Running Wild
Absicht oder nicht?

Interview

Running Wild

Als RUNNING WILD mit “Shadowmaker” ihr Comeback feierten, war ihnen nicht ausnahmslos positive Kritik vergönnt. Viele Kritiker prophezeiten Kapitän Rolf Kasparek (aka Rock ‘n’ Rolf – cb)und seiner Mannschaft einen baldigen Schiffbruch. Mit dem nur etwas über ein Jahr später veröffentlichten “Resilient” ist die Band aber wieder einigermaßen auf Kurs. Wir unterhielten uns mit Rolf am Rand der Listening Session zum neuen Album über “Resilient”, die Kritik am Vorgänger und Liveaktivitäten.

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Rolf, der Sound vom neuen Album klingt wesentlich fetter als noch auf “Shadowmaker”. Habt ihr ein besonderes Augenmerk auf den Sound gelegt, oder lag es an der Anlage über die wir das Album gerade gehört haben?

Nein, an der Anlage lag es nicht (lacht). Der Sound ist fetter, was daran liegt, dass wir mit diesem Produktionsteam die zweite Platte aufgenommen haben. Dadurch kann man Fehler, die man beim letzten Album noch gemacht hat, vermeiden. Von daher ist es logisch, dass der Sound auf “Resilient” besser ist.

Wie groß war der Input deines Partners PJ (Peter Jordan, Git. – cb) auf “Resilient”?

Bei den Songs selbst ist Peters Input nicht groß gewesen. Er gehört zum Produktionsteam und ist einer meiner Toningenieure. Musikalisch hat er ein paar Soli zu dem Album beigesteuert und bei “Bloody Island” die Chöre mit eingesungen. Das war leider nur bei dem Song möglich, weil es sich logistisch nicht anders einrichten ließ. Ich hatte schon etwas Zeitdruck und musste die Chöre immer parallel zum Hauptgesang aufnehmen.

Du hast bei unserem letzten Interview gesagt, dass du “Shadowmaker” als ein sehr spontanes Album empfindest. Ich persönlich finde, nach dem ersten Höreindruck, dass “Resilient” viel spontaner und frischer klingt als der Vorgänger.

Das kann gut sein. Wir haben mit dem Produktionsteam viele neue Sachen, wie beispielsweise ein verändertes Gesangs-Set-Up, also neue Mikros, etc. ausgetestet. Außerdem habe ich auf dem Album zum ersten Mal eine neue Arbeitsweise beim Songwriting ausprobiert. Bei “Shadowmaker” war es noch so, dass ich die Songs, wie in der Vergangenheit, zunächst komplett fertig gestellt und danach den Gesang dazu gebastelt habe. Dieses Mal war es so, dass ich schon bei den Demos den Gesang mit aufgenommen habe. Ich habe mich dadurch etwas befreiter gefühlt als ich die Vocals noch einmal für die Platte eingesungen habe.

Nicht neu, aber wieder da, ist das typische RUNNING WILD-Riffing, das meiner Meinung nach “Shadowmaker” noch ein wenig abging.

Das war aber keine Absicht (lacht). Die Riffs kamen einfach so aus mir heraus. “Shadowmaker” betrachte ich im Nachhinein als Bindeglied zwischen dem womit ich bei RUNNING WILD aufgehört habe und TOXIC TASTE, die ein reines Fun-Projekt waren. “Resilient” hat, wie du schon richtig gesagt hast, nun wieder dieses RUNNING WILD-Riffing und deshalb war “Shadowmaker” wichtig. Wichtig, weil ich das Album brauchte, um wieder dahin zu kommen, wo wir jetzt sind. Das habe ich aber nicht willentlich gemacht, sondern das ist im Nachhinein meine Analyse dazu. Ich hatte mit “Fireheart” und “Resilient” schon ein paar Tracks fertig. Ich weiß gerade nicht, an welchem Song ich gearbeitet habe, als mir spontan die Idee zu “Soldiers Of Fortune” kam. Dazu hatte ich noch einige weitere Ideen, die nicht auf dem Album sind und die ich direkt aufgenommen habe. Als ich mir die Sachen am nächsten Tag angehört habe, dauerte es nicht lange und “Soldiers Of Fortune” stand. Ziemlich schnell kamen dann “The Drift” und Nummern wie “Bloody Island” und “Adventure Highway” hinterher. Das ist sehr spontan passiert und man kann in solchen Fällen auch keinen Einfluss nehmen. Ich habe es nicht darauf angelegt, dass “Soldiers Of Fortune” so klingt, als wäre er von “Blazon Stone”. Das ist einfach so passiert (lacht).

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Ich finde “Resilient” nach dem ersten Durchlauf sehr stark und hatte teilweise fast Gänsehaut.

Das ist gut…(lacht).

Unter anderem auch bei “Soldiers Of Fortune”, der sich wirklich so anhört, als könnte er der zwölfte oder dreizehnte Track auf “Blazon Stone” sein.

Das kann man aber nicht steuern. Es ist natürlich möglich zu sagen ‘ich will jetzt so einen Song schreiben’. Das bekommt man zwar irgendwie hin, aber die Nummer hört sich dann scheiße an.

Seelenlos.

Ja, genau. Deshalb war ich bei “Soldiers Of Fortune” auch froh, dass es so funktioniert hat. Für “Bloody Island” hatte ich ursprünglich sogar eine ganz andere Idee, die ich zugunsten der Idee, die ich spontan hatte und aus der der Song letztendlich entstanden ist, verworfen habe.

“Bloody Island” ist ein gutes Stichwort. Die Nummer ist als Albumabschluss perfekt, zugleich aber auch ein Brückenschlag in deine Vergangenheit.

Das ist sie mit Sicherheit. Aber auch das war nicht geplant, zumal ich, wie gesagt, eigentlich eine andere Idee für den Song hatte. Auf der anderen Seite heißt das nicht, dass ich die ursprüngliche Idee total verworfen habe. Vielleicht benutze ich sie in Zukunft einmal, aber für dieses Album war “Bloody Island”, so wie wir ihn jetzt auf dem Album haben, einfach die bessere Wahl. Das Intro zu dem Song kam nachdem die Nummer fertig geschrieben war. Danach haben wir angefangen mit den ganzen Chören herum zu experimentieren. Peter hat mir hierbei sehr viel geholfen und ich hätte nie gedacht, dass ich so tief singen kann (lacht).

Mich hat gerade das Intro von der Stimmung her an die Eröffnungsszene aus dem dritten Teil von “Fluch der Karibik” erinnert. Ich finde, wenn ein Lied in der Lage ist, solche Bilder im Kopf zu erzeugen, hat man als Musiker alles richtig gemacht.

Das kann man als Musiker aber nicht planen. Entweder funktioniert die Nummer mit dem Intro oder nicht. Wenn du sagst, dass du diese Szene aus “Fluch der Karibik” vor Augen hattest, ist der Zweck des Intros ja erfüllt. Allerdings geht es in diesem Song nicht primär um eine Piratengeschichte, sondern um Gier. Der Piratensong ist nur die Abdeckung für das Thema Gier, das in der heutigen Zeit ebenso aktuell ist, wie früher.

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Wie wichtig sind dir deine Texte generell? Man liest immer wieder, dass der heutigen Jugend das Feingefühl für Musik abgeht und sie sich für Lyrics noch weniger interessieren.

Natürlich finde ich die Texte wichtig und es ist mir auch ein Bedürfnis, mich dahingehend auszudrücken. Es liegt mir allerdings fern, in irgendeiner Form zu predigen. Ich möchte lieber Denkanstöße geben. Sicherlich gibt es Bands bei denen die Texte zweitrangig sind, weil sie nur Rock ‘n’ Roll spielen wollen. Das ist auch völlig in Ordnung so. Mir war es aber immer wichtig, mich zu bestimmten Themen zu äußern. So ein Text transportiert immer eine gewisse Stimmung und passt sich der Musik an. Deshalb ist der Text für mich ein wichtiger Teil des Songs.

Für “Shadowmaker” hast du, retrospektive betrachtet, einiges an Prügel einstecken müssen. Würdest du jetzt im Nachhinein vielleicht doch etwas an der Scheibe ändern wollen?

Das würde ich immer machen. Allerdings nicht speziell bei “Shadowmaker”, sondern auch bei jeder anderen Platte meiner Karriere. Mit einem gewissen Abstand betrachtet man die Dinge immer ein wenig anders und ich denke, dass es jedem Musiker und Produzenten so geht. Das hat auch mit einem Lernprozess zu tun, denn man hört als Musiker nicht auf zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Insofern musste ich “Shadowmaker” so machen, wie ich es getan habe. Genauso, wie ich heute “Resilient” gemacht habe. Die Platten sind immer ein Statement der Zeit in der sie entsteht. Ein Album zu schreiben ist immer ein emotionaler Prozess, der viel mit dem Umfeld in dem man sich befindet zu tun hat. Es gibt ja viele Musiker, die sagen, dass sie die besten Songs schreiben, wenn es ihnen total schlecht geht.

Das stimmt wohl. Einer der Hauptkritikpunkte war zum Beispiel, dass ein Stück wie “Me & The Boys” nicht in den RUNNING WILD-Kontext passt. Würdest du den Song heute auch wieder mit auf das Album nehmen?

Würde ich, ja. Musik machen ist in letzter Instanz immer auch eine egoistische Sache und was RUNNING WILD ist und was nicht, kann nur eine Person entscheiden. Und die bin ich (lacht). Du kannst danach entscheiden, ob es dir gefällt oder nicht, aber die Entscheidung, welcher Song auf die Platte kommt, fälle ich. Ich finde den Song nach wie vor sehr stark und ich weiß auch, dass es viele Leute gibt, die ihn ebenso gut finden. Sicherlich ist das Stück keine typische RUNNING WILD-Nummer, sondern eher ungewöhnlich. Auf der neuen Scheibe befindet sich mit “Desert Rose” ebenfalls ein Song, der sich von den anderen unterscheidet. Das habe ich früher beispielsweise bei “Uaschitschun” auch schon gemacht. Selbst da hieß es, die Nummer sei zu kommerziell und heute ist das Stück ein Klassiker. Insofern ist das alles immer relativ.

Ein anderer Kritikpunkt betraf damals auch das Coverartwork, respektive das nicht vorhandene…

Hahaha…

Adrian (Bandmaskottchen – cb) ist zwar jetzt wieder da, aber auch bei “Resilient” ist das Cover wieder sehr simpel gehalten, um es mal vorsichtig zu formulieren. Absicht?

Ja, das war von vornherein klar. “Resilient” sollte handfest und gleichfalls unverwüstlich (engl. resilient – cb) sein. Und was ist bei RUNNING WILD auf jeden Fall unverwüstlich? Genau, Adrian. Die Idee ihn wieder auf das Cover zu nehmen, kam ziemlich schnell nachdem ich den Albumtitel hatte. Auch, dass er sich durch einen Sturm kämpfen muss war schnell geboren. Auf der Innenseite sieht man übrigens, wie er sich so geschlagen hat. Ein paar Kratzer und Macken hat der Gute abbekommen (lacht). Das Cover von “Shadowmaker” hingegen war eine Notlösung. Eigentlich war das Cover so geplant, wie man es im Booklet sehen kann. Die Hülle war eine Notlösung wegen der beiliegenden DVD. Im Prinzip war das Cover lediglich für die ganze Promotion verwendet werden.

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Ich denke trotzdem, dass sich viele Fans über ein Cover im Stil von Andreas Marschall gefreut hätten.

Für mich ist das Vergangenheit. Wir haben 2013 und die Ideen, die ich habe, sind andere und wo mich der Weg hinführt, kann ich heute noch gar nicht sagen. Ich weiß nicht einmal, ob überhaupt ein weiteres Album kommt. Da möchte ich momentan auch nicht drüber nachdenken. Das Cover war, so wie es ist, für “Resilient” die richtige Idee und das wollte ich genauso haben.

Das werden nicht wenige Fans sicherlich schade finden. Lass uns zum Ende noch über Liveaktivitäten sprechen. Wie sieht es denn mit einer Tour zum Album aus? Planst du etwas für 2014?

Eine richtige Tour wird es nicht geben. Dafür haben wir schon Angebote von so ziemlich jedem Festival vorliegen. Einige haben sogar schon konkrete Angebote vorgelegt, in denen auch Summen genannt wurden. Das steht für mich aber hinten an, da ich mich gerade in der Promotionphase befinde und die erst abschließen will. Danach beschäftigen wir uns mit den Festivals. Touren kommt für mich aus verschiedenen Gründen nicht infrage, u.a. auch aus persönlichen Gründen in meinem Umfeld, so dass ich nicht länger aus Hannover weg kann. Ursprünglich wollten wir dieses Jahr schon spielen, aber durch die GIANT X-Geschichte hat sich alles ein wenig nach hinten verschoben. 2014 wird man uns aber auf der Bühne sehen können.

Da es momentan sehr angesagt ist, spezielle Shows oder Touren zu bestimmten Alben zu fahren, muss ich dir diese Frage stellen. Ist das eine Sache die auch für RUNNING WILD infrage käme?

Nein. Das würde mich zu sehr limitieren, weil ich sowieso schon so viele Klassiker unter einen Hut bringen muss. Da habe ich gar nicht genügend Zeit eine ganze Platte im Set unter zu bringen (lacht). Ich halte von solchen Aktionen auch persönlich nicht sehr viel. Da finde ich es spannender, die Rosinen heraus zu picken und danach dann die Setlist zusammen zu stellen. Das alleine ist schon schwer genug und ich sitze an den Setlisten auch immer relativ lange bis sie stehen.

Zumal du auch nur eine begrenzte Spielzeit zur Verfügung hast.

Ja, eben. Man könnte die Grenze für die Spielzeit nach hinten ausdehnen, aber irgendwann kommst du dann an dein physikalisches Limit. Zweieinhalb Stunden mit RUNNING WILD bei gleichbleibender Intensität auf der Bühne stehen geht einfach nicht.

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11.10.2013

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2 Kommentare zu Running Wild - Absicht oder nicht?

  1. Hancoque sagt:

    Ich würde mir mal wünschen, dass beim Mastering weniger vom Kompressor/Limiter Gebrauch gemacht wird. Seit Masquerade bekommt man die Musik nur in Form einer Presswurst (Stichwort Loudness War). Das Schlagzeug (insbesondere die Snare) hat keinerlei Impact und verpufft quasi wie ein Tropfen auf einer heißen Herdplatte, weil die Transienten völlig fehlen. Ich hoffe mit jedem Album, dass Rolf hier mal zur Besinnung kommt und ein Interesse am Klang seiner Alben entwickelt. Was sich im Studio noch imposant anhört, ist leider meist nicht, was beim Endkunden ankommt. Drei Dezibel leiser bzw. drei Dezibel mehr Dynamik würden wahre Wunder wirken.

  2. hypnos sagt:

    @Hancoque: 100% Zustimmung. Ein Sound wie auf der ‚Death Or Glory‘ war einfach perfekt