Rotting Christ
Non Serviam - Interview mit Sakis Tolis zum neuen Live-Album "Lucifer Over Athens"
Interview
ROTTING CHRIST gelten seit geraumer Zeit als eine der wichtigsten Bands Griechenlands. Alben wie „Aealo“, „Khronos“ oder „Kata Ton Daimona Eaytoy“ zeigen, dass die Griechen ihr Handwerk in den 25 Jahren ihres Bestehens nicht verlernt haben. Nun steht uns das erste ROTTING CHRIST-Livealbum „Lucifer Over Athens“ ins Haus. Zu diesem Anlass sprachen wir mit Mastermind Sakis über das kommende Studioalbum, die griechische Metalszene und natürlich über das angesprochene Livealbum.
Lucifeeeeeer over London … hach, ich liebe diesen Song. „Khronos“ ist ja auch schon 15 Jahre alt. Sakis, wie findest du eure älteren Werke im Vergleich zu neueren Alben wie „Aealo“?
Sakis: 15 Jahre?! Du machst Witze, oder? Haha, wie die Zeit vergeht, dann gilt „Khronos“ wohl mittlerweile tatsächlich als „altes“ Album. Was soll ich sagen? Ich habe alle unsere Alben komponiert und da fällt der Vergleich schwer. Ich liebe sie alle, und jedes Album steht für einen spezifischen Teil meiner Persönlichkeit zu der jeweiligen Zeit. Ich mag die alten Zeiten der Band genauso wie die aktuellen.
Euer erstes Livealbum steht in den Startlöchern. Wann habt ihr die Entscheidung getroffen, „Lucifer Over Athens“ in Angriff zu nehmen? Was war der entscheidende Grund dafür?
Sakis: Da wir in 25 Jahren kein Livealbum (abgesehen von Extras in unserer DVD o.ä.) veröffentlicht haben, wollten wir das endlich mal angehen. Wir haben selbst keine großen Erwartungen daran gesteckt und wollten nach 13 Alben und einem Vierteljahrhundert des Bandbestehens etwas Neues ausprobieren.
Wie habt ihr die Setlist für das Album ausgewählt? Bei 13 veröffentlichten Alben ist die Auswahl für eine Live-Setlist sicher nicht einfach.
Sakis: Definitiv nicht! Dennoch haben wir uns entschieden, Songs unserer ersten Demos ebenso wie neuere Titel zu spielen, damit das Album ausgewogen klingt. Ich glaube, dass dieses gewisse ROTTING CHRIST-Feeling so gut rüberkommt und hoffe, dass ihr das auch so seht. Wir haben unser Bestes gegeben.
Ich finde, dass euch „Lucifer Over Athens“ richtig gut gelungen ist. Man merkt, dass ihr eine selbstbewusste und erfahrene Liveband seid, was nicht zuletzt die Reaktionen der Fans zeigen. Doch war das schon immer so? Habt ihr bereits Auftritte gespielt, welche in die Hose gegangen sind?
Sakis: Jeder Musiker, der auf diese Frage mit „nein“ antwortet, ist ein Lügner. Natürlich haben wir schon Shows verrissen, und das passiert uns auch heute noch. Solche Fehltritte kann man zwar nicht ungeschehen machen, aber man kann daraus lernen und sich verbessern. Was dich nicht umbringt, das macht dich stärker. Ich denke, dass unsere Liveshows mittlerweile eine gewisse Qualität erreicht haben und wir geben jedes mal alles, damit jede Show ein Erlebnis wird.
Im Laufe ihrer Karriere wachsen Musiker mit der Band und werden älter. ROTTING CHRIST ist ein aussagekräftiger Name. Steht ihr nach wie vor zu dessen Bedeutung?
Sakis: Definitiv, trotz der Tatsache, dass uns dieser Name bisher einige Probleme beschert hat. Wir denken aber immer noch, dass alle Religionen weltweit am verrotten sind. Und auch wenn wir nicht mehr so rebellisch sind wie wir es einst waren – mittlerweile denke ich, dass wir die Bedeutung von „Non Serviam“ mit mehr Reife denn je leben.
ROTTING CHRIST gibt es seit den Achtzigern. Damit habt ihr einige Jahre auf dem Buckel. Wie siehst du den Wandel der Metalszene von damals zu heute? Wie stehst du zu recht neuen Metalsparten wie Metalcore, Djent usw.?
Sakis: Djent? Was ist das? Mal wieder ein neuer Name für unsere Musik? Naja, wie auch immer, die Szene hat sich von damals zu heute komplett gewandelt. Das ist aber auch die logische Folge, denn nichts im Leben bleibt auf ewig gleich. Metal hat seinen Weg gefunden, und auch wenn ich nicht mit allen Elementen übereinstimme, welche in den letzten Jahren dazugekommen sind, stehen ROTTING CHRIST und ich dennoch zum Metal und wollen ihm mit unserer Message einen eigenen Stempel aufdrücken. Wir schwelgen immer noch in den puren, romantischen, alten Tagen. Trotzdem haben wir Respekt vor allen Newcomern der Szene. Es gibt viele neue Bands, welche gute Musik machen und wir, als alteingesessene Hasen, haben die Pflicht, diesen jungen Gruppen mit Rat und Tat unter die Arme zu greifen. Denn der Metal ist präsent und so wird er es auch immer bleiben!
Ihr habt als Grindcore-Band angefangen und euch später in Richtung Black Metal entwickelt. Erzähl doch mal, wie der Metal in Griechenland Fuß gefasst hat. In Deutschland war es in den Achtzigern nicht immer einfach, an die heiß begehrten Tapes zu kommen. Wie hat das alles bei euch angefangen?
Sakis: Bei uns sah das nicht anders aus. Aber ein paar verrückte, visionäre Kids haben es geschafft, instinktiv, Stück für Stück, eine starke Metalszene aufzubauen. Trotz der Konservativität der Gesellschaft damals, haben sie eine einzigartige Szene geschaffen, mit einer Menge guter Bands.
Wie steht es um die Metalszene in Griechenland im Allgemeinen?
Sakis: Sehr gut. Die Szene ist stark wie immer und hält eine Menge aktiver und guter Bands im Ärmel, welche regelmäßig auf Tourplänen zu finden sind. In meinen Augen haben wir eine gute und florierende Metalszene in Griechenland.
Ihr habt euch seit „Sanctus Diavolos“ jedes Mal drei Jahre Zeit mit der Veröffentlichung eines neuen Albums gelassen. Nachdem „Kata Ton Diamona Eaytoy“ 2013 erschienen ist, habt ihr ja schon bestätigt, dass ihr Anfang nächsten Jahres ein neues Album herausbringen werdet. Was ist der Grund für diese Drei-Jahres-Intervalle?
Sakis: Wir wollen jedes Mal das Beste aus uns herausholen. Mit vollem Respekt vor unseren Fans begeben wir uns bei jedem Album in die intimsten Teile unser Seelen, um etwas zu schaffen, womit wir uns persönlich identifizieren können – etwas Einzigartiges. Momentan sind wir im Studio und arbeiten an unserem neuen Album. Es hat mich mehr als ein Jahr gekostet, dieses Werk zu schreiben, und etwa fünf Monate haben die Aufnahmen gedauert. Wir hoffen, dass es euch gefallen wird.
Was erwartet uns mit dem neuen Album? Willst du uns nicht etwas über das Konzept erzählen? Worum drehen sich die Songs?
Sakis: Sich darüber eine klare Meinung zu bilden, ist zurzeit noch schwer. Ich kann nur sagen, dass es das okkulteste und mystischste ROTTING CHRIST-Album ist, welches wir bisher veröffentlicht haben – in einem ähnlichen Stil wie „Kata Ton Daimona Eaytoy“, nur noch düsterer.
Woher nehmt ihr neue Ideen für eure Songs? Nach einer so langen Bandkarriere, ist es da nicht schwierig, besonders lyrisch, Themen zu finden, welche man nicht schon bearbeitet hat?
Sakis: Oh ja, besonders da wir ja im Laufe unserer Karriere erwachsen geworden sind und damit kommen halt alltägliche Dinge, um die man sich kümmern muss. Der Wille, aus diesem Trott auszubrechen, ein Album aufzunehmen, der eigenen Seele einen Spiegel vorzuhalten … ich habe sehr hart an unserem letzten Album gearbeitet, musikalisch wie lyrisch, und ich habe mein Bestes gegeben, um meine wahren Emotionen in die Musik einfließen zu lassen.
Gibt es Bands, mit welchen ihr gerne die Bühne teilt? Nach so vielen Auftritten habt ihr sicher die eine oder andere Gruppe besser kennengelernt. Gibt es vielleicht lustige Geschichten aus dem Tourbus?
Sakis: Da gibt es mittlerweile so viele Geschichten, dass ich wahrscheinlich ein Buch damit füllen könnte. Vielleicht mache ich das auch eines Tages, wer weiß. Ich bin froh, dass ich bereits mit so vielen tollen Bands die Bühnen teilen durfte. Ich bin selbst Fan von vielen von ihnen und so kannst du dir vorstellen, dass ich sehr glücklich darüber bin. Die einzige Band, mit der ich noch liebend gerne zusammen aufgetreten wäre, sind BATHORY. Das ist aber leider nicht mehr möglich. Vielleicht in einem anderen Leben.
Danke für das Interview Sakis! Ich freue mich schon sehr auf neues Material von euch und hoffe irgendwann die Gelegenheit zu bekommen, euch einmal live zu sehen. Bis dahin wünsche ich dir und ROTTING CHRIST alles Gute! Die letzten Worte gebühren natürlich dir.
Sakis: Ich hoffe, dass euch unser kommendes Album gefallen und berühren wird. Du wirst bestimmt die Chance bekommen, uns irgendwann live zu sehen. Auf kommenden Touren werden wir sicher auch in Deutschland Halt machen. Bis dahin …
Keep the spirit alive and always…
Non Serviam