Running Wild
Interview mit Ex-Gitarrist Majk Moti

Interview

Während Rock’n’Rolf Kasparek – Chef, Gitarrist und Sänger des Metal-Piratenschiffs RUNNING WILD – eine weitere Beutefahrt plant, hat seine wackere Crew auf fremden Fregatten angeheuert und auch andere Häfen angesteuert. Erst kürzlich war Bassist Peter Pichl mit der Siebziger-Psychedelic-Prog-Rock-Legende NEKTAR auf großer Europatour und Drummer Matthias Liebetruth macht mit den Jungs von TANK BUSTER JACK im Herbst nicht nur Japan sondern auch die Küsten der USA unsicher. Aber in welcher Spelunke treiben sich Rolfs ehemaligen Mitstreiter herum? Zwanzig Jahre nach seinem letzten Interview trafen wir überraschend jemanden, der gute fünf Jahre die zweite Gitarre an der Seite von Rolf spielte und nicht nur maßgeblich an vier Klassikern der Band beteiligt war, sondern noch dazu den Titelsong des Albums schrieb, das viele Fans als eines der besten Heavy-Metal-Alben aller Zeiten bezeichnen: „Death Or Glory“. Majk Moti schwelgte in Erinnerungen und berichtete, warum er im nächsten Jahr angesichts des 25-jährigen Jubiläums des Debüt-Albums „Gates To Purgatory“ ohne zu zögern gemeinsam mit Rolf die Bühnen dieser Welt erklimmen würde…

 

Hallo Majk, lass uns mit dem beginnen, was sicherlich alle am meisten interessiert: Womit bist du momentan beschäftigt und was hast du für die nähere Zukunft geplant?

In den letzten Jahren habe ich mich sehr viel mit Softwareentwicklung beschäftigt und das mache ich auch heute noch. Darüber hinaus beschäftige ich mich mit mittelalterlicher Darstellung und viel mit Pferden und allem, was damit zusammenhängt. Zur Zeit bin ich aber auch sehr stark damit befasst eine neue Band zu formieren. Im Grunde steht die Gruppe schon, aber es gibt noch viele Songs zu schreiben und Ideen zu verwirklichen. Derzeit haben wir die generelle Ausrichtung Symphonic Metal, etwa wie NIGHTWISH, den Namen D’ORCA, und einige Songs, an denen aber noch gebastelt wird.

Viele Fans kennen dich ausschließlich unter dem Namen Majk Moti, dabei ist das lediglich ein Künstlername. Wie kam es denn dazu? Was hat es damit auf sich?

Nicht lediglich…ich habe schon einen persönlichen Bezug dazu. Damals, auf der „Gates To Purgatory“ und auch der „Branded And Exiled“, ab der ich dabei war, haben Rolf und seine Jungs lediglich Vornamen benutzt. Ich fand Mike zu langweilig und Maik gab es schon, also habe ich das i durch ein j ersetzt und so entstand Majk. Später fand ich einfach nur Majk auch langweilig. Meine damalige Freundin hieß Moti, und so war der Name perfekt. (lacht) Moti ist ursprünglich ein indischer Name.

Du hast eben gesagt, dass du eine neue Band formierst. Spielst du denn auch heute noch Gitarre oder ein anderes Instrument?

Ich spiele leidenschaftlich gern Gitarre und übe täglich. Während der letzten Jahre habe ich sogar einiges an Unterricht in Jazz und Swing genommen, um auch ein bisschen über den Tellerrand zu schauen. Außerdem spiele ich mit viel Spaß klassische Gitarre, besonders Bach, und versuche mich an mittelalterlichen Klängen wie der Laute und der Mandoline. Ich spiele aber auch noch Schlagzeug und Keyboards…letzteres aber eher laienhaft.

Während bei RUNNING WILD ja ein ständiges Kommen und Gehen war, was die Mitmusiker betrifft, warst du für eine vergleichsweise lange Zeit eine feste Konstante innerhalb der Band. Hattest du in irgendeiner Weise einen Sonderstatus inne, was Mitspracherecht, Studioarbeit oder Songwriting betrifft, oder fühltest du dich stets als „ganz normales“ Bandmitglied?

Ich fühlte mich als ganz normales Bandmitglied. Zu Zeiten von Jens und Stefan war ich mit Rolf zusammen zwar allein in der GbR und hatte somit ein gesellschaftliches bzw. rechtliches Mitspracherecht. Was das Songwriting betraf, so war das mit Rolf ein etwas schwieriger Fall, da er für sich den typischen RUNNING WILD-Stil gepachtet hatte. Aber das hat mir eigentlich überhaupt keine Probleme bereitet. Einen Sonderstatus habe ich nie gesehen, wir waren einfach vier Leute, die zusammen Musik machten.

Gab es in der Zeit, in der du bei RUNNING WILD warst, so etwas wie Freundschaften mit anderen Mitgliedern auch über die Bandarbeit hinaus? Oder gab es auch Mitmusiker, mit denen du überhaupt nicht klarkamst? Und hast du heute noch Kontakt zu irgendwelchen Ex-Kollegen?

Mit Rolf war ich einige Zeit recht nah befreundet, ja, das kann man schon so nennen. Wir haben zwar schon lange keinen Kontakt mehr, aber ich mag ihn. Mit Stephan Boriss, dem Bassist der früheren Zeiten, hatte ich auch kurze Zeit einen engeren Kontakt, der aber nach seinem Ausscheiden abflaute. Schade eigentlich, denn Stephan war wirklich ein Pfundskerl. Hasche mochte ich auch recht gern; mit ihm habe ich heute noch sporadischen Kontakt. Stefan Schwarzmann habe ich wirklich sehr gemocht und habe gerade wieder schriftlichen, freundlichen Kontakt mit ihm, worüber ich mich sehr freue. Ich war damals sehr enttäuscht, dass er uns nach so kurzer Zeit Richtung U.D.O. wieder verließ. Mit Jens Becker hatte ich anfangs so meine Probleme, und er wohl auch mit mir, aber die sind heute vergessen. Ich mag ihn wirklich sehr und wir schreiben uns seit Kurzem hin und wieder über MySpace. Mit Ausnahme von Iain Finlay hatte ich eigentlich zu allen Mitgliedern von RUNNING WILD ein freundschaftliches Gefühl, zum Einen mehr, zum Anderen auch mal weniger, aber insgesamt waren wir damals eher gute Kumpels bis Freunde statt einfach nur projektbezogene Arbeitskollegen. Zumindest war das mein Empfinden.

Die Piratenthematik seit der „Under Jolly Roger“ war ja größtenteils Rolfs Idee und persönliches Steckenpferd. Inwieweit konntest du dich mit diesem Drumherum überhaupt identifizieren? Denn es betraf ja nicht nur die Texte, sondern auch das Artwork, z.B. die Bandzeichnungen auf „Under Jolly Roger“ und „Port Royal“, sowie die Bühnenshow. Hast du dich denn von dieser Faszination anstecken lassen und selbst Interesse dafür entwickelt, oder fandest du das Ganze im Grunde eher lächerlich und hast lediglich mitgemacht, weil es eben Teil deines Jobs war?

Damit konnte ich mich durchaus identifizieren. Einerseits mochte ich das spielerische Element – welcher Junge möchte nicht Pirat sein (lacht) – andererseits gefiel es mir erheblich besser als Death und Demons, das fand ich etwas morbide, um ehrlich zu sein. Es war ein weites Feld und man konnte auch bühnentechnisch und vom Outfit her viel damit machen. Also insgesamt fand ich das prima und kein bisschen lächerlich. Ich habe es aber auch wiederum nicht so ernst genommen, dass es zu meinem Lebensinhalt wurde.

Mitte bis Ende der Achtziger gab‘ es wohl mal das Gerücht, dass RUNNING WILD zu einem Piratenfilm einen Song oder sogar einen kompletten Soundtrack beisteuern sollten. Ist das wahr? Und wenn ja, um welchen Film handelte es sich denn?

Sorry, davon weiß ich nichts, zumindest erinnere ich mich nicht und schon gar nicht an einen konkreten Film. Also: keine Ahnung.

An welchen Moment während deiner Zeit bei RUNNING WILD erinnerst du dich am liebsten zurück und denkst „Mann, war DAS damals geil“? Und welchen Moment würdest du am liebsten aus der Geschichte streichen?

Die ersten Monate waren schon ein Hammer. Ich kam aus einer kleinen Provinzband und hatte meinen ersten Auftritt vor 12.000 Leuten auf der Loreley, das war schon cool. Die Tour mit MÖTLEY CRÜE fand ich sehr spannend und auch die darauf folgende USA-Tour, trotz aller Probleme… Streichen möchte ich gar nichts, alles ist Teil meiner Lebenserfahrung, Gutes wie Schlechtes, und ich wäre ohne all das heute ein anderer Mensch. Aber das will ich gar nicht sein, denn ich bin ganz zufrieden mit mir.

OK, stell dir vor, Rolf kommt auf die Idee, 2009 – angesichts des 25-jährigen Jubiläums des Debüt-Albums „Gates To Purgatory“ – eine Art History-Show auf die Beine zu stellen, z.B. auf einem Sommerfestival oder im Rahmen einer kleinen Tour, bei der Lieder aus sämtlichen Phasen der Bandgeschichte im jeweiligen Original-Line-Up aufgeführt werden sollen. Würdest du bei einer solchen Aktion mitmachen? Und bist du gitarrentechnisch wirklich noch so fit, dass du dir eine Handvoll Klassiker wie z.B. „Port Royal“, „Riding The Storm“, „Raise Your Fist“ und „Wild Animal“ einfach aus dem Ärmel schüttelst, oder müsstest du erst ’ne Weile üben?

Klar würde ich das mitmachen, warum nicht! Technisch bin ich fit, ich spiele ja aktiv und übe regelmäßig. Für den RUNNING WILD-Stil müsste ich natürlich ein bisschen üben, aber nicht sehr viel, eher um mir die Songs wieder draufzuschaffen.

Gibt es eigentlich einen Song – vielleicht einer deiner eigenen Songs – der eher selten oder nie live gespielt wurde, den du aber unbedingt mit ins Programm aufnehmen würdest?

Klar, „Death Or Glory“ zum Beispiel. Das ist ein Song von mir und wurde nie live gespielt. Aber von einigen Ausnahmen abgesehen mochte ich damals eigentlich alle Songs, also wäre es mir ziemlich egal, was wir live spielen. Hauptsache es geht die Post ab!

Kommen wir kurz zu einigen allgemeineren Fragen: Wenn du die Möglichkeit hättest, in was für einem Film würdest du gern mitspielen und in welcher Rolle?

„Pirates of the Carribbean“ fände ich Klasse, ein normales Crewmitglied würde mir schon reichen. Oder einen bösen Goa’Uld bei „Stargate“.

Wer ist oder war ein Vorbild bzw. Idol für dich?

Ich habe keine Idole oder direkte Vorbilder. Allerdings fand ich Ghandi sehr mutig und Siddharta Gautama sehr weise. Das sind schon Figuren, an denen ich mich orientieren würde.

Interessierst du dich denn für Geschichte und Politik?

Ja, sehr sogar. Wobei mich nicht historische Daten, also genaue Tage und Jahre interessieren, sondern Strömungen, Entwicklungen…

Mit welcher historischen Person würdest du dich gern unterhalten und worüber?

Mit Hildegard von Bingen und Edgar Cayce über Heilkunde, mit Octavian a.k.a. Augustus über Menschenführung, mit Cicero über Literatur und Dichtung und mit Mozart über Musik.

Gut, kommen wir wieder zurück zur Musik: Was fällt dir zu folgenden Musikern ein?

Alice Cooper alt
Ludwig van Beethoven genial
James Hetfield müde
Lenny Kravitz cool
Ozzy Osbourne total abgedreht
Rolf Kasparek außerirdisch
Rob Halford laut und geil
Jim Morrison tot
Dave Mustaine noch toter
Timo Tolkki STRATOVARIUS, AVANTASIA…cooler Gitarrist
Doro Pesch singt
Marylin Manson krank
Chris Boltendahl GRAVE DIGER…kenne ich nicht so gut

Nachfolgend möchte ich noch einmal auf RUNNING WILD zu sprechen kommen. Bewerte bitte die folgenden RUNNING WILD-Alben anhand einer Skala von 1 bis 10 (1 = miserabel … 10 = perfekt):

Gates To Purgatory 8
Branded And Exiled 5
Under Jolly Roger 6
Port Royal 8
Death Or Glory 10 (lacht)

Den Rest kenne ich leider nicht, sorry…

Was ist dein Lieblingssong von RUNNING WILD und warum?

„Riding The Storm“. Ich mag den Refrain sehr und es hat mir immer einen Höllenspass gemacht, den zu spielen.

Welchen Song von RUNNING WILD magst du überhaupt nicht?

„Black Demon“

Vielen Dank für deine Zeit!

Gerne. Und beste Grüße an alle!

01.08.2008
Exit mobile version