Roughneck Riot
"Der Titel kann vieles bedeuten, aber hauptsächlich alles niederzubrennen und wieder von vorne zu beginnen."
Interview
Die Folk-Punks von ROUGHNECK RIOT sind seit 2010 als ausgesprochen fleißig tourende Band von ihrer Heimat UK aus durch Europa unterwegs. Dabei haben sie sich einen Ruf als verlässliche Live-Institution erspielt. Ähnlich wie bei ihren Genre-Kollegen wie etwa den DROPKICK MURPHYS und FLOGGING MOLLY treffen hier melodische Banjos und wilde Punk-Gitarren aufeinander. Der perfekte Soundtrack für eine anständige Pub-Schlägerei mit anschließender Versöhnung an der Theke. Leider brachten Corona und private Rückschläge die sympathischen Vollblut-Punks ins Stocken. Wie diese Umstände zu den langen acht Jahren seit der letzten Veröffentlichung „Out Of Anger“ beigetragen haben und was sie dazu inspiriert trotz allem weiterzumachen, erfahrt ihr im folgenden Interview mit Sänger Matty Humphries und Gitarrist Chris Green.
Im Gespräch mit ROUGHNECK RIOT über das neue Album, persönliche Rückschläge und den Willen sich nicht unterkriegen zu lassen.
Möchtet ihr mal als Erstes etwas über eure Anfänge als Band erzählen und was euch dazu inspiriert hat selber Musik zu machen?
Matty: Wir haben so um 2005 angefangen, als wir 15 Jahre alt und noch in der Schule waren. Wir hörten bereits Punk und ein bisschen Metal, als wir anfingen Gitarre usw. zu lernen. Wir hörten auch Bands wie die DROPKICK MURPHYS, FLOGGING MOLLY und THE POGUES. Als wir dann anfingen eine Band zu gründen, haben wir hauptsächlich RANCID-Coversongs gespielt und haben auch angefangen Folk-Instrumente zu lernen. Und von da aus hat es sich dann einfach weiterentwickelt in das Monster, das wir heute sind.
Also waren Bands wie RANCID, DROPKICK MURPHYS und FLOGGING MOLLY große Einflüsse für euch?
Matty: Ich denke, dass diese Sachen die Initialzündung für uns waren.
Chris: Wir waren haben uns quasi zuerst für Punk interessiert und waren ursprünglich eine Vierertruppe. Also noch ohne Folk-Instrumente und einfach nur Punk-Rock. Dann haben wir mit der Zeit andere Einflüsse dazu bekommen und so kamen wir dann zum Folk-Punk und klangen den erwähnten Bands sehr ähnlich. Heutzutage haben wir zwar die Folk-Instrumente, aber orientieren uns mehr am Punk-Rock. Also eine Punk-Band mit Folk-Instrumenten, statt umgekehrt.
Matty: Etwas weniger traditioneller Folk also.
Euer neues Album hört ja auf den Namen „Burn It To The Ground“. Könnt ihr mir etwas über den Titel erzählen?
Matty: Ja und speziell auch darüber, wie der gleichnamige Song entstanden ist. Da waren wir verdammt depressiv und ausgebrannt und haben einfach die ganze Welt und auch uns selbst gehasst.
Chris: Ja, wir hatten 2019 etwa ein Jahr Pause und wollten eigentlich im März 2020 unser Comeback feiern. Was natürlich aufgrund von Corona nicht passiert ist… Aber auch schon davor waren wir in einer beschissenen Phase.
Matty: Ja, da sind viele Dinge zwischen dem letzten Album („Out Of Anger“ von 2014) und dem Neuen passiert. Das hat uns davon abgehalten neue Musik zu schreiben und wir hatten einen ziemlichen Burn-Out. Da wir uns dazu entschlossen, einfach mal ein Jahr Pause einzulegen und alles Revue passieren zu lassen. Und glücklicherweise hat uns das geholfen wieder durchstarten zu wollen. Und darum geht es auch in „Burn It To Ground“ und auf dem Album. Der Titel kann vieles bedeuten, aber hauptsächlich alles niederzubrennen und wieder von vorne zu beginnen. Wir hatten schon angefangen das Album aufzunehmen, als wir unsere schlechte Phase hatten. Aber das hat sich letztendlich nicht alles so angehört wie wir es wollten und so haben wir noch mal alles über den Haufen geworfen und von vorne angefangen.
Chris: Genau, also buchstäblich „Burn It To Ground“ und ganz neu beginnen. Wir sind das Ganze dann erfrischt angegangen und sind seit dem Comeback von unserer Pause in einer ganz anderen Verfassung.
Hat der erste Song des Albums deshalb den Titel „We’re Still Here“?
Matty: Das war ein Song, den wir während einer ganz schlechten Zeit geschrieben haben. Einer unserer besten Freunde war gestorben und mir ging es echt nicht gut. Und ich habe etwas auf Facebook geschrieben in die Richtung: „Ich kann das nicht mehr und ich will nicht mehr hier sein.“ Und jemand schrieb dann: „Ja, aber was ist mit euren Fans und den Leuten, die euch sehen wollen? Du kannst jetzt nicht einfach sagen, dass du das nicht mehr machen willst und einfach verschwinden.“
Chris: Bis dahin war es fast so, als ob wir einfach einen Song über das Schreiben von Songs geschrieben hätten, nur um etwas zu schreiben.
Also war es aus den Gründen und der schweren Zeit, die ihr bereits erwähnt hattet, dass seit dem letzten Album fast acht Jahre vergangen sind? Das ist ja schon eine ziemlich lange Zeit.
Chris: Ja und zusätzlich kamen dann ja noch die Pandemie und der Brexit dazu. Das war dann insgesamt also alles ein großer Haufen Mist.
Während ich mir das Album angehört habe, ist mir aufgefallen, dass manche Songs eher positiv und andere eher melancholisch waren. Wie „Tired Eyes“ zum Beispiel. Könnt ihr mir sagen, worum es dabei geht?
Matty: Den Song hatte Caitlin (u.a. Banjo) begonnen zu schreiben. Es geht ungefähr darum, in einem Job festzuhängen und jede Minute davon zu hassen und dass sich nichts daran ändert. Jeden Tag in den Spiegel zu blicken und zu merken, dass es deine Seele zerstört. Das haben wir alle durchgemacht. Ich denke, darum geht es ihr in diesem Song.
In dem Video zu eurem Song „Don’t Count Me Out“ seid ihr als Senioren zu sehen. Wie kam es dazu?
Chris: Zu den letzten drei Singles mussten wir auch drei Videos machen. Und so wie wir es mit den meisten Dingen machen, war es auch hier mal wieder kurz vor knapp. Wir hatten schon ein bisschen Panik, da wir nur sehr wenig Zeit dafür hatten. Wir gingen dann zu jemandem namens Jay Bannister, der die Regie usw. übernommen hat. Da das ja so eine Art Comeback für uns werden sollte, hatten wir zuerst die Idee einfach in einem leeren Raum zu spielen und dass sich niemand für uns interessiert. Aber während der kurzen Zeit von der Idee bis zum Filmen dachten wir uns dann, dass es auch gut ein Comeback im Jahre 2050 sein könnte und sich immer noch niemand für uns interessiert. (lacht) Es wurde dann auch wesentlich besser, als wir angesichts der wenigen Zeit erwartet hatten. Ursprünglich habe ich den Song geschrieben, als unser erster Drummer und Akkordeon-Spieler vor ungefähr acht Jahren die Band verließen. Danach war ich mir nicht sicher wie es weitergehen sollte, denn sie waren von Anfang an dabei und enge Freunde von uns. Ich dachte: „Oh shit, diese ganze Sache könnte vielleicht bald vorbei sein.“ Es geht außerdem darum zu weiterzukämpfen und nicht aufzugeben zu wollen. Ich habe dann über die Zeit noch ein paar Strophen und andere Dinge hinzugefügt.
Matty: Ich habe auch noch eine Strophe hinzugefügt. Es ging um unseren Freund, der gestorben ist und das Gefühl zu haben, dass man nicht mehr weitermachen kann und nicht mehr weiß, ob man überhaupt noch weiterleben möchte. Dass das alles nicht fair ist, aber man sich da raus kämpfen muss. Also auch „Don’t Count Yourself Out“. Quasi ein positiver Kontrast zu den ganzen schlechten Gefühlen.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Musik zu schreiben und kreativ zu sein, einem in solch schlechten Zeiten durchaus helfen und aufbauen können.
Matty: Richtig. Darum ist eine Hälfte des Albums auch recht depressiv und die andere Hälfte eher aufbauend.
Chris: Es ist außerdem so, als ob man dankbar und glücklich darüber sein sollte, sich gegenseitig in der Band zu haben und gemeinsam diesen ganzen verrückten Kram zu machen und manchmal sogar noch ein bisschen dafür bezahlt zu werden. (lacht)
Das neue Album ist ja noch relativ frisch. Arbeitet ihr denn momentan trotzdem schon an neuem Material?
Matty: Momentan bereiten wir uns hauptsächlich darauf vor das Album live darzubieten. Chris arbeitet bereits ein wenig an ein paar Songs. Unter anderem an einem Song, der es nicht auf das neue Album geschafft hat. Das wollen wir alles erst mal erledigen. Wir sind da manchmal ein bisschen langsam und faul.
Chris: Wir haben also noch nicht so richtig damit angefangen etwas zu schreiben.
Wir haben ja bereits über eure Einflüsse gesprochen. Welche Punk-Bands bzw. Folk-Punk-Bands abseits der üblichen Verdächtigen, sind denn eure Alltime-Favourites?
Matty: Niemand bei uns in der Band hört eigentlich so richtig Folk-Punk. (lacht) Meine Lieblingsbands sind zum Beispiel BAD RELIGION, THE LEVELLERS, NOFX usw.
Chris: Ich denke BAD RELIGION sind die Band, auf die wir uns alle einigen können. In Bezug auf Folk-Punk bin ich da nicht mehr so drin wie noch vor ein paar Jahren. Ich denke momentan haben wir meistens unseren eigenen Kram gehört, da wir ständig daran gearbeitet haben. (lacht)
Konntet ihr denn auch bereits ein paar eurer musikalischen Vorbilder treffen?
Matty: Ich glaube es war so um 2010, da konnte ich mit den DROPKICK MURPHYS und SICK OF IT ALL auf Tour gehen. Ich spielte zu der Zeit in einer anderen Band, die dort Support waren. Aber ich war quasi noch ein Kind, also ich denke nicht, dass sie sich noch gut an mich erinnern werden. (lacht)
Chris: Wir haben außerdem auf einem Sommerfestival mit Laura Jane Grace von AGAINST ME! getrunken. Die waren zur selben Zeit wie wir auf Tour und wir hatten einen Tag frei und haben uns total abgeschossen. (lacht)
Ich glaube dann hätte ich jetzt auch soweit keine Fragen mehr.
Chris: Ja, mehr Information haben wir jetzt auch nicht mehr über uns, das könnte ab hier nur noch langweilig werden. (lacht)
Mir hat das Interview Spaß gemacht und ich drücke euch die Daumen, dass ihr euer Album angemessen darbieten könnt.
Chris: Danke für das Gespräch.
Matty: Ja, das wissen wir sehr zu schätzen.
Dann macht’s mal gut und viel Glück mit eurem neuen Album.
Beide: Vielen Dank! Bye.
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