren Wurzeln. Hattet ihr eine Vorstellung, wie der Nachfolger am Ende klingen sollte?
„Above“ war ja zunächst als Side Project gedacht, aber weil wir die Energie und Rauheit der Aufnahmen so mochten, entschlossen wir uns, es unter dem SAMAEL-Banner zu veröffentlichen. Für „Lux Mundi“ nahmen wir uns Zeit, schrieben Lied um Lied und nach und nach bekamen wir eine Idee davon, welcher Sound zu dem Material passen würde. Wir wollten einen schweren und kompakten Klang, weshalb wir den Mix in die Hände von Russ Russell gaben.
„Lux Mundi“ erinnert recht stark an euer sehr erfolgreiches „Passage“-Album von 1996. Teilst Du diese Ansicht?
Es wurde von unserer Plattenfirma so vermarktet und ich kann auch verstehen, dass man neue Alben immer mit alten vergleicht. Aber wir hatten nicht die Absicht, „Lux Mundi“ zum Nachfolger von einer unserer alten Platten zu machen. Wir wollten vielmehr so an die Sache herangehen, als handele es sich um unser erstes Album. Natürlich hat sich im Laufe von zwei Dekaden viel Erfahrung angesammelt, die uns leicht ein paar solide Lieder schreiben lässt, aber wir versuchten, uns dem kreativen Prozess mit einer jugendlichen Unbekümmertheit zu nähern.
Der Albumtitel „Lux Mundi“ bedeutet „Licht der Welt“ – was steckt dahinter, warum habt ihr euch dafür entschieden?
Es bezieht sich auf das innere Licht. Licht ist hier als Metapher für Wissen und Erkenntnis zu verstehen. So gibt es auch einige Stücke, die mehr oder weniger direkt mit dem Albumtitel in Verbindung stehen – etwa „Soul Invictus“, „Luxferre“ oder „Let My People Be!“.
Also existiert ein roter Faden?
Ja, das „Licht“ im oben genannten Sinne ist schon eine Art roter Faden. Die Inhalte reichen von Krieg über Religion bis hin zu introspektiven Themen über innere Stärke und Willenskraft, aber dominierend ist dabei das Streben nach Harmonie, nach einem besseren Verständnis der Welt und von uns selbst.
Hast Du ein Lieblingslied auf dem Album? Wenn ich wählen müsste, wäre es wahrscheinlich das Titelstück mit seinem mächtigen Chorus oder „In The Deep“ mit seinem sehr charakteristischen Riffing.
Derzeit mag ich sie eigentlich alle gleich, wobei ich in der Tat eine kleine Schwäche für „Soul Invictus“ habe. Das rührt wohl daher, dass wir es schon live gespielt haben und es vor Publikum große Energien freisetzt – und das ist oft das, was aus einem einfachen Lied einen Klassiker macht.
Als großer Freund eurer frühen Black-Metal-Tage genoß ich es auch, als ihr auf „Passage“ und „Eternal“ anfingt, deutlich zu experimentieren. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass ihr in den frühen 2000ern zwischenzeitlich etwas vom Weg abgekommen seid, nicht so recht wusstest, wie und wohin es mit SAMAEL weitergehen sollte. Ist das richtig?
Wir haben unser musikalisches Spektrum mit den genannten Alben erweitert, haben Rock-Einflüsse integriert und mit Jazz und Elektronik geflirtet, aber als die Straße dadurch viele Abzweigungen bekam, wussten wir nicht, welchen Weg wir einschlagen sollten – also haben wir dieses und jenes ausprobiert. Ich denke, dass wir seit „Solar Soul“ wieder zielgerichteter sind und das ist auch der Grund, warum ich „Lux Mundi“ als einen neuen Anfang für die Band betrachte – wir suchen unseren Weg nicht länger, wir haben ihn gefunden.
Gibt es denn auf diesem Weg noch Ziele, die Du unbedingt mit SAMAEL erreichen möchtest? Oder geht es „nur“ darum, Musik zu schreiben, die dir und dem Rest der Band gefällt?
Musik zu schreiben, die uns gefällt, Lieder zu machen, die wir brennend gerne live spielen – das ist definitiv etwas, das uns antreibt. Unser Hauptziel war es schon immer, all das, was wir tun, so gut wie uns nur möglich zu machen.
Wie sieht es denn mit den Tour-Plänen für den Rest des Jahres 2011 aus, was darf man erwarten?
Wir werden ein paar Festivals diesen Sommer spielen – das With Full Force wird leider das einzige in Deutschland sein. Aber es wird dann im September eine Headliner-Tour durch Europa geben.
In eurem Live-Set habt ihr mit „Into The Pentagram“ ein Stück von eurem Debüt „Worship him“, jedoch seit rund 15 Jahren kein Stück mehr von eurem Zweitwerk „Blood Ritual“. Denkt ihr, dass das Material auf diesem Album zu schwach ist oder gibt es einen anderen Grund dafür?
„Into The Pentagram“ ist das einzige Lied von unseren ersten beiden Alben, das wir nach „Passage“ überarbeitet haben. Es ist ein besonderes Stück für SAMAEL, weil wir vier verschiedene Versionen davon aufgenommen haben und diese immer zeigten, wo die Band in dem jeweiligen Moment stand. Wenn wir andere ganz alte Stücke spielen wollten, müssten wir sie zuerst in die Gegenwart adaptieren, Xy die Spuren auf dem Drumcomputer programmieren. Die Zeit nutzen wir dann lieber, um an neuem Material zu arbeiten.
Interessierst Du Dich für andere Bands, die einen mit SAMAEL vergleichbaren Weg gehen – zum Beispiel für die Amerikaner NACHTMYSTIUM, die vor einer Dekade als reine Black-Metal-Band begannen und auf ihren letzten Veröffentlichungen elektronische und psychedelische Klänge integrierten?
Nun, ich bin immer daran interessiert, Neues zu hören. Ich mag es, wenn eine Band Grenzen verschiebt oder gar durchbricht, mit etwas Eigenständigem kommt. Wobei ich einräumen muss, dass ich heutzutage sehr viel klassische Musik und weniger Metal höre.
Hörst Du denn manchmal noch die alten Black-Metal-Veröffentlichungen von beispielsweise BATHORY oder HELLHAMMER, die einen großen Einfluss auf die frühen SAMAEL hatten?
Ja, manchmal höre ich meine alten Platten, aber da ich bereits Metal gehört habe, bevor es Black Metal gab, sind es dann eher Bands wie KISS, AC/DC oder IRON MAIDEN.
In den späten 80er Jahren warst Du Teil der Tapetrading-Szene. Es war eine Zeit, in der es nicht so einfach war, an bestimmte Musik heranzukommen oder gar Neuigkeiten von betreffenden Bands zu erfahren. Heutzutage bekommt man völlig problemlos quasi jede Metal-Veröffentlichung binnen weniger Minuten über das Internet. Denkst Du, dass diese uneingeschränkte Verfügbarkeit der Musik die Magie, das Geheimnisvolle, raubt?
Ich glaube nicht, dass die modernen Medien der Musik irgendetwas wegnehmen. Natürlich ist die angenehme Aufregung beim Kauf von Musik nicht mehr in dem Maße vorhanden, aber im Gegenzug hat man heutzutage eine viel größere Auswahl als damals, so dass es dadurch auch wieder spannender ist, eine neue Band zu finden. Direkter Zugang zu Gütern und Informationen ist definitv ein Gewinn für unser Leben.
Würdest Du also auch sagen, dass das Positive des Internets für Bands wie SAMAEL das Negative überwiegt?
Auf persönlicher Ebene sehe ich im Internet überwiegend Vorteile. Auch die Musikindustrie ist langsam dabei, den Paradigmenwechsel, den sie erlebt hat, aufzufangen, aber als Band ist es nach wie vor schwierig zu beurteilen, ob die Veränderungen gut oder schlecht waren.
Kommen wir zu einem anderen Thema: Die große Mehrheit der deutschen Metal-Hörer nimmt den sogenannten National Socialist Black Metal als große Plage wahr. Sind es für Dich nur ein paar Typen, die die Extremsten von allen sein wollen, oder denkst Du, dass es ein echtes Problem der heutigen Black-Metal-Szene ist?
Das ist allerdings ein Problem. Den Leuten geht es denke ich weniger um die Musik als solche, sie wird nur als Träger für ihre Ideologie benutzt. Metal aber war immer eine Musik für unabhängige Menschen, eine Musik der Freiheit, und in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen steht Metal für eine einzige Sache: das Recht, der zu sein, der man sein möchte. Ich verstehe, dass Provokation manchmal dazu gehört, aber dazu auf nationalsozialistische Ideen zurückzugreifen, ist das Allerdümmste, was man sich vorstellen kann.
Hört das Recht der freien Meinungsäußerung für Dich also an diesem Punkt auf?
Da sind wir bei der alten Debatte: Sollen wir Intoleranz tolerieren? Nein, ich denke, wir sollten sie nicht tolerieren. Extremisten, religiös oder politisch, respektieren keine anderen Standpunkte. Also sollten wir es ihnen gegenüber gleich tun und ihren Standpunkt nicht respektieren.
Gut, lass uns für einen kurzen Ausblick zu SAMAEL zurückkehren: Wisst ihr schon, was nach „Lux Mundi“ kommt?
Wir sind sehr zufrieden mit dem Album und denken im Moment nicht darüber nach, was als nächstes kommt. Nichtsdestotrotz hören wir natürlich nicht auf, kreativ zu sein, nur weil eine neue Platte draußen ist.
Dann viel Erfolg mit dem neuen Album. Die letzten Worte gehören wie immer Dir als Befragtem.
Ich hoffe, euren Lesern wird unser neues Album gefallen. Wir sehen uns auf der „Lux Mundi“-Tour!
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