Sabaton
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Interview
Wie das Leben so spielt! SABATON sind im zehnten Jahr ihres Bandbestehens endlich am Ziel ihrer metallenen Träume angelangt. Mit „Coat Of Arms“ sollte ihnen einen nie geahnter Erfolgsschwung inklusive ausverkaufter Headlinertournee durch europäische Landen vergönnt sein. Fronter und SABATON-Mastermind Joakim Brodèn hat ein wenig mit mir über seine Band und deren Musik geplaudert.
Hey Joakim, SABATON ist wieder am Start. Wie fühlst du dich dabei?
Hallo Mathias! Zurzeit bin ich sehr glücklich. Wir haben gerade ein ganz spezielles Event namens „Metallsvenskan“ hinter uns, welches ein Fussballturnier zwischen Metal-Bands, verschiedenen Magazinen und Radiostationen beinhaltete. Später stand dann auch noch eine Heavy Metal-Show auf dem Programm, bei dir wir zusammen mit TWISTED SISTER gespielt haben. Außerdem taugt es mir, dass unsere Gruppe das Semifinale erreicht hat [lacht]… So weit, so gut. Heute zahlen wir aber den Preis dafür, Fußball und eine eineinhalbstündige Show gespielt zu haben. Wir laufen allesamt herum wie alte Männer, die sich gerade in die Hose gemacht haben. Von Muskelkrämpfen gar nicht erst zu sprechen [lacht]…
Und trotz allem geht es euch gut? Das kann dann wohl oder übel nur an eurer neuen Langrille „Coat Of Arms“ liegen, das in Kürze via Nuclear Blast erscheinen wird. Ist es euer bestes Album?
Haha, du bist gut! Auf alle Fälle muss ich ehrlich zugeben, dass ich richtig Angst hatte, als ich mit den Arbeiten zum neuen Album begann. Mit „The Art Of War“ scheinen wir einen regelrechten „Home-Run“ geschlagen zu haben und ich war richtig verzweifelt, als es wieder an der Zeit war, irgendwas Neues zu machen. In den letzten sechs Monaten kam ich aber wieder irgendwie in den nötigen Rhythmus und ich bin sehr stolz auf das Album. Es ist ein Album geworden, das sich mit der Zeit immer mehr entwickelt. Vielleicht braucht es zuerst ein wenig, aber es wird immer besser und besser und das sage ich wirklich zum ersten Mal über eine Platte. Ansonsten denke ich mir mit fortschreitender Zeit eigentlich immer, dass das Ganze doch nicht so toll ist, wie anfangs gedacht. Aber um deine Frage zu beantworten: Ist „Coat Of Arms“ unser bisher bestes Album? Ich habe genug Selbstvertrauen, um diese Entscheidung dir und unseren Fans zu überlassen [lacht]!
Also mich habt ihr mit „Coat Of Arms“ definitiv überzeugt! Trotz allem scheint mir, dass sich eure musikalische Ausrichtung seit euren Anfangstagen ein wenig verändert hat. Ich finde, dass ihr euch von erdigem True Metal hin zu hymnischem Power Metal entwickelt habt. Was denkst du über diese Tendenzen?
Verdammt, ich scheiße auf Genres! Ich dachte immer, dass wir am Anfang eine Power Metal-Band waren und heute eher klassischen Heavy Metal spielen [lacht]! Ich muss dir aber in punkto „hymnischer“ Ausrichtung zustimmen. Wir haben unseren Stil in diesem epischen Sound gefunden, frag mich aber nicht, wie das passiert ist, ich habe absolut keine Ahnung [lacht]! Eigentlich haben wir uns nie über irgendwelche Stilistiken oder Genres unterhalten. Wir wollen einfach nur Songs schreiben, die jedem in der Band gefallen. Diese packen wir dann auf ein Album, scheißegal, ob es True, Heavy, 80’s oder Power Metal ist oder ein anderer das sogar als Heavy Rock bezeichnet!
Alles klar, die Genrefrage lassen wir also einfach einmal so stehen. „The Art Of War“ kann – wie du zuvor schon sagtest – durchaus als euer Durchbruch bezeichnet werden. Seid ihr mit der Entwicklung von SABATON bis zum heutigen Tag zufrieden?
Zur Hölle, ja! Wir haben so viele tolle Shows gespielt und eine Menge großartiger Leute getroffen. Seit „The Art Of War“ laufen die Dinge noch etwas schneller und spektakulärer ab, was einfach nur genial ist. Uns gibt es nun seit zehn Jahren, also kann man nicht wirklich sagen, dass bei uns der schnelle Erfolg eingetreten ist, aber wir sind mit jeder Herausforderung gewachsen. Und das vom ersten Tag an, ohne wie verrückt gehyped zu werden oder eine große Marketingfirma im Rücken zu haben. Darauf sind wir besonders stolz. Wir haben das zusammen mit unseren Fans erreicht. Wir müssen keinen Managern oder Labels für unseren Erfolg danken, sondern einzig und allein unseren Anhängern und Freunden.
Dann kommen wir doch gleich einmal auf das neue Album „Coat Of Arms“ zu sprechen. Was dürfen eure Fans erwarten?
Das Album ist meiner Meinung nach melodischer und gitarrenorientierter als „The Art Of War“, auf dem eine etwas ernstere Atmosphäre vorgeherrscht hat. Jeder von uns hat eine andere Sichtweise und manche Kritiker kommen immer wieder mit dem Argument, dass „noch mehr Keyboard-Parts auf dem neuen SABATON-Album zu hören sind als früher“. Das finde ich sehr lustig, da auf „Coat Of Arms“ das Keyboard viel weniger eingesetzt wurde, als auf „The Art Of War“. Aber so etwas kommt natürlich immer wieder vor, das ist überhaupt kein Problem. Was bleibt mir sonst über „Coat Of Arms“ zu sagen? Wir haben die Songs geschrieben, aufgenommen und abgemischt [lacht]. Kurz gesagt, SABATON sind wieder da und üben Vergeltung!
Seit eurem Debüt beinhalten eure Lyrics mehr oder minder kriegerische Themen, Gewalt und eine saftige Portion an Geschichte. Kann man diese Themen als eure Passion bezeichnen?
Na ja, es macht einfach mehr Sinn, über reale Gegebenheiten zu singen, als sich irgendetwas Fantasievolles einfallen zu lassen. Du darfst mich nicht falsch verstehen, ich habe absolut kein Problem mit erfundenen Lyrics, wir wollten einfach wahre Fakten in unsere Texte einweben, um eine emotionale Verbindung mit den Stories aufzubauen. Was das Thema „Krieg“ für mich so verlockend macht, ist die Tatsache, dass es diese extremen Kontraste im menschlichen Dasein am besten ausdrücken kann. Es ist faszinierend, wie ein netter, fleißiger Bürger seine Nachbarn und Freunde hintergehen kann, um seinen eigenen Arsch zu retten, während ein alter Bauer, der bis dato jedem Risiko aus dem Weg gegangen ist, sein Leben riskiert, um irgendwelche fremden Leute zu retten. Außerdem können wir hier ruhig ehrlich sein: Panzer sind das Geilste auf der Welt [lacht]!
Sitzt du dann eigentlich auch in einem Panzer, wenn du neue Songs schreibst oder wie kann ich mir den typischen SABATON-Songwritingprozess vorstellen?
Das ist eine interessante Frage. Darüber habe ich noch nie wirklich nachgedacht. Eigentlich starte ich aber immer bei mir zuhause oder im Studio mit einer Gitarre in der Hand und einem Keyboard vor meiner Nase. Wie es dann weitergeht, kann ich selbst nur erraten. Ich weiß nur, dass ein gnadenloser Adrenalinstoß oder eine bestimmte emotionale Regung immer ein gutes Zeichen ist. Jeder Song entwickelt sich unterschiedlich. Manche entstehen ganz schnell, andere wiederum brauchen zahllose Stunden an Überarbeitung und Mühe. Etwa die Hälfte des Songs „Saboteurs“ wurde zum Beispiel bereits 1999 geschrieben und Pär und Daniel zwangen mich fast dazu, das Teil für dieses Album endlich fertig zu schreiben, da es ihnen schon immer gefallen hat. Sie haben lange darauf gewartet und ich denke, dass zehn Jahre Arbeit für einen Song doch genügen sollten [lacht]!
Absolut! Um noch einmal auf eure Text zurückzukommen. Welchen lyrischen Background hat „Coat Of Arms“?
Wir haben uns entschieden, dieses Mal ein loseres Konzept zu machen, als es auf „The Art Of War“ der Fall war. Das Album beschäftigt sich ausschließlich mit dem Zweiten Weltkrieg. Unsere Fans haben uns mit tausenden von Ideen für ein neues Album unterstützt und es ist absolut geil zu sagen, dass über die Hälfte der verwendeten Lyrics Ideen unserer Fans waren. Natürlich geht es wieder großteils um Schlachten und bestimmte „Events“, über die wir hier in Schweden zuvor noch nie etwas gehört haben. Ich finde es faszinierend, wie bestimmtes Grundwissen über gewisse Themen in einem Land selbstverständlich ist, in anderen Ländern aber noch nie etwas davon gehört wurde.
Ihr verwendet auch regelmäßig deutsche Titel für manche eurer Songs – aktuell beispielsweise „Wehrmacht“. Warum?
Wir glauben, dass das unsere Texte noch ein wenig interessanter macht. Wenn der Song „War Machine“ geheißen hätte, hättest du mir diese Frage niemals gestellt, oder?
Da hast du natürlich Recht…
Eben. Ich weiß, dass „War Machine“ nicht die korrekte Übersetzung für „Wehrmacht“ ist, aber es geht um den Punkt, dass ein solch kontroverser Titel mehr Aufmerksamkeit erweckt als ein anderer. Die deutsche Sprache ist außerdem nicht so weit von der schwedischen entfernt und es klingt einfach besser, wenn man „Panzer“ anstatt „Tank“ singt. Außerdem klingt „Panzerkampfwagen“ viel geiler als „Pansarvagn“ auf Schwedisch. Und genau deswegen machen wir das so!
Ein neues Album bedeutet auch immer eine neue Tour. Können wir euch in Deutschland und Österreich live auf der Bühne sehen?
Natürlich! Auf der kommenden „World War Tour“ spielen wir elf Shows in Deutschland und drei in Österreich. Und das ohne unsere Festivalauftritte! Manche sagen, dass wir verrückt seien, weil wir so viele Shows in ein- und demselben Land spielen. Natürlich könnten wir auch vier, fünf größere Gigs spielen, aber wir lieben es einfach auf der Bühne zu stehen und außerdem kann es sich nicht jeder leisten, den halben Staat zu durchreisen, um sich ein Metal-Konzert anzusehen. Deswegen spielen wir kleinere Shows, aber dafür an allen möglichen Orten. Wir möchten nämlich auch ein paar SABATON-Neulinge sehen, die uns noch nie zuvor live gesehen haben!
Welche Setlist dürfen wir auf der „World War Tour“ von euch erwarten?
Das wird sich jeden Abend ein wenig verändern, aber wir haben uns das Ziel gesetzt, bei jeder Show die Hälfte der Songs von „Coat Of Arms“ zu spielen. Welche Titel wir spielen, wird – wie gesagt – variieren und wird auch bis zum letztendlichen Auftritt ein Geheimnis bleiben. Ich kann aber verraten, dass wir derzeit ein paar Songs proben, die definitiv unerwartet sein werden.
Hast du aus den zehn Songs auf „Coat Of Arms“ auch schon deinen eigenen Favoriten auserkoren?
Ah, das ist eine schwierige Frage, denn auch das variiert von Tag zu Tag. Ich finde aber, dass der Titeltrack „Coat Of Arms“ so definitiv nach SABATON klingt, das er einfach Arsch tritt. Morgen könnte es aber schon wieder „Saboteurs“, „White Death“ oder „Uprising“ sein…
Hat dich neben „Coat Of Arms“ im heurigen Jahr auch ein Album einer anderen Band beschäftigt bzw. überzeugt?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich bereits ein Album gehört habe, das 2010 herausgekommen ist. Wir waren nämlich Jänner und Februar im Studio. Seitdem proben wir und arbeiten an unserer neuen Bühnenperformance, also kann ich dir diese Frage nicht wirklich beantworten. Ich freue mich aber sehr auf das kommende ACCEPT-Album. Außerdem habe ich zuhause „Festival“ von JON OLIVA’S PAIN rumliegen, habe es mir aber noch nicht angehört. Ich freue mich aber schon darauf, wenn ich mal wieder etwas mehr Zeit habe, ich mit einem Bier im Studio sitzen kann und niemand mich stört [lacht].
Langjährige Metal-Formationen haben immer wieder bestimmte „All-Time-Classics“, die sie bei jedem Auftritt zwingend spielen müssen. Gibt es einen solchen Titel auch schon für SABATON?
Bei uns ist das definitiv „Primo Victoria“. Bei diesem Song geht das Publikum immer total ab und wir spielen den Titel wirklich gerne und haben noch immer nicht genug davon, obwohl er schon 2004 geschrieben wurde.
So, kommen wir langsam zum Ende meiner Fragen. Was erwartest du dir vom restlichen Jahr 2010?
Dass dieser verfluchte Vulkan auf Island endlich wieder in Tiefschlaf fällt und jeder in diesem Sommer ein geiles Festival besuchen kann, ohne das irgendwelche Flüge storniert werden müssen und man dabei eine gute Party verpasst [lacht]!
Wunderschön gesagt. Den Rest überlasse ich dir…
Das ist immer der schwerste Part eines Interviews. Das kommt nämlich meistens und ich bin noch immer nicht wirklich vorbereitet auf diese Frage [lacht]. Deswegen beende ich das Ganze einfach mit der schönsten deutschen Phrase ever: „Noch ein Bier!“
Vielen Dank.
Ich danke dir!
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