RXPTRS
Von K-Pop bis Iron Maiden
Interview
RXPTRS legen mit „Living Without Death’s Permission“ ein stark autobiografisch geprägtes Debütalbum vor. Sänger Simon Roach verarbeitet auf dem Album ein einschneidendes Erlebnis, dass seinen Blick auf das Leben komplett auf den Kopf gestellt hat. Was er daraufhin tat und wie genau sich das auf der Platte widerspiegelt, berichtet er im Gespräch.
RXPTRS sind eine Jam-Band
Hey Simon, die Veröffentlichung eures ersten Albums, „Living Without Death’s Permission“, steht kurz bevor. Wie ist die Stimmung in der Band angesichts dessen gerade?
Ehrlich gesagt, sind wir gerade etwas ungeduldig. Wir sitzen jetzt schon so lange auf etwas, auf das wir sehr stolz sind. Wir können es kaum erwarten, dass die Leute es hören. Außerdem kommt dazu, dass die Veröffentlichung sich damit überschneidet, dass Konzerte und Festivals wieder in vollem Ausmaß stattfinden, die Leute sind bereit, wieder hinzugehen. Es ist eine großartige Zeit für neue Musik, die Menschen haben das vermisst. Wir waren zu lange eingesperrt und jetzt sind wir bereit, zu explodieren.
Aufgrund der Pandemie konnten nicht durchgehend alle Bandmitglieder gemeinsam am Schreib- und Aufnahmeprozess für das Album teilhaben. Wie habt ihr sichergestellt, dass ihr trotzdem was bestmögliche Ergebnis erzielt?
Zum Glück leben die meisten von uns gemeinsam im RXPTRS-Hauptquartier, aber es war trotzdem seltsam, nicht gemeinsam als ganzes Team arbeiten zu können. Wir sind eine Jam-Band, wir sind eine Live-Band, das waren wir schon immer. Wir mussten unseren Schreibprozess also schnell anpassen. In der Vergangenheit sind wir zu fünft in den Proberaum gegangen, unserem zweiten zu Hause, um dort Songs von Grund auf zu schreiben. Wir gingen mit einer kleinen Idee rein und arbeiteten die in der Session aus und schrieben. Als wir das nicht mehr durften, mussten wir einen Weg finden, diese Energie einzufangen, ohne physisch zusammen zu sein. Wie ich schon sagte, leben einige von uns zusammen, deswegen haben wir in unserem Haus konstant Ideen hin und her geworfen. Wir nahmen Demos auf und schickten sie den anderen. Es war ein langsamerer Prozess, als wenn wir gemeinsam in einem Raum arbeiten, aber wir sind jedes Detail mit mikroskopischer Genauigkeit durchgegangen, was ein massiver Bonus war. Ich denke, am Ende hat das das Album geformt. Wir haben die gesamte Platte während des Lockdowns geschrieben, als wir wieder gemeinsam in einem Raum sein durften, kamen wir zusammen und hauten die Tracks in voller Lautstärke raus, genau so war es!
„Es klingt wie ein Klischee, aber das Leben ist kurz.“
Vor ein paar Jahren wurdest du bei einem Autounfall beinahe enthauptet. Wie hat das deinen Blick auf das Leben verändert?
Mir wurde gesagt, ich hätte tot sein sollen. Das waren die Worte, die mein Leben veränderten. Ich hätte nicht mehr Glück haben können. Seitdem habe ich einen anderen Blick auf das Leben. Einer, der mir hilft, klar zu sehen, Bullshit zu durchschauen, es hilft mir, mir nicht auf die Zunge zu beißen, es macht mich dankbar dafür, einfach hier zu sein. Es erinnerte mich daran, dass das Leben in einer Sekunde enden kann. Warum also sollte man etwas machen, das einen unglücklich macht? Warum sich zurückhalten? Warum nicht verfolgen, was man wirklich möchte? Warum sich von anderen scheiße gefallen lassen? Warum einen Groll wegen Nichtigkeiten aufrechterhalten? Es klingt wie ein Klischee, aber das Leben ist kurz, wirf es nicht unnötig weg.
„Es geht um den rohesten Take.“
Inwieweit reflektieren die Lyrics auf „Living Without Death’s Permission“ deine veränderte Perspektive auf das Leben?
Der Song „Burning Pages“ demonstriert das am besten. Ich habe ihn als das pure Extrakt der Zeit, in der ich wirklich begonnen habe, die Dinge anders zu sehen. Kurz nachdem ich fast gestorben war, nahm ich mir vor, einfach loszugehen. Ich arbeitete in drei Jobs und sparte etwas Geld an. Ich verließ meine Heimat, weil ich nicht glücklich war, ging nach Japan, mischte mich unters Volk, ging weiter in die südliche Hemisphäre, durch Australien, Neuseeland und Fiji und endete in Los Angeles. Ich habe zu nichts „nein“ gesagt und das hat mir geholfen, herauszufinden, was ich im Leben möchte. „Burning Pages“ ist die Geschichte vom Unfall bis zum Aufwachen in Los Angeles. In jedem Song greife ich einen Aspekt meines Blicks auf das Leben, Politik, Leid, Familie oder Partys auf. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass „Burning Pages“ das am besten widerspiegelt.
Die Produktion des Albums übernahm Oz Craggs, mit dem ihr zuvor schon eine EP aufgenommen habt. Habt ihr auch andere Optionen in Betracht gezogen oder war von Anfang an klar, dass Oz den Job bekommen würde?
Da gab es keine Diskussion. Wir lieben Oz, er ist quasi ein weiteres Bandmitglied. Er versteht uns auf persönlicher und musikalischer Ebene und das ist etwas Besonderes. Er holt aus jedem von uns das beste raus, er sorgt für die beste Performance. Er kennt auch gerne die Bedeutung eines Songs, bevor wir anfangen. Dadurch kann er die Stimmung einfangen. Es geht nicht darum, den technisch besten Durchlauf einzufangen. Es geht um den rohesten Take und wir vertrauen ihm da, das müssen wir. Als Sänger und Perfektionist macht mich das wahnsinnig, weil ich eine Menge Takes mache und weiß, dass einer davon perfekt ist, was die Darbietung angeht, aber Oz wird etwas Besonderes in einem unperfekten Take hören, es mag ein kleiner Fehler im Gesang oder ein Ausdruck sein. Es sind diese Details, die einen Song ausmachen und das ist ein Grund, warum wir ihn lieben.
RXPTRS haben breit gefächerte Einflüsse
Alle Mitglieder von RXPTRS waren zuvor in verschiedenen anderen Bands aktiv. Was macht die Chemie zwischen euch so besonders, dass es mit RXPTRS besser läuft als mit euren vorherigen Projekten?
RXPTRS sind eine Familie. Ich meine das in einem sehr wörtlichen Sinn. In einer Familie verstehen sich nicht immer alle. Sie kämpfen mit Zähnen und Nägeln, aber dasselbe Blut pulsiert in ihren Adern und das bringt uns zusammen. Wir verstehen uns, erkennen den Bullshit der jeweils anderen, wir bauen uns gegenseitig auf und wir passen aufeinander auf. Es mag manchmal hitzig werden, doch alles geschieht mit guten Absichten, den besten Absichten.
Jeder von euch hat einen anderen musikalischen Hintergrund. Was genau sind die Sounds, die euch beeinflussen?
Wir sind alle große Musik-Fans, das macht uns als Personen aus. Wir haben einige Überschneidungen, aber grundsätzlich sind unsere Geschmäcker sehr verschieden. Ich persönlich bin mit dem Musikgeschmack meiner Familie aufgewachsen: Grunge, Rock’N’Roll und Musicals. (lacht) Alles von GUNS N‘ ROSES über ALICE IN CHAINS bis hin zu „Les Misérables“. Ian (Chadderton, Gitarrist – DR) liebt alles von Pop-Punk bis Metal. Seine Lieblingsband sind SUM 41, aber steht auch sehr auf BEARTOOTH und BRING ME THE HORIZON. Harley (Watson, Gitarrist – DR) ist ein Shredder, aber liebt auch K-Pop. Er ist ein großer TRIVIUM-Fan. Mats (Capper, Schlagzeuger – DR) Favoriten reichen vom Manchester Orchestra bis zu IRON MAIDEN. Sam (Leworthy, Bassist – DR) liebt Ska, er liebt außerdem alles von FRANK TURNER, besonders MÖNGÖL HÖRDE. Wir alle lieben eine Menge Bands, die wir nie als großen Einfluss gesehen haben, aber andere Leute in unserer Musik erkennen. Bands wie SYSTEM OF A DOWN, ALTER BRIDGE, SHINEDOWN und THE USED. Wir glauben nicht, dass wir so wie sie klingen, aber uns machen diese Vergleiche stolz. Die Geschichte der Rockmusik ist so groß und reich und es macht uns glücklich, unsere Liebe dafür nach außen zu tragen.