Rotting Christ
HORNS UP BROTHES & SISTERS
Interview
Kaum eine Band geistert schon so lange durch die Szene wie es Rotting Christ tun. Dabei haben die Griechen schon den einen oder anderen mutigen Schritt getan. So waren sie zum Beispiel eine der ersten Band, die den Black-Metal mit Keyboards angereichert haben. Mit den bereits veröffentlichten acht Alben haben sie Jungs um Frontröhre Sakis stets überrascht und waren immer gut für eine kleine Kurskorrektur. Nun steht mit SANCTUS DIAVOLOS das neunte Studioalbum an. Ich habe mich mit Mainman Sakis ein wenig über eben dieses Album unterhalten und dabei auch die Gelegenheit genutzt einige Missverständnisse aufzuklären. Aber lest selbst.
Norman: Erst einmal Hallo und willkommen zurück mit einem neuen Album. Obwohl das Album im Kasten ist, gibt es doch bestimmt trotzdem einiges zu tun. Wie sehen die Aktivitäten bezüglich der Band aus?
Sakis: Hi Norman. Ja du hast schon recht, auch wenn SANCTUS DIAVOLOS gerade fertig geworden ist, haben wir ne ganze Menge zu tun. Zum einen arbeiten wir gerade an einer weltweiten Tour, denn ohne das Gefühl einer Live-Show könnte Rotting Christ keinesfalls existieren. Um es mal auf den Punkt zu bringen: die Live Auftritte sind die Essenz eines Bandlebens.
und lassen dich spüren, dass du überhaupt in einer Band spielst.
Norman: Irgendwie gab es doch kleine Probleme mit dem Release des Albums, oder? Was war passiert?
Sakis: Also soweit ich weiß, gab es nicht wirklich Probleme. Zwar wurde mal darüber nachgedacht, das Album zu einem anderen Zeitpunkt zu veröffentlichen, letztendlich blieb aber alles beim Alten und die Scheibe kam wie geplant am 20. September in die Läden.
Norman: Lass uns doch noch ein bisschen über das neue Album reden. Wenn du mal zurückblickst auf eure bisherigen Veröffentlichungen, was würdest du sagen ist der Hauptunterschied zwischen SANCTUS DIAVOLOS und den Releases davor? Oder lass es mich etwas anders formulieren. Was macht SANCTUS DIAVOLOS zu einem Album, das genau in diese Zeit passt?
Sakis: Hmm…gute Frage, die sich allerdings auch recht eindeutig beantworten lässt. SANCTUS DIAVOLOS ist aggressiver und dabei trotzdem atmosphärischer geworden. Die Produktion ist wesentlich lebendiger geworden, als es früher noch der Fall war. Dies kommt daher, dass wir keine Trigger mehr verwendet haben und auch sonst sind die Instrumente einfach „echt“, wenn du verstehst was ich meine. Das beste Beispiel dafür sind die Keyboards. Für einige Parts haben wir einen realen Chor von 8 Personen eingesetzt. All diese Kleinigkeiten summieren sich und lassen SANCTUS DIAVOLOS doch deutliche Unterschiede zu unserem bisherigen Schaffen erkennen. Aber wenn du mich so fragst, was unseren Sound kompatibel für diese Zeit macht, so muss ich schlicht zur Antwort geben, dass es nie unser Ziel war, so zu klingen, wie es die Zeit vielleicht verlangt. Ich würde es einfach so beschreiben: Es ist ein Mix aus dem Sound der alten glorreichen Tage und den technischen Möglichkeiten von heute.
Norman: Gibt es ein besonders Konzept hinter SANCTUS DIAVOLOS?
Sakis: Auch der Teufel kann ein Heiliger sein. Das Werk des Gehörnten kann der Weg zur Ewigkeit und Freiheit sein, wenn wir die Fäuste ballen und gegen die Unheil bringende Lehre der Christen ankämpfen. Das Konzept hinter dem Album ist, unsere anti-religiöse Sicht der Dinge zu publizieren und einen Aufruf an die Menschheit zu richten, die lodernde Flamme zu löschen, mit der Gott regiert.
Norman: Harte Worte kann ich da nur sagen!
Sakis: Mag sein aber so ist es eben. Wir wollen mit unserer Musik einen Beitrag dazu leisten.
Norman: Wenn ich mich recht entsinne, wurde Khronos im berühmten Abyss Studio aufgenommen. Was waren eure Eindrücke und wieso seid ihr nicht wieder für die Aufnahmen von SANCTUS DIAVOLOS wieder zurückgekehrt? Die schwedische Landschaft muss doch ziemlich inspirierend für eure Musik sein, oder sehe ich das falsch?
Sakis: Keine Frage! Die Umgebung und das Studio waren schon stimulierende Elemente für uns. Aber Norman, ich kann es dir sagen, es gibt nichts Schöneres, nach einem langen Tag im Studio in deinem eigenen Bett schlafen zu können. Einfach bei dir zu Hause zu sein, in deinen eigenen vier Wänden. Ebenfalls positiv war es für uns, dass wir unsere Freunde bei uns hatten, die uns tatkräftig unterstützten. Gus G hat zum Beispiel ein Solo beigesteuert und Christos Antoniou hat uns bei den Chor-Elementen unter die Arme gegriffen. Ich denke das ist schon Grund genug, warum wir dieses Mal zu Hause geblieben sind, auch wenn das Abyss Studio schon eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt.
Norman: Wenn wir schon dabei sind und den Entstehungsprozess näher beleuchten, wie entsteht ein Rotting Christ Album? Wer ist daran beteiligt und wer ist für welchen Part zuständig?
Sakis: Ich bin verantwortlich für alle Kompositionen. Ich mache mir in der Regel schon im vorab viele Gedanken über das Album und was ich damit erreichen will. Wie du weißt, ist SANCTUS DIAVOLOS bereits unser neuntes Studioalbum. Ich muss mir also schon Gedanken machen, wie ich die Band nach vorne bringen kann, sonst kommt irgendwann der Punkt, an dem die Leute uns einfach nicht mehr hören wollen. Ich komponiere die Songs und mache eine Art Vorproduktion in meinem kleinen Studio zu Hause. Danach wird diese Aufnahme nach und nach an die restlichen Bandmitglieder verteilt und man beginnt mit den eigentlichen Aufnahmen. Dieser Prozess verschlingt Unmengen an Zeit und führt zu unheimlich einsamen Momenten.
Norman: Das kann ich mir denken, wenn man so viel Herzblut in die Songs steckt. Was sind deine persönlichen Favoriten und warum?
Sakis: Hmm…wenn ich eine Auswahl treffen müsste…hmm…ich glaube das geht nicht, denn das ganze Album steht für sich. Gerade die Einlagen eines echten Chors sind beeindruckend. Die schrägen Melodien lassen dich nicht wieder los und begleiten dich selbst in deinen Träumen. Das lyrische Konzept hinter dem Album, ist wie bereits erwähnt…auch der Teufel kann ein heiliger sein.
Norman: Wie würdest du die Musik von Rotting Christ beschreiben? Ist es eher Black-Metal oder würdest du es mehr in die Ecke Extreme-Dark-Music stecken?
Sakis: Da gibt’s nur eine Antwort: METAL. Nenn es wie du willst, aber es muss METAL darin vorkommen.
Norman: Guter Übergang zu meiner nächsten Frage. Ihr seid eine der ersten Bands, die das Keyboard als Stilmittel verwendet haben. Zu diesem Zeitpunkt wart ihr noch eine astreine Black-Metal Kapelle, die allerdings Keyboards verwendet hat. Dieser Umstand dürfte doch einige Reaktionen verursacht haben.
Sakis: Da sprichst du ein heikles Thema an. Wir haben das schon 1989 auf unserem Demo SATANAS TE DEUM gemacht und haben dafür mächtig Prügel eingesteckt. Die Leute haben geschrien, dass Keyboard und Black-Metal einfach nicht zusammenpassen würde. Naja du kennst die Diskussionen ja sicher. Das Ende ist ja bekannt. Eine Menge Bands nutzen das Keyboard jetzt, um ihrer Musik mehr Ausdruck zu verleihen.
Norman: Nicht nur das Keyboard hat wie du schon sagst Einzug gehalten in die Musik. Eine Menge technische Spielereien sind heutzutage möglich. Wie denkst du über die technischen Möglichkeiten heutzutage? Wie hat das Computerzeitalter das Musikbusiness verändert, oder vielleicht sogar Einfluss auf Rotting Christ genommen?
Sakis: Im bin zugleich glücklich aber auch skeptisch, wie einige Bands die Möglichkeiten verbraten. Ich wehre mich nicht gegen diese Technologie, denn sie kann durchaus von Nutzen sein. Allerdings ist es doch schon so, dass man die Musik auf der einen Seite einspeist, eine Weile wartet und auf der anderen Seite etwas herausholt, das jegliche Eigenständigkeit verloren hat. Man hat einfach zu viele Möglichkeiten, die dazu führen, dass es immer schwieriger wird, etwas Besonderes zu schaffen. Weißt du wie ich meine? Songs können damit einfach so voll gestopft sein, dass ihnen einfach das gewisse Etwas fehlt. Ich bin mir fast sicher, dass das Business früher oder später den übertriebenen Einsatz der Technik über Board werfen wird. Es geht einfach nicht, dass Musik in einer Box entsteht. Musik muss leben, sie muss atmen.
Norman: Ich hab es vorhin schon mal kurz angedeutet und auch du hast deinen Teil dazu beigetragen. Früher war Rotting Christ für viele Black-Metal. Wie siehst du die Black-Metal-Szene?
Sakis: Ich würde sagen im Moment haben wir die dritte Generation des Black-Metals, die von der Musikindustrie herangezogen wurde. Also was soll ich sagen…die Entscheidung liegt bei dir mein Freund (lacht laut).
Norman: Würdest du dich dann auch als ein Teil dieser Szene bezeichnen?
Sakis: Keine Frage! Schließlich waren wir eine der ersten Bands, die ich bei der zweiten Generation des Black-Metals einordnen würde. Wir waren ein Teil der Revolution, die in den 80er Jahren stattgefunden hat. Auch wenn wir nicht den typischen norwegischen Sound adaptiert haben, ist die Einstellung doch die gleiche.
Norman: Du hast eben selbst schon ein wenig den Weg in die Vergangenheit beschritten. Wenn wir über Rotting Christ reden, muss man auch über 15 Jahre voller hochwertiger musikalischer Ergüsse reden. Menschen werden älter, auch Musiker. Wenn du diese 15 Jahre in verschiedene Epochen unterteilen müsstest, wir würde diese Einteilung aussehen und was wären die bewegenden Ereignisse dieser Perioden?
Sakis: Die Black-Metal-Periode mit Alben wie THY MIGHTY CONTRACT, PASSAGE TO ARCTURO und NON SERVIAM.
Die Heavy-Metal Periode, in der wir einfach ein wenig experimentiert haben und in anderen Gebieten gewildert haben. Alben, die für diese Zeit stehen, sind TRIARCHY OF THE LOST LOVERS, A DEAD POEM und SLEEP OF THE ANGELS.
Danach ging und geht es eigentlich immer mehr schrittweise zurück zu den Wurzeln. Repräsentativ für diese Epoche, in der wir uns jetzt auch wieder befinden sind Alben wie KHRONOS, GENESIS und SANCTUS DIAVOLOS.
Norman: Hast du eine Vorliebe für bestimmt Bands? Bist du noch immer dem Underground verbunden?
Sakis: Und wie…ich habe großes Interesse am Geschehen an der Basis. Um ehrlich zu sein, find eich im Underground einfach viel mehr ehrliche und oft auch bessere Bands, als es die großen der Szene sind. Die Underground Bewegung war schon immer ein sehr interessantes Metier für mich, da ich schon in den 80er Jahren angefangen habe mit Tape Trading.
Norman: Was denkst du persönlich über die Metal-Szene in Griechenland. Hier bekommt man zu viele unterschiedliche Meinungen aufgedrückt. Zum einen Bands wie Iced Earth, die an zwei aufeinander folgenden Tagen die Hallen füllen und zum anderen hört man aber immer wieder Gerüchte über Probleme mit dem Gesetz. Klär mich einfach mal ein wenig auf.
Sakis: Ich kann dazu nur sagen, dass die Szene in Griechenland mehr als lebendig ist im Gegensatz zu andren Teilen im südlichen Europa. Es gibt eine Menge richtig gute Bands und die Shows sind unglaublich gut besucht. Probleme gibt es eigentlich kaum welche, mal abgesehen von einigen Verboten, die allerdings eher die Spieler-Szene betreffen. Klar haben wir schon die eine oder andere kontroverse Diskussion aufgrund unseres Namens geführt, aber wirklich Probleme würde ich das nicht nennen.
Norman: Es wird immer viel geredet und es ist immer schön, wenn man solche Missverständnisse aufklären kann. Aber zurück zur Band. Im Januar habt ihr euch von Keyboarder George getrennt und im Juli von Gitarrist Costas. Wie kam es dazu?
Sakis: Naja weißt du, wenn du mit 30 noch immer in einer Band spielst, ist es nicht gerade der sicherste Weg und schon gar keine Lebensversicherung. Die Jungs haben sich einfach für den „normalen“ Lebensstil entschieden und einen Job ergriffen, was ich sehr respektiere und natürlich auch verstehen kann. So sind es eben noch drei, die Weg von Rotting Christ weitergehen.
Norman: Hatte dieser Einschnitt Auswirkungen auf das neue Album? Insbesondere wenn ihr, wie du schon sagtest, den Weg zurück an die Basis gehen wollt.
Sakis: Nein, nicht wirklich, da ich ja wie gesagt für den gesamten Kompositionsprozess alleine verantwortlich bin. Egal ob die beiden noch an Board wären, der Sound der Scheibe wäre der gleiche.
Norman: Welche Pläne hast du mit Rotting Christ?
Konzerte, Konzerte und nochmals Konzerte…und natürlich Festivals. Wir hatten ja schon darüber gesprochen. Rotting Christ ohne die Live-Präsenz wäre nicht denkbar.
Norman: Vor ein paar Minuten haben wir noch über Griechenland gesprochen. Was denkst du über die Metal-Szene in Deutschland und werden wir euch noch zu Gesicht bekommen in diesem Jahr?
Sakis: Die deutsche Szene war schon immer ziemlich stark. Wenn man was auf sich hält, ist Deutschland der Boden, den man erobern muss. Ich bin mit den ganzen deutschen Old-School Thrash Bands aufgewachsen und ich kann nur Positives über eure Szene berichten. Leider klappt es wohl in diesem Jahr nicht mehr, aber wir werden im Januar eure Bühnen unsicher machen.
Norman: Die letzten Worte gehören dir.
Sakis: HORNS UP BROTHES & SISTERS